Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 9, v. 3. 4. an die Römer. [Spaltenumbruch]
wolte GOtt, ich möchte für dich sterben.2 Sam. 18, 33. Daß aber das imperfectum zuweilen in notione potentiali genommen wer- de, davon haben wir ein deutliches Exempel Gal. 4, 20. [fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt]thelon de, ich wolte aber, daß ich ietzt bey euch wäre. Da es sich nicht schicken würde zu sagen: thelo de, ich will aber ietzt bey euch seyn. Dabey man conferiren kan, was Paulus von der grossen Liebe der Ga- later gegen sich saget: Jch bin euer Zeuge, daß, ei dunaton, wo es möglich gewesen wäre, (welches man hie auch bey Pauli Wunsch zu verstehen haben würde,) ihr hättet eure Augen ausgerissen und mir gegeben. 2. Es behält aber diese Auslegung des Wunsches Pauli, wenn er auch gleich auf die gedachte Art einiger massen emolliret wird, ihre grosse Schwierigkeit. Man hat demnach nicht nöthig, dabey zu bleiben, da eine viel fügliche- re statt findet; nemlich diese: Das Wort anathema, Bann, heißt so viel als das Hebräi- sche Wort [fremdsprachliches Material - fehlt] und dergleichen unter dem Jü- dischen Volcke vom Banne gebräuchliche Wör- ter. Es war aber der Bann eine schwere über gewisse Verbrechen gesetzte Strafe, welche in der Ausschliessung von der bürgerlichen und kirchlichen Gemeinschaft bestunde, ihre gewisse Stuffen hatte, und denen, wider welche sie voll- zogen ward, allerhand Ungemach über den Hals brachte; es mochte nun wider Schuldi- ge oder Unschuldige gehen. Und auf die Voll- ziehung des Bannes wider die Schuldige siehet Paulus Gal. 5, 12. Wolte GOtt, daß sie ausgerottet würden, die euch verstören. Und sonderlich 1 Cor. 16, 22. So iemand den HErrn JESUM CHrist nicht lieb hat, der sey anatbema, maran atha, das ist, ver- fluchet! Der HErr kömmt. Den Jüngern Christi aber wiederfuhr der Bann als Unschul- digen. Wie CHristus ihnen vorher gesaget hatte Joh. 16, 2. Siehe auch Joh. 9, 22. 12, 42. da denen, so JEsum für den Meßiam be- kennen würden, der Bann angedrohet wird. Und daß man diesen Bann insonderheit wider Paulum ergehen lassen, ist nicht undeutlich zu ersehen aus Actor. 9, 24. 25. 21, 36. 22, 22. 1 Cor. 4, 13. Paulus aber hat sich davor so gar nicht gefürchtet, daß er, da er das Geheimniß des Creutzes Christi einsahe, vielmehr sich ge- freuet, dessen mit gewürdiget zu werden, und sich es daher gewünschet; und zwar uper ton adelphon, um der Brüder, oder um des Jü- dischen Volcks willen, nemlich um ihr Heil zu befordern. Siehe auch Eph. 3, 13. Col. 1, 24. da der Apostel seiner Leiden für andere geden- cket. Man könte auch sagen, Paulus habe mit diesem seinem Wunsche insonderheit dahin gesehen, daß, weil der Juden Grimm am mei- sten wider ihn aufgebracht war, er gewünschet habe, nach GOttes Willen nur gleichsam wie ein Feg-Opfer zu werden 1 Cor. 4, 13. oder ihrer Wuth von GOTT überlassen zu werden, der Nation solcher geftalt zu gute, wenn dadurch ihre Gemüther könten besänftiget werden, her- nach nicht mehr also wider CHristum und seine Glieder zu wüthen. 3. Nun stehen zwar die Worte apo tou Khristou, von Christo, dabey; als die da schei- nen keine andere Auslegung zuzulassen, als von einer solchen Verbannung, wodurch man aus der Gemeinschaft mit CHristo gesetzet werde: allein die praepositio apo heißt auch mehrmal so viel, als wegen, von wegen, wie die He- bräer ihn also gebrauchen. So finden wir die- se particul Matth. 18, 7. Wehe der Welt, apo ton skandalon, der Aergernisse halber. Siehe auch Hebr. 5, 7. Jmgleichen Matth. 14, 26. Luc. 21, 26. 22, 45. 24, 41. alwo das apo phobou, apo lupes, apo kharas, vor Furcht, vor Traurigkeit, vor Freuden dis und das thun, so viel heißt, als wegen der Furcht, wegen der Traurigkeit, wegen der Freude: auf welche Art auch Paulus Christi wegen, Christi halber hat wünschen können ein Feg-Opfer zu werden, wie er es ja auch end- lich in seinem Tode wircklich geworden ist. 4. Was im übrigen den Zusammenhang des dritten Verses mit dem vierten betrifft, so ist zu mercken, daß der Apostel, nachdem er die Juden seine Brüder und seine Gefreundte nach dem Fleische genennet hatte, er darauf ihre wirckliche grosse Vorzüge vor andern Völ- ckern nach einander hinsetzet, um damit seine billige Hochachtung gegen diese Nation, dar- aus er selbst entsprossen war, zu bezeugen, aber auch so fort dabey anzuzeigen, daß es darauf vor GOTT, um vor ihm zu bestehen, nicht an- komme; als welche ohne den Glauben an den schon gesandten Meßiam, an sich gar nicht da- zu hinlänglich wären, daß man ein Volck Got- tes, so bey ihm in besondern Gnaden stehe, seyn und bleiben könne. V. 4. Die da sind von Jsrael, (die da von tes: P
Cap. 9, v. 3. 4. an die Roͤmer. [Spaltenumbruch]
wolte GOtt, ich moͤchte fuͤr dich ſterben.2 Sam. 18, 33. Daß aber das imperfectum zuweilen in notione potentiali genommen wer- de, davon haben wir ein deutliches Exempel Gal. 4, 20. [fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt]ϑελον δὲ, ich wolte aber, daß ich ietzt bey euch waͤre. Da es ſich nicht ſchicken wuͤrde zu ſagen: ϑέλω δέ, ich will aber ietzt bey euch ſeyn. Dabey man conferiren kan, was Paulus von der groſſen Liebe der Ga- later gegen ſich ſaget: Jch bin euer Zeuge, daß, ἐι δυνατὸν, wo es moͤglich geweſen waͤre, (welches man hie auch bey Pauli Wunſch zu verſtehen haben wuͤrde,) ihr haͤttet eure Augen ausgeriſſen und mir gegeben. 2. Es behaͤlt aber dieſe Auslegung des Wunſches Pauli, wenn er auch gleich auf die gedachte Art einiger maſſen emolliret wird, ihre groſſe Schwierigkeit. Man hat demnach nicht noͤthig, dabey zu bleiben, da eine viel fuͤgliche- re ſtatt findet; nemlich dieſe: Das Wort ἀνάϑεμα, Bann, heißt ſo viel als das Hebraͤi- ſche Wort [fremdsprachliches Material – fehlt] und dergleichen unter dem Juͤ- diſchen Volcke vom Banne gebraͤuchliche Woͤr- ter. Es war aber der Bann eine ſchwere uͤber gewiſſe Verbrechen geſetzte Strafe, welche in der Ausſchlieſſung von der buͤrgerlichen und kirchlichen Gemeinſchaft beſtunde, ihre gewiſſe Stuffen hatte, und denen, wider welche ſie voll- zogen ward, allerhand Ungemach uͤber den Hals brachte; es mochte nun wider Schuldi- ge oder Unſchuldige gehen. Und auf die Voll- ziehung des Bannes wider die Schuldige ſiehet Paulus Gal. 5, 12. Wolte GOtt, daß ſie ausgerottet wuͤrden, die euch verſtoͤren. Und ſonderlich 1 Cor. 16, 22. So iemand den HErrn JESUM CHriſt nicht lieb hat, der ſey anatbema, maran atha, das iſt, ver- fluchet! Der HErr koͤmmt. Den Juͤngern Chriſti aber wiederfuhr der Bann als Unſchul- digen. Wie CHriſtus ihnen vorher geſaget hatte Joh. 16, 2. Siehe auch Joh. 9, 22. 12, 42. da denen, ſo JEſum fuͤr den Meßiam be- kennen wuͤrden, der Bann angedrohet wird. Und daß man dieſen Bann inſonderheit wider Paulum ergehen laſſen, iſt nicht undeutlich zu erſehen aus Actor. 9, 24. 25. 21, 36. 22, 22. 1 Cor. 4, 13. Paulus aber hat ſich davor ſo gar nicht gefuͤrchtet, daß er, da er das Geheimniß des Creutzes Chriſti einſahe, vielmehr ſich ge- freuet, deſſen mit gewuͤrdiget zu werden, und ſich es daher gewuͤnſchet; und zwar ὑπὲρ τῶν ἀδελφῶν, um der Bruͤder, oder um des Juͤ- diſchen Volcks willen, nemlich um ihr Heil zu befordern. Siehe auch Eph. 3, 13. Col. 1, 24. da der Apoſtel ſeiner Leiden fuͤr andere geden- cket. Man koͤnte auch ſagen, Paulus habe mit dieſem ſeinem Wunſche inſonderheit dahin geſehen, daß, weil der Juden Grimm am mei- ſten wider ihn aufgebracht war, er gewuͤnſchet habe, nach GOttes Willen nur gleichſam wie ein Feg-Opfer zu werden 1 Cor. 4, 13. oder ihrer Wuth von GOTT uͤberlaſſen zu werden, der Nation ſolcher geftalt zu guté, wenn dadurch ihre Gemuͤther koͤnten beſaͤnftiget werden, her- nach nicht mehr alſo wider CHriſtum und ſeine Glieder zu wuͤthen. 3. Nun ſtehen zwar die Worte ἀπὸ τοῦ Χριστοῦ, von Chriſto, dabey; als die da ſchei- nen keine andere Auslegung zuzulaſſen, als von einer ſolchen Verbannung, wodurch man aus der Gemeinſchaft mit CHriſto geſetzet werde: allein die præpoſitio ἀπὸ heißt auch mehrmal ſo viel, als wegen, von wegen, wie die He- braͤer ihn alſo gebrauchen. So finden wir die- ſe particul Matth. 18, 7. Wehe der Welt, ἀπὸ τῶν σκανδάλων, der Aergerniſſe halber. Siehe auch Hebr. 5, 7. Jmgleichen Matth. 14, 26. Luc. 21, 26. 22, 45. 24, 41. alwo das ἀπὸ φόβου, ἀπὸ λύπης, ἀπὸ χαρᾶς, vor Furcht, vor Traurigkeit, vor Freuden dis und das thun, ſo viel heißt, als wegen der Furcht, wegen der Traurigkeit, wegen der Freude: auf welche Art auch Paulus Chriſti wegen, Chriſti halber hat wuͤnſchen koͤnnen ein Feg-Opfer zu werden, wie er es ja auch end- lich in ſeinem Tode wircklich geworden iſt. 4. Was im uͤbrigen den Zuſammenhang des dritten Verſes mit dem vierten betrifft, ſo iſt zu mercken, daß der Apoſtel, nachdem er die Juden ſeine Bruͤder und ſeine Gefreundte nach dem Fleiſche genennet hatte, er darauf ihre wirckliche groſſe Vorzuͤge vor andern Voͤl- ckern nach einander hinſetzet, um damit ſeine billige Hochachtung gegen dieſe Nation, dar- aus er ſelbſt entſproſſen war, zu bezeugen, aber auch ſo fort dabey anzuzeigen, daß es darauf vor GOTT, um vor ihm zu beſtehen, nicht an- komme; als welche ohne den Glauben an den ſchon geſandten Meßiam, an ſich gar nicht da- zu hinlaͤnglich waͤren, daß man ein Volck Got- tes, ſo bey ihm in beſondern Gnaden ſtehe, ſeyn und bleiben koͤnne. V. 4. Die da ſind von Jſrael, (die da von tes: P
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Cap. 9, v. 3. 4. an die Roͤmer.
wolte GOtt, ich moͤchte fuͤr dich ſterben.
2 Sam. 18, 33. Daß aber das imperfectum
zuweilen in notione potentiali genommen wer-
de, davon haben wir ein deutliches Exempel
Gal. 4, 20. _ ϑελον δὲ, ich wolte aber, daß
ich ietzt bey euch waͤre. Da es ſich nicht
ſchicken wuͤrde zu ſagen: ϑέλω δέ, ich will aber
ietzt bey euch ſeyn. Dabey man conferiren
kan, was Paulus von der groſſen Liebe der Ga-
later gegen ſich ſaget: Jch bin euer Zeuge,
daß, ἐι δυνατὸν, wo es moͤglich geweſen
waͤre, (welches man hie auch bey Pauli Wunſch
zu verſtehen haben wuͤrde,) ihr haͤttet eure
Augen ausgeriſſen und mir gegeben.
2. Es behaͤlt aber dieſe Auslegung des
Wunſches Pauli, wenn er auch gleich auf die
gedachte Art einiger maſſen emolliret wird, ihre
groſſe Schwierigkeit. Man hat demnach nicht
noͤthig, dabey zu bleiben, da eine viel fuͤgliche-
re ſtatt findet; nemlich dieſe: Das Wort
ἀνάϑεμα, Bann, heißt ſo viel als das Hebraͤi-
ſche Wort _ und dergleichen unter dem Juͤ-
diſchen Volcke vom Banne gebraͤuchliche Woͤr-
ter. Es war aber der Bann eine ſchwere uͤber
gewiſſe Verbrechen geſetzte Strafe, welche in
der Ausſchlieſſung von der buͤrgerlichen und
kirchlichen Gemeinſchaft beſtunde, ihre gewiſſe
Stuffen hatte, und denen, wider welche ſie voll-
zogen ward, allerhand Ungemach uͤber den
Hals brachte; es mochte nun wider Schuldi-
ge oder Unſchuldige gehen. Und auf die Voll-
ziehung des Bannes wider die Schuldige ſiehet
Paulus Gal. 5, 12. Wolte GOtt, daß ſie
ausgerottet wuͤrden, die euch verſtoͤren.
Und ſonderlich 1 Cor. 16, 22. So iemand den
HErrn JESUM CHriſt nicht lieb hat,
der ſey anatbema, maran atha, das iſt, ver-
fluchet! Der HErr koͤmmt. Den Juͤngern
Chriſti aber wiederfuhr der Bann als Unſchul-
digen. Wie CHriſtus ihnen vorher geſaget
hatte Joh. 16, 2. Siehe auch Joh. 9, 22. 12,
42. da denen, ſo JEſum fuͤr den Meßiam be-
kennen wuͤrden, der Bann angedrohet wird.
Und daß man dieſen Bann inſonderheit wider
Paulum ergehen laſſen, iſt nicht undeutlich zu
erſehen aus Actor. 9, 24. 25. 21, 36. 22, 22.
1 Cor. 4, 13. Paulus aber hat ſich davor ſo gar
nicht gefuͤrchtet, daß er, da er das Geheimniß
des Creutzes Chriſti einſahe, vielmehr ſich ge-
freuet, deſſen mit gewuͤrdiget zu werden, und
ſich es daher gewuͤnſchet; und zwar ὑπὲρ τῶν
ἀδελφῶν, um der Bruͤder, oder um des Juͤ-
diſchen Volcks willen, nemlich um ihr Heil zu
befordern. Siehe auch Eph. 3, 13. Col. 1, 24.
da der Apoſtel ſeiner Leiden fuͤr andere geden-
cket. Man koͤnte auch ſagen, Paulus habe
mit dieſem ſeinem Wunſche inſonderheit dahin
geſehen, daß, weil der Juden Grimm am mei-
ſten wider ihn aufgebracht war, er gewuͤnſchet
habe, nach GOttes Willen nur gleichſam wie
ein Feg-Opfer zu werden 1 Cor. 4, 13. oder ihrer
Wuth von GOTT uͤberlaſſen zu werden, der
Nation ſolcher geftalt zu guté, wenn dadurch
ihre Gemuͤther koͤnten beſaͤnftiget werden, her-
nach nicht mehr alſo wider CHriſtum und ſeine
Glieder zu wuͤthen.
3. Nun ſtehen zwar die Worte ἀπὸ τοῦ
Χριστοῦ, von Chriſto, dabey; als die da ſchei-
nen keine andere Auslegung zuzulaſſen, als von
einer ſolchen Verbannung, wodurch man aus
der Gemeinſchaft mit CHriſto geſetzet werde:
allein die præpoſitio ἀπὸ heißt auch mehrmal ſo
viel, als wegen, von wegen, wie die He-
braͤer ihn alſo gebrauchen. So finden wir die-
ſe particul Matth. 18, 7. Wehe der Welt,
ἀπὸ τῶν σκανδάλων, der Aergerniſſe halber.
Siehe auch Hebr. 5, 7. Jmgleichen Matth.
14, 26. Luc. 21, 26. 22, 45. 24, 41. alwo das
ἀπὸ φόβου, ἀπὸ λύπης, ἀπὸ χαρᾶς, vor
Furcht, vor Traurigkeit, vor Freuden dis
und das thun, ſo viel heißt, als wegen der
Furcht, wegen der Traurigkeit, wegen der
Freude: auf welche Art auch Paulus Chriſti
wegen, Chriſti halber hat wuͤnſchen koͤnnen ein
Feg-Opfer zu werden, wie er es ja auch end-
lich in ſeinem Tode wircklich geworden iſt.
4. Was im uͤbrigen den Zuſammenhang
des dritten Verſes mit dem vierten betrifft, ſo
iſt zu mercken, daß der Apoſtel, nachdem er die
Juden ſeine Bruͤder und ſeine Gefreundte
nach dem Fleiſche genennet hatte, er darauf
ihre wirckliche groſſe Vorzuͤge vor andern Voͤl-
ckern nach einander hinſetzet, um damit ſeine
billige Hochachtung gegen dieſe Nation, dar-
aus er ſelbſt entſproſſen war, zu bezeugen, aber
auch ſo fort dabey anzuzeigen, daß es darauf vor
GOTT, um vor ihm zu beſtehen, nicht an-
komme; als welche ohne den Glauben an den
ſchon geſandten Meßiam, an ſich gar nicht da-
zu hinlaͤnglich waͤren, daß man ein Volck Got-
tes, ſo bey ihm in beſondern Gnaden ſtehe, ſeyn
und bleiben koͤnne.
V. 4.
Die da ſind von Jſrael, (die da von
Abraham her durch Jſaac und Jacob abſtam-
men; durch den Jacob, welchem GOTT die
vom Meßia, der aus ihren Nachkommen her-
kommen ſolte, gegebne Verheiſſung wiederho-
let hatte 1 B. Moſ. 28, 14. mit dem der Sohn
GOttes ſelbſt in ſichtbarer Geſtalt gerungen,
und ihm den Segen fuͤr ſich und ſeine Nachkom-
men ertheilet, und zum Andencken deſſen, mit
dem herrlichen Namen Jſrael, davon er auch
jene benennet werden lieſſe, begnadiget hatte,
cap. 32, 28. 35, 9. 10. von dem, wie auch von
ſeinem Vater Jſaac und Groß-Vater Abra-
ham, er ſich ſelbſt nennete den GOTT Abra-
hams, Jſaacs und Jacobs Exod. 3, 6. 15.)
welchen gehoͤret die Kindſchaft, (denn da
GOtt alle uͤbrige Voͤlcker nur wie Knechte in
ſeinem Dienſte hielte, ſo waren die Juͤden zu
nechſt um ihn, wie die Kinder um die Eltern
im Hauſe: Wie GOtt denn auch daher aus-
druͤcklich durch Moſen dem Pharao ſagen ließ:
So ſaget der HERR, Jſrael iſt mein
erſtgebohrnen Sohn. Und ich gebiete
dir, daß du meinen Sohn ziehen laͤßt daß
er mir diene. Wirſt du dich deß wegern,
ſo will ich deinen erſtgebohrnen Sohn er-
wuͤrgen. Exod. 4, 22. und auch Deut. 4, 1.
Jhr ſeyd Kinder des HErrn eures GOt-
tes:
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