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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 16, v. 15-18. an die Römer.
[Spaltenumbruch] meine Mutter halte und ehre. Siehe 1 Tim. 5,
2.) V. 14. Grüsset Asyncritum, und Phle-
gontem, Herman,
(welchem eine Schrift, Pa-
stor,
oder Hirte genannt, von vielen zugeschrie-
ben wird,) Patroban, und die Brüder bey
ihnen:
(welche Paulus wol nicht namentlich
gekannt hat: wie es sich denn auch nicht wolte
schicken, sie alle zu nennen, damit die Anzahl
der gegrüsseten nicht gar zu groß würde.)

V. 15. 16.

Grüsset Philologum und die Juliam,
Nereum und seine Schwester, und Olym-
pam, und alle Heilige bey ihnen
(welche bey
ihnen ihre Zusammenkünfte zur Erbauung ge-
habt; welches auch von den bey Asyncrito und
den übrigen, die v. 14. benennet werden, befind-
lichen Brüdern zu mercken ist. Denn weil Rom
groß und der Christen schon ziemlich viele waren,
haben sie sich also vertheilet, daß sie hie und da
in Häusern sich versammlet haben.) V. 16. Grüs-
set euch unter einander mit dem heiligen
Kuß
(mit dem Kuß, als ein Zeichen der Liebe,
des Friedens und der brüderlichen Vertraulich-
keit; mit einem heiligen Kuß, ohne Falschheit
und Heucheley, auch ohne unreine Zuneigung:
zu deren Verhütung er auch nur eigentlich un-
ter Personen von einerley Geschlecht, und son-
derlich nach dem Genuß des Heiligen Abend-
mahls und nach dem Kirchen-Gebet üblich war.
Siehe auch 1 Cor. 16, 20. 2 Cor. 13, 12. 1 Thess.
5, 26. 1 Pet. 5, 14.) Es grüssen euch die Ge-
meinen CHristi
(in Orient und Griechenland:
als in welchen Paulus bey Gelegenheit erwehnet
hat, wie er Vorhabens sey, an die Gemeine zu
Rom zu schreiben, ja selbst dahin zu reisen: da
sie ihm denn schon zum Voraus den Gruß com-
mittir
et haben, zur Bezeugung ihrer Gemein-
schaft in CHristo.)

Anmerckungen.
1. Man siehet hieraus, daß zu Rom die
Gemeine der Christen schon ziemlich angewach-
sen, und wie sie hie und da ihre besondere Haus-
Kirchen gehabt haben.
2. Es sind aber, wo nicht alle, doch die al-
lermeisten, welche Paulus grussen laßt, ihm von
Person schon in Orient und Griechenland be-
kant gewesen, da zwischen solchen Landern und
Rom von allen Nationen und auch von der Jü-
dischen, von welcher wol die meisten gewesen
sind, viel Reisens und Verkehrens war. Es
wird ihm auch Aquila nebst der Priscilla von
dem Zustande der Gemeine zu Rom wol eine um-
ständliche Nachricht gegeben haben.
3. Man siehet aus dem gantzen Briefe und
aus diesen Begrüssungen, daß zu Rom keines
weges ein solcher Bischof gewesen, der das Re-
giment der Kirche mit einigem Vorzuge gefüh-
ret hätte; sonst Paulus seiner wol würde mit ge-
dacht haben.
4. Noch deutlicher siehet man hieraus, da
Paulus des Petri keine Erwähnung gethan, daß
Petrus zu der Zeit nicht müsse zu Rom gewesen
und daselbst das bischöfliche Amt verwaltet ha-
ben. Denn sonst hätte ihn ja Paulus wol vor
[Spaltenumbruch] andern gegrüsset. Daß er aber, wie einige Pa-
pisten vorgeben, an Petrum einen besondern
Brief geschrieben haben solte, ist nicht allein un-
erweislich, sondern auch daher unglaublich, weil,
wenn Petrus zu Rom gewesen wäre, Paulus
nicht würde nöthig gefunden haben, denen Rö-
mern einen so langen Brief zu schreiben, und
darinnen die Lehre von dem Gebrauch der Christ-
lichen Freyheit so weitläuftig abzuhandeln. Und
noch viel ungegründeter ist das Vorgeben ande-
rer unter den Päbstlern, wenn sie sagen, Petrus
sey deßwegen von Rom zu dieser Zeit abwesend
gewesen, weil die Jüden durch den Befehl Clau-
dii von dannen vertrieben worden, da man ihn
auch für einen Juden gehalten habe. Denn da
man, wie vorher v. 3. 4. erinnert, auch alle übri-
ge aus den Jüden zu CHristo Bekehrte also an-
gesehen, und sie deßwegen entweichen müssen, sie
sich aber nach aufgehobnem Verbot bald wieder
daselbst eingefunden haben, also, daß Paulus
diesen Brief an sie schreiben können; warum wä-
re denn Petrus, als der Hirte, allein zurücke ge-
blieben? Und da Lucas Ap. Gesch. 28. erzehlet,
wie Paulus, als er nach Rom gekommen, daselbst
von den Glaubigen aufgenommen worden, war-
um solte er Petri mit keinem Worte gedacht ha-
ben, wenn er zu der Zeit zu Rom gewesen wäre?
Und da Paulus von dannen den Brief an die
Hebräer nach Orient, auch den an den Philemo-
nem, imgleichen den an die Ephesier, Colosser
und den andern an den Timotheum nach Asien;
ferner auch den an die Philipper nach Griechen-
land geschrieben, und darinnen von unterschied-
lichen Gliedern der Römischen Kirche Grüsse be-
stellet; warum würde er da wieder des Petri mit
keinem Worte gedacht haben, wenn er zugegen
gewesen wäre? Es ist demnach ein blosses Ge-
dicht, was die Papisten von Petri bischöflichen
Amte in der Kirche zu Rom vorgeben, und dar-
auf ihr gantzes Kirchen-Regiment bauen; zumal
von einem solchen Amte, welches er in die 25 Jahr
hindurch bis an sein Ende daselbst nach einander
verwaltet haben soll. Zu geschweigen, daß die-
ses Vorgeben auch damit streitet, daß Paulus
Gal. 2, 7. 8. 9. bezeuget, es sey Petro die Predigt
des Evangelii vornehmlich an die Beschneidung,
das ist, an die Judenschaft, wie sie nemlich ausser
Judaa auch in Orient weit und breit zerstreuet
war, anvertrauet worden; an welche er auch sei-
ne beyden Briefe, wie aus dem Anfange zu erse-
hen ist, geschrieben hat.
V. 17. 18.

Jch ermahne euch aber, lieben Brü-
der, daß ihr aufsehet auf die, die da Zer-
trennung und Aergerniß anrichten neben
der Lehre, die ihr gelernet habet, und wei-
chet von denselbigen.
V. 18. Denn solche
dienen nicht dem HErrn JESU CHristo,
sondern ihrem Bauche; und durch süsse
Worte und prächtige Rede verführen sie
die unschuldigen Hertzen.

Anmerckungen.
1. Jn diesen Worten ist zweyerley zu mer-
cken: erstlich, wie der Apostel die falsche Lehrer
beschrei-
Y 3

Cap. 16, v. 15-18. an die Roͤmer.
[Spaltenumbruch] meine Mutter halte und ehre. Siehe 1 Tim. 5,
2.) V. 14. Gruͤſſet Aſyncritum, und Phle-
gontem, Herman,
(welchem eine Schrift, Pa-
ſtor,
oder Hirte genannt, von vielen zugeſchrie-
ben wird,) Patroban, und die Bruͤder bey
ihnen:
(welche Paulus wol nicht namentlich
gekannt hat: wie es ſich denn auch nicht wolte
ſchicken, ſie alle zu nennen, damit die Anzahl
der gegruͤſſeten nicht gar zu groß wuͤrde.)

V. 15. 16.

Gruͤſſet Philologum und die Juliam,
Nereum und ſeine Schweſter, und Olym-
pam, und alle Heilige bey ihnen
(welche bey
ihnen ihre Zuſammenkuͤnfte zur Erbauung ge-
habt; welches auch von den bey Aſyncrito und
den uͤbrigen, die v. 14. benennet werden, befind-
lichen Bruͤdern zu mercken iſt. Denn weil Rom
groß und der Chriſten ſchon ziemlich viele waren,
haben ſie ſich alſo vertheilet, daß ſie hie und da
in Haͤuſern ſich verſammlet haben.) V. 16. Gruͤſ-
ſet euch unter einander mit dem heiligen
Kuß
(mit dem Kuß, als ein Zeichen der Liebe,
des Friedens und der bruͤderlichen Vertraulich-
keit; mit einem heiligen Kuß, ohne Falſchheit
und Heucheley, auch ohne unreine Zuneigung:
zu deren Verhuͤtung er auch nur eigentlich un-
ter Perſonen von einerley Geſchlecht, und ſon-
derlich nach dem Genuß des Heiligen Abend-
mahls und nach dem Kirchen-Gebet uͤblich war.
Siehe auch 1 Cor. 16, 20. 2 Cor. 13, 12. 1 Theſſ.
5, 26. 1 Pet. 5, 14.) Es gruͤſſen euch die Ge-
meinen CHriſti
(in Orient und Griechenland:
als in welchen Paulus bey Gelegenheit erwehnet
hat, wie er Vorhabens ſey, an die Gemeine zu
Rom zu ſchreiben, ja ſelbſt dahin zu reiſen: da
ſie ihm denn ſchon zum Voraus den Gruß com-
mittir
et haben, zur Bezeugung ihrer Gemein-
ſchaft in CHriſto.)

Anmerckungen.
1. Man ſiehet hieraus, daß zu Rom die
Gemeine der Chriſten ſchon ziemlich angewach-
ſen, und wie ſie hie und da ihre beſondere Haus-
Kirchen gehabt haben.
2. Es ſind aber, wo nicht alle, doch die al-
lermeiſten, welche Paulus gruſſen laßt, ihm von
Perſon ſchon in Orient und Griechenland be-
kant geweſen, da zwiſchen ſolchen Landern und
Rom von allen Nationen und auch von der Juͤ-
diſchen, von welcher wol die meiſten geweſen
ſind, viel Reiſens und Verkehrens war. Es
wird ihm auch Aquila nebſt der Priſcilla von
dem Zuſtande der Gemeine zu Rom wol eine um-
ſtaͤndliche Nachricht gegeben haben.
3. Man ſiehet aus dem gantzen Briefe und
aus dieſen Begruͤſſungen, daß zu Rom keines
weges ein ſolcher Biſchof geweſen, der das Re-
giment der Kirche mit einigem Vorzuge gefuͤh-
ret haͤtte; ſonſt Paulus ſeiner wol wuͤrde mit ge-
dacht haben.
4. Noch deutlicher ſiehet man hieraus, da
Paulus des Petri keine Erwaͤhnung gethan, daß
Petrus zu der Zeit nicht muͤſſe zu Rom geweſen
und daſelbſt das biſchoͤfliche Amt verwaltet ha-
ben. Denn ſonſt haͤtte ihn ja Paulus wol vor
[Spaltenumbruch] andern gegruͤſſet. Daß er aber, wie einige Pa-
piſten vorgeben, an Petrum einen beſondern
Brief geſchrieben haben ſolte, iſt nicht allein un-
erweislich, ſondern auch daher unglaublich, weil,
wenn Petrus zu Rom geweſen waͤre, Paulus
nicht wuͤrde noͤthig gefunden haben, denen Roͤ-
mern einen ſo langen Brief zu ſchreiben, und
darinnen die Lehre von dem Gebrauch der Chriſt-
lichen Freyheit ſo weitlaͤuftig abzuhandeln. Und
noch viel ungegruͤndeter iſt das Vorgeben ande-
rer unter den Paͤbſtlern, wenn ſie ſagen, Petrus
ſey deßwegen von Rom zu dieſer Zeit abweſend
geweſen, weil die Juͤden durch den Befehl Clau-
dii von dannen vertrieben worden, da man ihn
auch fuͤr einen Juden gehalten habe. Denn da
man, wie vorher v. 3. 4. erinnert, auch alle uͤbri-
ge aus den Juͤden zu CHriſto Bekehrte alſo an-
geſehen, und ſie deßwegen entweichen muͤſſen, ſie
ſich aber nach aufgehobnem Verbot bald wieder
daſelbſt eingefunden haben, alſo, daß Paulus
dieſen Brief an ſie ſchreiben koͤnnen; warum waͤ-
re denn Petrus, als der Hirte, allein zuruͤcke ge-
blieben? Und da Lucas Ap. Geſch. 28. erzehlet,
wie Paulus, als er nach Rom gekommen, daſelbſt
von den Glaubigen aufgenommen worden, war-
um ſolte er Petri mit keinem Worte gedacht ha-
ben, wenn er zu der Zeit zu Rom geweſen waͤre?
Und da Paulus von dannen den Brief an die
Hebraͤer nach Orient, auch den an den Philemo-
nem, imgleichen den an die Epheſier, Coloſſer
und den andern an den Timotheum nach Aſien;
ferner auch den an die Philipper nach Griechen-
land geſchrieben, und darinnen von unterſchied-
lichen Gliedern der Roͤmiſchen Kirche Gruͤſſe be-
ſtellet; warum wuͤrde er da wieder des Petri mit
keinem Worte gedacht haben, wenn er zugegen
geweſen waͤre? Es iſt demnach ein bloſſes Ge-
dicht, was die Papiſten von Petri biſchoͤflichen
Amte in der Kirche zu Rom vorgeben, und dar-
auf ihr gantzes Kirchen-Regiment bauen; zumal
von einem ſolchen Amte, welches er in die 25 Jahr
hindurch bis an ſein Ende daſelbſt nach einander
verwaltet haben ſoll. Zu geſchweigen, daß die-
ſes Vorgeben auch damit ſtreitet, daß Paulus
Gal. 2, 7. 8. 9. bezeuget, es ſey Petro die Predigt
des Evangelii vornehmlich an die Beſchneidung,
das iſt, an die Judenſchaft, wie ſie nemlich auſſer
Judaa auch in Orient weit und breit zerſtreuet
war, anvertrauet worden; an welche er auch ſei-
ne beyden Briefe, wie aus dem Anfange zu erſe-
hen iſt, geſchrieben hat.
V. 17. 18.

Jch ermahne euch aber, lieben Bruͤ-
der, daß ihr aufſehet auf die, die da Zer-
trennung und Aergerniß anrichten neben
der Lehre, die ihr gelernet habet, und wei-
chet von denſelbigen.
V. 18. Denn ſolche
dienen nicht dem HErrn JESU CHriſto,
ſondern ihrem Bauche; und durch ſuͤſſe
Worte und praͤchtige Rede verfuͤhren ſie
die unſchuldigen Hertzen.

Anmerckungen.
1. Jn dieſen Worten iſt zweyerley zu mer-
cken: erſtlich, wie der Apoſtel die falſche Lehrer
beſchrei-
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[173/0201] Cap. 16, v. 15-18. an die Roͤmer. meine Mutter halte und ehre. Siehe 1 Tim. 5, 2.) V. 14. Gruͤſſet Aſyncritum, und Phle- gontem, Herman, (welchem eine Schrift, Pa- ſtor, oder Hirte genannt, von vielen zugeſchrie- ben wird,) Patroban, und die Bruͤder bey ihnen: (welche Paulus wol nicht namentlich gekannt hat: wie es ſich denn auch nicht wolte ſchicken, ſie alle zu nennen, damit die Anzahl der gegruͤſſeten nicht gar zu groß wuͤrde.) V. 15. 16. Gruͤſſet Philologum und die Juliam, Nereum und ſeine Schweſter, und Olym- pam, und alle Heilige bey ihnen (welche bey ihnen ihre Zuſammenkuͤnfte zur Erbauung ge- habt; welches auch von den bey Aſyncrito und den uͤbrigen, die v. 14. benennet werden, befind- lichen Bruͤdern zu mercken iſt. Denn weil Rom groß und der Chriſten ſchon ziemlich viele waren, haben ſie ſich alſo vertheilet, daß ſie hie und da in Haͤuſern ſich verſammlet haben.) V. 16. Gruͤſ- ſet euch unter einander mit dem heiligen Kuß (mit dem Kuß, als ein Zeichen der Liebe, des Friedens und der bruͤderlichen Vertraulich- keit; mit einem heiligen Kuß, ohne Falſchheit und Heucheley, auch ohne unreine Zuneigung: zu deren Verhuͤtung er auch nur eigentlich un- ter Perſonen von einerley Geſchlecht, und ſon- derlich nach dem Genuß des Heiligen Abend- mahls und nach dem Kirchen-Gebet uͤblich war. Siehe auch 1 Cor. 16, 20. 2 Cor. 13, 12. 1 Theſſ. 5, 26. 1 Pet. 5, 14.) Es gruͤſſen euch die Ge- meinen CHriſti (in Orient und Griechenland: als in welchen Paulus bey Gelegenheit erwehnet hat, wie er Vorhabens ſey, an die Gemeine zu Rom zu ſchreiben, ja ſelbſt dahin zu reiſen: da ſie ihm denn ſchon zum Voraus den Gruß com- mittiret haben, zur Bezeugung ihrer Gemein- ſchaft in CHriſto.) Anmerckungen. 1. Man ſiehet hieraus, daß zu Rom die Gemeine der Chriſten ſchon ziemlich angewach- ſen, und wie ſie hie und da ihre beſondere Haus- Kirchen gehabt haben. 2. Es ſind aber, wo nicht alle, doch die al- lermeiſten, welche Paulus gruſſen laßt, ihm von Perſon ſchon in Orient und Griechenland be- kant geweſen, da zwiſchen ſolchen Landern und Rom von allen Nationen und auch von der Juͤ- diſchen, von welcher wol die meiſten geweſen ſind, viel Reiſens und Verkehrens war. Es wird ihm auch Aquila nebſt der Priſcilla von dem Zuſtande der Gemeine zu Rom wol eine um- ſtaͤndliche Nachricht gegeben haben. 3. Man ſiehet aus dem gantzen Briefe und aus dieſen Begruͤſſungen, daß zu Rom keines weges ein ſolcher Biſchof geweſen, der das Re- giment der Kirche mit einigem Vorzuge gefuͤh- ret haͤtte; ſonſt Paulus ſeiner wol wuͤrde mit ge- dacht haben. 4. Noch deutlicher ſiehet man hieraus, da Paulus des Petri keine Erwaͤhnung gethan, daß Petrus zu der Zeit nicht muͤſſe zu Rom geweſen und daſelbſt das biſchoͤfliche Amt verwaltet ha- ben. Denn ſonſt haͤtte ihn ja Paulus wol vor andern gegruͤſſet. Daß er aber, wie einige Pa- piſten vorgeben, an Petrum einen beſondern Brief geſchrieben haben ſolte, iſt nicht allein un- erweislich, ſondern auch daher unglaublich, weil, wenn Petrus zu Rom geweſen waͤre, Paulus nicht wuͤrde noͤthig gefunden haben, denen Roͤ- mern einen ſo langen Brief zu ſchreiben, und darinnen die Lehre von dem Gebrauch der Chriſt- lichen Freyheit ſo weitlaͤuftig abzuhandeln. Und noch viel ungegruͤndeter iſt das Vorgeben ande- rer unter den Paͤbſtlern, wenn ſie ſagen, Petrus ſey deßwegen von Rom zu dieſer Zeit abweſend geweſen, weil die Juͤden durch den Befehl Clau- dii von dannen vertrieben worden, da man ihn auch fuͤr einen Juden gehalten habe. Denn da man, wie vorher v. 3. 4. erinnert, auch alle uͤbri- ge aus den Juͤden zu CHriſto Bekehrte alſo an- geſehen, und ſie deßwegen entweichen muͤſſen, ſie ſich aber nach aufgehobnem Verbot bald wieder daſelbſt eingefunden haben, alſo, daß Paulus dieſen Brief an ſie ſchreiben koͤnnen; warum waͤ- re denn Petrus, als der Hirte, allein zuruͤcke ge- blieben? Und da Lucas Ap. Geſch. 28. erzehlet, wie Paulus, als er nach Rom gekommen, daſelbſt von den Glaubigen aufgenommen worden, war- um ſolte er Petri mit keinem Worte gedacht ha- ben, wenn er zu der Zeit zu Rom geweſen waͤre? Und da Paulus von dannen den Brief an die Hebraͤer nach Orient, auch den an den Philemo- nem, imgleichen den an die Epheſier, Coloſſer und den andern an den Timotheum nach Aſien; ferner auch den an die Philipper nach Griechen- land geſchrieben, und darinnen von unterſchied- lichen Gliedern der Roͤmiſchen Kirche Gruͤſſe be- ſtellet; warum wuͤrde er da wieder des Petri mit keinem Worte gedacht haben, wenn er zugegen geweſen waͤre? Es iſt demnach ein bloſſes Ge- dicht, was die Papiſten von Petri biſchoͤflichen Amte in der Kirche zu Rom vorgeben, und dar- auf ihr gantzes Kirchen-Regiment bauen; zumal von einem ſolchen Amte, welches er in die 25 Jahr hindurch bis an ſein Ende daſelbſt nach einander verwaltet haben ſoll. Zu geſchweigen, daß die- ſes Vorgeben auch damit ſtreitet, daß Paulus Gal. 2, 7. 8. 9. bezeuget, es ſey Petro die Predigt des Evangelii vornehmlich an die Beſchneidung, das iſt, an die Judenſchaft, wie ſie nemlich auſſer Judaa auch in Orient weit und breit zerſtreuet war, anvertrauet worden; an welche er auch ſei- ne beyden Briefe, wie aus dem Anfange zu erſe- hen iſt, geſchrieben hat. V. 17. 18. Jch ermahne euch aber, lieben Bruͤ- der, daß ihr aufſehet auf die, die da Zer- trennung und Aergerniß anrichten neben der Lehre, die ihr gelernet habet, und wei- chet von denſelbigen. V. 18. Denn ſolche dienen nicht dem HErrn JESU CHriſto, ſondern ihrem Bauche; und durch ſuͤſſe Worte und praͤchtige Rede verfuͤhren ſie die unſchuldigen Hertzen. Anmerckungen. 1. Jn dieſen Worten iſt zweyerley zu mer- cken: erſtlich, wie der Apoſtel die falſche Lehrer beſchrei- Y 3

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/201>, abgerufen am 21.11.2024.