Die einfachen Begriffe haben daher am wenigsten nöthig definirt zu werden. Denn da sie keine innere Merkmaale haben, so können auch in der Definition keine angegeben werden. Folglich kann auch die De- finition nicht zur Entwicklung dessen, was sie in sich schließen, dienen. Sie taugt ferner auch nicht, um den Begriff kenntlich zu machen, weil derselbe schlech- terdings klar ist, und keine gemeinsame Merkmaale hat, und schlechthin durch die Empfindung erlangt werden muß. Daher kann das Wort höchstens nur durch Synonyma andern kenntlich gemacht werden, oder in Ermanglung derselben muß man anzeigen, wie man zur Empfindung der Sache gelangen könne. (Dianoiol. §. 698.) Will man aber durch Verhält- nisse definiren, so mag es bey einzelnen Stücken der wissenschaftlichen Erkenntniß angehen, aber im Gan- zen entstehen Zirkel im Definiren daraus, die sich so- dann nicht wohl vermeiden lassen. (Dianoiol. §. 682. seqq.)
§. 32.
Wenn wir nun die vorhin gefundenen einfachen Begriffe näher betrachten wollen, wiefern sie zur wissenschaftlichen Erkenntniß dienen, so entsteht erst- lich die Frage, wiefern sie als Subject oder als Prä- dicat vorkommen können? Es versteht sich für sich, daß hier von bejahenden und vornehmlich von allge- mein bejahenden Sätzen die Rede ist. Denn da einfache Begriffe nichts gemeinsames in sich haben, (§. 13.) so ist für sich klar, daß sich jeder von jeden andern verneinen lassen, und der Satz: Weiß ist nicht schwarz, ist gleichsam zum Sprüchwort und Maaßstab verneinender Sätze geworden. Und über- haupt giebt es nur dadurch verneinende Sätze, weil
man
I. Hauptſtuͤck, von den einfachen
§. 31.
Die einfachen Begriffe haben daher am wenigſten noͤthig definirt zu werden. Denn da ſie keine innere Merkmaale haben, ſo koͤnnen auch in der Definition keine angegeben werden. Folglich kann auch die De- finition nicht zur Entwicklung deſſen, was ſie in ſich ſchließen, dienen. Sie taugt ferner auch nicht, um den Begriff kenntlich zu machen, weil derſelbe ſchlech- terdings klar iſt, und keine gemeinſame Merkmaale hat, und ſchlechthin durch die Empfindung erlangt werden muß. Daher kann das Wort hoͤchſtens nur durch Synonyma andern kenntlich gemacht werden, oder in Ermanglung derſelben muß man anzeigen, wie man zur Empfindung der Sache gelangen koͤnne. (Dianoiol. §. 698.) Will man aber durch Verhaͤlt- niſſe definiren, ſo mag es bey einzelnen Stuͤcken der wiſſenſchaftlichen Erkenntniß angehen, aber im Gan- zen entſtehen Zirkel im Definiren daraus, die ſich ſo- dann nicht wohl vermeiden laſſen. (Dianoiol. §. 682. ſeqq.)
§. 32.
Wenn wir nun die vorhin gefundenen einfachen Begriffe naͤher betrachten wollen, wiefern ſie zur wiſſenſchaftlichen Erkenntniß dienen, ſo entſteht erſt- lich die Frage, wiefern ſie als Subject oder als Praͤ- dicat vorkommen koͤnnen? Es verſteht ſich fuͤr ſich, daß hier von bejahenden und vornehmlich von allge- mein bejahenden Saͤtzen die Rede iſt. Denn da einfache Begriffe nichts gemeinſames in ſich haben, (§. 13.) ſo iſt fuͤr ſich klar, daß ſich jeder von jeden andern verneinen laſſen, und der Satz: Weiß iſt nicht ſchwarz, iſt gleichſam zum Spruͤchwort und Maaßſtab verneinender Saͤtze geworden. Und uͤber- haupt giebt es nur dadurch verneinende Saͤtze, weil
man
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I. Hauptſtuͤck, von den einfachen
§. 31.
Die einfachen Begriffe haben daher am wenigſten
noͤthig definirt zu werden. Denn da ſie keine innere
Merkmaale haben, ſo koͤnnen auch in der Definition
keine angegeben werden. Folglich kann auch die De-
finition nicht zur Entwicklung deſſen, was ſie in ſich
ſchließen, dienen. Sie taugt ferner auch nicht, um
den Begriff kenntlich zu machen, weil derſelbe ſchlech-
terdings klar iſt, und keine gemeinſame Merkmaale
hat, und ſchlechthin durch die Empfindung erlangt
werden muß. Daher kann das Wort hoͤchſtens nur
durch Synonyma andern kenntlich gemacht werden,
oder in Ermanglung derſelben muß man anzeigen, wie
man zur Empfindung der Sache gelangen koͤnne.
(Dianoiol. §. 698.) Will man aber durch Verhaͤlt-
niſſe definiren, ſo mag es bey einzelnen Stuͤcken der
wiſſenſchaftlichen Erkenntniß angehen, aber im Gan-
zen entſtehen Zirkel im Definiren daraus, die ſich ſo-
dann nicht wohl vermeiden laſſen. (Dianoiol. §. 682.
ſeqq.)
§. 32.
Wenn wir nun die vorhin gefundenen einfachen
Begriffe naͤher betrachten wollen, wiefern ſie zur
wiſſenſchaftlichen Erkenntniß dienen, ſo entſteht erſt-
lich die Frage, wiefern ſie als Subject oder als Praͤ-
dicat vorkommen koͤnnen? Es verſteht ſich fuͤr ſich,
daß hier von bejahenden und vornehmlich von allge-
mein bejahenden Saͤtzen die Rede iſt. Denn da
einfache Begriffe nichts gemeinſames in ſich haben,
(§. 13.) ſo iſt fuͤr ſich klar, daß ſich jeder von jeden
andern verneinen laſſen, und der Satz: Weiß iſt
nicht ſchwarz, iſt gleichſam zum Spruͤchwort und
Maaßſtab verneinender Saͤtze geworden. Und uͤber-
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 474. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/496>, abgerufen am 25.11.2024.
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