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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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Von der Sprache an sich betrachtet.
abzuändern, und den Begriff von dem, was man sagen
will, genauer und sicherer zu bilden. Es ist aber für
sich klar, daß der Schreibende selbst wohl wissen muß,
wo er diese Mittel zu gebrauchen hat, und ob er auf die
in der That nachdrücklichere Wörter selbst aufmerksamer
ist. Dieses ist vielleicht ein Grund mit, warum solche
feinere Unterscheidungszeichen in der geschriebenen Re-
de nicht durchgängig eingesührt sind, und in Gedichten
giebt es noch mehrere Schwierigkeiten, wenn man den
Schwung der Gedanken, der Worte und des Ver-
ses
mit einander durchaus in Harmonie bringen soll.

§. 101. Ungeacht man in den wirklichen Sprachen,
in Ansehung der Accente, nicht leicht eine Neuerung
vornimmt, so kann es doch zum Behufe der Fremden,
die eine Sprache lernen wollen, geschehen, daß man in
den Sprachlehren und Wörterbüchern dergleichen ein-
führt, um die Aussprache und ihre Modificationen an-
zuzeigen. Um hierinn vollständig zu verfahren, müßte
man durch schickliche Abänderung in der Figur der Vo-
calen a, e, i, o, u, die oben angezeigten 17 einfachen
Vocalen kenntlich von einander unterscheiden, und hin-
gegen könnte man die Länge und Kürze der Sylben
durch Accente oder durch die Zeichen -- Breve (§. 44.)
so über die Vocale gesetzt würden, die Schärfe der Syl-
ben durch Accente anzeigen, die über denjenigen Conso-
nant gesetzt würden, auf welchen der Nachdruck des To-
nes in der Aussprache fällt. Dieses einmal eingeführ-
te Mittel würde auch dienen, jede fremde Sprache ih-
rer natürlichen Aussprache gemäß zu schreiben. Viel-
leicht verhülfe es ebenfalls dazu, die Aussprache des
Deutschen, welche in jeden Provinzen Deutschlandes
verschieden ist, dergestalt zu zeichnen, daß man sich, we-
nigstens im Lesen, auf eine einförmige Art darnach rich-
ten könnte. Die Aenderung der Vocale hat hiebey al-
lerdings die größte Schwierigkeit, weil man bald in al-
len Sprachen dieselben mit Doppellauten verwechselt.

Drittes

Von der Sprache an ſich betrachtet.
abzuaͤndern, und den Begriff von dem, was man ſagen
will, genauer und ſicherer zu bilden. Es iſt aber fuͤr
ſich klar, daß der Schreibende ſelbſt wohl wiſſen muß,
wo er dieſe Mittel zu gebrauchen hat, und ob er auf die
in der That nachdruͤcklichere Woͤrter ſelbſt aufmerkſamer
iſt. Dieſes iſt vielleicht ein Grund mit, warum ſolche
feinere Unterſcheidungszeichen in der geſchriebenen Re-
de nicht durchgaͤngig eingeſuͤhrt ſind, und in Gedichten
giebt es noch mehrere Schwierigkeiten, wenn man den
Schwung der Gedanken, der Worte und des Ver-
ſes
mit einander durchaus in Harmonie bringen ſoll.

§. 101. Ungeacht man in den wirklichen Sprachen,
in Anſehung der Accente, nicht leicht eine Neuerung
vornimmt, ſo kann es doch zum Behufe der Fremden,
die eine Sprache lernen wollen, geſchehen, daß man in
den Sprachlehren und Woͤrterbuͤchern dergleichen ein-
fuͤhrt, um die Ausſprache und ihre Modificationen an-
zuzeigen. Um hierinn vollſtaͤndig zu verfahren, muͤßte
man durch ſchickliche Abaͤnderung in der Figur der Vo-
calen a, e, i, o, u, die oben angezeigten 17 einfachen
Vocalen kenntlich von einander unterſcheiden, und hin-
gegen koͤnnte man die Laͤnge und Kuͤrze der Sylben
durch Accente oder durch die Zeichen — ⏑ (§. 44.)
ſo uͤber die Vocale geſetzt wuͤrden, die Schaͤrfe der Syl-
ben durch Accente anzeigen, die uͤber denjenigen Conſo-
nant geſetzt wuͤrden, auf welchen der Nachdruck des To-
nes in der Ausſprache faͤllt. Dieſes einmal eingefuͤhr-
te Mittel wuͤrde auch dienen, jede fremde Sprache ih-
rer natuͤrlichen Ausſprache gemaͤß zu ſchreiben. Viel-
leicht verhuͤlfe es ebenfalls dazu, die Ausſprache des
Deutſchen, welche in jeden Provinzen Deutſchlandes
verſchieden iſt, dergeſtalt zu zeichnen, daß man ſich, we-
nigſtens im Leſen, auf eine einfoͤrmige Art darnach rich-
ten koͤnnte. Die Aenderung der Vocale hat hiebey al-
lerdings die groͤßte Schwierigkeit, weil man bald in al-
len Sprachen dieſelben mit Doppellauten verwechſelt.

Drittes
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[63/0069] Von der Sprache an ſich betrachtet. abzuaͤndern, und den Begriff von dem, was man ſagen will, genauer und ſicherer zu bilden. Es iſt aber fuͤr ſich klar, daß der Schreibende ſelbſt wohl wiſſen muß, wo er dieſe Mittel zu gebrauchen hat, und ob er auf die in der That nachdruͤcklichere Woͤrter ſelbſt aufmerkſamer iſt. Dieſes iſt vielleicht ein Grund mit, warum ſolche feinere Unterſcheidungszeichen in der geſchriebenen Re- de nicht durchgaͤngig eingeſuͤhrt ſind, und in Gedichten giebt es noch mehrere Schwierigkeiten, wenn man den Schwung der Gedanken, der Worte und des Ver- ſes mit einander durchaus in Harmonie bringen ſoll. §. 101. Ungeacht man in den wirklichen Sprachen, in Anſehung der Accente, nicht leicht eine Neuerung vornimmt, ſo kann es doch zum Behufe der Fremden, die eine Sprache lernen wollen, geſchehen, daß man in den Sprachlehren und Woͤrterbuͤchern dergleichen ein- fuͤhrt, um die Ausſprache und ihre Modificationen an- zuzeigen. Um hierinn vollſtaͤndig zu verfahren, muͤßte man durch ſchickliche Abaͤnderung in der Figur der Vo- calen a, e, i, o, u, die oben angezeigten 17 einfachen Vocalen kenntlich von einander unterſcheiden, und hin- gegen koͤnnte man die Laͤnge und Kuͤrze der Sylben durch Accente oder durch die Zeichen — ⏑ (§. 44.) ſo uͤber die Vocale geſetzt wuͤrden, die Schaͤrfe der Syl- ben durch Accente anzeigen, die uͤber denjenigen Conſo- nant geſetzt wuͤrden, auf welchen der Nachdruck des To- nes in der Ausſprache faͤllt. Dieſes einmal eingefuͤhr- te Mittel wuͤrde auch dienen, jede fremde Sprache ih- rer natuͤrlichen Ausſprache gemaͤß zu ſchreiben. Viel- leicht verhuͤlfe es ebenfalls dazu, die Ausſprache des Deutſchen, welche in jeden Provinzen Deutſchlandes verſchieden iſt, dergeſtalt zu zeichnen, daß man ſich, we- nigſtens im Leſen, auf eine einfoͤrmige Art darnach rich- ten koͤnnte. Die Aenderung der Vocale hat hiebey al- lerdings die groͤßte Schwierigkeit, weil man bald in al- len Sprachen dieſelben mit Doppellauten verwechſelt. Drittes

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/69>, abgerufen am 23.11.2024.