Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 8, v. 17-19. an die Römer. [Spaltenumbruch]
bringst dich selbst in Unglück. Und also ge-hören auch die göttlichen Straf-Gerichte hie- her. Bloß natürliche Leiden sind diejeni- gen, welche der Zustand des menschlichen Ge- schlechts nach dem Sünden-Fall mit sich brin- get, und welche daher die Frommen mit den Gottlosen gemein haben: als Kranckheit, Ar- muth, Absterben der Angehörigen, und sonst allerhand Widerwärtigkeit: Wiewol sich doch dieser grosse Unterscheid dabey befindet, daß sie bey den Frommen geheiliget werden, und ihnen so viel mehr zum besten dienen. Wie denn auch die selbst gemachten Leiden durch die Be- kehrung dazu gereichen müssen. 5. Die Leiden aber um Christi, um der Gerechtigkeit, um der Wahrheit und um des Gewissens willen, ergehen allein über die glau- bigen Glieder Christi, und sind ein Kennzeichen ihres rechtschaffnen Wesens Dabey denn wohl zu mercken ist, daß, ob auch gleich die Glaubigen zuweilen aus Ermangelung genug- samer Vorsichtigkeit in ihren Handlungen zu diesem und jenem Leiden selbst Gelegenheit ge- geben haben, oder es ein solches Ansehen hat, man doch solche Veranlassung zu keiner eigent- lichen Ursache zu machen habe, als wären sie selbst schuld daran. Denn ob zwar die Gott- losen sich der ihrem Ansehen nach gegebenen Ge- legenheit bedienen, jene zu drücken und zu ver- folgen; so hat diese ihre Verfolgung doch nicht einiges Versehen, sondern das rechtschaffne We- sen der Frommen, welches ihnen unleidlich ist, zum Grunde: sintemal sie ja sonst an denen, die ihres Sinnes sind, noch vielmehr ertragen, ohne sie deßwegen zu hassen. V. 18. Denn (um zu zeigen, wie man nicht Ur- sache habe, sich der Gemeinschaft der Leiden zu entziehen, so mercket) ich halte dafür, daß dieser (so gar kurtzen) Zeit Leiden (sie mö- gen auch noch so groß und schwer seyn, und so lange anhalten) der Herrlichkeit nicht wehrt sind, die an uns soll offenbar werden, (gar in keine Vergleichung können gezogen werden; als die gegen das unendliche Meer der Freuden nur sind wie ein Tröpflein, und wie ein Sand- Körnlein in der Wageschale gegen ein tausend- faches Centner-Gewicht; und die dazu durch die einwohnende und stärckende Kraft GOttes sehr erleichtert und erträglich gemachet werden; wenn sie der Natur, oder blossen natürlichen Kräften, unerträglich vorkommen: wie man an den heiligen Martyrern gesehen hat.) Anmerckung. Der vor andern zur Erläuterung hieher ge- V. 19. Denn das ängstliche (sehr sehnliche) Anmerckungen. 1. Hier fraget sich, was doch Paulus durch die Creatur eigentlich verstehe? Durch die Creatur, welcher er ein ängstliches Harren auf die Offenbarung der Kinder GOttes, zuschreibet; und davon er v. 20. saget, daß sie der Eitelkeit ohne ihren Willen auf Hoff- nung unterworfen sey: und v. 21. daß sie werde frey werden von dem Dienst des vergänglichen Wesens zu der herrlichen Freyheit der Kinder GOttes: v. 22. daß sie sich noch immerdar mit den Gläubigen sehne und ängstige. 2. Die unterschiedlichen Meinungen der Ausleger über diesen Ort hieher zu setzen, ist zu weitläuftig und vergeblich. Und da es viele von Menschen verstehen, sonderlich auf Veranlas- sung der Worte CHristi Marc. 16, 15. Gehet hin in alle Welt, und prediget das Evan- gelium aller Creatur: und Pauli Col. 1, 23. Das Evangelium ist geprediget unter aller Creatur, die unter dem Himmel ist: so will ich nur kürtzlich anzeigen, warum es kei- ne Menschen seyn können. Wenn es Men- schen wären, so müsten es entweder schon zu CHristo bekehrte und gläubige, oder noch un- gläubige Menschen seyn. Nun aber sind es keine Gläubige. Denn die Creatur wird al- hier ausdrücklich von den Gläubigen, oder Kin- dern GOttes, unterschieden; und zwar vier- mal, v. 19. 21. 22. 23. Auch sind es keine Un- gläubige oder Unbekehrte. Denn diese war- ten nicht mit einem ängstlichen Harren auf die Offenbarung der Kinder GOttes, noch sehnen sie sich darnach mit ihnen; wie doch v. 19. 22. stehet. So kan man auch nicht sagen, was alhier von der Creatur stehet, nemlich daß die Gottlosen wider ihren Willen der Eitelkeit un- terworfen sind; als welcher sie gar gerne und willig dienen. Und eben so wenig können in- sonderheit die noch unglaubigen Heiden unter dem Worte Creatur verstanden werden; als hätten diese sich schon in ihrer Heidenschaft so sehr nach der Christlichen Religion und nach der seligen Gemeinschaft mit GOtt gesehnet. Denn solches N 3
Cap. 8, v. 17-19. an die Roͤmer. [Spaltenumbruch]
bringſt dich ſelbſt in Ungluͤck. Und alſo ge-hoͤren auch die goͤttlichen Straf-Gerichte hie- her. Bloß natuͤrliche Leiden ſind diejeni- gen, welche der Zuſtand des menſchlichen Ge- ſchlechts nach dem Suͤnden-Fall mit ſich brin- get, und welche daher die Frommen mit den Gottloſen gemein haben: als Kranckheit, Ar- muth, Abſterben der Angehoͤrigen, und ſonſt allerhand Widerwaͤrtigkeit: Wiewol ſich doch dieſer groſſe Unterſcheid dabey befindet, daß ſie bey den Frommen geheiliget werden, und ihnen ſo viel mehr zum beſten dienen. Wie denn auch die ſelbſt gemachten Leiden durch die Be- kehrung dazu gereichen muͤſſen. 5. Die Leiden aber um Chriſti, um der Gerechtigkeit, um der Wahrheit und um des Gewiſſens willen, ergehen allein uͤber die glau- bigen Glieder Chriſti, und ſind ein Kennzeichen ihres rechtſchaffnen Weſens Dabey denn wohl zu mercken iſt, daß, ob auch gleich die Glaubigen zuweilen aus Ermangelung genug- ſamer Vorſichtigkeit in ihren Handlungen zu dieſem und jenem Leiden ſelbſt Gelegenheit ge- geben haben, oder es ein ſolches Anſehen hat, man doch ſolche Veranlaſſung zu keiner eigent- lichen Urſache zu machen habe, als waͤren ſie ſelbſt ſchuld daran. Denn ob zwar die Gott- loſen ſich der ihrem Anſehen nach gegebenen Ge- legenheit bedienen, jene zu druͤcken und zu ver- folgen; ſo hat dieſe ihre Verfolgung doch nicht einiges Verſehen, ſondern das rechtſchaffne We- ſen der Frommen, welches ihnen unleidlich iſt, zum Grunde: ſintemal ſie ja ſonſt an denen, die ihres Sinnes ſind, noch vielmehr ertragen, ohne ſie deßwegen zu haſſen. V. 18. Denn (um zu zeigen, wie man nicht Ur- ſache habe, ſich der Gemeinſchaft der Leiden zu entziehen, ſo mercket) ich halte dafuͤr, daß dieſer (ſo gar kurtzen) Zeit Leiden (ſie moͤ- gen auch noch ſo groß und ſchwer ſeyn, und ſo lange anhalten) der Herrlichkeit nicht wehrt ſind, die an uns ſoll offenbar werden, (gar in keine Vergleichung koͤnnen gezogen werden; als die gegen das unendliche Meer der Freuden nur ſind wie ein Troͤpflein, und wie ein Sand- Koͤrnlein in der Wageſchale gegen ein tauſend- faches Centner-Gewicht; und die dazu durch die einwohnende und ſtaͤrckende Kraft GOttes ſehr erleichtert und ertraͤglich gemachet werden; wenn ſie der Natur, oder bloſſen natuͤrlichen Kraͤften, unertraͤglich vorkommen: wie man an den heiligen Martyrern geſehen hat.) Anmerckung. Der vor andern zur Erlaͤuterung hieher ge- V. 19. Denn das aͤngſtliche (ſehr ſehnliche) Anmerckungen. 1. Hier fraget ſich, was doch Paulus durch die Creatur eigentlich verſtehe? Durch die Creatur, welcher er ein aͤngſtliches Harren auf die Offenbarung der Kinder GOttes, zuſchreibet; und davon er v. 20. ſaget, daß ſie der Eitelkeit ohne ihren Willen auf Hoff- nung unterworfen ſey: und v. 21. daß ſie werde frey werden von dem Dienſt des vergaͤnglichen Weſens zu der herrlichen Freyheit der Kinder GOttes: v. 22. daß ſie ſich noch immerdar mit den Glaͤubigen ſehne und aͤngſtige. 2. Die unterſchiedlichen Meinungen der Ausleger uͤber dieſen Ort hieher zu ſetzen, iſt zu weitlaͤuftig und vergeblich. Und da es viele von Menſchen verſtehen, ſonderlich auf Veranlaſ- ſung der Worte CHriſti Marc. 16, 15. Gehet hin in alle Welt, und prediget das Evan- gelium aller Creatur: und Pauli Col. 1, 23. Das Evangelium iſt geprediget unter aller Creatur, die unter dem Himmel iſt: ſo will ich nur kuͤrtzlich anzeigen, warum es kei- ne Menſchen ſeyn koͤnnen. Wenn es Men- ſchen waͤren, ſo muͤſten es entweder ſchon zu CHriſto bekehrte und glaͤubige, oder noch un- glaͤubige Menſchen ſeyn. Nun aber ſind es keine Glaͤubige. Denn die Creatur wird al- hier ausdruͤcklich von den Glaͤubigen, oder Kin- dern GOttes, unterſchieden; und zwar vier- mal, v. 19. 21. 22. 23. Auch ſind es keine Un- glaͤubige oder Unbekehrte. Denn dieſe war- ten nicht mit einem aͤngſtlichen Harren auf die Offenbarung der Kinder GOttes, noch ſehnen ſie ſich darnach mit ihnen; wie doch v. 19. 22. ſtehet. So kan man auch nicht ſagen, was alhier von der Creatur ſtehet, nemlich daß die Gottloſen wider ihren Willen der Eitelkeit un- terworfen ſind; als welcher ſie gar gerne und willig dienen. Und eben ſo wenig koͤnnen in- ſonderheit die noch unglaubigen Heiden unter dem Worte Creatur verſtanden werden; als haͤtten dieſe ſich ſchon in ihrer Heidenſchaft ſo ſehr nach der Chriſtlichen Religion und nach der ſeligen Gemeinſchaft mit GOtt geſehnet. Denn ſolches N 3
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Cap. 8, v. 17-19. an die Roͤmer.
bringſt dich ſelbſt in Ungluͤck. Und alſo ge-
hoͤren auch die goͤttlichen Straf-Gerichte hie-
her. Bloß natuͤrliche Leiden ſind diejeni-
gen, welche der Zuſtand des menſchlichen Ge-
ſchlechts nach dem Suͤnden-Fall mit ſich brin-
get, und welche daher die Frommen mit den
Gottloſen gemein haben: als Kranckheit, Ar-
muth, Abſterben der Angehoͤrigen, und ſonſt
allerhand Widerwaͤrtigkeit: Wiewol ſich doch
dieſer groſſe Unterſcheid dabey befindet, daß ſie
bey den Frommen geheiliget werden, und ihnen
ſo viel mehr zum beſten dienen. Wie denn
auch die ſelbſt gemachten Leiden durch die Be-
kehrung dazu gereichen muͤſſen.
5. Die Leiden aber um Chriſti, um der
Gerechtigkeit, um der Wahrheit und um des
Gewiſſens willen, ergehen allein uͤber die glau-
bigen Glieder Chriſti, und ſind ein Kennzeichen
ihres rechtſchaffnen Weſens Dabey denn
wohl zu mercken iſt, daß, ob auch gleich die
Glaubigen zuweilen aus Ermangelung genug-
ſamer Vorſichtigkeit in ihren Handlungen zu
dieſem und jenem Leiden ſelbſt Gelegenheit ge-
geben haben, oder es ein ſolches Anſehen hat,
man doch ſolche Veranlaſſung zu keiner eigent-
lichen Urſache zu machen habe, als waͤren ſie
ſelbſt ſchuld daran. Denn ob zwar die Gott-
loſen ſich der ihrem Anſehen nach gegebenen Ge-
legenheit bedienen, jene zu druͤcken und zu ver-
folgen; ſo hat dieſe ihre Verfolgung doch nicht
einiges Verſehen, ſondern das rechtſchaffne We-
ſen der Frommen, welches ihnen unleidlich iſt,
zum Grunde: ſintemal ſie ja ſonſt an denen, die
ihres Sinnes ſind, noch vielmehr ertragen, ohne
ſie deßwegen zu haſſen.
V. 18.
Denn (um zu zeigen, wie man nicht Ur-
ſache habe, ſich der Gemeinſchaft der Leiden
zu entziehen, ſo mercket) ich halte dafuͤr, daß
dieſer (ſo gar kurtzen) Zeit Leiden (ſie moͤ-
gen auch noch ſo groß und ſchwer ſeyn, und ſo
lange anhalten) der Herrlichkeit nicht wehrt
ſind, die an uns ſoll offenbar werden, (gar
in keine Vergleichung koͤnnen gezogen werden;
als die gegen das unendliche Meer der Freuden
nur ſind wie ein Troͤpflein, und wie ein Sand-
Koͤrnlein in der Wageſchale gegen ein tauſend-
faches Centner-Gewicht; und die dazu durch
die einwohnende und ſtaͤrckende Kraft GOttes
ſehr erleichtert und ertraͤglich gemachet werden;
wenn ſie der Natur, oder bloſſen natuͤrlichen
Kraͤften, unertraͤglich vorkommen: wie man an
den heiligen Martyrern geſehen hat.)
Anmerckung.
Der vor andern zur Erlaͤuterung hieher ge-
hoͤrige Ort iſt der 2 Cor. 4, 17. Unſere Truͤb-
ſal, die zeitlich und leicht iſt, ſchaffet ei-
ne ewige und uͤber alle Maß wichtige Herr-
lichkeit ꝛc. Ferner Matth. 5, 10. 11. 12. Se-
lig ſind, die um Gerechtigkeit willen ver-
folget werden ꝛc. Selig ſeyd ihr, wenn
euch die Menſchen um meinet willen
ſchmaͤhen und verfolgen ꝛc. Seyd froͤ-
lich und getroſt! es wird euch im Himmel
wohl belohnet werden. Siehe auch 1 Pet.
1, 5. 6. 4, 13.
V. 19.
Denn das aͤngſtliche (ſehr ſehnliche)
Harren (ἀποκαραδοκία) der Natur wartet
auf die Offenbarung der Kinder GOttes,
(als welche theils in der Welt nicht einmal er-
kannt werden; und wenn man ſie auch gleich
kennet und erkennet, auch lieb und werth hat,
ſo iſt doch ihr geiſtliches Leben in dieſer Zeit noch
ſehr verborgen und bricht an ihnen noch nicht
hervor zur Verherrlichung ihres gantzen Stan-
des nach Leib und Seele, zu welcher ſie bey An-
tretung ihres voͤlligen Erbtheils gelangen wer-
den. Und alſo ſind ſie darinn CHriſto, ihrem
Haupte, gleich, nach dem Stande der Ernie-
drigung. Col. 3, 3. 4.
Anmerckungen.
1. Hier fraget ſich, was doch Paulus durch
die Creatur eigentlich verſtehe? Durch die
Creatur, welcher er ein aͤngſtliches Harren
auf die Offenbarung der Kinder GOttes,
zuſchreibet; und davon er v. 20. ſaget, daß ſie
der Eitelkeit ohne ihren Willen auf Hoff-
nung unterworfen ſey: und v. 21. daß ſie
werde frey werden von dem Dienſt des
vergaͤnglichen Weſens zu der herrlichen
Freyheit der Kinder GOttes: v. 22. daß
ſie ſich noch immerdar mit den Glaͤubigen
ſehne und aͤngſtige.
2. Die unterſchiedlichen Meinungen der
Ausleger uͤber dieſen Ort hieher zu ſetzen, iſt zu
weitlaͤuftig und vergeblich. Und da es viele von
Menſchen verſtehen, ſonderlich auf Veranlaſ-
ſung der Worte CHriſti Marc. 16, 15. Gehet
hin in alle Welt, und prediget das Evan-
gelium aller Creatur: und Pauli Col. 1,
23. Das Evangelium iſt geprediget unter
aller Creatur, die unter dem Himmel iſt:
ſo will ich nur kuͤrtzlich anzeigen, warum es kei-
ne Menſchen ſeyn koͤnnen. Wenn es Men-
ſchen waͤren, ſo muͤſten es entweder ſchon zu
CHriſto bekehrte und glaͤubige, oder noch un-
glaͤubige Menſchen ſeyn. Nun aber ſind es
keine Glaͤubige. Denn die Creatur wird al-
hier ausdruͤcklich von den Glaͤubigen, oder Kin-
dern GOttes, unterſchieden; und zwar vier-
mal, v. 19. 21. 22. 23. Auch ſind es keine Un-
glaͤubige oder Unbekehrte. Denn dieſe war-
ten nicht mit einem aͤngſtlichen Harren auf die
Offenbarung der Kinder GOttes, noch ſehnen
ſie ſich darnach mit ihnen; wie doch v. 19. 22.
ſtehet. So kan man auch nicht ſagen, was
alhier von der Creatur ſtehet, nemlich daß die
Gottloſen wider ihren Willen der Eitelkeit un-
terworfen ſind; als welcher ſie gar gerne und
willig dienen. Und eben ſo wenig koͤnnen in-
ſonderheit die noch unglaubigen Heiden unter
dem Worte Creatur verſtanden werden; als
haͤtten dieſe ſich ſchon in ihrer Heidenſchaft ſo
ſehr nach der Chriſtlichen Religion und nach der
ſeligen Gemeinſchaft mit GOtt geſehnet. Denn
ſolches
N 3
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