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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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III. Hauptstück.
tern zugleich gegeben ist, so bald man annehmen kann,
daß der Gebrauch zu reden die Bedeutung der bereits
eingeführten abgeleiteten Wörter nicht verändert habe.
Jndessen da es vieldeutige Wörter giebt, so ist es auch
an sich möglich, die eigentliche und so zu reden buchstäb-
liche Bedeutung eines Wortes wieder aufzuleben. Es
kömmt darauf an, daß das Wort in solchen Redensar-
ten wiederum gebraucht werde, in welchen es seine wahre
Stelle und Nachdruck hat, und wo man klar sieht, daß
kein anderes so gut dient. Die Zeit, einer Sprache
diesen Schwung zu geben, und sie auf ihre einfachsten
Regeln zu bringen, ist vornehmlich diejenige, wo sie an-
fängt, zur gelehrten Sprache zu werden, und die Classi-
schen Schriftsteller sowohl in Lehrbüchern als in Ge-
dichten sind in jeden Sprachen im Besitz des Rechts und
des Ansehens, welches hiezu erfordert wird.

§. 131. Ungeacht ferner in jeden Sprachen die Syl-
ben, die man zur Ableitung der Wörter gebraucht, eine
gute Menge metaphysischer Verhältnisse und Bestim-
mungen angeben (§. 129.), so ist doch nicht zu vermu-
then, daß in der erstrn Bildung der Sprachen alle ge-
troffen worden, besonders da bald jede Sprache von
den übrigen hierinn abgeht. Die Griechen haben einige
Participia, die im Deutschen mangeln, und durch Um-
schreibungen müssen gegeben werden. Wodurch immer
die Zeichnung der Gedanken verlängert, und öfters der
Nachdruck geschwächt wird. So sind auch viele grie-
chische und lateinische Endungen, denen im Deutschen
nicht durchaus gleichbedeutende entsprechen. Wenn
man demnach eine wissenschaftliche Sprache erfinden
wollte, so müßte man diese Lücken ausfüllen, und jede
Bedeutung, die ein Wort durch die Ableitung und Zu-
sammensetzung erlangen kann, in Classen bringen, und
selbst diese Classen vollständig abzählen. Uebrigens ist
nicht zu zweifeln, daß nicht auch in den wirklichen

Spra-

III. Hauptſtuͤck.
tern zugleich gegeben iſt, ſo bald man annehmen kann,
daß der Gebrauch zu reden die Bedeutung der bereits
eingefuͤhrten abgeleiteten Woͤrter nicht veraͤndert habe.
Jndeſſen da es vieldeutige Woͤrter giebt, ſo iſt es auch
an ſich moͤglich, die eigentliche und ſo zu reden buchſtaͤb-
liche Bedeutung eines Wortes wieder aufzuleben. Es
koͤmmt darauf an, daß das Wort in ſolchen Redensar-
ten wiederum gebraucht werde, in welchen es ſeine wahre
Stelle und Nachdruck hat, und wo man klar ſieht, daß
kein anderes ſo gut dient. Die Zeit, einer Sprache
dieſen Schwung zu geben, und ſie auf ihre einfachſten
Regeln zu bringen, iſt vornehmlich diejenige, wo ſie an-
faͤngt, zur gelehrten Sprache zu werden, und die Claſſi-
ſchen Schriftſteller ſowohl in Lehrbuͤchern als in Ge-
dichten ſind in jeden Sprachen im Beſitz des Rechts und
des Anſehens, welches hiezu erfordert wird.

§. 131. Ungeacht ferner in jeden Sprachen die Syl-
ben, die man zur Ableitung der Woͤrter gebraucht, eine
gute Menge metaphyſiſcher Verhaͤltniſſe und Beſtim-
mungen angeben (§. 129.), ſo iſt doch nicht zu vermu-
then, daß in der erſtrn Bildung der Sprachen alle ge-
troffen worden, beſonders da bald jede Sprache von
den uͤbrigen hierinn abgeht. Die Griechen haben einige
Participia, die im Deutſchen mangeln, und durch Um-
ſchreibungen muͤſſen gegeben werden. Wodurch immer
die Zeichnung der Gedanken verlaͤngert, und oͤfters der
Nachdruck geſchwaͤcht wird. So ſind auch viele grie-
chiſche und lateiniſche Endungen, denen im Deutſchen
nicht durchaus gleichbedeutende entſprechen. Wenn
man demnach eine wiſſenſchaftliche Sprache erfinden
wollte, ſo muͤßte man dieſe Luͤcken ausfuͤllen, und jede
Bedeutung, die ein Wort durch die Ableitung und Zu-
ſammenſetzung erlangen kann, in Claſſen bringen, und
ſelbſt dieſe Claſſen vollſtaͤndig abzaͤhlen. Uebrigens iſt
nicht zu zweifeln, daß nicht auch in den wirklichen

Spra-
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[78/0084] III. Hauptſtuͤck. tern zugleich gegeben iſt, ſo bald man annehmen kann, daß der Gebrauch zu reden die Bedeutung der bereits eingefuͤhrten abgeleiteten Woͤrter nicht veraͤndert habe. Jndeſſen da es vieldeutige Woͤrter giebt, ſo iſt es auch an ſich moͤglich, die eigentliche und ſo zu reden buchſtaͤb- liche Bedeutung eines Wortes wieder aufzuleben. Es koͤmmt darauf an, daß das Wort in ſolchen Redensar- ten wiederum gebraucht werde, in welchen es ſeine wahre Stelle und Nachdruck hat, und wo man klar ſieht, daß kein anderes ſo gut dient. Die Zeit, einer Sprache dieſen Schwung zu geben, und ſie auf ihre einfachſten Regeln zu bringen, iſt vornehmlich diejenige, wo ſie an- faͤngt, zur gelehrten Sprache zu werden, und die Claſſi- ſchen Schriftſteller ſowohl in Lehrbuͤchern als in Ge- dichten ſind in jeden Sprachen im Beſitz des Rechts und des Anſehens, welches hiezu erfordert wird. §. 131. Ungeacht ferner in jeden Sprachen die Syl- ben, die man zur Ableitung der Woͤrter gebraucht, eine gute Menge metaphyſiſcher Verhaͤltniſſe und Beſtim- mungen angeben (§. 129.), ſo iſt doch nicht zu vermu- then, daß in der erſtrn Bildung der Sprachen alle ge- troffen worden, beſonders da bald jede Sprache von den uͤbrigen hierinn abgeht. Die Griechen haben einige Participia, die im Deutſchen mangeln, und durch Um- ſchreibungen muͤſſen gegeben werden. Wodurch immer die Zeichnung der Gedanken verlaͤngert, und oͤfters der Nachdruck geſchwaͤcht wird. So ſind auch viele grie- chiſche und lateiniſche Endungen, denen im Deutſchen nicht durchaus gleichbedeutende entſprechen. Wenn man demnach eine wiſſenſchaftliche Sprache erfinden wollte, ſo muͤßte man dieſe Luͤcken ausfuͤllen, und jede Bedeutung, die ein Wort durch die Ableitung und Zu- ſammenſetzung erlangen kann, in Claſſen bringen, und ſelbſt dieſe Claſſen vollſtaͤndig abzaͤhlen. Uebrigens iſt nicht zu zweifeln, daß nicht auch in den wirklichen Spra-

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/84>, abgerufen am 27.11.2024.