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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

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des Wahren und Jrrigen.
dert, man müsse sich bewußt seyn, daß man
Schritt für Schritt gehe.
Denn ist man sich
dessen nicht bewußt, so verfällt man von selbst auf die
Anmerkung, man sehe nicht, wie man weiter fort-
kommen könne, wie das Folgende angehenkt, oder
mit dem vorhergehenden verbunden oder in Zusam-
menhang gebracht werde, und in so fern sind wir
noch nicht gewiß, ob es angehe oder nicht. Macht
man aber auch nicht einmal diese Anmerkung, so geht
man vollends aufs blinde hin, und die Versicherung,
daß man richtig gehe, bleibt entweder ganz weg, oder
sie ist nur eingebildet. (§. 205.)

§. 218.

Wenn man bey einfachen Begriffen an-
fängt, so macht die Vermeidung eines Sprun-
ges in ihrer Verbindung oder Zusammense-
tzung, so weit man fortgeht, die Gewißheit
absolut.
Denn einfache Begriffe sind an sich ge-
denkbar, (§. 161.) und das Jrrige kann nur in ihrer
Verbindung oder Zusammensetzung vorkommen.
(§. 192.) Versichert man sich demnach bey jedem
einzelnen Theile dieser Zusammensetzung oder Ver-
bindung von ihrer Möglichkeit, so geht man Schritt
für Schritt, und da demnach jeder Sprung dadurch
vermieden wird, so ist man, so weit man darinn geht,
von der Möglichkeit der Vorstellung versichert, und
das Bewußtseyn jeder dieser Schritte macht die Ge-
wißheit absolut. (§. 217.) Man sehe auch §. 203.

§. 219.

Die Verbindung oder Zusammensetzung der Be-
griffe, wovon erst geredt worden, beruht überhaupt
auf folgenden drey Formeln:

1. A kann B seyn.
2. A ist B.
3. A muß B seyn.
Jn
N n 3

des Wahren und Jrrigen.
dert, man muͤſſe ſich bewußt ſeyn, daß man
Schritt fuͤr Schritt gehe.
Denn iſt man ſich
deſſen nicht bewußt, ſo verfaͤllt man von ſelbſt auf die
Anmerkung, man ſehe nicht, wie man weiter fort-
kommen koͤnne, wie das Folgende angehenkt, oder
mit dem vorhergehenden verbunden oder in Zuſam-
menhang gebracht werde, und in ſo fern ſind wir
noch nicht gewiß, ob es angehe oder nicht. Macht
man aber auch nicht einmal dieſe Anmerkung, ſo geht
man vollends aufs blinde hin, und die Verſicherung,
daß man richtig gehe, bleibt entweder ganz weg, oder
ſie iſt nur eingebildet. (§. 205.)

§. 218.

Wenn man bey einfachen Begriffen an-
faͤngt, ſo macht die Vermeidung eines Sprun-
ges in ihrer Verbindung oder Zuſammenſe-
tzung, ſo weit man fortgeht, die Gewißheit
abſolut.
Denn einfache Begriffe ſind an ſich ge-
denkbar, (§. 161.) und das Jrrige kann nur in ihrer
Verbindung oder Zuſammenſetzung vorkommen.
(§. 192.) Verſichert man ſich demnach bey jedem
einzelnen Theile dieſer Zuſammenſetzung oder Ver-
bindung von ihrer Moͤglichkeit, ſo geht man Schritt
fuͤr Schritt, und da demnach jeder Sprung dadurch
vermieden wird, ſo iſt man, ſo weit man darinn geht,
von der Moͤglichkeit der Vorſtellung verſichert, und
das Bewußtſeyn jeder dieſer Schritte macht die Ge-
wißheit abſolut. (§. 217.) Man ſehe auch §. 203.

§. 219.

Die Verbindung oder Zuſammenſetzung der Be-
griffe, wovon erſt geredt worden, beruht uͤberhaupt
auf folgenden drey Formeln:

1. A kann B ſeyn.
2. A iſt B.
3. A muß B ſeyn.
Jn
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[565/0587] des Wahren und Jrrigen. dert, man muͤſſe ſich bewußt ſeyn, daß man Schritt fuͤr Schritt gehe. Denn iſt man ſich deſſen nicht bewußt, ſo verfaͤllt man von ſelbſt auf die Anmerkung, man ſehe nicht, wie man weiter fort- kommen koͤnne, wie das Folgende angehenkt, oder mit dem vorhergehenden verbunden oder in Zuſam- menhang gebracht werde, und in ſo fern ſind wir noch nicht gewiß, ob es angehe oder nicht. Macht man aber auch nicht einmal dieſe Anmerkung, ſo geht man vollends aufs blinde hin, und die Verſicherung, daß man richtig gehe, bleibt entweder ganz weg, oder ſie iſt nur eingebildet. (§. 205.) §. 218. Wenn man bey einfachen Begriffen an- faͤngt, ſo macht die Vermeidung eines Sprun- ges in ihrer Verbindung oder Zuſammenſe- tzung, ſo weit man fortgeht, die Gewißheit abſolut. Denn einfache Begriffe ſind an ſich ge- denkbar, (§. 161.) und das Jrrige kann nur in ihrer Verbindung oder Zuſammenſetzung vorkommen. (§. 192.) Verſichert man ſich demnach bey jedem einzelnen Theile dieſer Zuſammenſetzung oder Ver- bindung von ihrer Moͤglichkeit, ſo geht man Schritt fuͤr Schritt, und da demnach jeder Sprung dadurch vermieden wird, ſo iſt man, ſo weit man darinn geht, von der Moͤglichkeit der Vorſtellung verſichert, und das Bewußtſeyn jeder dieſer Schritte macht die Ge- wißheit abſolut. (§. 217.) Man ſehe auch §. 203. §. 219. Die Verbindung oder Zuſammenſetzung der Be- griffe, wovon erſt geredt worden, beruht uͤberhaupt auf folgenden drey Formeln: 1. A kann B ſeyn. 2. A iſt B. 3. A muß B ſeyn. Jn N n 3

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 565. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/587>, abgerufen am 23.11.2024.