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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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II. Hauptstück.
2. Jch hab es ihm gesagt: zeigt an, es sey ge-
schehen.
3. Jch hab es ihm gesagt: nämlich nicht einem
andern.
4. Jch hab es ihm gesagt: das ist, nicht gedeutet,
geschrieben etc.

Wir können hiebey anmerken, daß in Versen dieser
Nachdruck der Wörter mit den Stellen des
Verses zusammentreffen soll, welche die Vers-
art, die man gewählt hat, zu Stellen eines
längern oder stärkern Tons macht.
Denn auf
diese Art giebt der Vers den Nachdruck der Worte an,
und harmonirt mit denselben.

§. 100. Wenn die geschriebene Sprache durch-
aus alles, was in der geredten Mannichfaltiges vor-
kömmt, genau anzeigen soll, so wird man allerdings auch
Zeichen gebrauchen müssen, welche jede Modification
in der Länge, Kürze, Schärfe, Nachdruck etc. der Wör-
ter und Sylben anzeigt, und besonders die stärkern Gra-
de davon unterscheidet. Die Verschiedenheit des Al-
phabets in gedruckten Schriften, welche besonders Bil-
finger
in seinen Dilucidationen gebraucht, um die
Grade der Aufmerksamkeit dem Leser anzuzeigen, thun
hiebey sehr gute Dienste, wo nämlich der Nachdruck auf
ganze Wörter und Redensarten geht. Die Ausru-
fungszeichen (!), welche einen Affect anzeigen, das NB,
das Sela in den Psalmen, die dermalen in Aufnahm
kommende -- --, welche dem Leser eine Pause oder Ru-
heplatz geben, noch mehr hinzuzudenken, als man mit
Worten anzeigt, die .... bey einsmaligem Abbru-
che oder Unterbrechung der Rede, wie in dem Virgil:
Quos ego - - - sed motos praestat componere fluctus.
Die ungewöhnlichere Versetzung der Wörter, wie in
vielen der besten poetischen Perioden, oder auch z. E.
wie im Livius: Per ego te fili etc. Alles dieses sind
Mittel, die Aufmerksamkeit des Lesers zu erwecken und

abzu-
II. Hauptſtuͤck.
2. Jch hab es ihm geſagt: zeigt an, es ſey ge-
ſchehen.
3. Jch hab es ihm geſagt: naͤmlich nicht einem
andern.
4. Jch hab es ihm geſagt: das iſt, nicht gedeutet,
geſchrieben ꝛc.

Wir koͤnnen hiebey anmerken, daß in Verſen dieſer
Nachdruck der Woͤrter mit den Stellen des
Verſes zuſammentreffen ſoll, welche die Vers-
art, die man gewaͤhlt hat, zu Stellen eines
laͤngern oder ſtaͤrkern Tons macht.
Denn auf
dieſe Art giebt der Vers den Nachdruck der Worte an,
und harmonirt mit denſelben.

§. 100. Wenn die geſchriebene Sprache durch-
aus alles, was in der geredten Mannichfaltiges vor-
koͤmmt, genau anzeigen ſoll, ſo wird man allerdings auch
Zeichen gebrauchen muͤſſen, welche jede Modification
in der Laͤnge, Kuͤrze, Schaͤrfe, Nachdruck ꝛc. der Woͤr-
ter und Sylben anzeigt, und beſonders die ſtaͤrkern Gra-
de davon unterſcheidet. Die Verſchiedenheit des Al-
phabets in gedruckten Schriften, welche beſonders Bil-
finger
in ſeinen Dilucidationen gebraucht, um die
Grade der Aufmerkſamkeit dem Leſer anzuzeigen, thun
hiebey ſehr gute Dienſte, wo naͤmlich der Nachdruck auf
ganze Woͤrter und Redensarten geht. Die Ausru-
fungszeichen (!), welche einen Affect anzeigen, das NB,
das Sela in den Pſalmen, die dermalen in Aufnahm
kommende — —, welche dem Leſer eine Pauſe oder Ru-
heplatz geben, noch mehr hinzuzudenken, als man mit
Worten anzeigt, die .... bey einsmaligem Abbru-
che oder Unterbrechung der Rede, wie in dem Virgil:
Quos ego ‒ ‒ ‒ ſed motos praeſtat componere fluctus.
Die ungewoͤhnlichere Verſetzung der Woͤrter, wie in
vielen der beſten poetiſchen Perioden, oder auch z. E.
wie im Livius: Per ego te fili etc. Alles dieſes ſind
Mittel, die Aufmerkſamkeit des Leſers zu erwecken und

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[62/0068] II. Hauptſtuͤck. 2. Jch hab es ihm geſagt: zeigt an, es ſey ge- ſchehen. 3. Jch hab es ihm geſagt: naͤmlich nicht einem andern. 4. Jch hab es ihm geſagt: das iſt, nicht gedeutet, geſchrieben ꝛc. Wir koͤnnen hiebey anmerken, daß in Verſen dieſer Nachdruck der Woͤrter mit den Stellen des Verſes zuſammentreffen ſoll, welche die Vers- art, die man gewaͤhlt hat, zu Stellen eines laͤngern oder ſtaͤrkern Tons macht. Denn auf dieſe Art giebt der Vers den Nachdruck der Worte an, und harmonirt mit denſelben. §. 100. Wenn die geſchriebene Sprache durch- aus alles, was in der geredten Mannichfaltiges vor- koͤmmt, genau anzeigen ſoll, ſo wird man allerdings auch Zeichen gebrauchen muͤſſen, welche jede Modification in der Laͤnge, Kuͤrze, Schaͤrfe, Nachdruck ꝛc. der Woͤr- ter und Sylben anzeigt, und beſonders die ſtaͤrkern Gra- de davon unterſcheidet. Die Verſchiedenheit des Al- phabets in gedruckten Schriften, welche beſonders Bil- finger in ſeinen Dilucidationen gebraucht, um die Grade der Aufmerkſamkeit dem Leſer anzuzeigen, thun hiebey ſehr gute Dienſte, wo naͤmlich der Nachdruck auf ganze Woͤrter und Redensarten geht. Die Ausru- fungszeichen (!), welche einen Affect anzeigen, das NB, das Sela in den Pſalmen, die dermalen in Aufnahm kommende — —, welche dem Leſer eine Pauſe oder Ru- heplatz geben, noch mehr hinzuzudenken, als man mit Worten anzeigt, die .... bey einsmaligem Abbru- che oder Unterbrechung der Rede, wie in dem Virgil: Quos ego ‒ ‒ ‒ ſed motos praeſtat componere fluctus. Die ungewoͤhnlichere Verſetzung der Woͤrter, wie in vielen der beſten poetiſchen Perioden, oder auch z. E. wie im Livius: Per ego te fili etc. Alles dieſes ſind Mittel, die Aufmerkſamkeit des Leſers zu erwecken und abzu-

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/68>, abgerufen am 23.11.2024.