angeht, auf das Gefühl reduciren. Hiezu aber wer- den denkende Wesen erfordert, denen das Sehen und Fühlen gleich klare Begriffe von den Farben giebt, ungefehr wie wir durch Sehen und Fühlen klare Be- griffe von Figuren und Bewegung haben, und das, was uns einer dieser zween Sinnen davon vorstellt, auf den andern reduciren können. Uns aber giebt das Gefühl keinen Begriff von Farben, und dieses macht, daß wir den Begriff der Farben, in so fern es Farben sind, für sich a posteriori nehmen, und ihn a posteriori mit dem Begriffe des Mechanismi des Sehens verbinden müssen.
§. 42.
Die Begriffe von Raum, Zeit, Dauer, Aus- dehnung, Ort etc. in so fern es schlechthin klare Begriffe sind, werden als eingebildete Begriffe, ideae imaginariae angesehen, und es ist allerdings schwer, nichts fremdes mit einzumengen, welches auf wirkliche Ungereimtheiten führt. Denn in dieser Ab- sicht mögen sie allerdings eingebildet oder unmög- lich heißen, wie man z. E. in der Algeber die Qua- dratwurzeln negativer Größen Quantitates imagina- rias oder impossibiles heißt. Wir können aber das eingebildete, in diesem Verstande genommen, von dem idealen unterscheiden, weil es unzählige ideale Verhältnisse giebt, die nicht in den Sachen selbst sind, und in so fern ist die ganze Geometrie ideal, in so fern wir darinn die Figuren für sich betrachten.
§. 43.
Auf diese Art sagt man in der Metaphysik, daß die Essentiae rerum oder die Wesen der Dinge ewig seyn, daß es ewige Wahrheiten gebe, daß die geo- metrischen Wahrheiten solche sind etc. Geht dieses an so wird es auch angehen, daß die Möglichkeit der
Din-
Lamb. Org. I. Band. H h
oder fuͤr ſich gedenkbaren Begriffen.
angeht, auf das Gefuͤhl reduciren. Hiezu aber wer- den denkende Weſen erfordert, denen das Sehen und Fuͤhlen gleich klare Begriffe von den Farben giebt, ungefehr wie wir durch Sehen und Fuͤhlen klare Be- griffe von Figuren und Bewegung haben, und das, was uns einer dieſer zween Sinnen davon vorſtellt, auf den andern reduciren koͤnnen. Uns aber giebt das Gefuͤhl keinen Begriff von Farben, und dieſes macht, daß wir den Begriff der Farben, in ſo fern es Farben ſind, fuͤr ſich a poſteriori nehmen, und ihn a poſteriori mit dem Begriffe des Mechaniſmi des Sehens verbinden muͤſſen.
§. 42.
Die Begriffe von Raum, Zeit, Dauer, Aus- dehnung, Ort ꝛc. in ſo fern es ſchlechthin klare Begriffe ſind, werden als eingebildete Begriffe, ideae imaginariae angeſehen, und es iſt allerdings ſchwer, nichts fremdes mit einzumengen, welches auf wirkliche Ungereimtheiten fuͤhrt. Denn in dieſer Ab- ſicht moͤgen ſie allerdings eingebildet oder unmoͤg- lich heißen, wie man z. E. in der Algeber die Qua- dratwurzeln negativer Groͤßen Quantitates imagina- rias oder impoſſibiles heißt. Wir koͤnnen aber das eingebildete, in dieſem Verſtande genommen, von dem idealen unterſcheiden, weil es unzaͤhlige ideale Verhaͤltniſſe giebt, die nicht in den Sachen ſelbſt ſind, und in ſo fern iſt die ganze Geometrie ideal, in ſo fern wir darinn die Figuren fuͤr ſich betrachten.
§. 43.
Auf dieſe Art ſagt man in der Metaphyſik, daß die Eſſentiae rerum oder die Weſen der Dinge ewig ſeyn, daß es ewige Wahrheiten gebe, daß die geo- metriſchen Wahrheiten ſolche ſind ꝛc. Geht dieſes an ſo wird es auch angehen, daß die Moͤglichkeit der
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oder fuͤr ſich gedenkbaren Begriffen.
angeht, auf das Gefuͤhl reduciren. Hiezu aber wer-
den denkende Weſen erfordert, denen das Sehen und
Fuͤhlen gleich klare Begriffe von den Farben giebt,
ungefehr wie wir durch Sehen und Fuͤhlen klare Be-
griffe von Figuren und Bewegung haben, und das,
was uns einer dieſer zween Sinnen davon vorſtellt,
auf den andern reduciren koͤnnen. Uns aber giebt
das Gefuͤhl keinen Begriff von Farben, und dieſes
macht, daß wir den Begriff der Farben, in ſo fern es
Farben ſind, fuͤr ſich a poſteriori nehmen, und ihn
a poſteriori mit dem Begriffe des Mechaniſmi des
Sehens verbinden muͤſſen.
§. 42.
Die Begriffe von Raum, Zeit, Dauer, Aus-
dehnung, Ort ꝛc. in ſo fern es ſchlechthin klare
Begriffe ſind, werden als eingebildete Begriffe,
ideae imaginariae angeſehen, und es iſt allerdings
ſchwer, nichts fremdes mit einzumengen, welches auf
wirkliche Ungereimtheiten fuͤhrt. Denn in dieſer Ab-
ſicht moͤgen ſie allerdings eingebildet oder unmoͤg-
lich heißen, wie man z. E. in der Algeber die Qua-
dratwurzeln negativer Groͤßen Quantitates imagina-
rias oder impoſſibiles heißt. Wir koͤnnen aber das
eingebildete, in dieſem Verſtande genommen, von
dem idealen unterſcheiden, weil es unzaͤhlige ideale
Verhaͤltniſſe giebt, die nicht in den Sachen ſelbſt ſind,
und in ſo fern iſt die ganze Geometrie ideal, in ſo
fern wir darinn die Figuren fuͤr ſich betrachten.
§. 43.
Auf dieſe Art ſagt man in der Metaphyſik, daß
die Eſſentiae rerum oder die Weſen der Dinge ewig
ſeyn, daß es ewige Wahrheiten gebe, daß die geo-
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an ſo wird es auch angehen, daß die Moͤglichkeit der
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 481. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/503>, abgerufen am 18.12.2024.
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