Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite
II. Hauptst. von den Grundsätzen u. Forder.
§. 88.

Da wir uns die Aenderung des Ortes dadurch
vorstellen können, daß wir in Gedanken einer Linie
nachfahren, so weit wir wollen, und diese Möglich-
keit unter die Postulata gerechnet wird, (§. 84.) so
entsteht daraus von selbst der Begriff der Bewegung.

§. 89.

Die Bewegung ist linear, und hat daher nur
eine Dimension. Da ein Ort den andern ausschleußt,
(§. 87.) so kann ein beweglicher Punkt nicht zugleich
an mehrern Orten seyn. Demnach wird eine Zeit
erfordert, von einem an den andern zu kommen.
Und so sind Zeit und Raum auch vermittelst der Be-
wegung in Verbindung, und jede Aenderung des Or-
tes hat eine Dauer.

§. 90.

Die Postulata bey der Bewegung sind, daß wir
zu jeder Aenderung des Ortes jede beliebige
Dauer gedenken, folglich sie nach Belieben ge-
schwinder oder langsamer setzen können, daß
sich auch die Geschwindigkeit nach Belieben
geändert vorstellen lasse, und daß auch die Di-
rection in der Bewegung jede mögliche seyn
könne.
Diese Postulata sind schlechterdings ideal,
und die Phoronomie, welche Zeit, Raum und Ge-
schwindigkeit
mit einander vergleicht, beruht ganz
darauf.

§. 91.

Die Geschwindigkeit hat demnach keine determi-
nirte Einheit, weil sich jeder Raum, mit jeder Zeit,
darinn er durchlaufen werden solle, vergleichen und
verbinden läßt. Demnach kann jede beliebige Ge-
schwindigkeit als eine Einheit angesehen werden.

§. 92.
II. Hauptſt. von den Grundſaͤtzen u. Forder.
§. 88.

Da wir uns die Aenderung des Ortes dadurch
vorſtellen koͤnnen, daß wir in Gedanken einer Linie
nachfahren, ſo weit wir wollen, und dieſe Moͤglich-
keit unter die Poſtulata gerechnet wird, (§. 84.) ſo
entſteht daraus von ſelbſt der Begriff der Bewegung.

§. 89.

Die Bewegung iſt linear, und hat daher nur
eine Dimenſion. Da ein Ort den andern ausſchleußt,
(§. 87.) ſo kann ein beweglicher Punkt nicht zugleich
an mehrern Orten ſeyn. Demnach wird eine Zeit
erfordert, von einem an den andern zu kommen.
Und ſo ſind Zeit und Raum auch vermittelſt der Be-
wegung in Verbindung, und jede Aenderung des Or-
tes hat eine Dauer.

§. 90.

Die Poſtulata bey der Bewegung ſind, daß wir
zu jeder Aenderung des Ortes jede beliebige
Dauer gedenken, folglich ſie nach Belieben ge-
ſchwinder oder langſamer ſetzen koͤnnen, daß
ſich auch die Geſchwindigkeit nach Belieben
geaͤndert vorſtellen laſſe, und daß auch die Di-
rection in der Bewegung jede moͤgliche ſeyn
koͤnne.
Dieſe Poſtulata ſind ſchlechterdings ideal,
und die Phoronomie, welche Zeit, Raum und Ge-
ſchwindigkeit
mit einander vergleicht, beruht ganz
darauf.

§. 91.

Die Geſchwindigkeit hat demnach keine determi-
nirte Einheit, weil ſich jeder Raum, mit jeder Zeit,
darinn er durchlaufen werden ſolle, vergleichen und
verbinden laͤßt. Demnach kann jede beliebige Ge-
ſchwindigkeit als eine Einheit angeſehen werden.

§. 92.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0526" n="504"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Haupt&#x017F;t. von den Grund&#x017F;a&#x0364;tzen u. Forder.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 88.</head><lb/>
            <p>Da wir uns die Aenderung des Ortes dadurch<lb/>
vor&#x017F;tellen ko&#x0364;nnen, daß wir in Gedanken einer Linie<lb/>
nachfahren, &#x017F;o weit wir wollen, und die&#x017F;e Mo&#x0364;glich-<lb/>
keit unter die <hi rendition="#aq">Po&#x017F;tulata</hi> gerechnet wird, (§. 84.) &#x017F;o<lb/>
ent&#x017F;teht daraus von &#x017F;elb&#x017F;t der Begriff der <hi rendition="#fr">Bewegung.</hi></p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 89.</head><lb/>
            <p>Die Bewegung i&#x017F;t linear, und hat daher nur<lb/>
eine Dimen&#x017F;ion. Da ein Ort den andern aus&#x017F;chleußt,<lb/>
(§. 87.) &#x017F;o kann ein beweglicher Punkt nicht zugleich<lb/>
an mehrern Orten &#x017F;eyn. Demnach wird eine <hi rendition="#fr">Zeit</hi><lb/>
erfordert, von einem an den andern zu kommen.<lb/>
Und &#x017F;o &#x017F;ind Zeit und Raum auch vermittel&#x017F;t der Be-<lb/>
wegung in Verbindung, und jede Aenderung des Or-<lb/>
tes hat eine Dauer.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 90.</head><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#aq">Po&#x017F;tulata</hi> bey der Bewegung &#x017F;ind, <hi rendition="#fr">daß wir<lb/>
zu jeder Aenderung des Ortes jede beliebige<lb/>
Dauer gedenken, folglich &#x017F;ie nach Belieben ge-<lb/>
&#x017F;chwinder oder lang&#x017F;amer &#x017F;etzen ko&#x0364;nnen, daß<lb/>
&#x017F;ich auch die Ge&#x017F;chwindigkeit nach Belieben<lb/>
gea&#x0364;ndert vor&#x017F;tellen la&#x017F;&#x017F;e, und daß auch die Di-<lb/>
rection in der Bewegung jede mo&#x0364;gliche &#x017F;eyn<lb/>
ko&#x0364;nne.</hi> Die&#x017F;e <hi rendition="#aq">Po&#x017F;tulata</hi> &#x017F;ind &#x017F;chlechterdings ideal,<lb/>
und die Phoronomie, welche <hi rendition="#fr">Zeit, Raum</hi> und <hi rendition="#fr">Ge-<lb/>
&#x017F;chwindigkeit</hi> mit einander vergleicht, beruht ganz<lb/>
darauf.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 91.</head><lb/>
            <p>Die Ge&#x017F;chwindigkeit hat demnach keine determi-<lb/>
nirte Einheit, weil &#x017F;ich jeder Raum, mit jeder Zeit,<lb/>
darinn er durchlaufen werden &#x017F;olle, vergleichen und<lb/>
verbinden la&#x0364;ßt. Demnach kann jede beliebige Ge-<lb/>
&#x017F;chwindigkeit als eine Einheit ange&#x017F;ehen werden.</p>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">§. 92.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[504/0526] II. Hauptſt. von den Grundſaͤtzen u. Forder. §. 88. Da wir uns die Aenderung des Ortes dadurch vorſtellen koͤnnen, daß wir in Gedanken einer Linie nachfahren, ſo weit wir wollen, und dieſe Moͤglich- keit unter die Poſtulata gerechnet wird, (§. 84.) ſo entſteht daraus von ſelbſt der Begriff der Bewegung. §. 89. Die Bewegung iſt linear, und hat daher nur eine Dimenſion. Da ein Ort den andern ausſchleußt, (§. 87.) ſo kann ein beweglicher Punkt nicht zugleich an mehrern Orten ſeyn. Demnach wird eine Zeit erfordert, von einem an den andern zu kommen. Und ſo ſind Zeit und Raum auch vermittelſt der Be- wegung in Verbindung, und jede Aenderung des Or- tes hat eine Dauer. §. 90. Die Poſtulata bey der Bewegung ſind, daß wir zu jeder Aenderung des Ortes jede beliebige Dauer gedenken, folglich ſie nach Belieben ge- ſchwinder oder langſamer ſetzen koͤnnen, daß ſich auch die Geſchwindigkeit nach Belieben geaͤndert vorſtellen laſſe, und daß auch die Di- rection in der Bewegung jede moͤgliche ſeyn koͤnne. Dieſe Poſtulata ſind ſchlechterdings ideal, und die Phoronomie, welche Zeit, Raum und Ge- ſchwindigkeit mit einander vergleicht, beruht ganz darauf. §. 91. Die Geſchwindigkeit hat demnach keine determi- nirte Einheit, weil ſich jeder Raum, mit jeder Zeit, darinn er durchlaufen werden ſolle, vergleichen und verbinden laͤßt. Demnach kann jede beliebige Ge- ſchwindigkeit als eine Einheit angeſehen werden. §. 92.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/526
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/526>, abgerufen am 22.11.2024.