Geht das erstere an, so ist letzteres bald erörtert. Man leite mit Zuziehung richtiger Sätze und in rich- tiger Form aus einem Satze A sein Gegentheil nicht--A her. Wäre nun A wahr, so müßte noth- wendig auch nicht--A wahr seyn, (§. 248.) folglich wären widersprechende Sätze zugleich wahr. Da nun dieses ungereimt ist; so folgt, daß der Satz A nicht wahr seyn könne. Da nun von zween widersprechen- den Sätzen nothwendig der eine wahr der andre falsch ist, (§. 144.) so folgt, daß der Satz nicht--A wahr seyn müsse. Wenn man demnach aus einem Satze mit Zuziehung wahrer Sätze und in richtiger Form sein Gegentheil herleiten kann, so ist der Satz selbsten falsch, das Gegentheil aber wahr.
§. 383.
Die Frage kömmt demnach nur auf die Möglich- keit der Bedingung an, ob man nämlich aus ei- nem Satze mit Zuziehung wahrer Sätze und in richtiger Form sein Gegentheil herleiten könne. Soll diese Frage können bejaht werden, so muß man es durch Schlüße der ersten oder dritten Figur, das will sagen, aus Gründen oder aus Beyspielen be- weisen. (§. 232.) Wir wollen beydes versuchen.
§. 384.
Man setze die Schlußkette (§. 322.)
A ist B.
B ist C.
C ist D.
D ist nicht B.
so wird nach richtiger Form daraus folgen, daß A nicht B sey, und dieses wird den ersten Satz der Schlußkette: A ist B, umstoßen. Demnach lassen sich allerdings Formen gedenken, die der Bedingung
unsrer
Q 5
von den Beweiſen.
§. 382.
Geht das erſtere an, ſo iſt letzteres bald eroͤrtert. Man leite mit Zuziehung richtiger Saͤtze und in rich- tiger Form aus einem Satze A ſein Gegentheil nicht—A her. Waͤre nun A wahr, ſo muͤßte noth- wendig auch nicht—A wahr ſeyn, (§. 248.) folglich waͤren widerſprechende Saͤtze zugleich wahr. Da nun dieſes ungereimt iſt; ſo folgt, daß der Satz A nicht wahr ſeyn koͤnne. Da nun von zween widerſprechen- den Saͤtzen nothwendig der eine wahr der andre falſch iſt, (§. 144.) ſo folgt, daß der Satz nicht—A wahr ſeyn muͤſſe. Wenn man demnach aus einem Satze mit Zuziehung wahrer Saͤtze und in richtiger Form ſein Gegentheil herleiten kann, ſo iſt der Satz ſelbſten falſch, das Gegentheil aber wahr.
§. 383.
Die Frage koͤmmt demnach nur auf die Moͤglich- keit der Bedingung an, ob man naͤmlich aus ei- nem Satze mit Zuziehung wahrer Saͤtze und in richtiger Form ſein Gegentheil herleiten koͤnne. Soll dieſe Frage koͤnnen bejaht werden, ſo muß man es durch Schluͤße der erſten oder dritten Figur, das will ſagen, aus Gruͤnden oder aus Beyſpielen be- weiſen. (§. 232.) Wir wollen beydes verſuchen.
§. 384.
Man ſetze die Schlußkette (§. 322.)
A iſt B.
B iſt C.
C iſt D.
D iſt nicht B.
ſo wird nach richtiger Form daraus folgen, daß A nicht B ſey, und dieſes wird den erſten Satz der Schlußkette: A iſt B, umſtoßen. Demnach laſſen ſich allerdings Formen gedenken, die der Bedingung
unſrer
Q 5
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von den Beweiſen.
§. 382.
Geht das erſtere an, ſo iſt letzteres bald eroͤrtert.
Man leite mit Zuziehung richtiger Saͤtze und in rich-
tiger Form aus einem Satze A ſein Gegentheil
nicht—A her. Waͤre nun A wahr, ſo muͤßte noth-
wendig auch nicht—A wahr ſeyn, (§. 248.) folglich
waͤren widerſprechende Saͤtze zugleich wahr. Da nun
dieſes ungereimt iſt; ſo folgt, daß der Satz A nicht
wahr ſeyn koͤnne. Da nun von zween widerſprechen-
den Saͤtzen nothwendig der eine wahr der andre falſch
iſt, (§. 144.) ſo folgt, daß der Satz nicht—A wahr
ſeyn muͤſſe. Wenn man demnach aus einem Satze
mit Zuziehung wahrer Saͤtze und in richtiger Form
ſein Gegentheil herleiten kann, ſo iſt der Satz ſelbſten
falſch, das Gegentheil aber wahr.
§. 383.
Die Frage koͤmmt demnach nur auf die Moͤglich-
keit der Bedingung an, ob man naͤmlich aus ei-
nem Satze mit Zuziehung wahrer Saͤtze und in
richtiger Form ſein Gegentheil herleiten koͤnne.
Soll dieſe Frage koͤnnen bejaht werden, ſo muß man
es durch Schluͤße der erſten oder dritten Figur, das
will ſagen, aus Gruͤnden oder aus Beyſpielen be-
weiſen. (§. 232.) Wir wollen beydes verſuchen.
§. 384.
Man ſetze die Schlußkette (§. 322.)
A iſt B.
B iſt C.
C iſt D.
D iſt nicht B.
ſo wird nach richtiger Form daraus folgen, daß A
nicht B ſey, und dieſes wird den erſten Satz der
Schlußkette: A iſt B, umſtoßen. Demnach laſſen
ſich allerdings Formen gedenken, die der Bedingung
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/271>, abgerufen am 24.11.2024.
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