Zusammengesetzte Begriffe haben einen Grund ihrer Zusammensetzung. Denn diese Zu- sammensetzung ist nicht allgemein möglich. (§. 239.) Da nun, was nicht allgemein möglich ist, einen Grund seiner Möglichkeit und deren Gränzen hat, (§. 238.) so müssen auch zusammengesetzte Begriffe einen Grund ihrer Zusammensetzung haben. Es ist für sich klar, daß dieser Grund angeben muß, daß und wiefern die Zusammensetzung möglich ist, und wo sie an- fängt unmöglich zu werden. Man sehe, was wir bereits oben (§. 135.) hierüber angemerkt haben.
§. 241.
Zusammengesetzte Begriffe kommen in dem Reiche der Wahrheit als Prädicate vor, ehe sie als Subjecte vorkommen. Denn sollen sie als Sub- jecte vorkommen, so muß ihre Möglichkeit entweder bereits erwiesen seyn, oder hypothetisch angenommen werden, weil die Möglichkeit ihrer Zusammensetzung nicht allgemein ist. (§. 239.) Da nun das hypotheti- sche hiebey darinn bestehen würde, daß diese Möglich- keit noch dahin gestellt bliebe, so fällt es aus dem Rei- che der Wahrheiten weg, weil wir dasselbe als bereits in seiner Verbindung und Zusammenhang ansehen. (§. 160.) Demnach muß die Möglichkeit der Zusammensetzung eines Begriffes, ehe derselbe als Subject vorkömmt, bereits schon erwiesen seyn. Bis dahin kömmt er dem- nach nothwendig nur als Prädicat vor, weil der Be- weis seiner Möglichkeit denselben allerdings enthalten muß.
§. 242.
Um dieses deutlicher einzusehen, dürfen wir nur anzeigen, wie ein zusammengesetzer Begriff in dem Beweise seiner Möglichkeit als Prädicat vorkomme. Da derselbe aus einfachen Begriffen
besteht,
Lamb. Org. I. Band. O o
des Wahren und Jrrigen.
§. 240.
Zuſammengeſetzte Begriffe haben einen Grund ihrer Zuſammenſetzung. Denn dieſe Zu- ſammenſetzung iſt nicht allgemein moͤglich. (§. 239.) Da nun, was nicht allgemein moͤglich iſt, einen Grund ſeiner Moͤglichkeit und deren Graͤnzen hat, (§. 238.) ſo muͤſſen auch zuſammengeſetzte Begriffe einen Grund ihrer Zuſammenſetzung haben. Es iſt fuͤr ſich klar, daß dieſer Grund angeben muß, daß und wiefern die Zuſammenſetzung moͤglich iſt, und wo ſie an- faͤngt unmoͤglich zu werden. Man ſehe, was wir bereits oben (§. 135.) hieruͤber angemerkt haben.
§. 241.
Zuſammengeſetzte Begriffe kommen in dem Reiche der Wahrheit als Praͤdicate vor, ehe ſie als Subjecte vorkommen. Denn ſollen ſie als Sub- jecte vorkommen, ſo muß ihre Moͤglichkeit entweder bereits erwieſen ſeyn, oder hypothetiſch angenommen werden, weil die Moͤglichkeit ihrer Zuſammenſetzung nicht allgemein iſt. (§. 239.) Da nun das hypotheti- ſche hiebey darinn beſtehen wuͤrde, daß dieſe Moͤglich- keit noch dahin geſtellt bliebe, ſo faͤllt es aus dem Rei- che der Wahrheiten weg, weil wir daſſelbe als bereits in ſeiner Verbindung und Zuſam̃enhang anſehen. (§. 160.) Demnach muß die Moͤglichkeit der Zuſammenſetzung eines Begriffes, ehe derſelbe als Subject vorkoͤmmt, bereits ſchon erwieſen ſeyn. Bis dahin koͤmmt er dem- nach nothwendig nur als Praͤdicat vor, weil der Be- weis ſeiner Moͤglichkeit denſelben allerdings enthalten muß.
§. 242.
Um dieſes deutlicher einzuſehen, duͤrfen wir nur anzeigen, wie ein zuſammengeſetzer Begriff in dem Beweiſe ſeiner Moͤglichkeit als Praͤdicat vorkomme. Da derſelbe aus einfachen Begriffen
beſteht,
Lamb. Org. I. Band. O o
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des Wahren und Jrrigen.
§. 240.
Zuſammengeſetzte Begriffe haben einen
Grund ihrer Zuſammenſetzung. Denn dieſe Zu-
ſammenſetzung iſt nicht allgemein moͤglich. (§. 239.)
Da nun, was nicht allgemein moͤglich iſt, einen Grund
ſeiner Moͤglichkeit und deren Graͤnzen hat, (§. 238.) ſo
muͤſſen auch zuſammengeſetzte Begriffe einen Grund
ihrer Zuſammenſetzung haben. Es iſt fuͤr ſich klar,
daß dieſer Grund angeben muß, daß und wiefern
die Zuſammenſetzung moͤglich iſt, und wo ſie an-
faͤngt unmoͤglich zu werden. Man ſehe, was wir
bereits oben (§. 135.) hieruͤber angemerkt haben.
§. 241.
Zuſammengeſetzte Begriffe kommen in dem
Reiche der Wahrheit als Praͤdicate vor, ehe ſie
als Subjecte vorkommen. Denn ſollen ſie als Sub-
jecte vorkommen, ſo muß ihre Moͤglichkeit entweder
bereits erwieſen ſeyn, oder hypothetiſch angenommen
werden, weil die Moͤglichkeit ihrer Zuſammenſetzung
nicht allgemein iſt. (§. 239.) Da nun das hypotheti-
ſche hiebey darinn beſtehen wuͤrde, daß dieſe Moͤglich-
keit noch dahin geſtellt bliebe, ſo faͤllt es aus dem Rei-
che der Wahrheiten weg, weil wir daſſelbe als bereits in
ſeiner Verbindung und Zuſam̃enhang anſehen. (§. 160.)
Demnach muß die Moͤglichkeit der Zuſammenſetzung
eines Begriffes, ehe derſelbe als Subject vorkoͤmmt,
bereits ſchon erwieſen ſeyn. Bis dahin koͤmmt er dem-
nach nothwendig nur als Praͤdicat vor, weil der Be-
weis ſeiner Moͤglichkeit denſelben allerdings enthalten
muß.
§. 242.
Um dieſes deutlicher einzuſehen, duͤrfen wir nur
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dem Beweiſe ſeiner Moͤglichkeit als Praͤdicat
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 577. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/599>, abgerufen am 22.11.2024.
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