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Lange, Helene: Die Frauen und das politische Leben. Berlin, 1909.

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den günstigen Moment benutzte, wo die Suffragettes die Geduld
der englischen Nation so ziemlich erschöpft hatten, und die
unter der Führung von Mrs. Humphrey Ward mit der Parole
"Men are men and women are women" oder zum Unterschied
"Women are not men and men are not women" den Kampf
gegen das Frauenstimmrecht aufgenommen hat. Jn einem
klassisch knappen Artikel der Monatsschrift The English Woman
schlägt die Führerin der englischen Frauenstimmrechtsbewegung,
Mrs. Garrett Fawcett, den Gegnerinnen die Waffe aus der
Hand und wendet sie gegen sie selbst. "Die weiseren Frauen",
so läßt sie ihre Gegnerinnen argumentieren, "realisieren diese
gewichtige Tatsache" - nämlich, daß Frauen keine Männer
und Männer keine Frauen sind - "aber die irregeführten und
anarchistischen Frauen, die da verlangen, daß das Ziel der
Volksvertretung die Vertretung der ganzen und nicht der
halben Nation sein sollte, vergessen sie und stemmen sich gegen
eine der einfachsten Tatsachen des täglichen Lebens. Diese
seltsam perverse Auffassung der Antistimmrechtlerinnen", fährt
Mrs. Fawcett fort, "zeigt, daß sie ihren Verstand nicht genügend
gebraucht haben, um auch nur die Grundzüge des Systems
der politischen Vertretung zu erfassen. Sie wiederholen ihr
Schlagwort, daß Männer Männer und Frauen Frauen sind,
womit sie sagen wollen, daß die Gesichtspunkte, die Lebens-
erfahrungen, die Tätigkeitssphäre der Frauen in vielen wichtigen
Beziehungen von denen der Männer abweichen; sie sehen dabei
nicht, daß diese Tatsachen selbst zu den stärksten und unwider-
leglichsten Gründen für die Behauptung gehören, daß kein
Repräsentativsystem vollständig oder wirklich national ist, das
die Vertretung der Frauen ganz ausläßt. Die Frauen, sagen
sie in einer ihrer Veröffentlichungen, haben andersartige Fähig-
keiten; die der Frau liegt in der Sphäre des Heims, der
Gesellschaft, der Erziehung, der Wohlfahrtspflege. Man sollte
meinen, der in die Augen fallende Schluß daraus müßte sein,
daß, wenn das Parlament mit gesetzgeberischen Fragen zu tun
hat, die das Heim, die Gesellschaft, die Erziehung oder die Wohl-
fahrtspflege betreffen, es gut wäre, wenn es ein konstitutionelles

den günstigen Moment benutzte, wo die Suffragettes die Geduld
der englischen Nation so ziemlich erschöpft hatten, und die
unter der Führung von Mrs. Humphrey Ward mit der Parole
Men are men and women are women“ oder zum Unterschied
Women are not men and men are not women“ den Kampf
gegen das Frauenstimmrecht aufgenommen hat. Jn einem
klassisch knappen Artikel der Monatsschrift The English Woman
schlägt die Führerin der englischen Frauenstimmrechtsbewegung,
Mrs. Garrett Fawcett, den Gegnerinnen die Waffe aus der
Hand und wendet sie gegen sie selbst. „Die weiseren Frauen“,
so läßt sie ihre Gegnerinnen argumentieren, „realisieren diese
gewichtige Tatsache“ – nämlich, daß Frauen keine Männer
und Männer keine Frauen sind – „aber die irregeführten und
anarchistischen Frauen, die da verlangen, daß das Ziel der
Volksvertretung die Vertretung der ganzen und nicht der
halben Nation sein sollte, vergessen sie und stemmen sich gegen
eine der einfachsten Tatsachen des täglichen Lebens. Diese
seltsam perverse Auffassung der Antistimmrechtlerinnen“, fährt
Mrs. Fawcett fort, „zeigt, daß sie ihren Verstand nicht genügend
gebraucht haben, um auch nur die Grundzüge des Systems
der politischen Vertretung zu erfassen. Sie wiederholen ihr
Schlagwort, daß Männer Männer und Frauen Frauen sind,
womit sie sagen wollen, daß die Gesichtspunkte, die Lebens-
erfahrungen, die Tätigkeitssphäre der Frauen in vielen wichtigen
Beziehungen von denen der Männer abweichen; sie sehen dabei
nicht, daß diese Tatsachen selbst zu den stärksten und unwider-
leglichsten Gründen für die Behauptung gehören, daß kein
Repräsentativsystem vollständig oder wirklich national ist, das
die Vertretung der Frauen ganz ausläßt. Die Frauen, sagen
sie in einer ihrer Veröffentlichungen, haben andersartige Fähig-
keiten; die der Frau liegt in der Sphäre des Heims, der
Gesellschaft, der Erziehung, der Wohlfahrtspflege. Man sollte
meinen, der in die Augen fallende Schluß daraus müßte sein,
daß, wenn das Parlament mit gesetzgeberischen Fragen zu tun
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[15/0021] den günstigen Moment benutzte, wo die Suffragettes die Geduld der englischen Nation so ziemlich erschöpft hatten, und die unter der Führung von Mrs. Humphrey Ward mit der Parole „Men are men and women are women“ oder zum Unterschied „Women are not men and men are not women“ den Kampf gegen das Frauenstimmrecht aufgenommen hat. Jn einem klassisch knappen Artikel der Monatsschrift The English Woman schlägt die Führerin der englischen Frauenstimmrechtsbewegung, Mrs. Garrett Fawcett, den Gegnerinnen die Waffe aus der Hand und wendet sie gegen sie selbst. „Die weiseren Frauen“, so läßt sie ihre Gegnerinnen argumentieren, „realisieren diese gewichtige Tatsache“ – nämlich, daß Frauen keine Männer und Männer keine Frauen sind – „aber die irregeführten und anarchistischen Frauen, die da verlangen, daß das Ziel der Volksvertretung die Vertretung der ganzen und nicht der halben Nation sein sollte, vergessen sie und stemmen sich gegen eine der einfachsten Tatsachen des täglichen Lebens. Diese seltsam perverse Auffassung der Antistimmrechtlerinnen“, fährt Mrs. Fawcett fort, „zeigt, daß sie ihren Verstand nicht genügend gebraucht haben, um auch nur die Grundzüge des Systems der politischen Vertretung zu erfassen. Sie wiederholen ihr Schlagwort, daß Männer Männer und Frauen Frauen sind, womit sie sagen wollen, daß die Gesichtspunkte, die Lebens- erfahrungen, die Tätigkeitssphäre der Frauen in vielen wichtigen Beziehungen von denen der Männer abweichen; sie sehen dabei nicht, daß diese Tatsachen selbst zu den stärksten und unwider- leglichsten Gründen für die Behauptung gehören, daß kein Repräsentativsystem vollständig oder wirklich national ist, das die Vertretung der Frauen ganz ausläßt. Die Frauen, sagen sie in einer ihrer Veröffentlichungen, haben andersartige Fähig- keiten; die der Frau liegt in der Sphäre des Heims, der Gesellschaft, der Erziehung, der Wohlfahrtspflege. Man sollte meinen, der in die Augen fallende Schluß daraus müßte sein, daß, wenn das Parlament mit gesetzgeberischen Fragen zu tun hat, die das Heim, die Gesellschaft, die Erziehung oder die Wohl- fahrtspflege betreffen, es gut wäre, wenn es ein konstitutionelles

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Zitationshilfe: Lange, Helene: Die Frauen und das politische Leben. Berlin, 1909, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_frauen_1909/21>, abgerufen am 27.11.2024.