dem Euclidischen ähnlicher werde. Es ist folgender:
Wenn der Schlußsatz eines Schlusses in Barbara
M ist B
A ist M
A ist B
identisch ist: so ist auch der Untersatz identisch. Beweis: Man setze, er sey nicht identisch, so läßt er sich nicht umkehren. Da aber dieses mit dem Schlußsatze angeht (vermöge der Be- dingung) so gilt folgender Schluß:
A ist M
B ist A
B ist M.
Demnach läßt sich der Obersatz umkehren. Folg- lich da in dem Schlußsatze A und B, in dem Obersatze M und B Wechse lbegriffe sind, so sind auch A und M Wechselbegriffe. Nun ist A das Subject, B das Prädicat des Untersa- tzes: A ist M, folglich läßt sich dieser Satz um- kehren, und ist demnach identisch.
§. 392.
Jn diesem Beweise scheint nun, wie in dem Eu- clidischen, aus einem falschen Satze ein wahrer zu folgen. Allein diese Folge ist auch nur scheinbar, weil man den umgekehrten Satz, den der Gegner nicht einräumt, und so auch dessen Gegentheil, wel- ches der Satz:
Etliche M sind nicht A
gewesen wäre, zu dem Beweise gar nicht gebraucht, sondern nur den directen Satz:
Alle A sind B
dazu annimmt, den der Gegner noch gelten läßt. Man wird auch aus dem oben (§. 372.) gegebenen directen Beweise sehen, daß sich die Jdentität eines
jeden
VI. Hauptſtuͤck,
dem Euclidiſchen aͤhnlicher werde. Es iſt folgender:
Wenn der Schlußſatz eines Schluſſes in Barbara
M iſt B
A iſt M
A iſt B
identiſch iſt: ſo iſt auch der Unterſatz identiſch. Beweis: Man ſetze, er ſey nicht identiſch, ſo laͤßt er ſich nicht umkehren. Da aber dieſes mit dem Schlußſatze angeht (vermoͤge der Be- dingung) ſo gilt folgender Schluß:
A iſt M
B iſt A
B iſt M.
Demnach laͤßt ſich der Oberſatz umkehren. Folg- lich da in dem Schlußſatze A und B, in dem Oberſatze M und B Wechſe lbegriffe ſind, ſo ſind auch A und M Wechſelbegriffe. Nun iſt A das Subject, B das Praͤdicat des Unterſa- tzes: A iſt M, folglich laͤßt ſich dieſer Satz um- kehren, und iſt demnach identiſch.
§. 392.
Jn dieſem Beweiſe ſcheint nun, wie in dem Eu- clidiſchen, aus einem falſchen Satze ein wahrer zu folgen. Allein dieſe Folge iſt auch nur ſcheinbar, weil man den umgekehrten Satz, den der Gegner nicht einraͤumt, und ſo auch deſſen Gegentheil, wel- ches der Satz:
Etliche M ſind nicht A
geweſen waͤre, zu dem Beweiſe gar nicht gebraucht, ſondern nur den directen Satz:
Alle A ſind B
dazu annimmt, den der Gegner noch gelten laͤßt. Man wird auch aus dem oben (§. 372.) gegebenen directen Beweiſe ſehen, daß ſich die Jdentitaͤt eines
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VI. Hauptſtuͤck,
dem Euclidiſchen aͤhnlicher werde. Es iſt folgender:
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A iſt M
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identiſch iſt: ſo iſt auch der Unterſatz identiſch.
Beweis: Man ſetze, er ſey nicht identiſch, ſo
laͤßt er ſich nicht umkehren. Da aber dieſes
mit dem Schlußſatze angeht (vermoͤge der Be-
dingung) ſo gilt folgender Schluß:
A iſt M
B iſt A
B iſt M.
Demnach laͤßt ſich der Oberſatz umkehren. Folg-
lich da in dem Schlußſatze A und B, in dem
Oberſatze M und B Wechſe lbegriffe ſind, ſo
ſind auch A und M Wechſelbegriffe. Nun iſt
A das Subject, B das Praͤdicat des Unterſa-
tzes: A iſt M, folglich laͤßt ſich dieſer Satz um-
kehren, und iſt demnach identiſch.
§. 392.
Jn dieſem Beweiſe ſcheint nun, wie in dem Eu-
clidiſchen, aus einem falſchen Satze ein wahrer zu
folgen. Allein dieſe Folge iſt auch nur ſcheinbar,
weil man den umgekehrten Satz, den der Gegner
nicht einraͤumt, und ſo auch deſſen Gegentheil, wel-
ches der Satz:
Etliche M ſind nicht A
geweſen waͤre, zu dem Beweiſe gar nicht gebraucht,
ſondern nur den directen Satz:
Alle A ſind B
dazu annimmt, den der Gegner noch gelten laͤßt.
Man wird auch aus dem oben (§. 372.) gegebenen
directen Beweiſe ſehen, daß ſich die Jdentitaͤt eines
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/278>, abgerufen am 24.11.2024.
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