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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefs Pauli Cap. 9, v. 29-33.
[Spaltenumbruch] Zebaoth (zur Zeit, da die Jüdische Nation
den Meßiam verworfen und damit ihre Verhee-
rung und Verwerfung selbst über sich gezogen
hat,) hätte lassen Saamen (ein weniges an
denen, die, nebst ihrer leiblichen Abkunft von
Abraham, auch sein geistlicher Saame sind:
siehe oben v. 8. 9.) überbleiben, so wären
wir wie Sodom worden, und gleich wie
Gomorrha,
(woselbst, nach dem heraus ge-
führten gerechten Lot, alle umkamen: wozu es
aber mit dem Jüdischen Volcke noch nie gekom-
men ist, noch kommen wird; ob wol schon zu
Jesaiä Zeiten zu denselben gesaget wurde: Hö-
ret des HErrn Wort, ihr Fürsten von
Sodom, nimm zu Ohren unsers GOttes
Gesetz, du Volck von Gomorrha.
Cap. 1,
10.)

V. 30.

Was wollen wir nun hie sagen? (wenn
die Sache also stehet, daß GOTT die Juden
nicht aus einem absoluten Rathschluß verwor-
fen und für sie die Heiden erwehlet; wie sollen
wir denn der Juden Verwerfung und der Hei-
den Annehmung ansehen?) Das wollen wir
sagen: Die Heyden, die nicht haben nach
der Gerechtigkeit gestanden,
(nicht darauf
bedacht gewesen sind, wie und womit sie der-
maleins vor GOtt bestehen möchten,) die ha-
ben die Gerechtigkeit erlanget; ich sage a-
ber von der Gerechtigkeit, die aus dem
Glauben kömmt:
(von welcher oben Cap.
3. 4. und 5. theils auch Cap. 8, v. 31. seqq. ge-
handelt worden, und davon auch die Epistel an
die Galater c. 16, 2. seqq. 3, 6. seqq. Phil. 3, 8.
9. 2 Cor. 5, 18. seqq. nachzulesen ist. Diese
Gerechtigkeit wird im Evangelio geoffenbaret.
Und da das Evangelium, nach der Beschaffen-
heit des Meßianischen Reichs auch den Heiden
verkündiget, und darinnen ihnen diese Gerech-
tigkeit angepriesen worden, und sie sich zum
Glauben an JEsum CHristum bringen lassen,
so sind sie derselben mit theilhaftig worden, wie
ihr, will der Apostel sagen, zu Rom selbst er-
fahren habet.)

V. 31.

Jsrael aber hat dem Gesetz der Ge-
rechtigkeit nachgestanden,
(ist, mit Hind-
ansetzung des Evangelii von Christo, dergestalt
auf das Gesetz Mosis, welches die vollkommne
Gerechtigkeit unseres gantzen Zustandes, auch
unserer innern und äusserlichen Wercke fodert,
mit seinem Gottes-Dienste gegangen, daß, da
es desselben vollkommne und strenge Forderung
nicht eingesehen, es vermeinet, mit seiner Bey-
stimmung, äusserlichen Conformität und Schein-
Tugenden demselben ein Genügen zu thun, und
auf diese Art seine eigne Gerechtigkeit aufzurich-
ten c. 10, 3. die vom Gesetz erfoderte Gerechtig-
keit für sich zu haben, und damit vor GOTT
also bestehen zu können, daß er ihnen die Selig-
keit deswegen, als wohlverdienet, zuerkennen
würde:) und hat das Gesetz der Gerech-
tigkeit nicht überkommen,
(hat es mit sei-
[Spaltenumbruch] nen eignen Wercken dahin nicht bringen kön-
nen, und sich damit selbst im Lichte gestanden,
und der wahren Gerechtigkeit, die nach dem
Sünden-Fall allein vor GOtt gilt, sich damit
verlustig gemachet.)

V. 32.

Warum das? Darum, daß sie es
nicht durch den Glauben, sondern als aus
den Wercken des Gesetzes suchten,
(und
also, da sie ihre grosse Armuth am Geiste, oder
ihr grosses Unvermögen in geistlichen Dingen,
ja ihren geistlichen Tod, nicht erkennen, ihren
Natur-Kräften zu viel zuschreiben, und bey sol-
chem Stoltze ihres Hertzens GOtt die Selig-
keit mit ihrer eignen Gerechtigkeit gleichsam ab-
verdienen wollen, als Tagelöhner: und folglich
stehet es ihnen nicht an, daß sie die Gerechtig-
keit Christi, um damit vor GOtt zu bestehen,
als die Bettler aus lauter Gnade empfangen,
und sich durch den Glauben zueignen sollen.)
Denn sie haben sich gestossen an den Stein
des Anlaufens,
(an Christum: und zwar wie
an seiner Person nach dem Stande der Ernie-
drigung, welche ihnen in ihren vorgefasseten ir-
rigen Meinungen von dem Meßia gar nicht an-
stunde; also auch an seinem Amte, sonderlich
dem Hohen-Priesterlichen und Königlichen; da
sie sich an seinem Creutzes-Tode und am Creutz-
Reiche ärgerten. Darum er selbst saget: Se-
lig ist, der sich nicht an mir ärgert
Matth.
11, 6. 13, 57.)

V. 33.

Wie (Jes. 8, 14. siehe auch 28, 16. und
Psalm 118, 21.) geschrieben stehet: Siehe
da,
(spricht GOTT der himmlische Vater,)
ich lege in Zion (der Kirche des Neuen Testa-
ments, den Meßiam, als) einen Stein,
(zwar als einen Grund-Stein, oder als einen
steinernen felsichten Grund, einen unbewegli-
chen Fels, die Kirche darauf zu bauen; 1 Cor.
3, 10. 11. Ephes. 2, 20. Matth. 16, 18. den aber
zufälliger weise die unglaubigen Juden aus ih-
rer eignen Schuld, sich seyn lassen einen
Stein) des Anlaufens und einen Fels
des Aergernisses. Und wer an ihn glau-
bet,
(pisteuon ep' auto, wer dergestalt an ihn
glaubet, daß er durch den Glauben sich auf ihn
gründet und auf ihm ruhet,) der soll (derge-
stalt) nicht zu schanden werden, (daß er,
an statt der Schande, in der Glaubens-Freu-
digkeit, mit ewiger Ehre und Herrlichkeit ge-
schmücket und gekrönet werde. Siehe auch
Matth. 21, 42. 44. Luc. 2, 34. 1 Petr. 2, 6.
7.)

Anmerckung.

Den Ausdruck, nicht zu schanden wer-
den,
gebraucht der Heilige Geist um der ange-
fochtenen, oder blöden und schwachen Gewissen
willen: als welche immer in den fürchterlichen
Gedancken stehen, als würden sie zu schanden
werden. Diesen soll damit die Anfechtung be-
nommen werden.

Das

Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 9, v. 29-33.
[Spaltenumbruch] Zebaoth (zur Zeit, da die Juͤdiſche Nation
den Meßiam verworfen und damit ihre Verhee-
rung und Verwerfung ſelbſt uͤber ſich gezogen
hat,) haͤtte laſſen Saamen (ein weniges an
denen, die, nebſt ihrer leiblichen Abkunft von
Abraham, auch ſein geiſtlicher Saame ſind:
ſiehe oben v. 8. 9.) uͤberbleiben, ſo waͤren
wir wie Sodom worden, und gleich wie
Gomorrha,
(woſelbſt, nach dem heraus ge-
fuͤhrten gerechten Lot, alle umkamen: wozu es
aber mit dem Juͤdiſchen Volcke noch nie gekom-
men iſt, noch kommen wird; ob wol ſchon zu
Jeſaiaͤ Zeiten zu denſelben geſaget wurde: Hoͤ-
ret des HErrn Wort, ihr Fuͤrſten von
Sodom, nimm zu Ohren unſers GOttes
Geſetz, du Volck von Gomorrha.
Cap. 1,
10.)

V. 30.

Was wollen wir nun hie ſagen? (wenn
die Sache alſo ſtehet, daß GOTT die Juden
nicht aus einem abſoluten Rathſchluß verwor-
fen und fuͤr ſie die Heiden erwehlet; wie ſollen
wir denn der Juden Verwerfung und der Hei-
den Annehmung anſehen?) Das wollen wir
ſagen: Die Heyden, die nicht haben nach
der Gerechtigkeit geſtanden,
(nicht darauf
bedacht geweſen ſind, wie und womit ſie der-
maleins vor GOtt beſtehen moͤchten,) die ha-
ben die Gerechtigkeit erlanget; ich ſage a-
ber von der Gerechtigkeit, die aus dem
Glauben koͤmmt:
(von welcher oben Cap.
3. 4. und 5. theils auch Cap. 8, v. 31. ſeqq. ge-
handelt worden, und davon auch die Epiſtel an
die Galater c. 16, 2. ſeqq. 3, 6. ſeqq. Phil. 3, 8.
9. 2 Cor. 5, 18. ſeqq. nachzuleſen iſt. Dieſe
Gerechtigkeit wird im Evangelio geoffenbaret.
Und da das Evangelium, nach der Beſchaffen-
heit des Meßianiſchen Reichs auch den Heiden
verkuͤndiget, und darinnen ihnen dieſe Gerech-
tigkeit angeprieſen worden, und ſie ſich zum
Glauben an JEſum CHriſtum bringen laſſen,
ſo ſind ſie derſelben mit theilhaftig worden, wie
ihr, will der Apoſtel ſagen, zu Rom ſelbſt er-
fahren habet.)

V. 31.

Jſrael aber hat dem Geſetz der Ge-
rechtigkeit nachgeſtanden,
(iſt, mit Hind-
anſetzung des Evangelii von Chriſto, dergeſtalt
auf das Geſetz Moſis, welches die vollkommne
Gerechtigkeit unſeres gantzen Zuſtandes, auch
unſerer innern und aͤuſſerlichen Wercke fodert,
mit ſeinem Gottes-Dienſte gegangen, daß, da
es deſſelben vollkommne und ſtrenge Forderung
nicht eingeſehen, es vermeinet, mit ſeiner Bey-
ſtimmung, aͤuſſerlichen Conformitaͤt und Schein-
Tugenden demſelben ein Genuͤgen zu thun, und
auf dieſe Art ſeine eigne Gerechtigkeit aufzurich-
ten c. 10, 3. die vom Geſetz erfoderte Gerechtig-
keit fuͤr ſich zu haben, und damit vor GOTT
alſo beſtehen zu koͤnnen, daß er ihnen die Selig-
keit deswegen, als wohlverdienet, zuerkennen
wuͤrde:) und hat das Geſetz der Gerech-
tigkeit nicht uͤberkommen,
(hat es mit ſei-
[Spaltenumbruch] nen eignen Wercken dahin nicht bringen koͤn-
nen, und ſich damit ſelbſt im Lichte geſtanden,
und der wahren Gerechtigkeit, die nach dem
Suͤnden-Fall allein vor GOtt gilt, ſich damit
verluſtig gemachet.)

V. 32.

Warum das? Darum, daß ſie es
nicht durch den Glauben, ſondern als aus
den Wercken des Geſetzes ſuchten,
(und
alſo, da ſie ihre groſſe Armuth am Geiſte, oder
ihr groſſes Unvermoͤgen in geiſtlichen Dingen,
ja ihren geiſtlichen Tod, nicht erkennen, ihren
Natur-Kraͤften zu viel zuſchreiben, und bey ſol-
chem Stoltze ihres Hertzens GOtt die Selig-
keit mit ihrer eignen Gerechtigkeit gleichſam ab-
verdienen wollen, als Tageloͤhner: und folglich
ſtehet es ihnen nicht an, daß ſie die Gerechtig-
keit Chriſti, um damit vor GOtt zu beſtehen,
als die Bettler aus lauter Gnade empfangen,
und ſich durch den Glauben zueignen ſollen.)
Denn ſie haben ſich geſtoſſen an den Stein
des Anlaufens,
(an Chriſtum: und zwar wie
an ſeiner Perſon nach dem Stande der Ernie-
drigung, welche ihnen in ihren vorgefaſſeten ir-
rigen Meinungen von dem Meßia gar nicht an-
ſtunde; alſo auch an ſeinem Amte, ſonderlich
dem Hohen-Prieſterlichen und Koͤniglichen; da
ſie ſich an ſeinem Creutzes-Tode und am Creutz-
Reiche aͤrgerten. Darum er ſelbſt ſaget: Se-
lig iſt, der ſich nicht an mir aͤrgert
Matth.
11, 6. 13, 57.)

V. 33.

Wie (Jeſ. 8, 14. ſiehe auch 28, 16. und
Pſalm 118, 21.) geſchrieben ſtehet: Siehe
da,
(ſpricht GOTT der himmliſche Vater,)
ich lege in Zion (der Kirche des Neuen Teſta-
ments, den Meßiam, als) einen Stein,
(zwar als einen Grund-Stein, oder als einen
ſteinernen felſichten Grund, einen unbewegli-
chen Fels, die Kirche darauf zu bauen; 1 Cor.
3, 10. 11. Epheſ. 2, 20. Matth. 16, 18. den aber
zufaͤlliger weiſe die unglaubigen Juden aus ih-
rer eignen Schuld, ſich ſeyn laſſen einen
Stein) des Anlaufens und einen Fels
des Aergerniſſes. Und wer an ihn glau-
bet,
(πιστεύων ἐπ᾽ ἀυτῷ, wer dergeſtalt an ihn
glaubet, daß er durch den Glauben ſich auf ihn
gruͤndet und auf ihm ruhet,) der ſoll (derge-
ſtalt) nicht zu ſchanden werden, (daß er,
an ſtatt der Schande, in der Glaubens-Freu-
digkeit, mit ewiger Ehre und Herrlichkeit ge-
ſchmuͤcket und gekroͤnet werde. Siehe auch
Matth. 21, 42. 44. Luc. 2, 34. 1 Petr. 2, 6.
7.)

Anmerckung.

Den Ausdruck, nicht zu ſchanden wer-
den,
gebraucht der Heilige Geiſt um der ange-
fochtenen, oder bloͤden und ſchwachen Gewiſſen
willen: als welche immer in den fuͤrchterlichen
Gedancken ſtehen, als wuͤrden ſie zu ſchanden
werden. Dieſen ſoll damit die Anfechtung be-
nommen werden.

Das
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[128/0156] Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 9, v. 29-33. Zebaoth (zur Zeit, da die Juͤdiſche Nation den Meßiam verworfen und damit ihre Verhee- rung und Verwerfung ſelbſt uͤber ſich gezogen hat,) haͤtte laſſen Saamen (ein weniges an denen, die, nebſt ihrer leiblichen Abkunft von Abraham, auch ſein geiſtlicher Saame ſind: ſiehe oben v. 8. 9.) uͤberbleiben, ſo waͤren wir wie Sodom worden, und gleich wie Gomorrha, (woſelbſt, nach dem heraus ge- fuͤhrten gerechten Lot, alle umkamen: wozu es aber mit dem Juͤdiſchen Volcke noch nie gekom- men iſt, noch kommen wird; ob wol ſchon zu Jeſaiaͤ Zeiten zu denſelben geſaget wurde: Hoͤ- ret des HErrn Wort, ihr Fuͤrſten von Sodom, nimm zu Ohren unſers GOttes Geſetz, du Volck von Gomorrha. Cap. 1, 10.) V. 30. Was wollen wir nun hie ſagen? (wenn die Sache alſo ſtehet, daß GOTT die Juden nicht aus einem abſoluten Rathſchluß verwor- fen und fuͤr ſie die Heiden erwehlet; wie ſollen wir denn der Juden Verwerfung und der Hei- den Annehmung anſehen?) Das wollen wir ſagen: Die Heyden, die nicht haben nach der Gerechtigkeit geſtanden, (nicht darauf bedacht geweſen ſind, wie und womit ſie der- maleins vor GOtt beſtehen moͤchten,) die ha- ben die Gerechtigkeit erlanget; ich ſage a- ber von der Gerechtigkeit, die aus dem Glauben koͤmmt: (von welcher oben Cap. 3. 4. und 5. theils auch Cap. 8, v. 31. ſeqq. ge- handelt worden, und davon auch die Epiſtel an die Galater c. 16, 2. ſeqq. 3, 6. ſeqq. Phil. 3, 8. 9. 2 Cor. 5, 18. ſeqq. nachzuleſen iſt. Dieſe Gerechtigkeit wird im Evangelio geoffenbaret. Und da das Evangelium, nach der Beſchaffen- heit des Meßianiſchen Reichs auch den Heiden verkuͤndiget, und darinnen ihnen dieſe Gerech- tigkeit angeprieſen worden, und ſie ſich zum Glauben an JEſum CHriſtum bringen laſſen, ſo ſind ſie derſelben mit theilhaftig worden, wie ihr, will der Apoſtel ſagen, zu Rom ſelbſt er- fahren habet.) V. 31. Jſrael aber hat dem Geſetz der Ge- rechtigkeit nachgeſtanden, (iſt, mit Hind- anſetzung des Evangelii von Chriſto, dergeſtalt auf das Geſetz Moſis, welches die vollkommne Gerechtigkeit unſeres gantzen Zuſtandes, auch unſerer innern und aͤuſſerlichen Wercke fodert, mit ſeinem Gottes-Dienſte gegangen, daß, da es deſſelben vollkommne und ſtrenge Forderung nicht eingeſehen, es vermeinet, mit ſeiner Bey- ſtimmung, aͤuſſerlichen Conformitaͤt und Schein- Tugenden demſelben ein Genuͤgen zu thun, und auf dieſe Art ſeine eigne Gerechtigkeit aufzurich- ten c. 10, 3. die vom Geſetz erfoderte Gerechtig- keit fuͤr ſich zu haben, und damit vor GOTT alſo beſtehen zu koͤnnen, daß er ihnen die Selig- keit deswegen, als wohlverdienet, zuerkennen wuͤrde:) und hat das Geſetz der Gerech- tigkeit nicht uͤberkommen, (hat es mit ſei- nen eignen Wercken dahin nicht bringen koͤn- nen, und ſich damit ſelbſt im Lichte geſtanden, und der wahren Gerechtigkeit, die nach dem Suͤnden-Fall allein vor GOtt gilt, ſich damit verluſtig gemachet.) V. 32. Warum das? Darum, daß ſie es nicht durch den Glauben, ſondern als aus den Wercken des Geſetzes ſuchten, (und alſo, da ſie ihre groſſe Armuth am Geiſte, oder ihr groſſes Unvermoͤgen in geiſtlichen Dingen, ja ihren geiſtlichen Tod, nicht erkennen, ihren Natur-Kraͤften zu viel zuſchreiben, und bey ſol- chem Stoltze ihres Hertzens GOtt die Selig- keit mit ihrer eignen Gerechtigkeit gleichſam ab- verdienen wollen, als Tageloͤhner: und folglich ſtehet es ihnen nicht an, daß ſie die Gerechtig- keit Chriſti, um damit vor GOtt zu beſtehen, als die Bettler aus lauter Gnade empfangen, und ſich durch den Glauben zueignen ſollen.) Denn ſie haben ſich geſtoſſen an den Stein des Anlaufens, (an Chriſtum: und zwar wie an ſeiner Perſon nach dem Stande der Ernie- drigung, welche ihnen in ihren vorgefaſſeten ir- rigen Meinungen von dem Meßia gar nicht an- ſtunde; alſo auch an ſeinem Amte, ſonderlich dem Hohen-Prieſterlichen und Koͤniglichen; da ſie ſich an ſeinem Creutzes-Tode und am Creutz- Reiche aͤrgerten. Darum er ſelbſt ſaget: Se- lig iſt, der ſich nicht an mir aͤrgert Matth. 11, 6. 13, 57.) V. 33. Wie (Jeſ. 8, 14. ſiehe auch 28, 16. und Pſalm 118, 21.) geſchrieben ſtehet: Siehe da, (ſpricht GOTT der himmliſche Vater,) ich lege in Zion (der Kirche des Neuen Teſta- ments, den Meßiam, als) einen Stein, (zwar als einen Grund-Stein, oder als einen ſteinernen felſichten Grund, einen unbewegli- chen Fels, die Kirche darauf zu bauen; 1 Cor. 3, 10. 11. Epheſ. 2, 20. Matth. 16, 18. den aber zufaͤlliger weiſe die unglaubigen Juden aus ih- rer eignen Schuld, ſich ſeyn laſſen einen Stein) des Anlaufens und einen Fels des Aergerniſſes. Und wer an ihn glau- bet, (πιστεύων ἐπ᾽ ἀυτῷ, wer dergeſtalt an ihn glaubet, daß er durch den Glauben ſich auf ihn gruͤndet und auf ihm ruhet,) der ſoll (derge- ſtalt) nicht zu ſchanden werden, (daß er, an ſtatt der Schande, in der Glaubens-Freu- digkeit, mit ewiger Ehre und Herrlichkeit ge- ſchmuͤcket und gekroͤnet werde. Siehe auch Matth. 21, 42. 44. Luc. 2, 34. 1 Petr. 2, 6. 7.) Anmerckung. Den Ausdruck, nicht zu ſchanden wer- den, gebraucht der Heilige Geiſt um der ange- fochtenen, oder bloͤden und ſchwachen Gewiſſen willen: als welche immer in den fuͤrchterlichen Gedancken ſtehen, als wuͤrden ſie zu ſchanden werden. Dieſen ſoll damit die Anfechtung be- nommen werden. Das

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/156>, abgerufen am 24.11.2024.