Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des Briefs Pauli Cap. 12, v. 1. [Spaltenumbruch]
der solenni & simultanea conversione, welchezur letzten Zeit geschehen wird, zu verstehen: Zumal da von derselben, was die innerliche Veränderung des Hertzens, die wahre geistli- che Salbung und die Gemeinschaft mit GOtt, und also die wahre Seligkeit betrifft, die Pro- pheten so nachdrücklich reden, daß das, was wir an den so genanten Conversis bey der con- versione successiva sehen, dagegen noch nicht so gut ist, als die Nacht gegen den Tag. §. XV. Eben so schlecht stehet es um alle Das zwölfte Capitel. Davon sich der andere Theil dieses Briefes anhebet/ und darinnen der würdige Gebrauch der bisher angepriesenen Lehre von der Gnade GOttes angewiesen wird/ und zwar in heiliger Aufopfe- rung gegen GOTT/ in demüthiger Anwendung der geist- lichen Gaben und Ubung der Christlichen Tugenden. V. 1. [Spaltenumbruch]
JCh ermahne euch (Gr. para- Anmerckungen. 1. Zuvorderst ist die Verbindung wohl zu mercken, womit der Apostel den letzten Theil des Briefes mit dem erstern verknüpfet. Sie ist angezeiget durch das Wörtlein ou[fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt]n, dero- halben; als welches andeutet, daß ein Schluß gemachet wird aus dem vorhergehenden. Was er aber im vorhergehenden fast sämtlichen Ca- piteln tractiret habe, das zeiget er an mit den Worten, Barmhertzigkeit GOttes. Nach- dem er nemlich c. 3. 4. 5. vorgestellet hatte, wie es um die Gnade und Barmhertzigkeit Got- tes stehe, und wie nöthig sie allen Jüden und Heiden sey zur Seligkeit, auch was sie für herr- liche Heils-Schätze mit sich führe: so erläutert er dieses auch c. 6. 7. und 8. noch mit mehrern, und sonderlich c. 9. 10. und 11. mit dem, wie die meisten Jüden eben dadurch, daß sie die Seligkeit durch ihre vermeinte eigene Gerech- tigkeit und nicht aus der blossen Gnade und Er- barmung GOttes gesuchet haben, ihre Verwer- fung selbst verursachet, die Heiden aber durch [Spaltenumbruch] den Weg der Erbarmung zum Volcke GOttes angenommen worden, und die Erbarmung ü- ber alle Menschen, Jüden und Heiden offen stehe, und gegen beyde, sonderlich über die Jü- den noch fürnemlich in der letztern Zeit, sich wür- de herrlich erweisen. Nachdem dieses also vor- gestellet worden; siehe, so zeiget nun der Apo- stel mit mehrern, wie die den Römern bishero so sehr angepriesene Barmhertzigkeit GOttes könne und müsse recht angeleget werden, also, daß das heilige Leben mit dem reinen Glau- ben überein komme. Auf welche Art denn zu- gleich ausführlicher erläutert wird, was bereits c. 6. und 8. von den Lebens-Pflichten des Chri- sten vorgetragen ist. 2. Zu dem Worte adelphoi, Brüder, hat Lutherus fast durch und durch in den Apo- stolischen Briefen, nach dem mit Liebe erfülle- ten Hertzen Pauli das Wort, lieben, zugese- tzet. Der Grund aber der geistlichen Brü- derschaft lieget in der allen Gläubigen ohne allen Unterscheid gemeinen Kindschaft GOt- tes. Und da aus dieser jene eine grosse geist- liche Würde empfähet, und sie den gemein- schaftlichen Genuß aller geistlichen Güter mit sich führet; so gereichet es derselben zu nicht ge ringer Verunehrung, wenn diejenigen, welche auf CHristi Namen getaufet sind, sich auch des Glaubens an ihn rühmen, eine so liederliche Sauf-Brüderschaft mit einander aufrichten: in welcher gewißlich niemand ohne Verleug- nung seines Tauf-Bundes und Verlust der Kind-
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 12, v. 1. [Spaltenumbruch]
der ſolenni & ſimultanea converſione, welchezur letzten Zeit geſchehen wird, zu verſtehen: Zumal da von derſelben, was die innerliche Veraͤnderung des Hertzens, die wahre geiſtli- che Salbung und die Gemeinſchaft mit GOtt, und alſo die wahre Seligkeit betrifft, die Pro- pheten ſo nachdruͤcklich reden, daß das, was wir an den ſo genanten Converſis bey der con- verſione ſuccesſiva ſehen, dagegen noch nicht ſo gut iſt, als die Nacht gegen den Tag. §. XV. Eben ſo ſchlecht ſtehet es um alle Das zwoͤlfte Capitel. Davon ſich der andere Theil dieſes Briefes anhebet/ und darinnen der wuͤrdige Gebrauch der bisher angeprieſenen Lehre von der Gnade GOttes angewieſen wird/ und zwar in heiliger Aufopfe- rung gegen GOTT/ in demuͤthiger Anwendung der geiſt- lichen Gaben und Ubung der Chriſtlichen Tugenden. V. 1. [Spaltenumbruch]
JCh ermahne euch (Gr. παρα- Anmerckungen. 1. Zuvorderſt iſt die Verbindung wohl zu mercken, womit der Apoſtel den letzten Theil des Briefes mit dem erſtern verknuͤpfet. Sie iſt angezeiget durch das Woͤrtlein ου[fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt]ν, dero- halben; als welches andeutet, daß ein Schluß gemachet wird aus dem vorhergehenden. Was er aber im vorhergehenden faſt ſaͤmtlichen Ca- piteln tractiret habe, das zeiget er an mit den Worten, Barmhertzigkeit GOttes. Nach- dem er nemlich c. 3. 4. 5. vorgeſtellet hatte, wie es um die Gnade und Barmhertzigkeit Got- tes ſtehe, und wie noͤthig ſie allen Juͤden und Heiden ſey zur Seligkeit, auch was ſie fuͤr herr- liche Heils-Schaͤtze mit ſich fuͤhre: ſo erlaͤutert er dieſes auch c. 6. 7. und 8. noch mit mehrern, und ſonderlich c. 9. 10. und 11. mit dem, wie die meiſten Juͤden eben dadurch, daß ſie die Seligkeit durch ihre vermeinte eigene Gerech- tigkeit und nicht aus der bloſſen Gnade und Er- barmung GOttes geſuchet haben, ihre Verwer- fung ſelbſt verurſachet, die Heiden aber durch [Spaltenumbruch] den Weg der Erbarmung zum Volcke GOttes angenommen worden, und die Erbarmung uͤ- ber alle Menſchen, Juͤden und Heiden offen ſtehe, und gegen beyde, ſonderlich uͤber die Juͤ- den noch fuͤrnemlich in der letztern Zeit, ſich wuͤr- de herrlich erweiſen. Nachdem dieſes alſo vor- geſtellet worden; ſiehe, ſo zeiget nun der Apo- ſtel mit mehrern, wie die den Roͤmern bishero ſo ſehr angeprieſene Barmhertzigkeit GOttes koͤnne und muͤſſe recht angeleget werden, alſo, daß das heilige Leben mit dem reinen Glau- ben uͤberein komme. Auf welche Art denn zu- gleich ausfuͤhrlicher erlaͤutert wird, was bereits c. 6. und 8. von den Lebens-Pflichten des Chri- ſten vorgetragen iſt. 2. Zu dem Worte ἀδελφοὶ, Bruͤder, hat Lutherus faſt durch und durch in den Apo- ſtoliſchen Briefen, nach dem mit Liebe erfuͤlle- ten Hertzen Pauli das Wort, lieben, zugeſe- tzet. Der Grund aber der geiſtlichen Bruͤ- derſchaft lieget in der allen Glaͤubigen ohne allen Unterſcheid gemeinen Kindſchaft GOt- tes. Und da aus dieſer jene eine groſſe geiſt- liche Wuͤrde empfaͤhet, und ſie den gemein- ſchaftlichen Genuß aller geiſtlichen Guͤter mit ſich fuͤhret; ſo gereichet es derſelben zu nicht ge ringer Verunehrung, wenn diejenigen, welche auf CHriſti Namen getaufet ſind, ſich auch des Glaubens an ihn ruͤhmen, eine ſo liederliche Sauf-Bruͤderſchaft mit einander aufrichten: in welcher gewißlich niemand ohne Verleug- nung ſeines Tauf-Bundes und Verluſt der Kind-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0174" n="146"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Erklaͤrung des Briefs Pauli <hi rendition="#et">Cap. 12, v. 1.</hi></hi></fw><lb/><cb/> der <hi rendition="#aq">ſolenni & ſimultanea converſione,</hi> welche<lb/> zur letzten Zeit geſchehen wird, zu verſtehen:<lb/> Zumal da von derſelben, was die innerliche<lb/> Veraͤnderung des Hertzens, die wahre geiſtli-<lb/> che Salbung und die Gemeinſchaft mit GOtt,<lb/> und alſo die wahre Seligkeit betrifft, die Pro-<lb/> pheten ſo nachdruͤcklich reden, daß das, was<lb/> wir an den ſo genanten <hi rendition="#aq">Converſis</hi> bey der <hi rendition="#aq">con-<lb/> verſione ſuccesſiva</hi> ſehen, dagegen noch nicht ſo<lb/> gut iſt, als die Nacht gegen den Tag.</p><lb/> <p>§. <hi rendition="#aq">XV.</hi> Eben ſo ſchlecht ſtehet es um alle<lb/> uͤbrige <hi rendition="#aq">argumenta,</hi> welche aus dem Paulini-<lb/> ſchen Texte wider die noch kuͤnftige groſſe Be-<lb/> kehrung des Juͤdiſchen Volckes von vorerwaͤhn-<lb/> tem <hi rendition="#aq">Theologo</hi> angefuͤhret worden: wie ich ſchon<lb/> vor vielen Jahren in dem <hi rendition="#aq">Syſtemate Contro-<lb/> verſiarum Recentiorum Parte IV. p. 675. ſeqq.</hi><lb/> ausgefuͤhret habe. So fallen auch die auſſer<lb/><cb/> dem Pauliniſchen Texte geſuchten <hi rendition="#aq">argumenta</hi> da-<lb/> hin: Z. E. <hi rendition="#fr">Die Juͤden haͤtten ſelbſt den<lb/> Fluch uͤber ſich gezogen: ſie verachteten die<lb/> Gnaden-Mittel:</hi> u. ſ. w. ſintemal ja davon die<lb/> Frage iſt: ob der Fluch nicht einmal ſolle und<lb/> werde hinweg genommen werden, und zwar in<lb/> der Ordnung der angenommenen Gnaden-Mit-<lb/> tel? Da nun die heilige Schrift eben dieſes be-<lb/> jahet; wie mag denn das Gegentheil, davon<lb/> doch die Frage iſt, zum Beweiſe der Vernei-<lb/> nung angefuͤhret werden? Und eben ſo wenig<lb/> gilt das aus 2 Theſſ. 2. von der Vertilgung des<lb/> Antichriſts hergenommene <hi rendition="#aq">argument:</hi> als deſ-<lb/> ſen Nichtigkeit aus dem wird zu erkennen ſeyn,<lb/> was ich durch GOttes Gnade davon uͤber ge-<lb/> dachte Epiſtel, und uͤber die Offenbarung Jo-<lb/> hannis werde vorſtellen.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Das zwoͤlfte Capitel.<lb/> Davon ſich der andere Theil dieſes Briefes anhebet/ und<lb/> darinnen der wuͤrdige Gebrauch der bisher angeprieſenen Lehre von<lb/> der Gnade GOttes angewieſen wird/ und zwar in heiliger Aufopfe-<lb/> rung gegen GOTT/ in demuͤthiger Anwendung der geiſt-<lb/> lichen Gaben und Ubung der Chriſtlichen<lb/> Tugenden.</hi> </head><lb/> <div n="3"> <head>V. 1.</head><lb/> <cb/> <p><hi rendition="#in">J</hi><hi rendition="#fr">Ch ermahne euch</hi> (Gr. παρα-<lb/> καλῶ ο<foreign xml:lang="gre"><gap reason="fm" unit="chars"/></foreign>ν, ſo ermahne ich nun,<lb/> oder: derohalben ermahne ich<lb/> euch) <hi rendition="#fr">lieben Bruͤder, durch<lb/> die Barmhertzigkeit GOttes,<lb/> daß ihr eure Leibe begebet zum Opfer, das<lb/> da lebendig, heilig, und GOTT wohlge-<lb/> faͤllig ſey: welches ſey euer vernuͤnftiger<lb/> GOttes-Dienſt.</hi></p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <list> <item>1. Zuvorderſt iſt die <hi rendition="#fr">Verbindung</hi> wohl zu<lb/> mercken, womit der Apoſtel den letzten Theil<lb/> des Briefes mit dem erſtern verknuͤpfet. Sie<lb/> iſt angezeiget durch das Woͤrtlein ου<foreign xml:lang="gre"><gap reason="fm" unit="chars"/></foreign>ν, <hi rendition="#fr">dero-<lb/> halben;</hi> als welches andeutet, daß ein Schluß<lb/> gemachet wird aus dem vorhergehenden. Was<lb/> er aber im vorhergehenden faſt ſaͤmtlichen Ca-<lb/> piteln <hi rendition="#aq">tractir</hi>et habe, das zeiget er an mit den<lb/> Worten, <hi rendition="#fr">Barmhertzigkeit GOttes.</hi> Nach-<lb/> dem er nemlich c. 3. 4. 5. vorgeſtellet hatte, wie<lb/> es um die <hi rendition="#fr">Gnade</hi> und <hi rendition="#fr">Barmhertzigkeit</hi> Got-<lb/> tes ſtehe, und wie noͤthig ſie allen Juͤden und<lb/> Heiden ſey zur Seligkeit, auch was ſie fuͤr herr-<lb/> liche Heils-Schaͤtze mit ſich fuͤhre: ſo erlaͤutert<lb/> er dieſes auch c. 6. 7. und 8. noch mit mehrern,<lb/> und ſonderlich c. 9. 10. und 11. mit dem, wie<lb/> die meiſten Juͤden eben dadurch, daß ſie die<lb/> Seligkeit durch ihre vermeinte eigene Gerech-<lb/> tigkeit und nicht aus der bloſſen Gnade und Er-<lb/> barmung GOttes geſuchet haben, ihre Verwer-<lb/> fung ſelbſt verurſachet, die Heiden aber durch<lb/><cb/> den Weg der Erbarmung zum Volcke GOttes<lb/> angenommen worden, und die Erbarmung uͤ-<lb/> ber alle Menſchen, Juͤden und Heiden offen<lb/> ſtehe, und gegen beyde, ſonderlich uͤber die Juͤ-<lb/> den noch fuͤrnemlich in der letztern Zeit, ſich wuͤr-<lb/> de herrlich erweiſen. Nachdem dieſes alſo vor-<lb/> geſtellet worden; ſiehe, ſo zeiget nun der Apo-<lb/> ſtel mit mehrern, wie die den Roͤmern bishero<lb/> ſo ſehr angeprieſene <hi rendition="#fr">Barmhertzigkeit</hi> GOttes<lb/> koͤnne und muͤſſe recht angeleget werden, alſo,<lb/> daß das <hi rendition="#fr">heilige Leben</hi> mit dem <hi rendition="#fr">reinen Glau-<lb/> ben</hi> uͤberein komme. Auf welche Art denn zu-<lb/> gleich ausfuͤhrlicher erlaͤutert wird, was bereits<lb/> c. 6. und 8. von den Lebens-Pflichten des Chri-<lb/> ſten vorgetragen iſt.</item><lb/> <item>2. Zu dem Worte ἀδελφοὶ, <hi rendition="#fr">Bruͤder,</hi><lb/> hat Lutherus faſt durch und durch in den Apo-<lb/> ſtoliſchen Briefen, nach dem mit Liebe erfuͤlle-<lb/> ten Hertzen Pauli das Wort, <hi rendition="#fr">lieben,</hi> zugeſe-<lb/> tzet. Der Grund aber der <hi rendition="#fr">geiſtlichen Bruͤ-<lb/> derſchaft</hi> lieget in der allen Glaͤubigen ohne<lb/> allen Unterſcheid gemeinen <hi rendition="#fr">Kindſchaft GOt-<lb/> tes.</hi> Und da aus dieſer jene eine groſſe geiſt-<lb/> liche Wuͤrde empfaͤhet, und ſie den gemein-<lb/> ſchaftlichen Genuß aller geiſtlichen Guͤter mit<lb/> ſich fuͤhret; ſo gereichet es derſelben zu nicht ge<lb/> ringer Verunehrung, wenn diejenigen, welche<lb/> auf CHriſti Namen getaufet ſind, ſich auch des<lb/> Glaubens an ihn ruͤhmen, eine ſo liederliche<lb/> Sauf-Bruͤderſchaft mit einander aufrichten:<lb/> in welcher gewißlich niemand ohne Verleug-<lb/> nung ſeines Tauf-Bundes und Verluſt der<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Kind-</fw><lb/></item> </list> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [146/0174]
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 12, v. 1.
der ſolenni & ſimultanea converſione, welche
zur letzten Zeit geſchehen wird, zu verſtehen:
Zumal da von derſelben, was die innerliche
Veraͤnderung des Hertzens, die wahre geiſtli-
che Salbung und die Gemeinſchaft mit GOtt,
und alſo die wahre Seligkeit betrifft, die Pro-
pheten ſo nachdruͤcklich reden, daß das, was
wir an den ſo genanten Converſis bey der con-
verſione ſuccesſiva ſehen, dagegen noch nicht ſo
gut iſt, als die Nacht gegen den Tag.
§. XV. Eben ſo ſchlecht ſtehet es um alle
uͤbrige argumenta, welche aus dem Paulini-
ſchen Texte wider die noch kuͤnftige groſſe Be-
kehrung des Juͤdiſchen Volckes von vorerwaͤhn-
tem Theologo angefuͤhret worden: wie ich ſchon
vor vielen Jahren in dem Syſtemate Contro-
verſiarum Recentiorum Parte IV. p. 675. ſeqq.
ausgefuͤhret habe. So fallen auch die auſſer
dem Pauliniſchen Texte geſuchten argumenta da-
hin: Z. E. Die Juͤden haͤtten ſelbſt den
Fluch uͤber ſich gezogen: ſie verachteten die
Gnaden-Mittel: u. ſ. w. ſintemal ja davon die
Frage iſt: ob der Fluch nicht einmal ſolle und
werde hinweg genommen werden, und zwar in
der Ordnung der angenommenen Gnaden-Mit-
tel? Da nun die heilige Schrift eben dieſes be-
jahet; wie mag denn das Gegentheil, davon
doch die Frage iſt, zum Beweiſe der Vernei-
nung angefuͤhret werden? Und eben ſo wenig
gilt das aus 2 Theſſ. 2. von der Vertilgung des
Antichriſts hergenommene argument: als deſ-
ſen Nichtigkeit aus dem wird zu erkennen ſeyn,
was ich durch GOttes Gnade davon uͤber ge-
dachte Epiſtel, und uͤber die Offenbarung Jo-
hannis werde vorſtellen.
Das zwoͤlfte Capitel.
Davon ſich der andere Theil dieſes Briefes anhebet/ und
darinnen der wuͤrdige Gebrauch der bisher angeprieſenen Lehre von
der Gnade GOttes angewieſen wird/ und zwar in heiliger Aufopfe-
rung gegen GOTT/ in demuͤthiger Anwendung der geiſt-
lichen Gaben und Ubung der Chriſtlichen
Tugenden.
V. 1.
JCh ermahne euch (Gr. παρα-
καλῶ ο_ ν, ſo ermahne ich nun,
oder: derohalben ermahne ich
euch) lieben Bruͤder, durch
die Barmhertzigkeit GOttes,
daß ihr eure Leibe begebet zum Opfer, das
da lebendig, heilig, und GOTT wohlge-
faͤllig ſey: welches ſey euer vernuͤnftiger
GOttes-Dienſt.
Anmerckungen.
1. Zuvorderſt iſt die Verbindung wohl zu
mercken, womit der Apoſtel den letzten Theil
des Briefes mit dem erſtern verknuͤpfet. Sie
iſt angezeiget durch das Woͤrtlein ου_ ν, dero-
halben; als welches andeutet, daß ein Schluß
gemachet wird aus dem vorhergehenden. Was
er aber im vorhergehenden faſt ſaͤmtlichen Ca-
piteln tractiret habe, das zeiget er an mit den
Worten, Barmhertzigkeit GOttes. Nach-
dem er nemlich c. 3. 4. 5. vorgeſtellet hatte, wie
es um die Gnade und Barmhertzigkeit Got-
tes ſtehe, und wie noͤthig ſie allen Juͤden und
Heiden ſey zur Seligkeit, auch was ſie fuͤr herr-
liche Heils-Schaͤtze mit ſich fuͤhre: ſo erlaͤutert
er dieſes auch c. 6. 7. und 8. noch mit mehrern,
und ſonderlich c. 9. 10. und 11. mit dem, wie
die meiſten Juͤden eben dadurch, daß ſie die
Seligkeit durch ihre vermeinte eigene Gerech-
tigkeit und nicht aus der bloſſen Gnade und Er-
barmung GOttes geſuchet haben, ihre Verwer-
fung ſelbſt verurſachet, die Heiden aber durch
den Weg der Erbarmung zum Volcke GOttes
angenommen worden, und die Erbarmung uͤ-
ber alle Menſchen, Juͤden und Heiden offen
ſtehe, und gegen beyde, ſonderlich uͤber die Juͤ-
den noch fuͤrnemlich in der letztern Zeit, ſich wuͤr-
de herrlich erweiſen. Nachdem dieſes alſo vor-
geſtellet worden; ſiehe, ſo zeiget nun der Apo-
ſtel mit mehrern, wie die den Roͤmern bishero
ſo ſehr angeprieſene Barmhertzigkeit GOttes
koͤnne und muͤſſe recht angeleget werden, alſo,
daß das heilige Leben mit dem reinen Glau-
ben uͤberein komme. Auf welche Art denn zu-
gleich ausfuͤhrlicher erlaͤutert wird, was bereits
c. 6. und 8. von den Lebens-Pflichten des Chri-
ſten vorgetragen iſt.
2. Zu dem Worte ἀδελφοὶ, Bruͤder,
hat Lutherus faſt durch und durch in den Apo-
ſtoliſchen Briefen, nach dem mit Liebe erfuͤlle-
ten Hertzen Pauli das Wort, lieben, zugeſe-
tzet. Der Grund aber der geiſtlichen Bruͤ-
derſchaft lieget in der allen Glaͤubigen ohne
allen Unterſcheid gemeinen Kindſchaft GOt-
tes. Und da aus dieſer jene eine groſſe geiſt-
liche Wuͤrde empfaͤhet, und ſie den gemein-
ſchaftlichen Genuß aller geiſtlichen Guͤter mit
ſich fuͤhret; ſo gereichet es derſelben zu nicht ge
ringer Verunehrung, wenn diejenigen, welche
auf CHriſti Namen getaufet ſind, ſich auch des
Glaubens an ihn ruͤhmen, eine ſo liederliche
Sauf-Bruͤderſchaft mit einander aufrichten:
in welcher gewißlich niemand ohne Verleug-
nung ſeines Tauf-Bundes und Verluſt der
Kind-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |