schen die Endungen: heit, keit, niß, sal, schaft, thum, ung, etc. abstracte metaphysische Begriffe und Verhältnisse vor, wodurch der Begriff des abgeleiteten Hauptwortes durch den Begriff desjenigen Wortes be- stimmt wird, von welchem es abstammt, wiewohl es unter den bereits eingeführten Hauptwörtern von dieser Art, auch solche giebt, wo der Gebrauch zu reden Ano- mallen verursacht hat.
§. 202. Es ist schwer zu erörtern, woher diese Classe von Hauptwörtern in die Sprachen gekommen ist, zumal da die Sprachen dadurch einen Schwung be- kommen, der sie vom Sinnlichen zu dem Abstracten, Allgemeinen und Metaphysischen erhöht hat. Allem Ansehen nach hatte man angefangen, Handlungen und Eindrücke als Substanzen anzusehen, und ihnen so wie den Substanzen Namen zu geben. Allein der erste Schritt darinn scheint immer schwer gewesen zu seyn, so leicht er uns dermalen vorkommen mag, da wir solche Wörter in Menge haben, und an ihre Begriffe von Jugend auf unvermerkt gewöhnt werden. Man ist gleichsam genöthigt, sie durch Wörter von gleicher Classe zu definiren, und man kann auch nicht wohl anders, als vermittelst eben solcher Wörter, davon reden. Dieses mußte aber dem ersten Erfinder nothwendig die Schwierigkeit vermehren, das Eis zu brechen, und zu dieser ihm ganz neuen Welt von Begriffen zu gelangen. Und man könnte so gar daher Anlaß nehmen zu ver- muthen, es möchten noch dermalen ganze Classen von Wörtern zurücke bleiben, die unter sich ein besonderes System von Begriffen und Vorstellungsarten ausma- chen würden, zu welchem der Uebergang von unsern dermaligen Wörtern noch im Dunkeln verborgen liegt. Dem sey aber, wie ihm wolle, so haben die bereits vorhandenen abstracten Hauptwörter in den Sprachen am meisten Charakteristisches. Es liegt bey den mei-
sten,
V. Hauptſtuͤck.
ſchen die Endungen: heit, keit, niß, ſal, ſchaft, thum, ung, ꝛc. abſtracte metaphyſiſche Begriffe und Verhaͤltniſſe vor, wodurch der Begriff des abgeleiteten Hauptwortes durch den Begriff desjenigen Wortes be- ſtimmt wird, von welchem es abſtammt, wiewohl es unter den bereits eingefuͤhrten Hauptwoͤrtern von dieſer Art, auch ſolche giebt, wo der Gebrauch zu reden Ano- mallen verurſacht hat.
§. 202. Es iſt ſchwer zu eroͤrtern, woher dieſe Claſſe von Hauptwoͤrtern in die Sprachen gekommen iſt, zumal da die Sprachen dadurch einen Schwung be- kommen, der ſie vom Sinnlichen zu dem Abſtracten, Allgemeinen und Metaphyſiſchen erhoͤht hat. Allem Anſehen nach hatte man angefangen, Handlungen und Eindruͤcke als Subſtanzen anzuſehen, und ihnen ſo wie den Subſtanzen Namen zu geben. Allein der erſte Schritt darinn ſcheint immer ſchwer geweſen zu ſeyn, ſo leicht er uns dermalen vorkommen mag, da wir ſolche Woͤrter in Menge haben, und an ihre Begriffe von Jugend auf unvermerkt gewoͤhnt werden. Man iſt gleichſam genoͤthigt, ſie durch Woͤrter von gleicher Claſſe zu definiren, und man kann auch nicht wohl anders, als vermittelſt eben ſolcher Woͤrter, davon reden. Dieſes mußte aber dem erſten Erfinder nothwendig die Schwierigkeit vermehren, das Eis zu brechen, und zu dieſer ihm ganz neuen Welt von Begriffen zu gelangen. Und man koͤnnte ſo gar daher Anlaß nehmen zu ver- muthen, es moͤchten noch dermalen ganze Claſſen von Woͤrtern zuruͤcke bleiben, die unter ſich ein beſonderes Syſtem von Begriffen und Vorſtellungsarten ausma- chen wuͤrden, zu welchem der Uebergang von unſern dermaligen Woͤrtern noch im Dunkeln verborgen liegt. Dem ſey aber, wie ihm wolle, ſo haben die bereits vorhandenen abſtracten Hauptwoͤrter in den Sprachen am meiſten Charakteriſtiſches. Es liegt bey den mei-
ſten,
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V. Hauptſtuͤck.
ſchen die Endungen: heit, keit, niß, ſal, ſchaft,
thum, ung, ꝛc. abſtracte metaphyſiſche Begriffe und
Verhaͤltniſſe vor, wodurch der Begriff des abgeleiteten
Hauptwortes durch den Begriff desjenigen Wortes be-
ſtimmt wird, von welchem es abſtammt, wiewohl es
unter den bereits eingefuͤhrten Hauptwoͤrtern von dieſer
Art, auch ſolche giebt, wo der Gebrauch zu reden Ano-
mallen verurſacht hat.
§. 202. Es iſt ſchwer zu eroͤrtern, woher dieſe
Claſſe von Hauptwoͤrtern in die Sprachen gekommen
iſt, zumal da die Sprachen dadurch einen Schwung be-
kommen, der ſie vom Sinnlichen zu dem Abſtracten,
Allgemeinen und Metaphyſiſchen erhoͤht hat. Allem
Anſehen nach hatte man angefangen, Handlungen und
Eindruͤcke als Subſtanzen anzuſehen, und ihnen ſo wie
den Subſtanzen Namen zu geben. Allein der erſte
Schritt darinn ſcheint immer ſchwer geweſen zu ſeyn, ſo
leicht er uns dermalen vorkommen mag, da wir ſolche
Woͤrter in Menge haben, und an ihre Begriffe von
Jugend auf unvermerkt gewoͤhnt werden. Man iſt
gleichſam genoͤthigt, ſie durch Woͤrter von gleicher Claſſe
zu definiren, und man kann auch nicht wohl anders, als
vermittelſt eben ſolcher Woͤrter, davon reden. Dieſes
mußte aber dem erſten Erfinder nothwendig die
Schwierigkeit vermehren, das Eis zu brechen, und zu
dieſer ihm ganz neuen Welt von Begriffen zu gelangen.
Und man koͤnnte ſo gar daher Anlaß nehmen zu ver-
muthen, es moͤchten noch dermalen ganze Claſſen von
Woͤrtern zuruͤcke bleiben, die unter ſich ein beſonderes
Syſtem von Begriffen und Vorſtellungsarten ausma-
chen wuͤrden, zu welchem der Uebergang von unſern
dermaligen Woͤrtern noch im Dunkeln verborgen liegt.
Dem ſey aber, wie ihm wolle, ſo haben die bereits
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am meiſten Charakteriſtiſches. Es liegt bey den mei-
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/124>, abgerufen am 16.07.2024.
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