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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

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von den Begriffen und Erklärungen.
Man kann die Eintheilung der Länder und Völker
auf der Erdfläche hieher rechnen, deren Aenderung
der historischen Geographie nach und nach eine andre
Gestalt giebt. Jst aber die Aenderung allgemeinen
und besonders periodischen Gesetzen unterworfen, so
hat es in Absicht auf den Begriff nichts zu sagen,
weil der Begriff der Abänderung mit demselben ver-
bunden wird. Man kann die Bewegungen der himm-
lischen Körper als Beyspiele hieher rechnen.

§. 34.

Endlich giebt es noch Fälle, wo nur die Bedeu-
tung des Worts sich ändert, und entweder einen en-
gern oder weitern Umfang bekömmt, oder gar viel-
deutig wird. Ein Wort gilt, was der gemeine Ge-
brauch zu reden mit sich bringt, und diesem lassen sich
wenig Schranken setzen, weil man nicht befehlen kann,
was ein Wort für eine Bedeutung haben solle. Man
muß und kann sie gelten lassen, so lange sie einen
richtigen Begriff vorstellen, und ist nur dann zu der
Aenderung befugt, wenn der Begriff unrichtig ist,
und da wird entweder Wort und Begriff der Ver-
gessenheit überlassen, wie es etwann den astrologischen
und vielen Wörtern der Schulphilosophie ergeht,
oder man giebt ihm die Bedeutung des verbesserten
Begriffes, wie man z. E. in dem copernicanischen
Weltbau den Namen Planet und die meisten Kunst-
Wörter der ptolemäischen Theorie beybehalten.

§. 35.

Laßt uns nun sehen was zu thun ist, wenn man den
Umfang eines allgemeinen Begriffes bestimmen will,
und was zu der Richtigkeit dieser Bestimmung erfor-
dert wird. Einmal muß man sich die Fälle be-
kannt machen, in welchen er vorkömmt, oder
wobey das Wort, so ihn ausdrückt, gebraucht

wird.
B 3

von den Begriffen und Erklaͤrungen.
Man kann die Eintheilung der Laͤnder und Voͤlker
auf der Erdflaͤche hieher rechnen, deren Aenderung
der hiſtoriſchen Geographie nach und nach eine andre
Geſtalt giebt. Jſt aber die Aenderung allgemeinen
und beſonders periodiſchen Geſetzen unterworfen, ſo
hat es in Abſicht auf den Begriff nichts zu ſagen,
weil der Begriff der Abaͤnderung mit demſelben ver-
bunden wird. Man kann die Bewegungen der himm-
liſchen Koͤrper als Beyſpiele hieher rechnen.

§. 34.

Endlich giebt es noch Faͤlle, wo nur die Bedeu-
tung des Worts ſich aͤndert, und entweder einen en-
gern oder weitern Umfang bekoͤmmt, oder gar viel-
deutig wird. Ein Wort gilt, was der gemeine Ge-
brauch zu reden mit ſich bringt, und dieſem laſſen ſich
wenig Schranken ſetzen, weil man nicht befehlen kann,
was ein Wort fuͤr eine Bedeutung haben ſolle. Man
muß und kann ſie gelten laſſen, ſo lange ſie einen
richtigen Begriff vorſtellen, und iſt nur dann zu der
Aenderung befugt, wenn der Begriff unrichtig iſt,
und da wird entweder Wort und Begriff der Ver-
geſſenheit uͤberlaſſen, wie es etwann den aſtrologiſchen
und vielen Woͤrtern der Schulphiloſophie ergeht,
oder man giebt ihm die Bedeutung des verbeſſerten
Begriffes, wie man z. E. in dem copernicaniſchen
Weltbau den Namen Planet und die meiſten Kunſt-
Woͤrter der ptolemaͤiſchen Theorie beybehalten.

§. 35.

Laßt uns nun ſehen was zu thun iſt, wenn man den
Umfang eines allgemeinen Begriffes beſtimmen will,
und was zu der Richtigkeit dieſer Beſtimmung erfor-
dert wird. Einmal muß man ſich die Faͤlle be-
kannt machen, in welchen er vorkoͤmmt, oder
wobey das Wort, ſo ihn ausdruͤckt, gebraucht

wird.
B 3
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[21/0043] von den Begriffen und Erklaͤrungen. Man kann die Eintheilung der Laͤnder und Voͤlker auf der Erdflaͤche hieher rechnen, deren Aenderung der hiſtoriſchen Geographie nach und nach eine andre Geſtalt giebt. Jſt aber die Aenderung allgemeinen und beſonders periodiſchen Geſetzen unterworfen, ſo hat es in Abſicht auf den Begriff nichts zu ſagen, weil der Begriff der Abaͤnderung mit demſelben ver- bunden wird. Man kann die Bewegungen der himm- liſchen Koͤrper als Beyſpiele hieher rechnen. §. 34. Endlich giebt es noch Faͤlle, wo nur die Bedeu- tung des Worts ſich aͤndert, und entweder einen en- gern oder weitern Umfang bekoͤmmt, oder gar viel- deutig wird. Ein Wort gilt, was der gemeine Ge- brauch zu reden mit ſich bringt, und dieſem laſſen ſich wenig Schranken ſetzen, weil man nicht befehlen kann, was ein Wort fuͤr eine Bedeutung haben ſolle. Man muß und kann ſie gelten laſſen, ſo lange ſie einen richtigen Begriff vorſtellen, und iſt nur dann zu der Aenderung befugt, wenn der Begriff unrichtig iſt, und da wird entweder Wort und Begriff der Ver- geſſenheit uͤberlaſſen, wie es etwann den aſtrologiſchen und vielen Woͤrtern der Schulphiloſophie ergeht, oder man giebt ihm die Bedeutung des verbeſſerten Begriffes, wie man z. E. in dem copernicaniſchen Weltbau den Namen Planet und die meiſten Kunſt- Woͤrter der ptolemaͤiſchen Theorie beybehalten. §. 35. Laßt uns nun ſehen was zu thun iſt, wenn man den Umfang eines allgemeinen Begriffes beſtimmen will, und was zu der Richtigkeit dieſer Beſtimmung erfor- dert wird. Einmal muß man ſich die Faͤlle be- kannt machen, in welchen er vorkoͤmmt, oder wobey das Wort, ſo ihn ausdruͤckt, gebraucht wird. B 3

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/43>, abgerufen am 27.11.2024.