Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

V. Hauptstück.
rität Schlußreden zuläßig machen, die ohne denselben
nicht angehen würden. Z. E.

3/4 A sind B
2/3 A sind C
folglich etliche C sind B.

Dieser Schluß folgt, weil 3/4 + 2/3 > 1 ist, und demnach
wenigstens A seyn müssen, welche B und C zugleich
sind.

§. 189. Man habe nun zween Sätze

3/4 A sind B
C ist A.

so ist die Frage, welch ein Schluß daraus könne gezo-
gen werden, weil sie das gemeinsame Mittelglied A
haben? Wir setzen hiebey voraus, beyde Sätze seyen
wahr und bestimmt; nämlich in Ansehung des Ober-
satzes sey man versichert, daß weder mehr noch minder
als 3/4 von den sämtlichen A, das Prädicat B haben;
und in Ansehung des Untersatzes sey C ein Indiuiduum,
und man wisse, daß es A ist. Weiß man nun nicht
mehr als dieses, so bleibt es absolute unerörtert, ob C
unter die 3/4 A gehöre, die B sind, oder unter die 1/4 A,
die nicht B sind? Denn wäre dieses entschieden, so wür-
de der Schluß bald gemacht seyn, ob B dem C zukom-
me, oder nicht? und die völlige Gewißheit wäre wie-
derum da. So aber, da wir setzen, man wisse von C
weiter nichts als daß es A sey, können wir den Schluß
nicht weiter bestimmen, als: es sey vermuthlicher, daß
B dem C zukomme, als aber, daß es ihm nicht zukom-
me. Denn da unter 4 A immer 3 sind, so das Prä-
dicat B haben, und da in Ansehung des C alle Aus-
wahl wegbleibt; so ist es auch zmal, vermuthlicher, daß
C unter den A sey, die B sind, als aber unter denen,
die es nicht sind. Wenn man demnach den Schluß
zieht, daß C, B sey, so ist dieser Schluß nicht völlig ge-

wiß,

V. Hauptſtuͤck.
ritaͤt Schlußreden zulaͤßig machen, die ohne denſelben
nicht angehen wuͤrden. Z. E.

¾ A ſind B
A ſind C
folglich etliche C ſind B.

Dieſer Schluß folgt, weil ¾ + ⅔> 1 iſt, und demnach
wenigſtens A ſeyn muͤſſen, welche B und C zugleich
ſind.

§. 189. Man habe nun zween Saͤtze

¾ A ſind B
C iſt A.

ſo iſt die Frage, welch ein Schluß daraus koͤnne gezo-
gen werden, weil ſie das gemeinſame Mittelglied A
haben? Wir ſetzen hiebey voraus, beyde Saͤtze ſeyen
wahr und beſtimmt; naͤmlich in Anſehung des Ober-
ſatzes ſey man verſichert, daß weder mehr noch minder
als ¾ von den ſaͤmtlichen A, das Praͤdicat B haben;
und in Anſehung des Unterſatzes ſey C ein Indiuiduum,
und man wiſſe, daß es A iſt. Weiß man nun nicht
mehr als dieſes, ſo bleibt es abſolute uneroͤrtert, ob C
unter die ¾ A gehoͤre, die B ſind, oder unter die ¼ A,
die nicht B ſind? Denn waͤre dieſes entſchieden, ſo wuͤr-
de der Schluß bald gemacht ſeyn, ob B dem C zukom-
me, oder nicht? und die voͤllige Gewißheit waͤre wie-
derum da. So aber, da wir ſetzen, man wiſſe von C
weiter nichts als daß es A ſey, koͤnnen wir den Schluß
nicht weiter beſtimmen, als: es ſey vermuthlicher, daß
B dem C zukomme, als aber, daß es ihm nicht zukom-
me. Denn da unter 4 A immer 3 ſind, ſo das Praͤ-
dicat B haben, und da in Anſehung des C alle Aus-
wahl wegbleibt; ſo iſt es auch zmal, vermuthlicher, daß
C unter den A ſey, die B ſind, als aber unter denen,
die es nicht ſind. Wenn man demnach den Schluß
zieht, daß C, B ſey, ſo iſt dieſer Schluß nicht voͤllig ge-

wiß,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0364" n="358"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">V.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi></fw><lb/>
rita&#x0364;t Schlußreden zula&#x0364;ßig machen, die ohne den&#x017F;elben<lb/>
nicht angehen wu&#x0364;rden. Z. E.</p><lb/>
          <list>
            <item>¾ <hi rendition="#aq">A</hi> &#x017F;ind <hi rendition="#aq">B</hi></item><lb/>
            <item>&#x2154; <hi rendition="#aq">A</hi> &#x017F;ind <hi rendition="#aq">C</hi></item><lb/>
            <item>folglich etliche <hi rendition="#aq">C</hi> &#x017F;ind <hi rendition="#aq">B.</hi></item>
          </list><lb/>
          <p>Die&#x017F;er Schluß folgt, weil ¾ + &#x2154;&gt; 1 i&#x017F;t, und demnach<lb/>
wenig&#x017F;tens <formula notation="TeX">\frac {5}{12}</formula> <hi rendition="#aq">A</hi> &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, welche <hi rendition="#aq">B</hi> und <hi rendition="#aq">C</hi> zugleich<lb/>
&#x017F;ind.</p><lb/>
          <p>§. 189. Man habe nun zween Sa&#x0364;tze</p><lb/>
          <list>
            <item>¾ <hi rendition="#aq">A</hi> &#x017F;ind <hi rendition="#aq">B</hi></item><lb/>
            <item><hi rendition="#aq">C</hi> i&#x017F;t <hi rendition="#aq">A.</hi></item>
          </list><lb/>
          <p>&#x017F;o i&#x017F;t die Frage, welch ein Schluß daraus ko&#x0364;nne gezo-<lb/>
gen werden, weil &#x017F;ie das gemein&#x017F;ame Mittelglied <hi rendition="#aq">A</hi><lb/>
haben? Wir &#x017F;etzen hiebey voraus, beyde Sa&#x0364;tze &#x017F;eyen<lb/>
wahr und be&#x017F;timmt; na&#x0364;mlich in An&#x017F;ehung des Ober-<lb/>
&#x017F;atzes &#x017F;ey man ver&#x017F;ichert, daß weder mehr noch minder<lb/>
als ¾ von den &#x017F;a&#x0364;mtlichen <hi rendition="#aq">A,</hi> das Pra&#x0364;dicat <hi rendition="#aq">B</hi> haben;<lb/>
und in An&#x017F;ehung des Unter&#x017F;atzes &#x017F;ey <hi rendition="#aq">C</hi> ein <hi rendition="#aq">Indiuiduum,</hi><lb/>
und man wi&#x017F;&#x017F;e, daß es <hi rendition="#aq">A</hi> i&#x017F;t. Weiß man nun nicht<lb/>
mehr als die&#x017F;es, &#x017F;o bleibt es ab&#x017F;olute unero&#x0364;rtert, ob <hi rendition="#aq">C</hi><lb/>
unter die ¾ <hi rendition="#aq">A</hi> geho&#x0364;re, die <hi rendition="#aq">B</hi> &#x017F;ind, oder unter die ¼ <hi rendition="#aq">A,</hi><lb/>
die nicht <hi rendition="#aq">B</hi> &#x017F;ind? Denn wa&#x0364;re die&#x017F;es ent&#x017F;chieden, &#x017F;o wu&#x0364;r-<lb/>
de der Schluß bald gemacht &#x017F;eyn, ob <hi rendition="#aq">B</hi> dem <hi rendition="#aq">C</hi> zukom-<lb/>
me, oder nicht? und die vo&#x0364;llige Gewißheit wa&#x0364;re wie-<lb/>
derum da. So aber, da wir &#x017F;etzen, man wi&#x017F;&#x017F;e von <hi rendition="#aq">C</hi><lb/>
weiter nichts als daß es <hi rendition="#aq">A</hi> &#x017F;ey, ko&#x0364;nnen wir den Schluß<lb/>
nicht weiter be&#x017F;timmen, als: es &#x017F;ey vermuthlicher, daß<lb/><hi rendition="#aq">B</hi> dem <hi rendition="#aq">C</hi> zukomme, als aber, daß es ihm nicht zukom-<lb/>
me. Denn da unter 4 <hi rendition="#aq">A</hi> immer 3 &#x017F;ind, &#x017F;o das Pra&#x0364;-<lb/>
dicat <hi rendition="#aq">B</hi> haben, und da in An&#x017F;ehung des <hi rendition="#aq">C</hi> alle Aus-<lb/>
wahl wegbleibt; &#x017F;o i&#x017F;t es auch zmal, vermuthlicher, daß<lb/><hi rendition="#aq">C</hi> unter den <hi rendition="#aq">A</hi> &#x017F;ey, die <hi rendition="#aq">B</hi> &#x017F;ind, als aber unter denen,<lb/>
die es nicht &#x017F;ind. Wenn man demnach den Schluß<lb/>
zieht, daß <hi rendition="#aq">C, B</hi> &#x017F;ey, &#x017F;o i&#x017F;t die&#x017F;er Schluß nicht vo&#x0364;llig ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wiß,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[358/0364] V. Hauptſtuͤck. ritaͤt Schlußreden zulaͤßig machen, die ohne denſelben nicht angehen wuͤrden. Z. E. ¾ A ſind B ⅔ A ſind C folglich etliche C ſind B. Dieſer Schluß folgt, weil ¾ + ⅔> 1 iſt, und demnach wenigſtens [FORMEL] A ſeyn muͤſſen, welche B und C zugleich ſind. §. 189. Man habe nun zween Saͤtze ¾ A ſind B C iſt A. ſo iſt die Frage, welch ein Schluß daraus koͤnne gezo- gen werden, weil ſie das gemeinſame Mittelglied A haben? Wir ſetzen hiebey voraus, beyde Saͤtze ſeyen wahr und beſtimmt; naͤmlich in Anſehung des Ober- ſatzes ſey man verſichert, daß weder mehr noch minder als ¾ von den ſaͤmtlichen A, das Praͤdicat B haben; und in Anſehung des Unterſatzes ſey C ein Indiuiduum, und man wiſſe, daß es A iſt. Weiß man nun nicht mehr als dieſes, ſo bleibt es abſolute uneroͤrtert, ob C unter die ¾ A gehoͤre, die B ſind, oder unter die ¼ A, die nicht B ſind? Denn waͤre dieſes entſchieden, ſo wuͤr- de der Schluß bald gemacht ſeyn, ob B dem C zukom- me, oder nicht? und die voͤllige Gewißheit waͤre wie- derum da. So aber, da wir ſetzen, man wiſſe von C weiter nichts als daß es A ſey, koͤnnen wir den Schluß nicht weiter beſtimmen, als: es ſey vermuthlicher, daß B dem C zukomme, als aber, daß es ihm nicht zukom- me. Denn da unter 4 A immer 3 ſind, ſo das Praͤ- dicat B haben, und da in Anſehung des C alle Aus- wahl wegbleibt; ſo iſt es auch zmal, vermuthlicher, daß C unter den A ſey, die B ſind, als aber unter denen, die es nicht ſind. Wenn man demnach den Schluß zieht, daß C, B ſey, ſo iſt dieſer Schluß nicht voͤllig ge- wiß,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/364
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/364>, abgerufen am 25.11.2024.