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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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VI. Hauptstück.
erste Grundlage der Sprachen immer die Körperwelt
ist, und die Verhältnisse zwischen abstracten Begriffen
und Dingen der Jntellectuglwelt nicht wohl anders, als
durch ihre Aehnlichkeit mit den Dingen der Körperwelt,
können angezeigt werden, so ist es sehr natürlich, daß
dieses auch in Ansehung der Vorwörter statt gesunden.
Wir haben vorhin (§. 213.) angemerkt, daß man für
Zeit und Ort bald durchaus einerley Vorwörter gebrau-
che, und dieses geht nothwendig an, so oft in Ansehung
des Ortes nur von einer Dimension die Rede ist. Man
bindet sich auch in Ansehung der Zeit nicht so genau an
diese oder jene Dimension des Ortes, sondern sagt z. E.
vor einem Tag, nach einem Jahr, über drey Wo-
chen, um fünf Uhr, außer dieser Zeit, gegen das Ende
des Jahrs etc. Wie man verschiedene von den Vor-
wörtern zur Zeichnung der Töne in der Musik, der Sä-
tze und Schlüsse in der Vernunftlehre gebraucht, ha-
ben wir bereits in dem ersten Hauptstücke angemerkt.
Alles kömmt darauf an, daß die Vergleichung richtig
getroffen werde, weil auf diese Art die Sprachen kür-
zer, die Anzahl der Wörter geringer, und die Aehnlich-
keit zwischen Dingen von ganz verschiedener Art ihren
Zeichen anhängig gemacht wird. Die abstracte Er-
kenntniß wird auch allerdings leichter figürlich gemacht,
wo schon die Worte den Anlaß dazu geben, wie es in
Ansehung der Noten und der Zeichnung der Schlüsse
geschehen. Und hierinn haben die Vorwörter, welche
die Verhältnisse des Ortes anzeigen, etwas voraus.

§. 216. Man hat ferner die meisten Vorwörter in
den wirklichen Sprachen zu Ableitungstheilchen von Zeit-
wörtern gemacht, und besonders diejenigen, die die Ver-
hältnisse des Ortes, der Zeit, und der Bewegung an-
zeigen, und daraus sind neue Bedeutungen und Meta-
phern entstanden, weil bey vielen dieser Zeitwörter das
Hauptwort wegbleibt, welches sonst bey dem Vorwort

stehen

VI. Hauptſtuͤck.
erſte Grundlage der Sprachen immer die Koͤrperwelt
iſt, und die Verhaͤltniſſe zwiſchen abſtracten Begriffen
und Dingen der Jntellectuglwelt nicht wohl anders, als
durch ihre Aehnlichkeit mit den Dingen der Koͤrperwelt,
koͤnnen angezeigt werden, ſo iſt es ſehr natuͤrlich, daß
dieſes auch in Anſehung der Vorwoͤrter ſtatt geſunden.
Wir haben vorhin (§. 213.) angemerkt, daß man fuͤr
Zeit und Ort bald durchaus einerley Vorwoͤrter gebrau-
che, und dieſes geht nothwendig an, ſo oft in Anſehung
des Ortes nur von einer Dimenſion die Rede iſt. Man
bindet ſich auch in Anſehung der Zeit nicht ſo genau an
dieſe oder jene Dimenſion des Ortes, ſondern ſagt z. E.
vor einem Tag, nach einem Jahr, uͤber drey Wo-
chen, um fuͤnf Uhr, außer dieſer Zeit, gegen das Ende
des Jahrs ꝛc. Wie man verſchiedene von den Vor-
woͤrtern zur Zeichnung der Toͤne in der Muſik, der Saͤ-
tze und Schluͤſſe in der Vernunftlehre gebraucht, ha-
ben wir bereits in dem erſten Hauptſtuͤcke angemerkt.
Alles koͤmmt darauf an, daß die Vergleichung richtig
getroffen werde, weil auf dieſe Art die Sprachen kuͤr-
zer, die Anzahl der Woͤrter geringer, und die Aehnlich-
keit zwiſchen Dingen von ganz verſchiedener Art ihren
Zeichen anhaͤngig gemacht wird. Die abſtracte Er-
kenntniß wird auch allerdings leichter figuͤrlich gemacht,
wo ſchon die Worte den Anlaß dazu geben, wie es in
Anſehung der Noten und der Zeichnung der Schluͤſſe
geſchehen. Und hierinn haben die Vorwoͤrter, welche
die Verhaͤltniſſe des Ortes anzeigen, etwas voraus.

§. 216. Man hat ferner die meiſten Vorwoͤrter in
den wirklichen Sprachen zu Ableitungstheilchen von Zeit-
woͤrtern gemacht, und beſonders diejenigen, die die Ver-
haͤltniſſe des Ortes, der Zeit, und der Bewegung an-
zeigen, und daraus ſind neue Bedeutungen und Meta-
phern entſtanden, weil bey vielen dieſer Zeitwoͤrter das
Hauptwort wegbleibt, welches ſonſt bey dem Vorwort

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[126/0132] VI. Hauptſtuͤck. erſte Grundlage der Sprachen immer die Koͤrperwelt iſt, und die Verhaͤltniſſe zwiſchen abſtracten Begriffen und Dingen der Jntellectuglwelt nicht wohl anders, als durch ihre Aehnlichkeit mit den Dingen der Koͤrperwelt, koͤnnen angezeigt werden, ſo iſt es ſehr natuͤrlich, daß dieſes auch in Anſehung der Vorwoͤrter ſtatt geſunden. Wir haben vorhin (§. 213.) angemerkt, daß man fuͤr Zeit und Ort bald durchaus einerley Vorwoͤrter gebrau- che, und dieſes geht nothwendig an, ſo oft in Anſehung des Ortes nur von einer Dimenſion die Rede iſt. Man bindet ſich auch in Anſehung der Zeit nicht ſo genau an dieſe oder jene Dimenſion des Ortes, ſondern ſagt z. E. vor einem Tag, nach einem Jahr, uͤber drey Wo- chen, um fuͤnf Uhr, außer dieſer Zeit, gegen das Ende des Jahrs ꝛc. Wie man verſchiedene von den Vor- woͤrtern zur Zeichnung der Toͤne in der Muſik, der Saͤ- tze und Schluͤſſe in der Vernunftlehre gebraucht, ha- ben wir bereits in dem erſten Hauptſtuͤcke angemerkt. Alles koͤmmt darauf an, daß die Vergleichung richtig getroffen werde, weil auf dieſe Art die Sprachen kuͤr- zer, die Anzahl der Woͤrter geringer, und die Aehnlich- keit zwiſchen Dingen von ganz verſchiedener Art ihren Zeichen anhaͤngig gemacht wird. Die abſtracte Er- kenntniß wird auch allerdings leichter figuͤrlich gemacht, wo ſchon die Worte den Anlaß dazu geben, wie es in Anſehung der Noten und der Zeichnung der Schluͤſſe geſchehen. Und hierinn haben die Vorwoͤrter, welche die Verhaͤltniſſe des Ortes anzeigen, etwas voraus. §. 216. Man hat ferner die meiſten Vorwoͤrter in den wirklichen Sprachen zu Ableitungstheilchen von Zeit- woͤrtern gemacht, und beſonders diejenigen, die die Ver- haͤltniſſe des Ortes, der Zeit, und der Bewegung an- zeigen, und daraus ſind neue Bedeutungen und Meta- phern entſtanden, weil bey vielen dieſer Zeitwoͤrter das Hauptwort wegbleibt, welches ſonſt bey dem Vorwort ſtehen

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/132>, abgerufen am 28.11.2024.