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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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V. Hauptstück.
Systemen von neuen Metaphern errichtet, und eine von
der andern herleitet, dergleichen z. E. in einigen mysti-
schen Schriften vorkommen, die man ungelesen liegen
läßt, weil man das ganze System der Sprache und Ge-
danken in eine ganz neue Form bringen müßte, und
nicht voraussieht, ob es sich allenfalls der Mühe lohnen
würde. Bey einem System von abstracten Begriffen
ist es überhaupt sehr leicht, in einen Wortkram zu
verfallen, der entweder in der That leer ist, oder wenig-
stens andern als leer vorkommen kann. Denn da sind
die Worte nicht unmittelbare Zeichen der Dinge, wie
sie es in der Geometrie und Physik sind, sondern sie
sind nur Zeichen der Begriffe, die man nicht anders als
in Indiuiduis, und zwar mit unzähligen Jndividualbe-
stimmungen vermengt, aufweisen kann. Man wird in
dem ersten Hauptstücke der Dianoiologie und in dem
dritten Hauptstücke der Alethiologie hieher dienende
Betrachtungen finden.

§. 195. Uebrigens ist klar, daß wir hier nicht von
Metaphern reden, wie sie etwan die Dichter gebrau-
chen, um ihren Vorstellungen mehr Leben und Nach-
druck zu geben, sondern von solchen, die man in Er-
manglung eigener Namen gebrauchen muß, um ab-
stracte und nicht in die Sinne fallende Begriffe vorstel-
lig zu machen, und wo man folglich wissenschaftliche
Begriffe damit zu benennen hat. Die Metaphysik, die
Moral, die Vernunftlehre sind mit solchen Begriffen
angefüllt, und sordern allerdings sorgfältigere Definitio-
nen, wodurch der Umfang solcher Begriffe genauer be-
zeichnet wird, als es durch die bloße Etymologie der
Namen würde geschehen können. Da in diesem Um-
fange öfters viel Willkührliches zurückbleibt, so geschieht
es auch, daß, wenn man sich einmal an ein gewisses
System gewöhnt hat, man sich nicht so leicht an ein
anderes, auch wenn es besser wäre, gewöhnen kann.

Daher

V. Hauptſtuͤck.
Syſtemen von neuen Metaphern errichtet, und eine von
der andern herleitet, dergleichen z. E. in einigen myſti-
ſchen Schriften vorkommen, die man ungeleſen liegen
laͤßt, weil man das ganze Syſtem der Sprache und Ge-
danken in eine ganz neue Form bringen muͤßte, und
nicht vorausſieht, ob es ſich allenfalls der Muͤhe lohnen
wuͤrde. Bey einem Syſtem von abſtracten Begriffen
iſt es uͤberhaupt ſehr leicht, in einen Wortkram zu
verfallen, der entweder in der That leer iſt, oder wenig-
ſtens andern als leer vorkommen kann. Denn da ſind
die Worte nicht unmittelbare Zeichen der Dinge, wie
ſie es in der Geometrie und Phyſik ſind, ſondern ſie
ſind nur Zeichen der Begriffe, die man nicht anders als
in Indiuiduis, und zwar mit unzaͤhligen Jndividualbe-
ſtimmungen vermengt, aufweiſen kann. Man wird in
dem erſten Hauptſtuͤcke der Dianoiologie und in dem
dritten Hauptſtuͤcke der Alethiologie hieher dienende
Betrachtungen finden.

§. 195. Uebrigens iſt klar, daß wir hier nicht von
Metaphern reden, wie ſie etwan die Dichter gebrau-
chen, um ihren Vorſtellungen mehr Leben und Nach-
druck zu geben, ſondern von ſolchen, die man in Er-
manglung eigener Namen gebrauchen muß, um ab-
ſtracte und nicht in die Sinne fallende Begriffe vorſtel-
lig zu machen, und wo man folglich wiſſenſchaftliche
Begriffe damit zu benennen hat. Die Metaphyſik, die
Moral, die Vernunftlehre ſind mit ſolchen Begriffen
angefuͤllt, und ſordern allerdings ſorgfaͤltigere Definitio-
nen, wodurch der Umfang ſolcher Begriffe genauer be-
zeichnet wird, als es durch die bloße Etymologie der
Namen wuͤrde geſchehen koͤnnen. Da in dieſem Um-
fange oͤfters viel Willkuͤhrliches zuruͤckbleibt, ſo geſchieht
es auch, daß, wenn man ſich einmal an ein gewiſſes
Syſtem gewoͤhnt hat, man ſich nicht ſo leicht an ein
anderes, auch wenn es beſſer waͤre, gewoͤhnen kann.

Daher
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[114/0120] V. Hauptſtuͤck. Syſtemen von neuen Metaphern errichtet, und eine von der andern herleitet, dergleichen z. E. in einigen myſti- ſchen Schriften vorkommen, die man ungeleſen liegen laͤßt, weil man das ganze Syſtem der Sprache und Ge- danken in eine ganz neue Form bringen muͤßte, und nicht vorausſieht, ob es ſich allenfalls der Muͤhe lohnen wuͤrde. Bey einem Syſtem von abſtracten Begriffen iſt es uͤberhaupt ſehr leicht, in einen Wortkram zu verfallen, der entweder in der That leer iſt, oder wenig- ſtens andern als leer vorkommen kann. Denn da ſind die Worte nicht unmittelbare Zeichen der Dinge, wie ſie es in der Geometrie und Phyſik ſind, ſondern ſie ſind nur Zeichen der Begriffe, die man nicht anders als in Indiuiduis, und zwar mit unzaͤhligen Jndividualbe- ſtimmungen vermengt, aufweiſen kann. Man wird in dem erſten Hauptſtuͤcke der Dianoiologie und in dem dritten Hauptſtuͤcke der Alethiologie hieher dienende Betrachtungen finden. §. 195. Uebrigens iſt klar, daß wir hier nicht von Metaphern reden, wie ſie etwan die Dichter gebrau- chen, um ihren Vorſtellungen mehr Leben und Nach- druck zu geben, ſondern von ſolchen, die man in Er- manglung eigener Namen gebrauchen muß, um ab- ſtracte und nicht in die Sinne fallende Begriffe vorſtel- lig zu machen, und wo man folglich wiſſenſchaftliche Begriffe damit zu benennen hat. Die Metaphyſik, die Moral, die Vernunftlehre ſind mit ſolchen Begriffen angefuͤllt, und ſordern allerdings ſorgfaͤltigere Definitio- nen, wodurch der Umfang ſolcher Begriffe genauer be- zeichnet wird, als es durch die bloße Etymologie der Namen wuͤrde geſchehen koͤnnen. Da in dieſem Um- fange oͤfters viel Willkuͤhrliches zuruͤckbleibt, ſo geſchieht es auch, daß, wenn man ſich einmal an ein gewiſſes Syſtem gewoͤhnt hat, man ſich nicht ſo leicht an ein anderes, auch wenn es beſſer waͤre, gewoͤhnen kann. Daher

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/120>, abgerufen am 23.11.2024.