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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefs Pauli Cap 5, v. 14. 15.
[Spaltenumbruch] also auch von dem rigeur des Gesetzes gewußt ha-
ben, davon ist alhie die Rede nicht. Siehe auch
Röm. 3, 20. c. 4, 15. 1 Cor. 15, 56.

V. 14.

Sondern (alla, so hie füglich heissen
kan, ja, oder ja was noch mehr ist, wie es
Joh. 16, 2. und 2 Cor. 7, 11. gebrauchet wird:
die Sünde, das durch die erste Sünde Adams
eingetretene Verderben, so v. 12. der Tod heis-
set, war in der Welt v. 13. ja) der Tod (oder
die itzo benante aus der ersten Sünde entstande-
ne Erb-Sünde) herrschete von Adam an
bis auf Mosen, auch über die, die nicht
gesündiget haben mit gleicher Ubertre-
tung, wie Adam
(welche die erste würckli-
che Sünde des Abfalls in ihrer eignen Person
nicht begangen haben. Welches eine Bezeich-
nung ist der Nachkommen Adams) und also wird
hiemit declariret, was v. 12. gesaget war: Der
Tod ist zu allen Menschen hindurch ge-
drungen) welcher ist ein Bild deß, der
(zur
Zeit des Abfalls, auch zur Zeit Mosis) zukünf-
tig war
(aber zu Pauli Zeiten sich schon als ge-
genwärtig erwiesen hatte, nemlich Christi. Sie-
he auch 1 Cor. 15, 45. seqq.)

Anmerckungen.

1. Die particula alla kan auch adversative
gegeben werden, daß sie so viel sey, als attamen,
dennoch, wie Col. 3, 5. Und so ist der sensus
dieser: Aber, obgleich, wo kein geoffenbahrtes
Gesetz ist, die Sünde nicht gehöriger Massen er-
kannt und zugerechnet wird; dennoch hat der
Tod geherrschet u. s. w.

2. Typus, ein Bild, heißt alhie das,
welches in gewissen Haupt-Stücken mit dem
andern, als seinem Gegenbilde der Aehnlichkeit
wegen kan verglichen werden; ob wol dabey in
der Sache selbst eine grosse Ungleichheit bleibet.
Wenn nun Adam ein Bild Christi genennet
wird, findet sich die convenientz erstlich im Ur-
sprunge,
hernach in dem Effect, so aus dem Ur-
sprunge gekommen; und denn in der Art und
Weise.

a. Jm Ursprunge, als der Causa. Denn
da ist auf beyden Seiten ein caput foederale, das
ist die Haupt-Person, mit welcher der Bund ge-
macht worden: Jn Ansehung der ersten Schöpf-
fung und der Verwahrlosung der am Ebenbilde
GOttes anvertraueten Beylage, nemlich A-
dam,
der das gantze menschliche Geschlecht prae-
senti
rete: in Ansehung der Wiederbringung,
Christus, der sich aller ohne Ausnahme an-
nimmt. b. Jn dem Effect: da Adam alles
Gute verlohren und alles Böse eingeführet hat,
Christus aber alles Gute erworben, auch applici-
ret, und dagegen alles Böse hinweg nimmt.
c. Jn der Art und Weise. Denn gleichwie
uns in der Ordnung der natürlichen Geburt von
Adam und der Theilnehmung an der Natur und
am Stamme Adams die fremde Schuld Adams
zugerechnet wird: also wird uns in der Ord-
nung der neuen Geburt aus GOTT, oder der
Wiedergeburt, die wir der Gnade JEsu Chri-
sti zu dancken haben, und die also auch von ihm
[Spaltenumbruch] ursprünglich herkömmt, die fremde Gerechtig-
keit, nemlich Christi, zugerechnet, um damit
vor GOtt zu bestehen. Jn welchen dreyen
Stücken der Convenientz denn auch das vierte
lieget, nemlich das von der Allgemeinheit.
Denn gleichwie Adam über alle Menschen, kei-
nen einzigen ausgenommen, die Sünden-
Schuld gebracht hat: also hat hingegen Chri-
stus dieselbe durch seine Erlösung vom gantzen
menschlichen Geschlecht, ohne Ausnahme eines
einzigen Menschen, hinweggenommen, was nem-
lich die Erwerbung betrift: welche denn zur ap-
plication
die Ordnung der Wiedergeburt, dar-
innen der Glaube, zur Annehmung der erwor-
benen Gerechtigkeit, angezündet wird, erfo-
dert. Dieses sind nun die Stücke, in deren
Ansehung Adam ein Bild von Christo heißt,
als dem andern Adam. 1 Cor. 15, 45. seqq.

V. 15.

Aber nicht verhält sichs mit der Ga-
be
(der durch Christum geschehenen Erlösung
und erworbenen Gnade der Rechtfertigung, die
allen Menschen als die höchste Gabe, zu Theil
werden kan) als mit der Sünde (Adams,
nemlich mit der Sünde des Abfalls: weil nem-
lich die Gabe mehr Gutes wiederbringet, als
durch die Sünde Adams verlohren worden)
denn so (denn da, nach dem) an eines (Men-
schen) Sünde viele (das ist alle) gestorben
sind
(sich den Tod zugezogen haben, als der zu
allen Menschen hindurch gedrungen v. 12. und
über alle herrschet v. 14.) so ist vielmehr
GOttes Gnade, und die Gabe in der Gna-
de, die des einigen Menschen JEsu Chri-
sti ist, vielen reichlich wiederfahren.

Anmerckungen.
1. Den Vorzug der Gnade vor der Sün-
de setzet der Apostel darinnen, daß die gefallene
menschliche Natur durch Christum nicht allein
wieder zum verlohren Ebenbilde GOttes, son-
dern auch zu einer noch viel grössern Herr-
lichkeit
gelanget: wie denn leichtlich zu erach-
ten ist, daß die Seligen eine grössere Herrlich-
keit im Himmel haben werden, als Adam am
Ebenbilde GOttes im Stande der Unschuld und
Paradiese gehabt hat. Siehe auch Joh. 1, 16.
17. Eph. 2, 7.
2. Daß das Wort viele alhie gebrauchet
worden an statt des Worts alle, das kömmt
daher, weil der Apostel in dem Gegensatze auf
einen redet. Nun aber wird dem einem, oder
dem, was einzeln ist, füglicher die Vielheit,
als die Universalität, oder Allgemeinheit,
entgegen gesetzet: da dem Worte alle sonst ei-
gentlich das Wort keine entgegen stehet.
3. Daß aber viele alhie so viel heißt als
alle, siehet man a. aus dem ersten membro von
der Sünde Adams; als dadurch nicht nur vie-
le,
sondern auch alle ohne einige Ausnahme
in den geistlichen Tod gerathen und GOtt ab-
gestorben sind. b. Aus dem v. 12. da es von
den vielen heißt; Zu allen Menschen hin-
durch gedrungen.
c. Aus dem v. 18. da ge-
saget worden, daß die Verdammniß über alle
Men-

Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap 5, v. 14. 15.
[Spaltenumbruch] alſo auch von dem rigeur des Geſetzes gewußt ha-
ben, davon iſt alhie die Rede nicht. Siehe auch
Roͤm. 3, 20. c. 4, 15. 1 Cor. 15, 56.

V. 14.

Sondern (ἀλλὰ, ſo hie fuͤglich heiſſen
kan, ja, oder ja was noch mehr iſt, wie es
Joh. 16, 2. und 2 Cor. 7, 11. gebrauchet wird:
die Suͤnde, das durch die erſte Suͤnde Adams
eingetretene Verderben, ſo v. 12. der Tod heiſ-
ſet, war in der Welt v. 13. ja) der Tod (oder
die itzo benante aus der erſten Suͤnde entſtande-
ne Erb-Suͤnde) herrſchete von Adam an
bis auf Moſen, auch uͤber die, die nicht
geſuͤndiget haben mit gleicher Ubertre-
tung, wie Adam
(welche die erſte wuͤrckli-
che Suͤnde des Abfalls in ihrer eignen Perſon
nicht begangen haben. Welches eine Bezeich-
nung iſt der Nachkommen Adams) und alſo wird
hiemit declariret, was v. 12. geſaget war: Der
Tod iſt zu allen Menſchen hindurch ge-
drungen) welcher iſt ein Bild deß, der
(zur
Zeit des Abfalls, auch zur Zeit Moſis) zukuͤnf-
tig war
(aber zu Pauli Zeiten ſich ſchon als ge-
genwaͤrtig erwieſen hatte, nemlich Chriſti. Sie-
he auch 1 Cor. 15, 45. ſeqq.)

Anmerckungen.

1. Die particula ἀλλὰ kan auch adverſative
gegeben werden, daß ſie ſo viel ſey, als attamen,
dennoch, wie Col. 3, 5. Und ſo iſt der ſenſus
dieſer: Aber, obgleich, wo kein geoffenbahrtes
Geſetz iſt, die Suͤnde nicht gehoͤriger Maſſen er-
kannt und zugerechnet wird; dennoch hat der
Tod geherrſchet u. ſ. w.

2. Typus, ein Bild, heißt alhie das,
welches in gewiſſen Haupt-Stuͤcken mit dem
andern, als ſeinem Gegenbilde der Aehnlichkeit
wegen kan verglichen werden; ob wol dabey in
der Sache ſelbſt eine groſſe Ungleichheit bleibet.
Wenn nun Adam ein Bild Chriſti genennet
wird, findet ſich die convenientz erſtlich im Ur-
ſprunge,
hernach in dem Effect, ſo aus dem Ur-
ſprunge gekommen; und denn in der Art und
Weiſe.

a. Jm Urſprunge, als der Cauſa. Denn
da iſt auf beyden Seiten ein caput fœderale, das
iſt die Haupt-Perſon, mit welcher der Bund ge-
macht worden: Jn Anſehung der erſten Schoͤpf-
fung und der Verwahrloſung der am Ebenbilde
GOttes anvertraueten Beylage, nemlich A-
dam,
der das gantze menſchliche Geſchlecht præ-
ſenti
rete: in Anſehung der Wiederbringung,
Chriſtus, der ſich aller ohne Ausnahme an-
nimmt. b. Jn dem Effect: da Adam alles
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Chriſtus aber alles Gute erworben, auch applici-
ret, und dagegen alles Boͤſe hinweg nimmt.
c. Jn der Art und Weiſe. Denn gleichwie
uns in der Ordnung der natuͤrlichen Geburt von
Adam und der Theilnehmung an der Natur und
am Stamme Adams die fremde Schuld Adams
zugerechnet wird: alſo wird uns in der Ord-
nung der neuen Geburt aus GOTT, oder der
Wiedergeburt, die wir der Gnade JEſu Chri-
ſti zu dancken haben, und die alſo auch von ihm
[Spaltenumbruch] urſpruͤnglich herkoͤmmt, die fremde Gerechtig-
keit, nemlich Chriſti, zugerechnet, um damit
vor GOtt zu beſtehen. Jn welchen dreyen
Stuͤcken der Convenientz denn auch das vierte
lieget, nemlich das von der Allgemeinheit.
Denn gleichwie Adam uͤber alle Menſchen, kei-
nen einzigen ausgenommen, die Suͤnden-
Schuld gebracht hat: alſo hat hingegen Chri-
ſtus dieſelbe durch ſeine Erloͤſung vom gantzen
menſchlichen Geſchlecht, ohne Ausnahme eines
einzigen Menſchen, hinweggenommen, was nem-
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die Ordnung der Wiedergeburt, dar-
innen der Glaube, zur Annehmung der erwor-
benen Gerechtigkeit, angezuͤndet wird, erfo-
dert. Dieſes ſind nun die Stuͤcke, in deren
Anſehung Adam ein Bild von Chriſto heißt,
als dem andern Adam. 1 Cor. 15, 45. ſeqq.

V. 15.

Aber nicht verhaͤlt ſichs mit der Ga-
be
(der durch Chriſtum geſchehenen Erloͤſung
und erworbenen Gnade der Rechtfertigung, die
allen Menſchen als die hoͤchſte Gabe, zu Theil
werden kan) als mit der Suͤnde (Adams,
nemlich mit der Suͤnde des Abfalls: weil nem-
lich die Gabe mehr Gutes wiederbringet, als
durch die Suͤnde Adams verlohren worden)
denn ſo (denn da, nach dem) an eines (Men-
ſchen) Suͤnde viele (das iſt alle) geſtorben
ſind
(ſich den Tod zugezogen haben, als der zu
allen Menſchen hindurch gedrungen v. 12. und
uͤber alle herrſchet v. 14.) ſo iſt vielmehr
GOttes Gnade, und die Gabe in der Gna-
de, die des einigen Menſchen JEſu Chri-
ſti iſt, vielen reichlich wiederfahren.

Anmerckungen.
1. Den Vorzug der Gnade vor der Suͤn-
de ſetzet der Apoſtel darinnen, daß die gefallene
menſchliche Natur durch Chriſtum nicht allein
wieder zum verlohren Ebenbilde GOttes, ſon-
dern auch zu einer noch viel groͤſſern Herr-
lichkeit
gelanget: wie denn leichtlich zu erach-
ten iſt, daß die Seligen eine groͤſſere Herrlich-
keit im Himmel haben werden, als Adam am
Ebenbilde GOttes im Stande der Unſchuld und
Paradieſe gehabt hat. Siehe auch Joh. 1, 16.
17. Eph. 2, 7.
2. Daß das Wort viele alhie gebrauchet
worden an ſtatt des Worts alle, das koͤmmt
daher, weil der Apoſtel in dem Gegenſatze auf
einen redet. Nun aber wird dem einem, oder
dem, was einzeln iſt, fuͤglicher die Vielheit,
als die Univerſalitaͤt, oder Allgemeinheit,
entgegen geſetzet: da dem Worte alle ſonſt ei-
gentlich das Wort keine entgegen ſtehet.
3. Daß aber viele alhie ſo viel heißt als
alle, ſiehet man a. aus dem erſten membro von
der Suͤnde Adams; als dadurch nicht nur vie-
le,
ſondern auch alle ohne einige Ausnahme
in den geiſtlichen Tod gerathen und GOtt ab-
geſtorben ſind. b. Aus dem v. 12. da es von
den vielen heißt; Zu allen Menſchen hin-
durch gedrungen.
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[72/0100] Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap 5, v. 14. 15. alſo auch von dem rigeur des Geſetzes gewußt ha- ben, davon iſt alhie die Rede nicht. Siehe auch Roͤm. 3, 20. c. 4, 15. 1 Cor. 15, 56. V. 14. Sondern (ἀλλὰ, ſo hie fuͤglich heiſſen kan, ja, oder ja was noch mehr iſt, wie es Joh. 16, 2. und 2 Cor. 7, 11. gebrauchet wird: die Suͤnde, das durch die erſte Suͤnde Adams eingetretene Verderben, ſo v. 12. der Tod heiſ- ſet, war in der Welt v. 13. ja) der Tod (oder die itzo benante aus der erſten Suͤnde entſtande- ne Erb-Suͤnde) herrſchete von Adam an bis auf Moſen, auch uͤber die, die nicht geſuͤndiget haben mit gleicher Ubertre- tung, wie Adam (welche die erſte wuͤrckli- che Suͤnde des Abfalls in ihrer eignen Perſon nicht begangen haben. Welches eine Bezeich- nung iſt der Nachkommen Adams) und alſo wird hiemit declariret, was v. 12. geſaget war: Der Tod iſt zu allen Menſchen hindurch ge- drungen) welcher iſt ein Bild deß, der (zur Zeit des Abfalls, auch zur Zeit Moſis) zukuͤnf- tig war (aber zu Pauli Zeiten ſich ſchon als ge- genwaͤrtig erwieſen hatte, nemlich Chriſti. Sie- he auch 1 Cor. 15, 45. ſeqq.) Anmerckungen. 1. Die particula ἀλλὰ kan auch adverſative gegeben werden, daß ſie ſo viel ſey, als attamen, dennoch, wie Col. 3, 5. Und ſo iſt der ſenſus dieſer: Aber, obgleich, wo kein geoffenbahrtes Geſetz iſt, die Suͤnde nicht gehoͤriger Maſſen er- kannt und zugerechnet wird; dennoch hat der Tod geherrſchet u. ſ. w. 2. Typus, ein Bild, heißt alhie das, welches in gewiſſen Haupt-Stuͤcken mit dem andern, als ſeinem Gegenbilde der Aehnlichkeit wegen kan verglichen werden; ob wol dabey in der Sache ſelbſt eine groſſe Ungleichheit bleibet. Wenn nun Adam ein Bild Chriſti genennet wird, findet ſich die convenientz erſtlich im Ur- ſprunge, hernach in dem Effect, ſo aus dem Ur- ſprunge gekommen; und denn in der Art und Weiſe. a. Jm Urſprunge, als der Cauſa. Denn da iſt auf beyden Seiten ein caput fœderale, das iſt die Haupt-Perſon, mit welcher der Bund ge- macht worden: Jn Anſehung der erſten Schoͤpf- fung und der Verwahrloſung der am Ebenbilde GOttes anvertraueten Beylage, nemlich A- dam, der das gantze menſchliche Geſchlecht præ- ſentirete: in Anſehung der Wiederbringung, Chriſtus, der ſich aller ohne Ausnahme an- nimmt. b. Jn dem Effect: da Adam alles Gute verlohren und alles Boͤſe eingefuͤhret hat, Chriſtus aber alles Gute erworben, auch applici- ret, und dagegen alles Boͤſe hinweg nimmt. c. Jn der Art und Weiſe. Denn gleichwie uns in der Ordnung der natuͤrlichen Geburt von Adam und der Theilnehmung an der Natur und am Stamme Adams die fremde Schuld Adams zugerechnet wird: alſo wird uns in der Ord- nung der neuen Geburt aus GOTT, oder der Wiedergeburt, die wir der Gnade JEſu Chri- ſti zu dancken haben, und die alſo auch von ihm urſpruͤnglich herkoͤmmt, die fremde Gerechtig- keit, nemlich Chriſti, zugerechnet, um damit vor GOtt zu beſtehen. Jn welchen dreyen Stuͤcken der Convenientz denn auch das vierte lieget, nemlich das von der Allgemeinheit. Denn gleichwie Adam uͤber alle Menſchen, kei- nen einzigen ausgenommen, die Suͤnden- Schuld gebracht hat: alſo hat hingegen Chri- ſtus dieſelbe durch ſeine Erloͤſung vom gantzen menſchlichen Geſchlecht, ohne Ausnahme eines einzigen Menſchen, hinweggenommen, was nem- lich die Erwerbung betrift: welche denn zur ap- plication die Ordnung der Wiedergeburt, dar- innen der Glaube, zur Annehmung der erwor- benen Gerechtigkeit, angezuͤndet wird, erfo- dert. Dieſes ſind nun die Stuͤcke, in deren Anſehung Adam ein Bild von Chriſto heißt, als dem andern Adam. 1 Cor. 15, 45. ſeqq. V. 15. Aber nicht verhaͤlt ſichs mit der Ga- be (der durch Chriſtum geſchehenen Erloͤſung und erworbenen Gnade der Rechtfertigung, die allen Menſchen als die hoͤchſte Gabe, zu Theil werden kan) als mit der Suͤnde (Adams, nemlich mit der Suͤnde des Abfalls: weil nem- lich die Gabe mehr Gutes wiederbringet, als durch die Suͤnde Adams verlohren worden) denn ſo (denn da, nach dem) an eines (Men- ſchen) Suͤnde viele (das iſt alle) geſtorben ſind (ſich den Tod zugezogen haben, als der zu allen Menſchen hindurch gedrungen v. 12. und uͤber alle herrſchet v. 14.) ſo iſt vielmehr GOttes Gnade, und die Gabe in der Gna- de, die des einigen Menſchen JEſu Chri- ſti iſt, vielen reichlich wiederfahren. Anmerckungen. 1. Den Vorzug der Gnade vor der Suͤn- de ſetzet der Apoſtel darinnen, daß die gefallene menſchliche Natur durch Chriſtum nicht allein wieder zum verlohren Ebenbilde GOttes, ſon- dern auch zu einer noch viel groͤſſern Herr- lichkeit gelanget: wie denn leichtlich zu erach- ten iſt, daß die Seligen eine groͤſſere Herrlich- keit im Himmel haben werden, als Adam am Ebenbilde GOttes im Stande der Unſchuld und Paradieſe gehabt hat. Siehe auch Joh. 1, 16. 17. Eph. 2, 7. 2. Daß das Wort viele alhie gebrauchet worden an ſtatt des Worts alle, das koͤmmt daher, weil der Apoſtel in dem Gegenſatze auf einen redet. Nun aber wird dem einem, oder dem, was einzeln iſt, fuͤglicher die Vielheit, als die Univerſalitaͤt, oder Allgemeinheit, entgegen geſetzet: da dem Worte alle ſonſt ei- gentlich das Wort keine entgegen ſtehet. 3. Daß aber viele alhie ſo viel heißt als alle, ſiehet man a. aus dem erſten membro von der Suͤnde Adams; als dadurch nicht nur vie- le, ſondern auch alle ohne einige Ausnahme in den geiſtlichen Tod gerathen und GOtt ab- geſtorben ſind. b. Aus dem v. 12. da es von den vielen heißt; Zu allen Menſchen hin- durch gedrungen. c. Aus dem v. 18. da ge- ſaget worden, daß die Verdammniß uͤber alle Men-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/100>, abgerufen am 23.11.2024.