Sinn komme, wo wir ihn zur Fortsetzung der Schlüsse und des Nachdenkens gebrauchen. Wozu besonders behülflich ist, daß man aufgeräumt und nicht mit andern Gedanken überhäuft sey, weil die stärkern Empfindungen die schwächern unterdrü- cken und verdunkeln, und daher verursachen, daß Sätze, die uns sonst leicht wiederum einfallen, und zur Fort- setzung der Schlüsse dienen könnten, uns nicht zu Sinne kommen, und folglich diese Fortsetzung auf ruhigere und aufgeräumtere Stunden muß verschoben bleiben.
Achtes Hauptstück. Von der Erfahrung.
§. 551.
Wir haben vorhin gesehen, daß sich die Erfahrung zu der Grundlage und Erweiterung unsrer Erkenntniß in vielen Stücken schlechthin nothwendig macht. (§. 535. 537. 543. 544. 547. 548.) Es bleibt demnach noch umständlicher zu sehen, wie sie dazu diene und gebraucht werden könne, und hier beut sich gleich ein vielfacher Unterschied unter den Erfah- rungen an, den wir auseinander setzen müssen, um die Sache von der Verwirrung frey zu machen.
§. 552.
Erfahren, heißt eine Sache mit Bewußtseyn empfinden, und zwar gehört zu diesem Bewußtseyn nicht nur die Vorstellung der empfundenen Sache, sondern auch die Vorstellung, daß es eine Empfin- dung sey. Das bekannte: Experto crede Roberto,
oder:
VIII. Hauptſtuͤck,
Sinn komme, wo wir ihn zur Fortſetzung der Schluͤſſe und des Nachdenkens gebrauchen. Wozu beſonders behuͤlflich iſt, daß man aufgeraͤumt und nicht mit andern Gedanken uͤberhaͤuft ſey, weil die ſtaͤrkern Empfindungen die ſchwaͤchern unterdruͤ- cken und verdunkeln, und daher verurſachen, daß Saͤtze, die uns ſonſt leicht wiederum einfallen, und zur Fort- ſetzung der Schluͤſſe dienen koͤnnten, uns nicht zu Sinne kommen, und folglich dieſe Fortſetzung auf ruhigere und aufgeraͤumtere Stunden muß verſchoben bleiben.
Achtes Hauptſtuͤck. Von der Erfahrung.
§. 551.
Wir haben vorhin geſehen, daß ſich die Erfahrung zu der Grundlage und Erweiterung unſrer Erkenntniß in vielen Stuͤcken ſchlechthin nothwendig macht. (§. 535. 537. 543. 544. 547. 548.) Es bleibt demnach noch umſtaͤndlicher zu ſehen, wie ſie dazu diene und gebraucht werden koͤnne, und hier beut ſich gleich ein vielfacher Unterſchied unter den Erfah- rungen an, den wir auseinander ſetzen muͤſſen, um die Sache von der Verwirrung frey zu machen.
§. 552.
Erfahren, heißt eine Sache mit Bewußtſeyn empfinden, und zwar gehoͤrt zu dieſem Bewußtſeyn nicht nur die Vorſtellung der empfundenen Sache, ſondern auch die Vorſtellung, daß es eine Empfin- dung ſey. Das bekannte: Experto crede Roberto,
oder:
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0370"n="348"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">VIII.</hi> Hauptſtuͤck,</hi></fw><lb/><hirendition="#fr">Sinn komme, wo wir ihn zur Fortſetzung der<lb/>
Schluͤſſe und des Nachdenkens gebrauchen.</hi><lb/>
Wozu beſonders behuͤlflich iſt, daß man aufgeraͤumt<lb/>
und nicht mit andern Gedanken uͤberhaͤuft ſey, weil<lb/>
die ſtaͤrkern Empfindungen die ſchwaͤchern unterdruͤ-<lb/>
cken und verdunkeln, und daher verurſachen, daß Saͤtze,<lb/>
die uns ſonſt leicht wiederum einfallen, und zur Fort-<lb/>ſetzung der Schluͤſſe dienen koͤnnten, uns nicht zu<lb/>
Sinne kommen, und folglich dieſe Fortſetzung auf<lb/>
ruhigere und aufgeraͤumtere Stunden muß verſchoben<lb/>
bleiben.</p></div></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Achtes Hauptſtuͤck.<lb/><hirendition="#g">Von der Erfahrung</hi>.</hi></head><lb/><divn="3"><head>§. 551.</head><lb/><p><hirendition="#in">W</hi>ir haben vorhin geſehen, daß ſich die Erfahrung<lb/>
zu der Grundlage und Erweiterung unſrer<lb/>
Erkenntniß in vielen Stuͤcken ſchlechthin nothwendig<lb/>
macht. (§. 535. 537. 543. 544. 547. 548.) Es<lb/>
bleibt demnach noch umſtaͤndlicher zu ſehen, wie ſie<lb/>
dazu diene und gebraucht werden koͤnne, und hier beut<lb/>ſich gleich ein vielfacher Unterſchied unter den Erfah-<lb/>
rungen an, den wir auseinander ſetzen muͤſſen, um die<lb/>
Sache von der Verwirrung frey zu machen.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 552.</head><lb/><p><hirendition="#fr">Erfahren,</hi> heißt eine Sache mit Bewußtſeyn<lb/>
empfinden, und zwar gehoͤrt zu dieſem Bewußtſeyn<lb/>
nicht nur die Vorſtellung der empfundenen Sache,<lb/>ſondern auch die Vorſtellung, daß es eine <hirendition="#fr">Empfin-<lb/>
dung</hi>ſey. Das bekannte: <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Experto crede Roberto,</hi></hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch">oder:</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[348/0370]
VIII. Hauptſtuͤck,
Sinn komme, wo wir ihn zur Fortſetzung der
Schluͤſſe und des Nachdenkens gebrauchen.
Wozu beſonders behuͤlflich iſt, daß man aufgeraͤumt
und nicht mit andern Gedanken uͤberhaͤuft ſey, weil
die ſtaͤrkern Empfindungen die ſchwaͤchern unterdruͤ-
cken und verdunkeln, und daher verurſachen, daß Saͤtze,
die uns ſonſt leicht wiederum einfallen, und zur Fort-
ſetzung der Schluͤſſe dienen koͤnnten, uns nicht zu
Sinne kommen, und folglich dieſe Fortſetzung auf
ruhigere und aufgeraͤumtere Stunden muß verſchoben
bleiben.
Achtes Hauptſtuͤck.
Von der Erfahrung.
§. 551.
Wir haben vorhin geſehen, daß ſich die Erfahrung
zu der Grundlage und Erweiterung unſrer
Erkenntniß in vielen Stuͤcken ſchlechthin nothwendig
macht. (§. 535. 537. 543. 544. 547. 548.) Es
bleibt demnach noch umſtaͤndlicher zu ſehen, wie ſie
dazu diene und gebraucht werden koͤnne, und hier beut
ſich gleich ein vielfacher Unterſchied unter den Erfah-
rungen an, den wir auseinander ſetzen muͤſſen, um die
Sache von der Verwirrung frey zu machen.
§. 552.
Erfahren, heißt eine Sache mit Bewußtſeyn
empfinden, und zwar gehoͤrt zu dieſem Bewußtſeyn
nicht nur die Vorſtellung der empfundenen Sache,
ſondern auch die Vorſtellung, daß es eine Empfin-
dung ſey. Das bekannte: Experto crede Roberto,
oder:
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/370>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.