Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.Von dem Hypothetischen der Sprache. verstanden werden, weil er sie, um sich zu verstehen zugeben, ebenfalls würde gebraucht haben. Man wird in der Art, wie Kinder ihre Muttersprache lernen, bey genauerer Aufmerksamkeit, noch viel hieher dienendes finden, und wir können besonders auch anmerken, daß die Sprache, so weit sie Kindern faßlich ist, am wenig- sten Anläße zu Wortstreiten giebt, als welche vornehm- lich nur bey abstracten und nicht im Ganzen in die Sin- ne fallenden Dingen und Begriffen anfangen. §. 337. Bey allen denen Dingen, die im Ganzen §. 338. Alle die Wörter, die, in ihrem eigentlichen machen,
Von dem Hypothetiſchen der Sprache. verſtanden werden, weil er ſie, um ſich zu verſtehen zugeben, ebenfalls wuͤrde gebraucht haben. Man wird in der Art, wie Kinder ihre Mutterſprache lernen, bey genauerer Aufmerkſamkeit, noch viel hieher dienendes finden, und wir koͤnnen beſonders auch anmerken, daß die Sprache, ſo weit ſie Kindern faßlich iſt, am wenig- ſten Anlaͤße zu Wortſtreiten giebt, als welche vornehm- lich nur bey abſtracten und nicht im Ganzen in die Sin- ne fallenden Dingen und Begriffen anfangen. §. 337. Bey allen denen Dingen, die im Ganzen §. 338. Alle die Woͤrter, die, in ihrem eigentlichen machen,
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Von dem Hypothetiſchen der Sprache.
verſtanden werden, weil er ſie, um ſich zu verſtehen zu
geben, ebenfalls wuͤrde gebraucht haben. Man wird
in der Art, wie Kinder ihre Mutterſprache lernen, bey
genauerer Aufmerkſamkeit, noch viel hieher dienendes
finden, und wir koͤnnen beſonders auch anmerken, daß
die Sprache, ſo weit ſie Kindern faßlich iſt, am wenig-
ſten Anlaͤße zu Wortſtreiten giebt, als welche vornehm-
lich nur bey abſtracten und nicht im Ganzen in die Sin-
ne fallenden Dingen und Begriffen anfangen.
§. 337. Bey allen denen Dingen, die im Ganzen
und ohne Einmengung fremder Umſtaͤnde fuͤr ſich vor-
gezeigt oder empfunden werden koͤnnen, laͤßt ſich das
Wort unmittelbar mit der Sache verbinden, und der
Begriff entſteht ebenfalls aus der Empfindung der
Sache. Da dieſes bey Figuren auf die leichteſte Art
angeht, ſo iſt ſichs nicht zu verwundern, wenn man in
der Geometrie von Wortſtreiten bald gar nichts weiß,
und warum jeder, der ſich etwan aus Mangel der Er-
lernung dieſer Wiſſenſchaft in Benennung der Figuren
verſtoͤßt, ſehr leicht kann zurechtgewieſen werden. Die
Naturlehre und Naturgeſchichte koͤmmt durch die Be-
muͤhung der Naturforſcher dieſem Grade der Vollkom-
menheit immer naͤher, weil Erfahrungen, Beobachtun-
gen, Verſuche, Abbildungen und Modelle die Mittel
ſind, wodurch man die Namen mit der Sache verbin-
den kann. Man ſehe, was wir in der Dianoiologie
(§. 698.) hieruͤber angemerkt haben.
§. 338. Alle die Woͤrter, die, in ihrem eigentlichen
Verſtande genommen, ein in die Sinne fallendes Gan-
zes vorſtellen, machen, in Abſicht auf das Hypothetiſche
der Sprache, die erſte Claſſe und zugleich die Grundlage
zur Beſtimmung der Bedeutung jeder uͤbrigen Woͤrter
aus. Die zweyte und naͤchſt darauf folgende Claſſe
gruͤndet ſich auf die Aehnlichkeit des Eindruckes, den
die Dinge der Jntellectual- und Koͤrperwelt in die Seele
machen,
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