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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefs Pauli Cap. 6, v. 16. 17.
[Spaltenumbruch] richtige Worte spottweise muthwillig verdrehen?
nemlich:) sollen wir (muthwillig) sündigen,
dieweil wir nicht unter dem Gesetze
(das
unter schwerer Bedrohung die Sünde verbietet,
und die Ausübung aller Tugenden fordert) son-
dern unter der Gnade sind
(da einem die
Sünden vergeben, ja nicht einmal zugerechnet,
und nicht mehr für Sünden geachtet werden:
wie man mit schnöder Wort-Verkehrung sagen,
oder doch dencken möchte) das sey ferne! (als
eine solche Sache, welche theils grobe Unwissen-
heit der Heils-Ordnung, theils Bosheit an den
Tag leget. Siehe auch oben Cap. 3, 5. 6. 8.
6, 1. 2. Gal. 2, 17.)

V. 16.

Wisset ihr nicht (ihr wisset es gar wohl)
welchem ihr euch (freywillig) begebet zu
Knechten in Gehorsam
(also, daß eure Dar-
stellung zum Dienste auch angenommen ist) deß
Knechte seyd
(inskünftige, oder bleibet) ihr
(von Rechts wegen) dem ihr gehorsam seyd
(auch zu gehorsamen schuldig seyd: wie ja auch
unter Menschen, wenn sich einer dem andern
zum Knechte vermiethet, die Verbindung nicht
auf die blosse Handlung der Vermiethung, oder
auf etliche Stunden und Tage ankömmt, son-
dern auf einen beständigern Dienst gehet) es sey
der Sünde
(also, daß sie euch beherrsche) zum
(ewigen) Tode. c. 8, 13. oder dem Gehorsam
(des Glaubens, womit man GOtt anhanget,
gleichwie man durch die Sünde sich von ihm ent-
fernet: Siehe v. 17. und oben c. 1, 6. 16, 26.)
zur Gerechtigkeit (um diese und mit derselben
alle übrige mit ihr verknüpfte Heils-Güter, ja
das ewige Leben zu geniessen, solches auch zuvor-
derst mit einem heiligen Leben zu erweisen.

Anmerckungen.
1. Das Wort Gehorsam stehet erstlich
in einem gemeinen Verstande, also, daß es vom
guten und bösen kan verstanden werden, hernach
aber stehet es im Gegensatz auf die Sünde, und
bedeutet den Gehorsam des Glaubens, dadurch
man sich GOtt zu eigen ergiebet, und der den
Gehorsam des Lebens in den Liebes-Pflichten
aus sich gebieret.
2. Daß man dessen, deme man sich zum
Dienst ergiebet, Knecht sey und bleibe, muß
von der Sünde nur de facto, oder also verstanden
werden, daß, wenn man sich einmal der Sün-
de, also, daß sie einen beherrschet, übergeben ha-
be, man sich alsdenn davon aus eignen Kräften
nicht wieder losmachen könne, sondern wol un-
ter demselben Joche so lange aushalten müsse,
bis man sich durch die Gnaden-Kraft davon frey
machen lasse.
3. Weil die Worte eis dikasosunen zur
Gerechtigkeit
den Worten eis thanaton, zum
Tode,
entgegen stehen, und dieser eine Frucht
und Strafe der Sünde ist; so muß durch die Ge-
rechrigkeit
wol die Frucht vom Gehorsam des
Glaubens verstanden werden, wie sich nemlich
die geschenckte Gerechtigkeit Christi zur ewigen
Freude und Herrlichkeit hervor thut. Wie es
denn daher von der Braut des Lammes stehet,
[Spaltenumbruch] daß, als sie dazu eingeführet wird, sie ange-
than wird mit reiner und schöner Seide,
welches ist die Gerechtigkeit der Heiligen.

Offenb. 19, 8.
4. Wir finden v. 16. die Propositionem
maiorem bimembrem,
oder die Regel: dazu v.
17. 18. minor bimembris, als das Exempel, theils
des abgebrochenen Sünden-Dienstes, theils
der löblichen Dienst-Ergebung der Gläubigen,
gemacht wird.
V. 17.

GOtt sey aber gedancket, daß ihr
(zwar) Knechte der Sünden gewosen seyd
(allein von eurer Bekehrung an aufgehöret haber
solche zu seyn) aber nun gehorsam wor-
den von Hertzen dem Vorbilde der Lehre,
welchem ihr ergeben seyd
(und auch ergeben
bleibet und bleiben sollet, also, daß ihr GOTT
den Dienst nicht wieder aufsaget, und wieder
auf den Sünden-Dienst verfallet.

Anmerckungen.
1. Tupos, typus, ein Vorbild, heißt al-
hie ein Muster, eine Form, darnach etwas ge-
formet und gebildet wird.
2. Wo nun etwas nach einer Form gebil-
det werden soll, da muß ein Ein- und Abdruck
geschehen. Ein Eindruck der Form in die zu
formende Sache, oder welches auf eines hinaus
läuft, der zu bildenden Sache in die Form.
Dieser Eindruck giebt und hinterlässet so denn
den Abdruck, also, daß man die Form in der
Sache, darauf sie appliciret ist, ihrer gehörigen
Aehnlichkeit nach sehen kan. Ein Exempel ha-
ben wir in der Buchdruckerey. Denn da sind
die typi, die Formen; und da ist auch das reme
Papier, darein die Formen mit allen ihren
Worten und Buchstaben durch den Auf- und
Eindruck also abgedrücket werden, daß man das,
was die Formen in sich halten, auf dem Papier
im Abdruck lesen kan.
3. Die Application auf gegenwärtigen
Text ist nun diese: Der den Römern vorge-
tragene gantze Rath GOttes vom Grunde
und von der Ordnung der Seligkeit war die
Form der Lehre. Sie selbst waren diejeni-
ge, in welche diese Form eingedrucket, und auf
welche sie abgedrucket wurde. Der Ein- und
Abdruck geschahe auf GOttes Seiten gegen
sie durch die Verkündigung des gedachten Raths
GOttes; auf ihrer Seiten durch die glaubige
An- und Aufnahme des Worts, da sie mit dem
Gehorsam des Glaubens und des Lebens sich
in das Vorbild einergaben. Davon denn der
Abdruck also anzusehen war, daß man an ihrem
guten Exempel des Glaubens und des Lebens,
gleichsam wie in lebendigen Buchstaben, die
Form der Lehre sehen und lesen konte. Gleich-
wie Paulus von den Corinthiern saget: Jhr
seyd unser Brief in unser Hertz geschrieben,
der erkannt und gelesen wird von allen
Menschen: die ihr offenbar worden seyd,
daß ihr ein Brief Christi seyd, durchs Pre-
digamt zubereitet, und durch uns geschrie-
ben, nicht mit Tinten, sondern mit dem

Geist

Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 6, v. 16. 17.
[Spaltenumbruch] richtige Worte ſpottweiſe muthwillig verdrehen?
nemlich:) ſollen wir (muthwillig) ſuͤndigen,
dieweil wir nicht unter dem Geſetze
(das
unter ſchwerer Bedrohung die Suͤnde verbietet,
und die Ausuͤbung aller Tugenden fordert) ſon-
dern unter der Gnade ſind
(da einem die
Suͤnden vergeben, ja nicht einmal zugerechnet,
und nicht mehr fuͤr Suͤnden geachtet werden:
wie man mit ſchnoͤder Wort-Verkehrung ſagen,
oder doch dencken moͤchte) das ſey ferne! (als
eine ſolche Sache, welche theils grobe Unwiſſen-
heit der Heils-Ordnung, theils Bosheit an den
Tag leget. Siehe auch oben Cap. 3, 5. 6. 8.
6, 1. 2. Gal. 2, 17.)

V. 16.

Wiſſet ihr nicht (ihr wiſſet es gar wohl)
welchem ihr euch (freywillig) begebet zu
Knechten in Gehorſam
(alſo, daß eure Dar-
ſtellung zum Dienſte auch angenommen iſt) deß
Knechte ſeyd
(inskuͤnftige, oder bleibet) ihr
(von Rechts wegen) dem ihr gehorſam ſeyd
(auch zu gehorſamen ſchuldig ſeyd: wie ja auch
unter Menſchen, wenn ſich einer dem andern
zum Knechte vermiethet, die Verbindung nicht
auf die bloſſe Handlung der Vermiethung, oder
auf etliche Stunden und Tage ankoͤmmt, ſon-
dern auf einen beſtaͤndigern Dienſt gehet) es ſey
der Suͤnde
(alſo, daß ſie euch beherrſche) zum
(ewigen) Tode. c. 8, 13. oder dem Gehorſam
(des Glaubens, womit man GOtt anhanget,
gleichwie man durch die Suͤnde ſich von ihm ent-
fernet: Siehe v. 17. und oben c. 1, 6. 16, 26.)
zur Gerechtigkeit (um dieſe und mit derſelben
alle uͤbrige mit ihr verknuͤpfte Heils-Guͤter, ja
das ewige Leben zu genieſſen, ſolches auch zuvor-
derſt mit einem heiligen Leben zu erweiſen.

Anmerckungen.
1. Das Wort Gehorſam ſtehet erſtlich
in einem gemeinen Verſtande, alſo, daß es vom
guten und boͤſen kan verſtanden werden, hernach
aber ſtehet es im Gegenſatz auf die Suͤnde, und
bedeutet den Gehorſam des Glaubens, dadurch
man ſich GOtt zu eigen ergiebet, und der den
Gehorſam des Lebens in den Liebes-Pflichten
aus ſich gebieret.
2. Daß man deſſen, deme man ſich zum
Dienſt ergiebet, Knecht ſey und bleibe, muß
von der Suͤnde nur de facto, oder alſo verſtanden
werden, daß, wenn man ſich einmal der Suͤn-
de, alſo, daß ſie einen beherrſchet, uͤbergeben ha-
be, man ſich alsdenn davon aus eignen Kraͤften
nicht wieder losmachen koͤnne, ſondern wol un-
ter demſelben Joche ſo lange aushalten muͤſſe,
bis man ſich durch die Gnaden-Kraft davon frey
machen laſſe.
3. Weil die Worte εἰς δικαςοσύνην zur
Gerechtigkeit
den Worten ἐις ϑάνατον, zum
Tode,
entgegen ſtehen, und dieſer eine Frucht
und Strafe der Suͤnde iſt; ſo muß durch die Ge-
rechrigkeit
wol die Frucht vom Gehorſam des
Glaubens verſtanden werden, wie ſich nemlich
die geſchenckte Gerechtigkeit Chriſti zur ewigen
Freude und Herrlichkeit hervor thut. Wie es
denn daher von der Braut des Lammes ſtehet,
[Spaltenumbruch] daß, als ſie dazu eingefuͤhret wird, ſie ange-
than wird mit reiner und ſchoͤner Seide,
welches iſt die Gerechtigkeit der Heiligen.

Offenb. 19, 8.
4. Wir finden v. 16. die Propoſitionem
maiorem bimembrem,
oder die Regel: dazu v.
17. 18. minor bimembris, als das Exempel, theils
des abgebrochenen Suͤnden-Dienſtes, theils
der loͤblichen Dienſt-Ergebung der Glaͤubigen,
gemacht wird.
V. 17.

GOtt ſey aber gedancket, daß ihr
(zwar) Knechte der Suͤnden gewoſen ſeyd
(allein von eurer Bekehrung an aufgehoͤret haber
ſolche zu ſeyn) aber nun gehorſam wor-
den von Hertzen dem Vorbilde der Lehre,
welchem ihr ergeben ſeyd
(und auch ergeben
bleibet und bleiben ſollet, alſo, daß ihr GOTT
den Dienſt nicht wieder aufſaget, und wieder
auf den Suͤnden-Dienſt verfallet.

Anmerckungen.
1. Τύπος, typus, ein Vorbild, heißt al-
hie ein Muſter, eine Form, darnach etwas ge-
formet und gebildet wird.
2. Wo nun etwas nach einer Form gebil-
det werden ſoll, da muß ein Ein- und Abdruck
geſchehen. Ein Eindruck der Form in die zu
formende Sache, oder welches auf eines hinaus
laͤuft, der zu bildenden Sache in die Form.
Dieſer Eindruck giebt und hinterlaͤſſet ſo denn
den Abdruck, alſo, daß man die Form in der
Sache, darauf ſie appliciret iſt, ihrer gehoͤrigen
Aehnlichkeit nach ſehen kan. Ein Exempel ha-
ben wir in der Buchdruckerey. Denn da ſind
die typi, die Formen; und da iſt auch das reme
Papier, darein die Formen mit allen ihren
Worten und Buchſtaben durch den Auf- und
Eindruck alſo abgedruͤcket werden, daß man das,
was die Formen in ſich halten, auf dem Papier
im Abdruck leſen kan.
3. Die Application auf gegenwaͤrtigen
Text iſt nun dieſe: Der den Roͤmern vorge-
tragene gantze Rath GOttes vom Grunde
und von der Ordnung der Seligkeit war die
Form der Lehre. Sie ſelbſt waren diejeni-
ge, in welche dieſe Form eingedrucket, und auf
welche ſie abgedrucket wurde. Der Ein- und
Abdruck geſchahe auf GOttes Seiten gegen
ſie durch die Verkuͤndigung des gedachten Raths
GOttes; auf ihrer Seiten durch die glaubige
An- und Aufnahme des Worts, da ſie mit dem
Gehorſam des Glaubens und des Lebens ſich
in das Vorbild einergaben. Davon denn der
Abdruck alſo anzuſehen war, daß man an ihrem
guten Exempel des Glaubens und des Lebens,
gleichſam wie in lebendigen Buchſtaben, die
Form der Lehre ſehen und leſen konte. Gleich-
wie Paulus von den Corinthiern ſaget: Jhr
ſeyd unſer Brief in unſer Hertz geſchrieben,
der erkannt und geleſen wird von allen
Menſchen: die ihr offenbar worden ſeyd,
daß ihr ein Brief Chriſti ſeyd, durchs Pre-
digamt zubereitet, und durch uns geſchrie-
ben, nicht mit Tinten, ſondern mit dem

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[82/0110] Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 6, v. 16. 17. richtige Worte ſpottweiſe muthwillig verdrehen? nemlich:) ſollen wir (muthwillig) ſuͤndigen, dieweil wir nicht unter dem Geſetze (das unter ſchwerer Bedrohung die Suͤnde verbietet, und die Ausuͤbung aller Tugenden fordert) ſon- dern unter der Gnade ſind (da einem die Suͤnden vergeben, ja nicht einmal zugerechnet, und nicht mehr fuͤr Suͤnden geachtet werden: wie man mit ſchnoͤder Wort-Verkehrung ſagen, oder doch dencken moͤchte) das ſey ferne! (als eine ſolche Sache, welche theils grobe Unwiſſen- heit der Heils-Ordnung, theils Bosheit an den Tag leget. Siehe auch oben Cap. 3, 5. 6. 8. 6, 1. 2. Gal. 2, 17.) V. 16. Wiſſet ihr nicht (ihr wiſſet es gar wohl) welchem ihr euch (freywillig) begebet zu Knechten in Gehorſam (alſo, daß eure Dar- ſtellung zum Dienſte auch angenommen iſt) deß Knechte ſeyd (inskuͤnftige, oder bleibet) ihr (von Rechts wegen) dem ihr gehorſam ſeyd (auch zu gehorſamen ſchuldig ſeyd: wie ja auch unter Menſchen, wenn ſich einer dem andern zum Knechte vermiethet, die Verbindung nicht auf die bloſſe Handlung der Vermiethung, oder auf etliche Stunden und Tage ankoͤmmt, ſon- dern auf einen beſtaͤndigern Dienſt gehet) es ſey der Suͤnde (alſo, daß ſie euch beherrſche) zum (ewigen) Tode. c. 8, 13. oder dem Gehorſam (des Glaubens, womit man GOtt anhanget, gleichwie man durch die Suͤnde ſich von ihm ent- fernet: Siehe v. 17. und oben c. 1, 6. 16, 26.) zur Gerechtigkeit (um dieſe und mit derſelben alle uͤbrige mit ihr verknuͤpfte Heils-Guͤter, ja das ewige Leben zu genieſſen, ſolches auch zuvor- derſt mit einem heiligen Leben zu erweiſen. Anmerckungen. 1. Das Wort Gehorſam ſtehet erſtlich in einem gemeinen Verſtande, alſo, daß es vom guten und boͤſen kan verſtanden werden, hernach aber ſtehet es im Gegenſatz auf die Suͤnde, und bedeutet den Gehorſam des Glaubens, dadurch man ſich GOtt zu eigen ergiebet, und der den Gehorſam des Lebens in den Liebes-Pflichten aus ſich gebieret. 2. Daß man deſſen, deme man ſich zum Dienſt ergiebet, Knecht ſey und bleibe, muß von der Suͤnde nur de facto, oder alſo verſtanden werden, daß, wenn man ſich einmal der Suͤn- de, alſo, daß ſie einen beherrſchet, uͤbergeben ha- be, man ſich alsdenn davon aus eignen Kraͤften nicht wieder losmachen koͤnne, ſondern wol un- ter demſelben Joche ſo lange aushalten muͤſſe, bis man ſich durch die Gnaden-Kraft davon frey machen laſſe. 3. Weil die Worte εἰς δικαςοσύνην zur Gerechtigkeit den Worten ἐις ϑάνατον, zum Tode, entgegen ſtehen, und dieſer eine Frucht und Strafe der Suͤnde iſt; ſo muß durch die Ge- rechrigkeit wol die Frucht vom Gehorſam des Glaubens verſtanden werden, wie ſich nemlich die geſchenckte Gerechtigkeit Chriſti zur ewigen Freude und Herrlichkeit hervor thut. Wie es denn daher von der Braut des Lammes ſtehet, daß, als ſie dazu eingefuͤhret wird, ſie ange- than wird mit reiner und ſchoͤner Seide, welches iſt die Gerechtigkeit der Heiligen. Offenb. 19, 8. 4. Wir finden v. 16. die Propoſitionem maiorem bimembrem, oder die Regel: dazu v. 17. 18. minor bimembris, als das Exempel, theils des abgebrochenen Suͤnden-Dienſtes, theils der loͤblichen Dienſt-Ergebung der Glaͤubigen, gemacht wird. V. 17. GOtt ſey aber gedancket, daß ihr (zwar) Knechte der Suͤnden gewoſen ſeyd (allein von eurer Bekehrung an aufgehoͤret haber ſolche zu ſeyn) aber nun gehorſam wor- den von Hertzen dem Vorbilde der Lehre, welchem ihr ergeben ſeyd (und auch ergeben bleibet und bleiben ſollet, alſo, daß ihr GOTT den Dienſt nicht wieder aufſaget, und wieder auf den Suͤnden-Dienſt verfallet. Anmerckungen. 1. Τύπος, typus, ein Vorbild, heißt al- hie ein Muſter, eine Form, darnach etwas ge- formet und gebildet wird. 2. Wo nun etwas nach einer Form gebil- det werden ſoll, da muß ein Ein- und Abdruck geſchehen. Ein Eindruck der Form in die zu formende Sache, oder welches auf eines hinaus laͤuft, der zu bildenden Sache in die Form. Dieſer Eindruck giebt und hinterlaͤſſet ſo denn den Abdruck, alſo, daß man die Form in der Sache, darauf ſie appliciret iſt, ihrer gehoͤrigen Aehnlichkeit nach ſehen kan. Ein Exempel ha- ben wir in der Buchdruckerey. Denn da ſind die typi, die Formen; und da iſt auch das reme Papier, darein die Formen mit allen ihren Worten und Buchſtaben durch den Auf- und Eindruck alſo abgedruͤcket werden, daß man das, was die Formen in ſich halten, auf dem Papier im Abdruck leſen kan. 3. Die Application auf gegenwaͤrtigen Text iſt nun dieſe: Der den Roͤmern vorge- tragene gantze Rath GOttes vom Grunde und von der Ordnung der Seligkeit war die Form der Lehre. Sie ſelbſt waren diejeni- ge, in welche dieſe Form eingedrucket, und auf welche ſie abgedrucket wurde. Der Ein- und Abdruck geſchahe auf GOttes Seiten gegen ſie durch die Verkuͤndigung des gedachten Raths GOttes; auf ihrer Seiten durch die glaubige An- und Aufnahme des Worts, da ſie mit dem Gehorſam des Glaubens und des Lebens ſich in das Vorbild einergaben. Davon denn der Abdruck alſo anzuſehen war, daß man an ihrem guten Exempel des Glaubens und des Lebens, gleichſam wie in lebendigen Buchſtaben, die Form der Lehre ſehen und leſen konte. Gleich- wie Paulus von den Corinthiern ſaget: Jhr ſeyd unſer Brief in unſer Hertz geſchrieben, der erkannt und geleſen wird von allen Menſchen: die ihr offenbar worden ſeyd, daß ihr ein Brief Chriſti ſeyd, durchs Pre- digamt zubereitet, und durch uns geſchrie- ben, nicht mit Tinten, ſondern mit dem Geiſt

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/110>, abgerufen am 23.11.2024.