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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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II. Hauptstück.
etwas, welches das wesentliche der Körper ausmacht,
und sie von dem leeren Raume unterscheidet, dem Ge-
fühl zu verdanken, und können die Theorie der Stru-
ctur und des Mechanismus der Körperwelt daher lei-
ten, weil wir mit dem Begriffe der Ausdehnung die
Geometrie, und mit den Begriffen der Solidität und
Beweglichkeit die Phoronomie und Dynamik gleich-
sam in unserer Gewalt haben.

§. 73. Wir können uns aber nicht die Rechnung
machen, daß uns die Structur und der Mechanismus
der Körperwelt so bald werde durchaus bekannt wer-
den. Es sind uns weder alle Materien bekannt noch
alle empfindbar. Und auch bey den empfindbarn bleibt
die Structur derselben in den kleinsten Theilen unsern
Sinnen verborgen. Demnach wird es immer Fälle
geben, wo wir an die Sprache des Scheins gebunden
bleiben, so wie wir sie abkürzungsweise auch da gebrau-
chen, wo uns die wahre bekannt geworden. Der
Schein dient uns immer, die Körper von einander zu
unterscheiden. Wir werden demnach nun untersuchen,
wie er dazu gebraucht werden könne.

§. 74. Hiezu nehmen wir nun als einen Grundsatz
an, daß die Jndividualien in dem Objecte, so
ferne sie in die Sinnen einen Eindruck machen,
auch in den Theilen dieses Eindruckes und den
daher entstehenden Empfindungen und Be-
griffen individual sind.
Vermög dieses Satzes
beut jede Art der Körper und auch jeder einzelne Kör-
per den Sinnen etwas an, wodurch er von jeden andern
unterschieden und erkennt werden kann. Es giebt aber
allerdings Fälle, wo dieses Jndividuale mühsamer ent-
deckt wird, und gleichsam aufgesucht werden muß, es
sey, daß man die Sache auf Proben setze, oder mehrer
Sinnen dazu gebrauche, oder Uebung dazu erforder
werde, oder aus den Umständen und dem Zusammen

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II. Hauptſtuͤck.
etwas, welches das weſentliche der Koͤrper ausmacht,
und ſie von dem leeren Raume unterſcheidet, dem Ge-
fuͤhl zu verdanken, und koͤnnen die Theorie der Stru-
ctur und des Mechaniſmus der Koͤrperwelt daher lei-
ten, weil wir mit dem Begriffe der Ausdehnung die
Geometrie, und mit den Begriffen der Soliditaͤt und
Beweglichkeit die Phoronomie und Dynamik gleich-
ſam in unſerer Gewalt haben.

§. 73. Wir koͤnnen uns aber nicht die Rechnung
machen, daß uns die Structur und der Mechaniſmus
der Koͤrperwelt ſo bald werde durchaus bekannt wer-
den. Es ſind uns weder alle Materien bekannt noch
alle empfindbar. Und auch bey den empfindbarn bleibt
die Structur derſelben in den kleinſten Theilen unſern
Sinnen verborgen. Demnach wird es immer Faͤlle
geben, wo wir an die Sprache des Scheins gebunden
bleiben, ſo wie wir ſie abkuͤrzungsweiſe auch da gebrau-
chen, wo uns die wahre bekannt geworden. Der
Schein dient uns immer, die Koͤrper von einander zu
unterſcheiden. Wir werden demnach nun unterſuchen,
wie er dazu gebraucht werden koͤnne.

§. 74. Hiezu nehmen wir nun als einen Grundſatz
an, daß die Jndividualien in dem Objecte, ſo
ferne ſie in die Sinnen einen Eindruck machen,
auch in den Theilen dieſes Eindruckes und den
daher entſtehenden Empfindungen und Be-
griffen individual ſind.
Vermoͤg dieſes Satzes
beut jede Art der Koͤrper und auch jeder einzelne Koͤr-
per den Sinnen etwas an, wodurch er von jeden andern
unterſchieden und erkennt werden kann. Es giebt aber
allerdings Faͤlle, wo dieſes Jndividuale muͤhſamer ent-
deckt wird, und gleichſam aufgeſucht werden muß, es
ſey, daß man die Sache auf Proben ſetze, oder mehrer
Sinnen dazu gebrauche, oder Uebung dazu erforder
werde, oder aus den Umſtaͤnden und dem Zuſammen

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[260/0266] II. Hauptſtuͤck. etwas, welches das weſentliche der Koͤrper ausmacht, und ſie von dem leeren Raume unterſcheidet, dem Ge- fuͤhl zu verdanken, und koͤnnen die Theorie der Stru- ctur und des Mechaniſmus der Koͤrperwelt daher lei- ten, weil wir mit dem Begriffe der Ausdehnung die Geometrie, und mit den Begriffen der Soliditaͤt und Beweglichkeit die Phoronomie und Dynamik gleich- ſam in unſerer Gewalt haben. §. 73. Wir koͤnnen uns aber nicht die Rechnung machen, daß uns die Structur und der Mechaniſmus der Koͤrperwelt ſo bald werde durchaus bekannt wer- den. Es ſind uns weder alle Materien bekannt noch alle empfindbar. Und auch bey den empfindbarn bleibt die Structur derſelben in den kleinſten Theilen unſern Sinnen verborgen. Demnach wird es immer Faͤlle geben, wo wir an die Sprache des Scheins gebunden bleiben, ſo wie wir ſie abkuͤrzungsweiſe auch da gebrau- chen, wo uns die wahre bekannt geworden. Der Schein dient uns immer, die Koͤrper von einander zu unterſcheiden. Wir werden demnach nun unterſuchen, wie er dazu gebraucht werden koͤnne. §. 74. Hiezu nehmen wir nun als einen Grundſatz an, daß die Jndividualien in dem Objecte, ſo ferne ſie in die Sinnen einen Eindruck machen, auch in den Theilen dieſes Eindruckes und den daher entſtehenden Empfindungen und Be- griffen individual ſind. Vermoͤg dieſes Satzes beut jede Art der Koͤrper und auch jeder einzelne Koͤr- per den Sinnen etwas an, wodurch er von jeden andern unterſchieden und erkennt werden kann. Es giebt aber allerdings Faͤlle, wo dieſes Jndividuale muͤhſamer ent- deckt wird, und gleichſam aufgeſucht werden muß, es ſey, daß man die Sache auf Proben ſetze, oder mehrer Sinnen dazu gebrauche, oder Uebung dazu erforder werde, oder aus den Umſtaͤnden und dem Zuſammen hang

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/266>, abgerufen am 23.11.2024.