Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.von der wissenschaftlichen Erkenntniß. dungen sind, fordert, daß man Muster von allenArten gesehen, und sich die Kunstwörter der Maler wohl bekannt gemacht habe, deren Vorrath auch der- malen noch vermehrt werden könnte. Die Nettig- keit der Bilder der Dinge, |die wir uns in Gedanken vor- stellen, die Empfindung, ob und wiefern sie noch nicht complet sind, den Dingen selbst genau zu ent- sprechen, besonders auch, die Empfindung, wiefern wir sie nett und complet mit Worten ausdrücken, fordert ähnliche Uebungen, und die Auswahl und Kenntniß der Gesichtspunkte, (§. 572.) aus welchen die Dinge am deutlichsten in die Sinne fallen, wird kürzer durch Beyspiele erlernt, weil uns vielleicht lebenlänglich nicht einfallen würde, daß eine Sache oder eine ganze Klasse von Sachen sich auch von dieser oder jener Seite betrachten lasse, und weil die Worte zu abstract sind, um jede Jndividualien aus- zudrücken. §. 622. Diese Betrachtungen dienen eigentlich nur, um ein- Lamb. Org. I. Band. C c
von der wiſſenſchaftlichen Erkenntniß. dungen ſind, fordert, daß man Muſter von allenArten geſehen, und ſich die Kunſtwoͤrter der Maler wohl bekannt gemacht habe, deren Vorrath auch der- malen noch vermehrt werden koͤnnte. Die Nettig- keit der Bilder der Dinge, |die wir uns in Gedanken vor- ſtellen, die Empfindung, ob und wiefern ſie noch nicht complet ſind, den Dingen ſelbſt genau zu ent- ſprechen, beſonders auch, die Empfindung, wiefern wir ſie nett und complet mit Worten ausdruͤcken, fordert aͤhnliche Uebungen, und die Auswahl und Kenntniß der Geſichtspunkte, (§. 572.) aus welchen die Dinge am deutlichſten in die Sinne fallen, wird kuͤrzer durch Beyſpiele erlernt, weil uns vielleicht lebenlaͤnglich nicht einfallen wuͤrde, daß eine Sache oder eine ganze Klaſſe von Sachen ſich auch von dieſer oder jener Seite betrachten laſſe, und weil die Worte zu abſtract ſind, um jede Jndividualien aus- zudruͤcken. §. 622. Dieſe Betrachtungen dienen eigentlich nur, um ein- Lamb. Org. I. Band. C c
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0423" n="401"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von der wiſſenſchaftlichen Erkenntniß.</hi></fw><lb/> dungen ſind, fordert, daß man Muſter von allen<lb/> Arten geſehen, und ſich die Kunſtwoͤrter der Maler<lb/> wohl bekannt gemacht habe, deren Vorrath auch der-<lb/> malen noch vermehrt werden koͤnnte. Die Nettig-<lb/> keit der Bilder der Dinge, |die wir uns in Gedanken vor-<lb/> ſtellen, die Empfindung, ob und wiefern ſie noch<lb/> nicht complet ſind, den Dingen ſelbſt genau zu ent-<lb/> ſprechen, beſonders auch, die Empfindung, wiefern<lb/> wir ſie nett und complet mit Worten ausdruͤcken,<lb/> fordert aͤhnliche Uebungen, und die Auswahl und<lb/> Kenntniß der Geſichtspunkte, (§. 572.) aus welchen<lb/> die Dinge am deutlichſten in die Sinne fallen, wird<lb/> kuͤrzer durch Beyſpiele erlernt, weil uns vielleicht<lb/> lebenlaͤnglich nicht einfallen wuͤrde, daß eine Sache<lb/> oder eine ganze Klaſſe von Sachen ſich auch von dieſer<lb/> oder jener Seite betrachten laſſe, und weil die<lb/> Worte zu abſtract ſind, um jede Jndividualien aus-<lb/> zudruͤcken.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 622.</head><lb/> <p>Dieſe Betrachtungen dienen eigentlich nur, um<lb/> gewiſſer Maaßen anzuzeigen, welche Geſchicklichkeiten<lb/> und Fertigkeiten man erlangen koͤnne, den Vorſchrif-<lb/> ten des §. 619. leichter und gluͤcklicher Genuͤgen zu<lb/> leiſten. Wir werden nun zu dieſen Vorſchriften zu-<lb/> ruͤck kehren, und uns erinnern, daß die Abſicht dabey<lb/> iſt, aus dem verwirrten Cahos eines Stuͤckes der<lb/> gemeinen oder hiſtoriſchen Erkenntniß, eine wiſſen-<lb/> ſchaftliche Erkenntniß herauszubringen, das will ſa-<lb/> gen, zu ſehen, wiefern die entwickelte oder ausein-<lb/> ander geleſene Theile dieſes Cahos uns beſtimmte<lb/> Begriffe und allgemeine Saͤtze angeben, und wie-<lb/> fern ſie von einander abhaͤngig ſind, und dieſe Ab-<lb/> haͤnglichkeit gefunden werden koͤnne. Jn dieſer Ab-<lb/> ſicht laſſen ſich nun die gegebenen Regeln (§. 619.)<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Lamb. Org. <hi rendition="#aq">I.</hi> Band. C c</fw><fw place="bottom" type="catch">ein-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [401/0423]
von der wiſſenſchaftlichen Erkenntniß.
dungen ſind, fordert, daß man Muſter von allen
Arten geſehen, und ſich die Kunſtwoͤrter der Maler
wohl bekannt gemacht habe, deren Vorrath auch der-
malen noch vermehrt werden koͤnnte. Die Nettig-
keit der Bilder der Dinge, |die wir uns in Gedanken vor-
ſtellen, die Empfindung, ob und wiefern ſie noch
nicht complet ſind, den Dingen ſelbſt genau zu ent-
ſprechen, beſonders auch, die Empfindung, wiefern
wir ſie nett und complet mit Worten ausdruͤcken,
fordert aͤhnliche Uebungen, und die Auswahl und
Kenntniß der Geſichtspunkte, (§. 572.) aus welchen
die Dinge am deutlichſten in die Sinne fallen, wird
kuͤrzer durch Beyſpiele erlernt, weil uns vielleicht
lebenlaͤnglich nicht einfallen wuͤrde, daß eine Sache
oder eine ganze Klaſſe von Sachen ſich auch von dieſer
oder jener Seite betrachten laſſe, und weil die
Worte zu abſtract ſind, um jede Jndividualien aus-
zudruͤcken.
§. 622.
Dieſe Betrachtungen dienen eigentlich nur, um
gewiſſer Maaßen anzuzeigen, welche Geſchicklichkeiten
und Fertigkeiten man erlangen koͤnne, den Vorſchrif-
ten des §. 619. leichter und gluͤcklicher Genuͤgen zu
leiſten. Wir werden nun zu dieſen Vorſchriften zu-
ruͤck kehren, und uns erinnern, daß die Abſicht dabey
iſt, aus dem verwirrten Cahos eines Stuͤckes der
gemeinen oder hiſtoriſchen Erkenntniß, eine wiſſen-
ſchaftliche Erkenntniß herauszubringen, das will ſa-
gen, zu ſehen, wiefern die entwickelte oder ausein-
ander geleſene Theile dieſes Cahos uns beſtimmte
Begriffe und allgemeine Saͤtze angeben, und wie-
fern ſie von einander abhaͤngig ſind, und dieſe Ab-
haͤnglichkeit gefunden werden koͤnne. Jn dieſer Ab-
ſicht laſſen ſich nun die gegebenen Regeln (§. 619.)
ein-
Lamb. Org. I. Band. C c
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |