Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.VII. Hauptstück, ganz bestimmt, weil es von den Datis ganz abhängt.Dieses zieht öfters die Folge nach sich, daß man zu einem Quaesito, so unbestimmt bleiben soll, nicht nur einige Data unbestimmt läßt, sondern die- sen zu gefallen auch die übrigen auf eine be- sondere Art bestimmen muß. Jn der Analytik bedienen sich die Mathematiker dieses Umstandes auf verschiedene Art, und besonders zur Bestimmung der Cöfficienten der Gleichungen und unendlichen Reihen, und wo die Bedingungen allgemeiner Ver- hältnisse zu finden, welche in einer für einen specialen Fall herausgebrachten Gleichung verborgen liegen. Denn wenn in einer Gleichung nur eine Größe ver- änderlich ist, so werden die Cöfficienten der Glieder derselben =0 gesetzt, und dadurch wird der Fall bestimmt, wo zwischen den Datis und Quaesitis ein allgemeines Verhältniß statt findet. §. 526. Es kommen aber auch im gemeinen Leben Fälle durch-
VII. Hauptſtuͤck, ganz beſtimmt, weil es von den Datis ganz abhaͤngt.Dieſes zieht oͤfters die Folge nach ſich, daß man zu einem Quaeſito, ſo unbeſtimmt bleiben ſoll, nicht nur einige Data unbeſtimmt laͤßt, ſondern die- ſen zu gefallen auch die uͤbrigen auf eine be- ſondere Art beſtimmen muß. Jn der Analytik bedienen ſich die Mathematiker dieſes Umſtandes auf verſchiedene Art, und beſonders zur Beſtimmung der Coͤfficienten der Gleichungen und unendlichen Reihen, und wo die Bedingungen allgemeiner Ver- haͤltniſſe zu finden, welche in einer fuͤr einen ſpecialen Fall herausgebrachten Gleichung verborgen liegen. Denn wenn in einer Gleichung nur eine Groͤße ver- aͤnderlich iſt, ſo werden die Coͤfficienten der Glieder derſelben =0 geſetzt, und dadurch wird der Fall beſtimmt, wo zwiſchen den Datis und Quaeſitis ein allgemeines Verhaͤltniß ſtatt findet. §. 526. Es kommen aber auch im gemeinen Leben Faͤlle durch-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0356" n="334"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">VII.</hi> Hauptſtuͤck,</hi></fw><lb/> ganz beſtimmt, weil es von den <hi rendition="#aq">Datis</hi> ganz abhaͤngt.<lb/> Dieſes zieht oͤfters die Folge nach ſich, <hi rendition="#fr">daß man zu<lb/> einem</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Quaeſito</hi>,</hi> <hi rendition="#fr">ſo unbeſtimmt bleiben ſoll, nicht<lb/> nur einige</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Data</hi></hi> <hi rendition="#fr">unbeſtimmt laͤßt, ſondern die-<lb/> ſen zu gefallen auch die uͤbrigen auf eine be-<lb/> ſondere Art beſtimmen muß.</hi> Jn der Analytik<lb/> bedienen ſich die Mathematiker dieſes Umſtandes auf<lb/> verſchiedene Art, und beſonders zur Beſtimmung<lb/> der Coͤfficienten der Gleichungen und unendlichen<lb/> Reihen, und wo die Bedingungen allgemeiner Ver-<lb/> haͤltniſſe zu finden, welche in einer fuͤr einen ſpecialen<lb/> Fall herausgebrachten Gleichung verborgen liegen.<lb/> Denn wenn in einer Gleichung nur eine Groͤße ver-<lb/> aͤnderlich iſt, ſo werden die Coͤfficienten der Glieder<lb/> derſelben =0 geſetzt, und dadurch wird der Fall<lb/> beſtimmt, wo zwiſchen den <hi rendition="#aq">Datis</hi> und <hi rendition="#aq">Quaeſitis</hi> ein<lb/> allgemeines Verhaͤltniß ſtatt findet.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 526.</head><lb/> <p>Es kommen aber auch im gemeinen Leben Faͤlle<lb/> vor, wobey der erſtgegebene Satz gebraucht wird.<lb/> Beſonders ſind die meiſten kuͤnftigen Umſtaͤnde und<lb/> Vorfallenheiten von der Art, daß, weil wir nicht<lb/> immer vorherſehen koͤnnen, wie ſie ausfallen werden,<lb/> wir ſie eben ſo anſehen muͤſſen, als wenn ſie unbe-<lb/> ſtimmt waͤren. Die Redensart, <hi rendition="#fr">ſich auf alle Faͤl-<lb/> le gefaßt machen,</hi> heißt demnach eben ſo viel, als<lb/> ſeine Entſchließungen nur in ſofern beſtimmen, daß,<lb/> was auch daraus wirklich erfolge, man zu fernern<lb/> Beſtimmungen die Freyheit behalte. Dieſes geht<lb/> nun deſto eher an, je leichter ſich die moͤglichen Faͤlle<lb/> durch eine richtige Combination beſtimmen und ab-<lb/> zaͤhlen laſſen, weil eine geringere Anzahl derſelben das<lb/> Unbeſtimmte naͤher einſchraͤnkt. Was hiebey auf die<lb/> Hauptſache, deren moͤgliche Veraͤnderungen man<lb/> <fw place="bottom" type="catch">durch-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [334/0356]
VII. Hauptſtuͤck,
ganz beſtimmt, weil es von den Datis ganz abhaͤngt.
Dieſes zieht oͤfters die Folge nach ſich, daß man zu
einem Quaeſito, ſo unbeſtimmt bleiben ſoll, nicht
nur einige Data unbeſtimmt laͤßt, ſondern die-
ſen zu gefallen auch die uͤbrigen auf eine be-
ſondere Art beſtimmen muß. Jn der Analytik
bedienen ſich die Mathematiker dieſes Umſtandes auf
verſchiedene Art, und beſonders zur Beſtimmung
der Coͤfficienten der Gleichungen und unendlichen
Reihen, und wo die Bedingungen allgemeiner Ver-
haͤltniſſe zu finden, welche in einer fuͤr einen ſpecialen
Fall herausgebrachten Gleichung verborgen liegen.
Denn wenn in einer Gleichung nur eine Groͤße ver-
aͤnderlich iſt, ſo werden die Coͤfficienten der Glieder
derſelben =0 geſetzt, und dadurch wird der Fall
beſtimmt, wo zwiſchen den Datis und Quaeſitis ein
allgemeines Verhaͤltniß ſtatt findet.
§. 526.
Es kommen aber auch im gemeinen Leben Faͤlle
vor, wobey der erſtgegebene Satz gebraucht wird.
Beſonders ſind die meiſten kuͤnftigen Umſtaͤnde und
Vorfallenheiten von der Art, daß, weil wir nicht
immer vorherſehen koͤnnen, wie ſie ausfallen werden,
wir ſie eben ſo anſehen muͤſſen, als wenn ſie unbe-
ſtimmt waͤren. Die Redensart, ſich auf alle Faͤl-
le gefaßt machen, heißt demnach eben ſo viel, als
ſeine Entſchließungen nur in ſofern beſtimmen, daß,
was auch daraus wirklich erfolge, man zu fernern
Beſtimmungen die Freyheit behalte. Dieſes geht
nun deſto eher an, je leichter ſich die moͤglichen Faͤlle
durch eine richtige Combination beſtimmen und ab-
zaͤhlen laſſen, weil eine geringere Anzahl derſelben das
Unbeſtimmte naͤher einſchraͤnkt. Was hiebey auf die
Hauptſache, deren moͤgliche Veraͤnderungen man
durch-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |