Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Erklärung des ersten Briefs Pauli Cap. 4, v. 1-3.
Das vierte Capitel/
Darinnen der Apostel die bisher in den ersten Capiteln
tractirte Materie/ wie man das Amt der Lehrer/ sonderlich der A-
postel/ anzusehen habe/ beschliesset/ und die Corinthier deßhalb
mit Verweisung einiger Vergehung/ fürnemlich in der Auf-
blehung des Sinnes/ ihrer Pflicht er-
innert.
V. 1.
[Spaltenumbruch]

DAfür halte uns iedermann,
nemlich für CHristus Die-
ner, (die dergestalt den Men-
schen dienen, daß sie ihnen ih-
ren Dienst um CHristi willen
und an CHristi statt nach dem Prophetischen
Amte leisten, und dannenhero diesen ihren
Dienst bey Menschen also führen müssen, nicht
wie es Menschen haben wollen, sondern wie
es ihre von CHristo, ihrem HERRN, em-
pfangene Instruction mit sich bringet:) und
Haushalter (denn da die Kirche auf Erden
GOttes Haus, GOttes Tempel ist, Ephes.
2, 19-22. 1 Tim. 3, 15. 2 Tim. 2, 20. Hebr.
3, 6. so gebrauchet er darinnen Haushalter;
sintemal er es der menschlichen Natur am ge-
mässesten befunden, daß er mit Menschen durch
Menschen handeln ließ: siehe Matth. 24, 45.
2 Cor. 4, 5. 6, 4. Coloss. 1, 25. 26. Tit. 1, 7.
1 Petr. 4, 10.) über GOttes Geheimnisse,
(über den gantzen Rath GOTTES von dem
Grunde und von der Ordnung unsers Heils,
davon der Mittel-Punct ist die Person und
das Werck der Erlösung CHristi, wie dieses
im Evangelio vorgetragen und durch die heilige
Sacramenta zugeeignet wird. Hierüber sind
Lehrer Haushalter, diese Güter des Hauses
GOttes zuvorderst selbst in eigner Person recht
zu gebrauchen, und in dieser Ordnung auch
recht zu verwalten, und einem ieden, nach
dem Zustande seiner Seele, recht zu appli-
ciren.)

V. 2.

Nun aber suchet man nichts mehr
an den Haushaltern, denn daß sie treu
erfunden werden.

Anmerckungen.
1. Diese Treue hat die wahre Klugheit
oder Weisheit zum Grunde. Siehe 1 Cor.
3, 10. da der treue Haushalter ein weiser Bau-
meister heisset: und Luc. 12, 42. da unser Hei-
land beydes zusammen setzet, wenn er saget:
Wie ein groß Ding ist es, um einen treuen
und klugen Haushalter! und 2 Tim. 2, 2.
da Paulus saget: Was du von mir gehöret
hast durch viele Zeugen, das befiehl treuen
Menschen, die da tüchtig (d. i. weise, geist-
[Spaltenumbruch] lich klug) sind, auch andere zu lehren.
Die Klugheit praesentiret gleichsam die Augen
und das Haupt eines guten Haushalters, und
die Treue die Hände und Füsse, ja den gantzen
Leib, das ist alle seine Kräfte.
2. Diese Treue aber hebet sich an von der
Treue gegen uns selbst und hat ihren Grund
darinnen. Denn wer keine Treue gegen seine
eigene Seele beweiset, da er sich selbst der nech-
ste ist, und er seinen Nechsten lieben soll, wie
zuvorderst sich selbst; wie will der die rechte
Treue haben und beweisen gegen seinen Nech-
sten, da ihn sein Gewissen dazu gar nicht antrei-
bet; als welches im geistlichen Tode lieget und
seiner selbst nicht einmal wahrnimmt.
3. Es stehet demnach um die Treue und
Tüchtigkeit in der Haushaltung eines unbekehr-
ten Lehrers gar schlecht. Denn ob er gleich
buchstäblich viel Wahres erkennet und vorträ-
get, auch die Sacramenta richtig administriret,
diese auch daher nebst dem Worte GOttes an
sich selbst ihre Kraft behalten: so fehlet es ihm
doch nicht weniger an der rechten geistlichen
Treue, als an der wahren Tüchtigkeit, oder
Weisheit, den gantzen Rath GOtees in aller
Lauterkeit recht geistlich zu erkennen, in aller
Richtigkeit und rechten Ordnung vorzutragen,
und gehörig, nachdem es der Seelen-Zustand
eines ieglichen Menschen erfodert, zu applici-
ren. Zu geschweigen, daß er für dieselbe nicht
erhörlich beten kan, da GOtt die beharrlichen
Sünder nicht höret; er ihnen auch im Leben kein
Vorbild ist, sondern vielmehr ein nicht geringer
Anstoß.
V. 3.

Mir aber ist es ein geringes, daß ich
von euch (anakritho) gerichtet werde, oder
von einem menschlichen Tage, (nemlich Ge-
richts-Tage, und dem Gericht selbst, im Gegen-
satz auf den grossen Tag, oder Gerichts-Tag des
HErrn, da alles recht wird beurtheilet und ent-
schieden werden: wenn ich vorher von Menschen
beurtheilet werde, daß ich es dem einen recht ma-
che, dem andern aber nicht, und man mich deß-
wegen andern nachsetzet, das achte ich nichts,)
auch richte ich (anakrino) mich selbst nicht,
(nemlich dergestalt, daß ich mich bey mir selbst
in Eigen-Liebe mit andern vergliche, welchem ich
vorzuziehen oder nachzusetzen sey.)

V. 4. Jch
Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 4, v. 1-3.
Das vierte Capitel/
Darinnen der Apoſtel die bisher in den erſten Capiteln
tractirte Materie/ wie man das Amt der Lehrer/ ſonderlich der A-
poſtel/ anzuſehen habe/ beſchlieſſet/ und die Corinthier deßhalb
mit Verweiſung einiger Vergehung/ fuͤrnemlich in der Auf-
blehung des Sinnes/ ihrer Pflicht er-
innert.
V. 1.
[Spaltenumbruch]

DAfuͤr halte uns iedermann,
nemlich fuͤr CHriſtus Die-
ner, (die dergeſtalt den Men-
ſchen dienen, daß ſie ihnen ih-
ren Dienſt um CHriſti willen
und an CHriſti ſtatt nach dem Prophetiſchen
Amte leiſten, und dannenhero dieſen ihren
Dienſt bey Menſchen alſo fuͤhren muͤſſen, nicht
wie es Menſchen haben wollen, ſondern wie
es ihre von CHriſto, ihrem HERRN, em-
pfangene Inſtruction mit ſich bringet:) und
Haushalter (denn da die Kirche auf Erden
GOttes Haus, GOttes Tempel iſt, Epheſ.
2, 19-22. 1 Tim. 3, 15. 2 Tim. 2, 20. Hebr.
3, 6. ſo gebrauchet er darinnen Haushalter;
ſintemal er es der menſchlichen Natur am ge-
maͤſſeſten befunden, daß er mit Menſchen durch
Menſchen handeln ließ: ſiehe Matth. 24, 45.
2 Cor. 4, 5. 6, 4. Coloſſ. 1, 25. 26. Tit. 1, 7.
1 Petr. 4, 10.) uͤber GOttes Geheimniſſe,
(uͤber den gantzen Rath GOTTES von dem
Grunde und von der Ordnung unſers Heils,
davon der Mittel-Punct iſt die Perſon und
das Werck der Erloͤſung CHriſti, wie dieſes
im Evangelio vorgetragen und durch die heilige
Sacramenta zugeeignet wird. Hieruͤber ſind
Lehrer Haushalter, dieſe Guͤter des Hauſes
GOttes zuvorderſt ſelbſt in eigner Perſon recht
zu gebrauchen, und in dieſer Ordnung auch
recht zu verwalten, und einem ieden, nach
dem Zuſtande ſeiner Seele, recht zu appli-
ciren.)

V. 2.

Nun aber ſuchet man nichts mehr
an den Haushaltern, denn daß ſie treu
erfunden werden.

Anmerckungen.
1. Dieſe Treue hat die wahre Klugheit
oder Weisheit zum Grunde. Siehe 1 Cor.
3, 10. da der treue Haushalter ein weiſer Bau-
meiſter heiſſet: und Luc. 12, 42. da unſer Hei-
land beydes zuſammen ſetzet, wenn er ſaget:
Wie ein groß Ding iſt es, um einen treuen
und klugen Haushalter! und 2 Tim. 2, 2.
da Paulus ſaget: Was du von mir gehoͤret
haſt durch viele Zeugen, das befiehl treuen
Menſchen, die da tuͤchtig (d. i. weiſe, geiſt-
[Spaltenumbruch] lich klug) ſind, auch andere zu lehren.
Die Klugheit præſentiret gleichſam die Augen
und das Haupt eines guten Haushalters, und
die Treue die Haͤnde und Fuͤſſe, ja den gantzen
Leib, das iſt alle ſeine Kraͤfte.
2. Dieſe Treue aber hebet ſich an von der
Treue gegen uns ſelbſt und hat ihren Grund
darinnen. Denn wer keine Treue gegen ſeine
eigene Seele beweiſet, da er ſich ſelbſt der nech-
ſte iſt, und er ſeinen Nechſten lieben ſoll, wie
zuvorderſt ſich ſelbſt; wie will der die rechte
Treue haben und beweiſen gegen ſeinen Nech-
ſten, da ihn ſein Gewiſſen dazu gar nicht antrei-
bet; als welches im geiſtlichen Tode lieget und
ſeiner ſelbſt nicht einmal wahrnimmt.
3. Es ſtehet demnach um die Treue und
Tuͤchtigkeit in der Haushaltung eines unbekehr-
ten Lehrers gar ſchlecht. Denn ob er gleich
buchſtaͤblich viel Wahres erkennet und vortraͤ-
get, auch die Sacramenta richtig adminiſtriret,
dieſe auch daher nebſt dem Worte GOttes an
ſich ſelbſt ihre Kraft behalten: ſo fehlet es ihm
doch nicht weniger an der rechten geiſtlichen
Treue, als an der wahren Tuͤchtigkeit, oder
Weisheit, den gantzen Rath GOtees in aller
Lauterkeit recht geiſtlich zu erkennen, in aller
Richtigkeit und rechten Ordnung vorzutragen,
und gehoͤrig, nachdem es der Seelen-Zuſtand
eines ieglichen Menſchen erfodert, zu applici-
ren. Zu geſchweigen, daß er fuͤr dieſelbe nicht
erhoͤrlich beten kan, da GOtt die beharrlichen
Suͤnder nicht hoͤret; er ihnen auch im Leben kein
Vorbild iſt, ſondern vielmehr ein nicht geringer
Anſtoß.
V. 3.

Mir aber iſt es ein geringes, daß ich
von euch (ἀνακριϑῷ) gerichtet werde, oder
von einem menſchlichen Tage, (nemlich Ge-
richts-Tage, und dem Gericht ſelbſt, im Gegen-
ſatz auf den groſſen Tag, oder Gerichts-Tag des
HErrn, da alles recht wird beurtheilet und ent-
ſchieden werden: wenn ich vorher von Menſchen
beurtheilet werde, daß ich es dem einen recht ma-
che, dem andern aber nicht, und man mich deß-
wegen andern nachſetzet, das achte ich nichts,)
auch richte ich (ἀνακρίνῳ) mich ſelbſt nicht,
(nemlich dergeſtalt, daß ich mich bey mir ſelbſt
in Eigen-Liebe mit andern vergliche, welchem ich
vorzuziehen oder nachzuſetzen ſey.)

V. 4. Jch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0228" n="200"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Erkla&#x0364;rung des er&#x017F;ten Briefs Pauli <hi rendition="#et">Cap. 4, v. 1-3.</hi></hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Das vierte Capitel/<lb/>
Darinnen der Apo&#x017F;tel die bisher in den er&#x017F;ten Capiteln</hi><lb/> <hi rendition="#aq">tractir</hi> <hi rendition="#b">te Materie/ wie man das Amt der Lehrer/ &#x017F;onderlich der A-<lb/>
po&#x017F;tel/ anzu&#x017F;ehen habe/ be&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;et/ und die Corinthier deßhalb<lb/>
mit Verwei&#x017F;ung einiger Vergehung/ fu&#x0364;rnemlich in der Auf-<lb/>
blehung des Sinnes/ ihrer Pflicht er-<lb/>
innert.</hi> </head><lb/>
          <div n="3">
            <head>V. 1.</head><lb/>
            <cb/>
            <p><hi rendition="#in">D</hi><hi rendition="#fr">Afu&#x0364;r halte uns iedermann,<lb/>
nemlich fu&#x0364;r CHri&#x017F;tus Die-<lb/>
ner,</hi> (die derge&#x017F;talt den Men-<lb/>
&#x017F;chen dienen, daß &#x017F;ie ihnen ih-<lb/>
ren Dien&#x017F;t um CHri&#x017F;ti willen<lb/>
und an CHri&#x017F;ti &#x017F;tatt nach dem Propheti&#x017F;chen<lb/>
Amte lei&#x017F;ten, und dannenhero die&#x017F;en ihren<lb/>
Dien&#x017F;t bey Men&#x017F;chen al&#x017F;o fu&#x0364;hren mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, nicht<lb/>
wie es Men&#x017F;chen haben wollen, &#x017F;ondern wie<lb/>
es ihre von CHri&#x017F;to, ihrem HERRN, em-<lb/>
pfangene <hi rendition="#aq">In&#x017F;truction</hi> mit &#x017F;ich bringet:) <hi rendition="#fr">und<lb/>
Haushalter</hi> (denn da die Kirche auf Erden<lb/>
GOttes Haus, GOttes Tempel i&#x017F;t, Ephe&#x017F;.<lb/>
2, 19-22. 1 Tim. 3, 15. 2 Tim. 2, 20. Hebr.<lb/>
3, 6. &#x017F;o gebrauchet er darinnen Haushalter;<lb/>
&#x017F;intemal er es der men&#x017F;chlichen Natur am ge-<lb/>
ma&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten befunden, daß er mit Men&#x017F;chen durch<lb/>
Men&#x017F;chen handeln ließ: &#x017F;iehe Matth. 24, 45.<lb/>
2 Cor. 4, 5. 6, 4. Colo&#x017F;&#x017F;. 1, 25. 26. Tit. 1, 7.<lb/>
1 Petr. 4, 10.) <hi rendition="#fr">u&#x0364;ber GOttes Geheimni&#x017F;&#x017F;e,</hi><lb/>
(u&#x0364;ber den gantzen Rath GOTTES von dem<lb/>
Grunde und von der Ordnung un&#x017F;ers Heils,<lb/>
davon der Mittel-Punct i&#x017F;t die Per&#x017F;on und<lb/>
das Werck der Erlo&#x0364;&#x017F;ung CHri&#x017F;ti, wie die&#x017F;es<lb/>
im Evangelio vorgetragen und durch die heilige<lb/>
Sacramenta zugeeignet wird. Hieru&#x0364;ber &#x017F;ind<lb/>
Lehrer Haushalter, die&#x017F;e Gu&#x0364;ter des Hau&#x017F;es<lb/>
GOttes zuvorder&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;t in eigner Per&#x017F;on recht<lb/>
zu gebrauchen, und in die&#x017F;er Ordnung auch<lb/>
recht zu verwalten, und einem ieden, nach<lb/>
dem Zu&#x017F;tande &#x017F;einer Seele, recht zu <hi rendition="#aq">appli-<lb/>
cir</hi>en.)</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>V. 2.</head><lb/>
          <p> <hi rendition="#fr">Nun aber &#x017F;uchet man nichts mehr<lb/>
an den Haushaltern, denn daß &#x017F;ie treu<lb/>
erfunden werden.</hi> </p><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/>
            <list>
              <item>1. Die&#x017F;e <hi rendition="#fr">Treue</hi> hat die wahre <hi rendition="#fr">Klugheit</hi><lb/>
oder <hi rendition="#fr">Weisheit</hi> zum Grunde. Siehe 1 Cor.<lb/>
3, 10. da der treue Haushalter ein wei&#x017F;er Bau-<lb/>
mei&#x017F;ter hei&#x017F;&#x017F;et: und Luc. 12, 42. da un&#x017F;er Hei-<lb/>
land beydes zu&#x017F;ammen &#x017F;etzet, wenn er &#x017F;aget:<lb/><hi rendition="#fr">Wie ein groß Ding i&#x017F;t es, um einen treuen<lb/>
und klugen Haushalter!</hi> und 2 Tim. 2, 2.<lb/>
da Paulus &#x017F;aget: <hi rendition="#fr">Was du von mir geho&#x0364;ret<lb/>
ha&#x017F;t durch viele Zeugen, das befiehl treuen<lb/>
Men&#x017F;chen, die da tu&#x0364;chtig</hi> (d. i. wei&#x017F;e, gei&#x017F;t-<lb/><cb/>
lich klug) <hi rendition="#fr">&#x017F;ind, auch andere zu lehren.</hi><lb/>
Die Klugheit <hi rendition="#aq">præ&#x017F;entir</hi>et gleich&#x017F;am die <hi rendition="#fr">Augen</hi><lb/>
und das Haupt eines guten Haushalters, und<lb/>
die Treue die Ha&#x0364;nde und Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, ja den gantzen<lb/>
Leib, das i&#x017F;t alle &#x017F;eine Kra&#x0364;fte.</item><lb/>
              <item>2. Die&#x017F;e Treue aber hebet &#x017F;ich an von der<lb/><hi rendition="#fr">Treue gegen uns &#x017F;elb&#x017F;t</hi> und hat ihren Grund<lb/>
darinnen. Denn wer keine Treue gegen &#x017F;eine<lb/>
eigene Seele bewei&#x017F;et, da er &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t der nech-<lb/>
&#x017F;te i&#x017F;t, und er &#x017F;einen Nech&#x017F;ten lieben &#x017F;oll, wie<lb/>
zuvorder&#x017F;t &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t; wie will der die rechte<lb/>
Treue haben und bewei&#x017F;en gegen &#x017F;einen Nech-<lb/>
&#x017F;ten, da ihn &#x017F;ein Gewi&#x017F;&#x017F;en dazu gar nicht antrei-<lb/>
bet; als welches im gei&#x017F;tlichen Tode lieget und<lb/>
&#x017F;einer &#x017F;elb&#x017F;t nicht einmal wahrnimmt.</item><lb/>
              <item>3. Es &#x017F;tehet demnach um die <hi rendition="#fr">Treue</hi> und<lb/><hi rendition="#fr">Tu&#x0364;chtigkeit</hi> in der Haushaltung eines unbekehr-<lb/>
ten Lehrers gar &#x017F;chlecht. Denn ob er gleich<lb/>
buch&#x017F;ta&#x0364;blich viel Wahres erkennet und vortra&#x0364;-<lb/>
get, auch die Sacramenta richtig <hi rendition="#aq">admini&#x017F;tri</hi>ret,<lb/>
die&#x017F;e auch daher neb&#x017F;t dem Worte GOttes an<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t ihre Kraft behalten: &#x017F;o fehlet es ihm<lb/>
doch nicht weniger an der rechten gei&#x017F;tlichen<lb/>
Treue, als an der wahren Tu&#x0364;chtigkeit, oder<lb/>
Weisheit, den gantzen Rath GOtees in aller<lb/>
Lauterkeit recht gei&#x017F;tlich zu erkennen, in aller<lb/>
Richtigkeit und rechten Ordnung vorzutragen,<lb/>
und geho&#x0364;rig, nachdem es der Seelen-Zu&#x017F;tand<lb/>
eines ieglichen Men&#x017F;chen erfodert, zu <hi rendition="#aq">applici-</hi><lb/>
ren. Zu ge&#x017F;chweigen, daß er fu&#x0364;r die&#x017F;elbe nicht<lb/>
erho&#x0364;rlich beten kan, da GOtt die beharrlichen<lb/>
Su&#x0364;nder nicht ho&#x0364;ret; er ihnen auch im Leben kein<lb/>
Vorbild i&#x017F;t, &#x017F;ondern vielmehr ein nicht geringer<lb/>
An&#x017F;toß.</item>
            </list>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>V. 3.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Mir aber i&#x017F;t es ein geringes, daß ich<lb/>
von euch</hi> (&#x1F00;&#x03BD;&#x03B1;&#x03BA;&#x03C1;&#x03B9;&#x03D1;&#x1FF7;) <hi rendition="#fr">gerichtet werde, oder<lb/>
von einem men&#x017F;chlichen Tage,</hi> (nemlich Ge-<lb/>
richts-Tage, und dem Gericht &#x017F;elb&#x017F;t, im Gegen-<lb/>
&#x017F;atz auf den gro&#x017F;&#x017F;en Tag, oder Gerichts-Tag des<lb/>
HErrn, da alles recht wird beurtheilet und ent-<lb/>
&#x017F;chieden werden: wenn ich vorher von Men&#x017F;chen<lb/>
beurtheilet werde, daß ich es dem einen recht ma-<lb/>
che, dem andern aber nicht, und man mich deß-<lb/>
wegen andern nach&#x017F;etzet, das achte ich nichts,)<lb/><hi rendition="#fr">auch richte ich</hi> (&#x1F00;&#x03BD;&#x03B1;&#x03BA;&#x03C1;&#x03AF;&#x03BD;&#x1FF3;) <hi rendition="#fr">mich &#x017F;elb&#x017F;t nicht,</hi><lb/>
(nemlich derge&#x017F;talt, daß ich mich bey mir &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
in Eigen-Liebe mit andern vergliche, welchem ich<lb/>
vorzuziehen oder nachzu&#x017F;etzen &#x017F;ey.)</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">V. 4. Jch</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[200/0228] Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 4, v. 1-3. Das vierte Capitel/ Darinnen der Apoſtel die bisher in den erſten Capiteln tractirte Materie/ wie man das Amt der Lehrer/ ſonderlich der A- poſtel/ anzuſehen habe/ beſchlieſſet/ und die Corinthier deßhalb mit Verweiſung einiger Vergehung/ fuͤrnemlich in der Auf- blehung des Sinnes/ ihrer Pflicht er- innert. V. 1. DAfuͤr halte uns iedermann, nemlich fuͤr CHriſtus Die- ner, (die dergeſtalt den Men- ſchen dienen, daß ſie ihnen ih- ren Dienſt um CHriſti willen und an CHriſti ſtatt nach dem Prophetiſchen Amte leiſten, und dannenhero dieſen ihren Dienſt bey Menſchen alſo fuͤhren muͤſſen, nicht wie es Menſchen haben wollen, ſondern wie es ihre von CHriſto, ihrem HERRN, em- pfangene Inſtruction mit ſich bringet:) und Haushalter (denn da die Kirche auf Erden GOttes Haus, GOttes Tempel iſt, Epheſ. 2, 19-22. 1 Tim. 3, 15. 2 Tim. 2, 20. Hebr. 3, 6. ſo gebrauchet er darinnen Haushalter; ſintemal er es der menſchlichen Natur am ge- maͤſſeſten befunden, daß er mit Menſchen durch Menſchen handeln ließ: ſiehe Matth. 24, 45. 2 Cor. 4, 5. 6, 4. Coloſſ. 1, 25. 26. Tit. 1, 7. 1 Petr. 4, 10.) uͤber GOttes Geheimniſſe, (uͤber den gantzen Rath GOTTES von dem Grunde und von der Ordnung unſers Heils, davon der Mittel-Punct iſt die Perſon und das Werck der Erloͤſung CHriſti, wie dieſes im Evangelio vorgetragen und durch die heilige Sacramenta zugeeignet wird. Hieruͤber ſind Lehrer Haushalter, dieſe Guͤter des Hauſes GOttes zuvorderſt ſelbſt in eigner Perſon recht zu gebrauchen, und in dieſer Ordnung auch recht zu verwalten, und einem ieden, nach dem Zuſtande ſeiner Seele, recht zu appli- ciren.) V. 2. Nun aber ſuchet man nichts mehr an den Haushaltern, denn daß ſie treu erfunden werden. Anmerckungen. 1. Dieſe Treue hat die wahre Klugheit oder Weisheit zum Grunde. Siehe 1 Cor. 3, 10. da der treue Haushalter ein weiſer Bau- meiſter heiſſet: und Luc. 12, 42. da unſer Hei- land beydes zuſammen ſetzet, wenn er ſaget: Wie ein groß Ding iſt es, um einen treuen und klugen Haushalter! und 2 Tim. 2, 2. da Paulus ſaget: Was du von mir gehoͤret haſt durch viele Zeugen, das befiehl treuen Menſchen, die da tuͤchtig (d. i. weiſe, geiſt- lich klug) ſind, auch andere zu lehren. Die Klugheit præſentiret gleichſam die Augen und das Haupt eines guten Haushalters, und die Treue die Haͤnde und Fuͤſſe, ja den gantzen Leib, das iſt alle ſeine Kraͤfte. 2. Dieſe Treue aber hebet ſich an von der Treue gegen uns ſelbſt und hat ihren Grund darinnen. Denn wer keine Treue gegen ſeine eigene Seele beweiſet, da er ſich ſelbſt der nech- ſte iſt, und er ſeinen Nechſten lieben ſoll, wie zuvorderſt ſich ſelbſt; wie will der die rechte Treue haben und beweiſen gegen ſeinen Nech- ſten, da ihn ſein Gewiſſen dazu gar nicht antrei- bet; als welches im geiſtlichen Tode lieget und ſeiner ſelbſt nicht einmal wahrnimmt. 3. Es ſtehet demnach um die Treue und Tuͤchtigkeit in der Haushaltung eines unbekehr- ten Lehrers gar ſchlecht. Denn ob er gleich buchſtaͤblich viel Wahres erkennet und vortraͤ- get, auch die Sacramenta richtig adminiſtriret, dieſe auch daher nebſt dem Worte GOttes an ſich ſelbſt ihre Kraft behalten: ſo fehlet es ihm doch nicht weniger an der rechten geiſtlichen Treue, als an der wahren Tuͤchtigkeit, oder Weisheit, den gantzen Rath GOtees in aller Lauterkeit recht geiſtlich zu erkennen, in aller Richtigkeit und rechten Ordnung vorzutragen, und gehoͤrig, nachdem es der Seelen-Zuſtand eines ieglichen Menſchen erfodert, zu applici- ren. Zu geſchweigen, daß er fuͤr dieſelbe nicht erhoͤrlich beten kan, da GOtt die beharrlichen Suͤnder nicht hoͤret; er ihnen auch im Leben kein Vorbild iſt, ſondern vielmehr ein nicht geringer Anſtoß. V. 3. Mir aber iſt es ein geringes, daß ich von euch (ἀνακριϑῷ) gerichtet werde, oder von einem menſchlichen Tage, (nemlich Ge- richts-Tage, und dem Gericht ſelbſt, im Gegen- ſatz auf den groſſen Tag, oder Gerichts-Tag des HErrn, da alles recht wird beurtheilet und ent- ſchieden werden: wenn ich vorher von Menſchen beurtheilet werde, daß ich es dem einen recht ma- che, dem andern aber nicht, und man mich deß- wegen andern nachſetzet, das achte ich nichts,) auch richte ich (ἀνακρίνῳ) mich ſelbſt nicht, (nemlich dergeſtalt, daß ich mich bey mir ſelbſt in Eigen-Liebe mit andern vergliche, welchem ich vorzuziehen oder nachzuſetzen ſey.) V. 4. Jch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/228
Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/228>, abgerufen am 16.07.2024.