definire genau zu entsprechen, welches man gemeiniglich für erklären nimmt. Die Sache selbst verhält sich so. Stellt man sich die Merkmaale des Begriffes nur in Gedanken vor, so ist es schlechthin eine deutliche Vorstellung der Sache. Drückt man aber diese Merkmaale mit Worten aus, so heißt dieses eine Bestimmung oder Erklärung, und zwar entweder des Wortes, oder des Begriffes, oder der Sache, je nachdem man dadurch entweder die Bedeutung des Wortes bestimmen oder festsetzen, oder den Begriff, den man im Sinne hat, ausdrücken, oder die Sache vor- stellig machen will. Man sieht hieraus, daß, nach- dem man sich den Begriff von einer Sache deutlich gemacht hat, zu der Erklärung weiter nichts erfor- dert wird, als daß man die gefundenen Merkmaale mit ihren Namen benenne, und folglich durch Worte ausdrücke. Wir wollen nun die Beschaffenheit dieser Merkmaale theils an sich, theils auch in Absicht auf die Worte genauer betrachten, um dadurch die ver- schiedene Arten von Erklärungen zu bestimmen, die man von einer Sache machen kann. Sie sind wegen dieses Unterschiedes nicht alle zu jedem Gebrauche gleich dienlich, und daher ist es nützlich sie auch in dieser Absicht zu betrachten.
§. 52.
Wir haben schon oben (§. 14) angemerkt, daß sich die Merkmaale einer Sache in die gemeinsa- men und eigenen abtheilen lassen, und daß beyde zusammen genommen, den Begriff erschöpfen. Da die gemeinsamen Merkmaale auch andern Dingen zukommen, eben deswegen, weil sie gemeinsam sind, so taugen sie allein nicht, wenn die Erklärung, so man von der Sache machen will, die Absicht hat, die Sache kenntlich zu machen. Hiezu sind die eigenen
Merk-
I. Hauptſtuͤck,
definire genau zu entſprechen, welches man gemeiniglich fuͤr erklaͤren nimmt. Die Sache ſelbſt verhaͤlt ſich ſo. Stellt man ſich die Merkmaale des Begriffes nur in Gedanken vor, ſo iſt es ſchlechthin eine deutliche Vorſtellung der Sache. Druͤckt man aber dieſe Merkmaale mit Worten aus, ſo heißt dieſes eine Beſtimmung oder Erklaͤrung, und zwar entweder des Wortes, oder des Begriffes, oder der Sache, je nachdem man dadurch entweder die Bedeutung des Wortes beſtimmen oder feſtſetzen, oder den Begriff, den man im Sinne hat, ausdruͤcken, oder die Sache vor- ſtellig machen will. Man ſieht hieraus, daß, nach- dem man ſich den Begriff von einer Sache deutlich gemacht hat, zu der Erklaͤrung weiter nichts erfor- dert wird, als daß man die gefundenen Merkmaale mit ihren Namen benenne, und folglich durch Worte ausdruͤcke. Wir wollen nun die Beſchaffenheit dieſer Merkmaale theils an ſich, theils auch in Abſicht auf die Worte genauer betrachten, um dadurch die ver- ſchiedene Arten von Erklaͤrungen zu beſtimmen, die man von einer Sache machen kann. Sie ſind wegen dieſes Unterſchiedes nicht alle zu jedem Gebrauche gleich dienlich, und daher iſt es nuͤtzlich ſie auch in dieſer Abſicht zu betrachten.
§. 52.
Wir haben ſchon oben (§. 14) angemerkt, daß ſich die Merkmaale einer Sache in die gemeinſa- men und eigenen abtheilen laſſen, und daß beyde zuſammen genommen, den Begriff erſchoͤpfen. Da die gemeinſamen Merkmaale auch andern Dingen zukommen, eben deswegen, weil ſie gemeinſam ſind, ſo taugen ſie allein nicht, wenn die Erklaͤrung, ſo man von der Sache machen will, die Abſicht hat, die Sache kenntlich zu machen. Hiezu ſind die eigenen
Merk-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0056"n="34"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">I.</hi> Hauptſtuͤck,</hi></fw><lb/><hirendition="#aq"><hirendition="#i">definire</hi></hi> genau zu entſprechen, welches man gemeiniglich<lb/>
fuͤr <hirendition="#fr">erklaͤren</hi> nimmt. Die Sache ſelbſt verhaͤlt ſich ſo.<lb/>
Stellt man ſich die Merkmaale des Begriffes nur<lb/>
in Gedanken vor, ſo iſt es ſchlechthin eine deutliche<lb/>
Vorſtellung der Sache. Druͤckt man aber dieſe<lb/>
Merkmaale mit Worten aus, ſo heißt dieſes eine<lb/><hirendition="#fr">Beſtimmung</hi> oder <hirendition="#fr">Erklaͤrung,</hi> und zwar entweder<lb/>
des Wortes, oder des Begriffes, oder der Sache, je<lb/>
nachdem man dadurch entweder die Bedeutung des<lb/>
Wortes beſtimmen oder feſtſetzen, oder den Begriff, den<lb/>
man im Sinne hat, ausdruͤcken, oder die Sache vor-<lb/>ſtellig machen will. Man ſieht hieraus, daß, nach-<lb/>
dem man ſich den Begriff von einer Sache deutlich<lb/>
gemacht hat, zu der <hirendition="#fr">Erklaͤrung</hi> weiter nichts erfor-<lb/>
dert wird, als daß man die gefundenen Merkmaale<lb/>
mit ihren Namen benenne, und folglich durch Worte<lb/>
ausdruͤcke. Wir wollen nun die Beſchaffenheit dieſer<lb/>
Merkmaale theils an ſich, theils auch in Abſicht auf<lb/>
die Worte genauer betrachten, um dadurch die ver-<lb/>ſchiedene Arten von Erklaͤrungen zu beſtimmen, die<lb/>
man von einer Sache machen kann. Sie ſind wegen<lb/>
dieſes Unterſchiedes nicht alle zu jedem Gebrauche<lb/>
gleich dienlich, und daher iſt es nuͤtzlich ſie auch in<lb/>
dieſer Abſicht zu betrachten.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 52.</head><lb/><p>Wir haben ſchon oben (§. 14) angemerkt, daß<lb/>ſich die Merkmaale einer Sache in die <hirendition="#fr">gemeinſa-<lb/>
men und eigenen</hi> abtheilen laſſen, und daß beyde<lb/>
zuſammen genommen, den Begriff erſchoͤpfen. Da<lb/>
die gemeinſamen Merkmaale auch andern Dingen<lb/>
zukommen, eben deswegen, weil ſie gemeinſam ſind, ſo<lb/>
taugen ſie allein nicht, wenn die Erklaͤrung, ſo man<lb/>
von der Sache machen will, die Abſicht hat, die<lb/>
Sache kenntlich zu machen. Hiezu ſind die eigenen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Merk-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[34/0056]
I. Hauptſtuͤck,
definire genau zu entſprechen, welches man gemeiniglich
fuͤr erklaͤren nimmt. Die Sache ſelbſt verhaͤlt ſich ſo.
Stellt man ſich die Merkmaale des Begriffes nur
in Gedanken vor, ſo iſt es ſchlechthin eine deutliche
Vorſtellung der Sache. Druͤckt man aber dieſe
Merkmaale mit Worten aus, ſo heißt dieſes eine
Beſtimmung oder Erklaͤrung, und zwar entweder
des Wortes, oder des Begriffes, oder der Sache, je
nachdem man dadurch entweder die Bedeutung des
Wortes beſtimmen oder feſtſetzen, oder den Begriff, den
man im Sinne hat, ausdruͤcken, oder die Sache vor-
ſtellig machen will. Man ſieht hieraus, daß, nach-
dem man ſich den Begriff von einer Sache deutlich
gemacht hat, zu der Erklaͤrung weiter nichts erfor-
dert wird, als daß man die gefundenen Merkmaale
mit ihren Namen benenne, und folglich durch Worte
ausdruͤcke. Wir wollen nun die Beſchaffenheit dieſer
Merkmaale theils an ſich, theils auch in Abſicht auf
die Worte genauer betrachten, um dadurch die ver-
ſchiedene Arten von Erklaͤrungen zu beſtimmen, die
man von einer Sache machen kann. Sie ſind wegen
dieſes Unterſchiedes nicht alle zu jedem Gebrauche
gleich dienlich, und daher iſt es nuͤtzlich ſie auch in
dieſer Abſicht zu betrachten.
§. 52.
Wir haben ſchon oben (§. 14) angemerkt, daß
ſich die Merkmaale einer Sache in die gemeinſa-
men und eigenen abtheilen laſſen, und daß beyde
zuſammen genommen, den Begriff erſchoͤpfen. Da
die gemeinſamen Merkmaale auch andern Dingen
zukommen, eben deswegen, weil ſie gemeinſam ſind, ſo
taugen ſie allein nicht, wenn die Erklaͤrung, ſo man
von der Sache machen will, die Abſicht hat, die
Sache kenntlich zu machen. Hiezu ſind die eigenen
Merk-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/56>, abgerufen am 17.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.