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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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Von den Nennwörtern.
lassen könnte, weil der Gebrauch zu reden, die Unwissen-
heit in den Regeln und noch mehr andere Ursachen,
bald wiederum Anomalien einführen würde.

§. 185. Wir haben ungefähr eben das von den De-
clinationen oder Abänderungen der Nennwörter an-
zumerken. Jhre Anzahl ist in verschiedenen Sprachen
verschieden, und ein Hauptwort läßt sich nicht durch alle
durchführen, so daß es in jeder eine besondere Bestim-
mung in der Bedeutung erhielte, und auch die Wörter
von einerley Abänderung gehören nicht unter einerley
Classe oder Gattung der Dinge. Jndessen sordert die
Charakteristik, daß eines oder das andere statt haben
müßte, wenn die Sprache wissenschaftlich seyn sollte.
Nun fehlt es zwar in den Sprachen an Mitteln nicht,
aus einem Nennworte andere zu bilden, indem man
die Endung abwechselt, und dadurch in der That auch
das Nennwort in andere Declinationen bringt. Die-
ses ist aber nicht allgemein, und das Metaphysische liegt
nicht so fast in dem Unterschiede der Declinationen, als
in den Endungen oder Ableitungstheilchen. So laufen
z. E. im Lateinischen die Wörter: Despicientia, spe-
ctrum, spectaculum, spectator, inspector, specimen,
despicatio, despectio, exspectatio, suspicio, perspi-
cuitas, adspectus, conspectus, despicatus, prospectus,
respectus, species,
nebst noch mehrern Beywörtern, die
alle von dem veralteten specio herkommen, durch alle
fünf Declinationen. Es macht aber nicht die Declina-
tion, sondern die Ableitungstheilchen, und theils auch
der Sprachgebrauch, daß jedes dieser Wörter eine be-
sondere Bedeutung erhält. Die Sprachen bleiben dem-
nach hierinn zurücke.

§. 186. Was man bey den Zeitwörtern in Absicht
auf die Zeit gethan hat, das ist in den Sprachen bey
den Beywörtern in Absicht auf die Grade geschehen.
Und dieses hat allerdings etwas Metaphysisches. Denn

die

Von den Nennwoͤrtern.
laſſen koͤnnte, weil der Gebrauch zu reden, die Unwiſſen-
heit in den Regeln und noch mehr andere Urſachen,
bald wiederum Anomalien einfuͤhren wuͤrde.

§. 185. Wir haben ungefaͤhr eben das von den De-
clinationen oder Abaͤnderungen der Nennwoͤrter an-
zumerken. Jhre Anzahl iſt in verſchiedenen Sprachen
verſchieden, und ein Hauptwort laͤßt ſich nicht durch alle
durchfuͤhren, ſo daß es in jeder eine beſondere Beſtim-
mung in der Bedeutung erhielte, und auch die Woͤrter
von einerley Abaͤnderung gehoͤren nicht unter einerley
Claſſe oder Gattung der Dinge. Jndeſſen ſordert die
Charakteriſtik, daß eines oder das andere ſtatt haben
muͤßte, wenn die Sprache wiſſenſchaftlich ſeyn ſollte.
Nun fehlt es zwar in den Sprachen an Mitteln nicht,
aus einem Nennworte andere zu bilden, indem man
die Endung abwechſelt, und dadurch in der That auch
das Nennwort in andere Declinationen bringt. Die-
ſes iſt aber nicht allgemein, und das Metaphyſiſche liegt
nicht ſo faſt in dem Unterſchiede der Declinationen, als
in den Endungen oder Ableitungstheilchen. So laufen
z. E. im Lateiniſchen die Woͤrter: Deſpicientia, ſpe-
ctrum, ſpectaculum, ſpectator, inſpector, ſpecimen,
deſpicatio, deſpectio, exſpectatio, ſuſpicio, perſpi-
cuitas, adſpectus, conſpectus, deſpicatus, proſpectus,
reſpectus, ſpecies,
nebſt noch mehrern Beywoͤrtern, die
alle von dem veralteten ſpecio herkommen, durch alle
fuͤnf Declinationen. Es macht aber nicht die Declina-
tion, ſondern die Ableitungstheilchen, und theils auch
der Sprachgebrauch, daß jedes dieſer Woͤrter eine be-
ſondere Bedeutung erhaͤlt. Die Sprachen bleiben dem-
nach hierinn zuruͤcke.

§. 186. Was man bey den Zeitwoͤrtern in Abſicht
auf die Zeit gethan hat, das iſt in den Sprachen bey
den Beywoͤrtern in Abſicht auf die Grade geſchehen.
Und dieſes hat allerdings etwas Metaphyſiſches. Denn

die
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[109/0115] Von den Nennwoͤrtern. laſſen koͤnnte, weil der Gebrauch zu reden, die Unwiſſen- heit in den Regeln und noch mehr andere Urſachen, bald wiederum Anomalien einfuͤhren wuͤrde. §. 185. Wir haben ungefaͤhr eben das von den De- clinationen oder Abaͤnderungen der Nennwoͤrter an- zumerken. Jhre Anzahl iſt in verſchiedenen Sprachen verſchieden, und ein Hauptwort laͤßt ſich nicht durch alle durchfuͤhren, ſo daß es in jeder eine beſondere Beſtim- mung in der Bedeutung erhielte, und auch die Woͤrter von einerley Abaͤnderung gehoͤren nicht unter einerley Claſſe oder Gattung der Dinge. Jndeſſen ſordert die Charakteriſtik, daß eines oder das andere ſtatt haben muͤßte, wenn die Sprache wiſſenſchaftlich ſeyn ſollte. Nun fehlt es zwar in den Sprachen an Mitteln nicht, aus einem Nennworte andere zu bilden, indem man die Endung abwechſelt, und dadurch in der That auch das Nennwort in andere Declinationen bringt. Die- ſes iſt aber nicht allgemein, und das Metaphyſiſche liegt nicht ſo faſt in dem Unterſchiede der Declinationen, als in den Endungen oder Ableitungstheilchen. So laufen z. E. im Lateiniſchen die Woͤrter: Deſpicientia, ſpe- ctrum, ſpectaculum, ſpectator, inſpector, ſpecimen, deſpicatio, deſpectio, exſpectatio, ſuſpicio, perſpi- cuitas, adſpectus, conſpectus, deſpicatus, proſpectus, reſpectus, ſpecies, nebſt noch mehrern Beywoͤrtern, die alle von dem veralteten ſpecio herkommen, durch alle fuͤnf Declinationen. Es macht aber nicht die Declina- tion, ſondern die Ableitungstheilchen, und theils auch der Sprachgebrauch, daß jedes dieſer Woͤrter eine be- ſondere Bedeutung erhaͤlt. Die Sprachen bleiben dem- nach hierinn zuruͤcke. §. 186. Was man bey den Zeitwoͤrtern in Abſicht auf die Zeit gethan hat, das iſt in den Sprachen bey den Beywoͤrtern in Abſicht auf die Grade geſchehen. Und dieſes hat allerdings etwas Metaphyſiſches. Denn die

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/115>, abgerufen am 22.11.2024.