stab zur Auslegung und Beurtheilung derselben wäre, oder die Dinge von keiner andern Seite betrachtet wer- den könnten.
§. 308. Die Anläße, wobey man gleichsam genö- thigt ist, den Umfang in der Bedeutung eines Wortes anders, als es gewöhnlich war, zu nehmen, sind dieje- nigen, wo man kein schicklicheres findet, es sey, daß man keines wisse, oder die Sprache selbst keines habe. Bey Uebersetzungen aus fremden Sprachen kommen solche Fälle leicht vor, weil jede Sprache auch darinn einen ihr eigenen Schwung hat, daß sie sich in dem Umfang der Bedeutung ihrer Wörter eben nicht nothwendig nach andern Sprachen richtet (§. 163.). Sodann kann es auch leicht geschehen, daß, wenn man an einer Sa- che neue Seiten aufdeckt, oder sie aus neuen Gesichts- punkten betrachtet, die daher entstehenden Begriffe mehr oder minder Merkmale enthalten, als die Wör- ter angeben, die man bis dahin dabey gebraucht hatte. So hatte Kepler die Wörter der Ptolomäischen Astro- nomie beybehalten, aber denselben neue Bedeutungen gegeben, welche man allerdings nicht so leicht mit den alten verwechselt, weil der Unterschied der Systemen bekannt ist, und die Sache in Figuren vor Augen liegt. Bey dem Aufbringen eines neuen Systems in der Me- taphysik und Moral, fällt dieses Mittel mehr oder min- der weg, und der neue Umfang der Begriffe, der öfters noch viel Willkührliches behält, kann nur durch Defi- nitionen angegeben werden, an welche eben nicht so gleich jeder sich zu gewöhnen verbunden erachtet (§. 195. 200.).
§. 309. Ferner kann es auch geschehen, daß man sich begnügt, nur überhaupt die Classen anzuzeigen, wor- unter ein Begriff gehört, und worauf man das Augen- merk richtet, ohne eben durch eine Definition zu bestim- men, wie viel oder wie wenig man von der Bedeutung
des
VIII. Hauptſtuͤck.
ſtab zur Auslegung und Beurtheilung derſelben waͤre, oder die Dinge von keiner andern Seite betrachtet wer- den koͤnnten.
§. 308. Die Anlaͤße, wobey man gleichſam genoͤ- thigt iſt, den Umfang in der Bedeutung eines Wortes anders, als es gewoͤhnlich war, zu nehmen, ſind dieje- nigen, wo man kein ſchicklicheres findet, es ſey, daß man keines wiſſe, oder die Sprache ſelbſt keines habe. Bey Ueberſetzungen aus fremden Sprachen kommen ſolche Faͤlle leicht vor, weil jede Sprache auch darinn einen ihr eigenen Schwung hat, daß ſie ſich in dem Umfang der Bedeutung ihrer Woͤrter eben nicht nothwendig nach andern Sprachen richtet (§. 163.). Sodann kann es auch leicht geſchehen, daß, wenn man an einer Sa- che neue Seiten aufdeckt, oder ſie aus neuen Geſichts- punkten betrachtet, die daher entſtehenden Begriffe mehr oder minder Merkmale enthalten, als die Woͤr- ter angeben, die man bis dahin dabey gebraucht hatte. So hatte Kepler die Woͤrter der Ptolomaͤiſchen Aſtro- nomie beybehalten, aber denſelben neue Bedeutungen gegeben, welche man allerdings nicht ſo leicht mit den alten verwechſelt, weil der Unterſchied der Syſtemen bekannt iſt, und die Sache in Figuren vor Augen liegt. Bey dem Aufbringen eines neuen Syſtems in der Me- taphyſik und Moral, faͤllt dieſes Mittel mehr oder min- der weg, und der neue Umfang der Begriffe, der oͤfters noch viel Willkuͤhrliches behaͤlt, kann nur durch Defi- nitionen angegeben werden, an welche eben nicht ſo gleich jeder ſich zu gewoͤhnen verbunden erachtet (§. 195. 200.).
§. 309. Ferner kann es auch geſchehen, daß man ſich begnuͤgt, nur uͤberhaupt die Claſſen anzuzeigen, wor- unter ein Begriff gehoͤrt, und worauf man das Augen- merk richtet, ohne eben durch eine Definition zu beſtim- men, wie viel oder wie wenig man von der Bedeutung
des
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VIII. Hauptſtuͤck.
ſtab zur Auslegung und Beurtheilung derſelben waͤre,
oder die Dinge von keiner andern Seite betrachtet wer-
den koͤnnten.
§. 308. Die Anlaͤße, wobey man gleichſam genoͤ-
thigt iſt, den Umfang in der Bedeutung eines Wortes
anders, als es gewoͤhnlich war, zu nehmen, ſind dieje-
nigen, wo man kein ſchicklicheres findet, es ſey, daß man
keines wiſſe, oder die Sprache ſelbſt keines habe. Bey
Ueberſetzungen aus fremden Sprachen kommen ſolche
Faͤlle leicht vor, weil jede Sprache auch darinn einen
ihr eigenen Schwung hat, daß ſie ſich in dem Umfang
der Bedeutung ihrer Woͤrter eben nicht nothwendig
nach andern Sprachen richtet (§. 163.). Sodann kann
es auch leicht geſchehen, daß, wenn man an einer Sa-
che neue Seiten aufdeckt, oder ſie aus neuen Geſichts-
punkten betrachtet, die daher entſtehenden Begriffe
mehr oder minder Merkmale enthalten, als die Woͤr-
ter angeben, die man bis dahin dabey gebraucht hatte.
So hatte Kepler die Woͤrter der Ptolomaͤiſchen Aſtro-
nomie beybehalten, aber denſelben neue Bedeutungen
gegeben, welche man allerdings nicht ſo leicht mit den
alten verwechſelt, weil der Unterſchied der Syſtemen
bekannt iſt, und die Sache in Figuren vor Augen liegt.
Bey dem Aufbringen eines neuen Syſtems in der Me-
taphyſik und Moral, faͤllt dieſes Mittel mehr oder min-
der weg, und der neue Umfang der Begriffe, der oͤfters
noch viel Willkuͤhrliches behaͤlt, kann nur durch Defi-
nitionen angegeben werden, an welche eben nicht ſo
gleich jeder ſich zu gewoͤhnen verbunden erachtet (§. 195.
200.).
§. 309. Ferner kann es auch geſchehen, daß man
ſich begnuͤgt, nur uͤberhaupt die Claſſen anzuzeigen, wor-
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/190>, abgerufen am 23.11.2024.
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