Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.X. Hauptstück. machen, und welche verursacht, daß zu Benennung vonbeyden einerley Wörter gebraucht werden, welche in ih- rem eigentlichen Verstande Dinge der Körperwelt, in metaphorischem Verstande aber Dinge der Jntellectual- welt oder abstracte Begriffe vorstellen. Da man die Dinge der Jntellectualwelt nicht vorzeigen kann, so ist die Vergleichung derselben mit den Dingen der Körper- welt das einzige Mittel, das Bewußtseyn und Vorstel- lung derselben bey andern zu erwecken, und diese Ver- gleichung ist desto ungezwungener, je größer die Aehn- lichkeit des Eindruckes ist, und je mehr sich diese auf die menschliche Natur überhaupt gründet. Denn es ist unstreitig ein Mensch mehr dazu aufgelegt als ein an- derer, und der eine kann ganze weitläuftige und genau passende Allegorien aussinnen, wovon ein anderer kaum den Anfang versteht, wenn man ihm nicht darinn nach- hilft. Wir haben die Art, wie solche Vergleichungen veranlaßt werden und vorgehen, und wie die Sprache bereits dazu eingerichtet ist, in der Alethiologie (§. 45. seqq.) betrachtet. So ferne wir für Dinge von ganz verschiedener Art einerley Wörter gebrauchen, so müssen wir bey dem Gebrauch derselben immer vorauswissen, von welcher Art jedesmal die Rede ist, und dieses giebt mehrentheils der Zusammenhang an, es sey denn, daß die Allegorie so vollkommen gemacht werde, daß sie eben sowohl im natürlichen als im verblümten Verstan- de genommen werden könne. Jn jeden andern Fällen äußern sich Unterbrechungen und Abweichungen von dem Bilde, oder von der Sache, die die Wörter im Fall einer Allegorie vorstellen würden. §. 339. Wegen der Aehnlichkeit des Eindruckes ge- der
X. Hauptſtuͤck. machen, und welche verurſacht, daß zu Benennung vonbeyden einerley Woͤrter gebraucht werden, welche in ih- rem eigentlichen Verſtande Dinge der Koͤrperwelt, in metaphoriſchem Verſtande aber Dinge der Jntellectual- welt oder abſtracte Begriffe vorſtellen. Da man die Dinge der Jntellectualwelt nicht vorzeigen kann, ſo iſt die Vergleichung derſelben mit den Dingen der Koͤrper- welt das einzige Mittel, das Bewußtſeyn und Vorſtel- lung derſelben bey andern zu erwecken, und dieſe Ver- gleichung iſt deſto ungezwungener, je groͤßer die Aehn- lichkeit des Eindruckes iſt, und je mehr ſich dieſe auf die menſchliche Natur uͤberhaupt gruͤndet. Denn es iſt unſtreitig ein Menſch mehr dazu aufgelegt als ein an- derer, und der eine kann ganze weitlaͤuftige und genau paſſende Allegorien ausſinnen, wovon ein anderer kaum den Anfang verſteht, wenn man ihm nicht darinn nach- hilft. Wir haben die Art, wie ſolche Vergleichungen veranlaßt werden und vorgehen, und wie die Sprache bereits dazu eingerichtet iſt, in der Alethiologie (§. 45. ſeqq.) betrachtet. So ferne wir fuͤr Dinge von ganz verſchiedener Art einerley Woͤrter gebrauchen, ſo muͤſſen wir bey dem Gebrauch derſelben immer vorauswiſſen, von welcher Art jedesmal die Rede iſt, und dieſes giebt mehrentheils der Zuſammenhang an, es ſey denn, daß die Allegorie ſo vollkommen gemacht werde, daß ſie eben ſowohl im natuͤrlichen als im verbluͤmten Verſtan- de genommen werden koͤnne. Jn jeden andern Faͤllen aͤußern ſich Unterbrechungen und Abweichungen von dem Bilde, oder von der Sache, die die Woͤrter im Fall einer Allegorie vorſtellen wuͤrden. §. 339. Wegen der Aehnlichkeit des Eindruckes ge- der
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0212" n="206"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">X.</hi> Hauptſtuͤck.</hi></fw><lb/> machen, und welche verurſacht, daß zu Benennung von<lb/> beyden einerley Woͤrter gebraucht werden, welche in ih-<lb/> rem eigentlichen Verſtande Dinge der Koͤrperwelt, in<lb/> metaphoriſchem Verſtande aber Dinge der Jntellectual-<lb/> welt oder abſtracte Begriffe vorſtellen. Da man die<lb/> Dinge der Jntellectualwelt nicht vorzeigen kann, ſo iſt<lb/> die Vergleichung derſelben mit den Dingen der Koͤrper-<lb/> welt das einzige Mittel, das Bewußtſeyn und Vorſtel-<lb/> lung derſelben bey andern zu erwecken, und dieſe Ver-<lb/> gleichung iſt deſto ungezwungener, je groͤßer die Aehn-<lb/> lichkeit des Eindruckes iſt, und je mehr ſich dieſe auf die<lb/> menſchliche Natur uͤberhaupt gruͤndet. Denn es iſt<lb/> unſtreitig ein Menſch mehr dazu aufgelegt als ein an-<lb/> derer, und der eine kann ganze weitlaͤuftige und genau<lb/> paſſende Allegorien ausſinnen, wovon ein anderer kaum<lb/> den Anfang verſteht, wenn man ihm nicht darinn nach-<lb/> hilft. Wir haben die Art, wie ſolche Vergleichungen<lb/> veranlaßt werden und vorgehen, und wie die Sprache<lb/> bereits dazu eingerichtet iſt, in der Alethiologie (§. 45.<lb/><hi rendition="#aq">ſeqq.</hi>) betrachtet. So ferne wir fuͤr Dinge von ganz<lb/> verſchiedener Art einerley Woͤrter gebrauchen, ſo muͤſſen<lb/> wir bey dem Gebrauch derſelben immer vorauswiſſen,<lb/> von welcher Art jedesmal die Rede iſt, und dieſes giebt<lb/> mehrentheils der <hi rendition="#fr">Zuſammenhang</hi> an, es ſey denn,<lb/> daß die Allegorie ſo vollkommen gemacht werde, daß ſie<lb/> eben ſowohl im natuͤrlichen als im verbluͤmten Verſtan-<lb/> de genommen werden koͤnne. Jn jeden andern Faͤllen<lb/> aͤußern ſich Unterbrechungen und Abweichungen von<lb/> dem Bilde, oder von der Sache, die die Woͤrter im<lb/> Fall einer Allegorie vorſtellen wuͤrden.</p><lb/> <p>§. 339. Wegen der Aehnlichkeit des Eindruckes ge-<lb/> ben wir Dingen einerley Namen, die Gegenſtaͤnde ver-<lb/> ſchiedener Sinnen ſind, oder auch wohl gar nicht in die<lb/> aͤußern Sinnen fallen, ſondern unmittelbar zu dem ab-<lb/> ſtractern Gedankenreiche gehoͤren. Es findet ſich aber<lb/> <fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [206/0212]
X. Hauptſtuͤck.
machen, und welche verurſacht, daß zu Benennung von
beyden einerley Woͤrter gebraucht werden, welche in ih-
rem eigentlichen Verſtande Dinge der Koͤrperwelt, in
metaphoriſchem Verſtande aber Dinge der Jntellectual-
welt oder abſtracte Begriffe vorſtellen. Da man die
Dinge der Jntellectualwelt nicht vorzeigen kann, ſo iſt
die Vergleichung derſelben mit den Dingen der Koͤrper-
welt das einzige Mittel, das Bewußtſeyn und Vorſtel-
lung derſelben bey andern zu erwecken, und dieſe Ver-
gleichung iſt deſto ungezwungener, je groͤßer die Aehn-
lichkeit des Eindruckes iſt, und je mehr ſich dieſe auf die
menſchliche Natur uͤberhaupt gruͤndet. Denn es iſt
unſtreitig ein Menſch mehr dazu aufgelegt als ein an-
derer, und der eine kann ganze weitlaͤuftige und genau
paſſende Allegorien ausſinnen, wovon ein anderer kaum
den Anfang verſteht, wenn man ihm nicht darinn nach-
hilft. Wir haben die Art, wie ſolche Vergleichungen
veranlaßt werden und vorgehen, und wie die Sprache
bereits dazu eingerichtet iſt, in der Alethiologie (§. 45.
ſeqq.) betrachtet. So ferne wir fuͤr Dinge von ganz
verſchiedener Art einerley Woͤrter gebrauchen, ſo muͤſſen
wir bey dem Gebrauch derſelben immer vorauswiſſen,
von welcher Art jedesmal die Rede iſt, und dieſes giebt
mehrentheils der Zuſammenhang an, es ſey denn,
daß die Allegorie ſo vollkommen gemacht werde, daß ſie
eben ſowohl im natuͤrlichen als im verbluͤmten Verſtan-
de genommen werden koͤnne. Jn jeden andern Faͤllen
aͤußern ſich Unterbrechungen und Abweichungen von
dem Bilde, oder von der Sache, die die Woͤrter im
Fall einer Allegorie vorſtellen wuͤrden.
§. 339. Wegen der Aehnlichkeit des Eindruckes ge-
ben wir Dingen einerley Namen, die Gegenſtaͤnde ver-
ſchiedener Sinnen ſind, oder auch wohl gar nicht in die
aͤußern Sinnen fallen, ſondern unmittelbar zu dem ab-
ſtractern Gedankenreiche gehoͤren. Es findet ſich aber
der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |