Ungeachtet man nun im letzten Fall nur die Bedin- gung umstößt, wenn man das Gegentheil der Aus- sage annimmt, im erstern aber eine bereits ausge- machte Wahrheit; so wird doch auch im ersten Fall die Bedingung mit umgestoßen. (§. 269 seqq.) Denn es sey der Satz:
Wenn A, B ist, so ist C, D.
wahr, so ist auch der Satz:
Wenn C nicht D ist: so ist auch A nicht B.
nothwendig wahr. Sagt man nein, so wird sich folgender Schluß machen lassen:
Wenn C nicht D ist: so ist A, B.
Aber wenn A, B ist, so ist C, D.
Folglich wenn C nicht D ist: so ist C, D.
Nun ist der Schlußsatz ungereimt, der Untersatz zuge- geben, folglich der Obersatz falsch, und demnach läßt sich der Satz:
Wenn C nicht D ist: so ist A nicht B.
nicht umstoßen. Demnach, wenn die Aussage eines bedingten Satzes geläugnet wird, so wird auch die Bedingung geläugnet.
§. 367.
Hieraus folgt, daß sich der erste Fall (§. 364.) in den zweyten (§. 365.) überhaupt betrachtet, ver- wandeln lasse, indem man nämlich den apogogischen Beweis so einrichtet, daß die Folge, die man aus dem Gegentheil der Aussage zieht, und welche im ersten Fall einer ausgemachten Wahrheit widerspricht, so gezogen werde, daß sie der Bedingung widerspreche. Es hebt aber die Möglichkeit dieser Verwandlung den Unterschied der beyden Fälle (§. 364. 365.) nicht auf, weil jeder derselben, eben so wie alle Schlußarten in besondern Umständen natürlicher und ungezwungener gebraucht werden kann. Der Unterschied zwischen
beyden
von den Beweiſen.
§. 366.
Ungeachtet man nun im letzten Fall nur die Bedin- gung umſtoͤßt, wenn man das Gegentheil der Aus- ſage annimmt, im erſtern aber eine bereits ausge- machte Wahrheit; ſo wird doch auch im erſten Fall die Bedingung mit umgeſtoßen. (§. 269 ſeqq.) Denn es ſey der Satz:
Wenn A, B iſt, ſo iſt C, D.
wahr, ſo iſt auch der Satz:
Wenn C nicht D iſt: ſo iſt auch A nicht B.
nothwendig wahr. Sagt man nein, ſo wird ſich folgender Schluß machen laſſen:
Wenn C nicht D iſt: ſo iſt A, B.
Aber wenn A, B iſt, ſo iſt C, D.
Folglich wenn C nicht D iſt: ſo iſt C, D.
Nun iſt der Schlußſatz ungereimt, der Unterſatz zuge- geben, folglich der Oberſatz falſch, und demnach laͤßt ſich der Satz:
Wenn C nicht D iſt: ſo iſt A nicht B.
nicht umſtoßen. Demnach, wenn die Ausſage eines bedingten Satzes gelaͤugnet wird, ſo wird auch die Bedingung gelaͤugnet.
§. 367.
Hieraus folgt, daß ſich der erſte Fall (§. 364.) in den zweyten (§. 365.) uͤberhaupt betrachtet, ver- wandeln laſſe, indem man naͤmlich den apogogiſchen Beweis ſo einrichtet, daß die Folge, die man aus dem Gegentheil der Ausſage zieht, und welche im erſten Fall einer ausgemachten Wahrheit widerſpricht, ſo gezogen werde, daß ſie der Bedingung widerſpreche. Es hebt aber die Moͤglichkeit dieſer Verwandlung den Unterſchied der beyden Faͤlle (§. 364. 365.) nicht auf, weil jeder derſelben, eben ſo wie alle Schlußarten in beſondern Umſtaͤnden natuͤrlicher und ungezwungener gebraucht werden kann. Der Unterſchied zwiſchen
beyden
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0259"n="237"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">von den Beweiſen.</hi></fw><lb/><divn="3"><head>§. 366.</head><lb/><p>Ungeachtet man nun im letzten Fall nur die Bedin-<lb/>
gung umſtoͤßt, wenn man das Gegentheil der Aus-<lb/>ſage annimmt, im erſtern aber eine bereits ausge-<lb/>
machte Wahrheit; ſo wird doch auch im erſten Fall<lb/>
die Bedingung mit umgeſtoßen. (§. 269 ſeqq.) Denn<lb/>
es ſey der Satz:</p><lb/><list><item>Wenn <hirendition="#aq">A, B</hi> iſt, ſo iſt <hirendition="#aq">C, D.</hi></item></list><lb/><p>wahr, ſo iſt auch der Satz:</p><lb/><list><item>Wenn <hirendition="#aq">C</hi> nicht <hirendition="#aq">D</hi> iſt: ſo iſt auch <hirendition="#aq">A</hi> nicht <hirendition="#aq">B.</hi></item></list><lb/><p>nothwendig wahr. Sagt man nein, ſo wird ſich<lb/>
folgender Schluß machen laſſen:</p><lb/><list><item>Wenn <hirendition="#aq">C</hi> nicht <hirendition="#aq">D</hi> iſt: ſo iſt <hirendition="#aq">A, B.</hi></item><lb/><item>Aber wenn <hirendition="#aq">A, B</hi> iſt, ſo iſt <hirendition="#aq">C, D.</hi></item><lb/><item>Folglich wenn <hirendition="#aq">C</hi> nicht <hirendition="#aq">D</hi> iſt: ſo iſt <hirendition="#aq">C, D.</hi></item></list><lb/><p>Nun iſt der Schlußſatz ungereimt, der Unterſatz zuge-<lb/>
geben, folglich der Oberſatz falſch, und demnach laͤßt<lb/>ſich der Satz:</p><lb/><list><item>Wenn <hirendition="#aq">C</hi> nicht <hirendition="#aq">D</hi> iſt: ſo iſt <hirendition="#aq">A</hi> nicht <hirendition="#aq">B.</hi></item></list><lb/><p>nicht umſtoßen. Demnach, wenn die Ausſage eines<lb/>
bedingten Satzes gelaͤugnet wird, ſo wird auch die<lb/>
Bedingung gelaͤugnet.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 367.</head><lb/><p>Hieraus folgt, daß ſich der erſte Fall (§. 364.)<lb/>
in den zweyten (§. 365.) uͤberhaupt betrachtet, ver-<lb/>
wandeln laſſe, indem man naͤmlich den apogogiſchen<lb/>
Beweis ſo einrichtet, daß die Folge, die man aus dem<lb/>
Gegentheil der Ausſage zieht, und welche im erſten<lb/>
Fall einer ausgemachten Wahrheit widerſpricht, ſo<lb/>
gezogen werde, daß ſie der Bedingung widerſpreche.<lb/>
Es hebt aber die Moͤglichkeit dieſer Verwandlung den<lb/>
Unterſchied der beyden Faͤlle (§. 364. 365.) nicht auf,<lb/>
weil jeder derſelben, eben ſo wie alle Schlußarten in<lb/>
beſondern Umſtaͤnden natuͤrlicher und ungezwungener<lb/>
gebraucht werden kann. Der Unterſchied zwiſchen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">beyden</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[237/0259]
von den Beweiſen.
§. 366.
Ungeachtet man nun im letzten Fall nur die Bedin-
gung umſtoͤßt, wenn man das Gegentheil der Aus-
ſage annimmt, im erſtern aber eine bereits ausge-
machte Wahrheit; ſo wird doch auch im erſten Fall
die Bedingung mit umgeſtoßen. (§. 269 ſeqq.) Denn
es ſey der Satz:
Wenn A, B iſt, ſo iſt C, D.
wahr, ſo iſt auch der Satz:
Wenn C nicht D iſt: ſo iſt auch A nicht B.
nothwendig wahr. Sagt man nein, ſo wird ſich
folgender Schluß machen laſſen:
Wenn C nicht D iſt: ſo iſt A, B.
Aber wenn A, B iſt, ſo iſt C, D.
Folglich wenn C nicht D iſt: ſo iſt C, D.
Nun iſt der Schlußſatz ungereimt, der Unterſatz zuge-
geben, folglich der Oberſatz falſch, und demnach laͤßt
ſich der Satz:
Wenn C nicht D iſt: ſo iſt A nicht B.
nicht umſtoßen. Demnach, wenn die Ausſage eines
bedingten Satzes gelaͤugnet wird, ſo wird auch die
Bedingung gelaͤugnet.
§. 367.
Hieraus folgt, daß ſich der erſte Fall (§. 364.)
in den zweyten (§. 365.) uͤberhaupt betrachtet, ver-
wandeln laſſe, indem man naͤmlich den apogogiſchen
Beweis ſo einrichtet, daß die Folge, die man aus dem
Gegentheil der Ausſage zieht, und welche im erſten
Fall einer ausgemachten Wahrheit widerſpricht, ſo
gezogen werde, daß ſie der Bedingung widerſpreche.
Es hebt aber die Moͤglichkeit dieſer Verwandlung den
Unterſchied der beyden Faͤlle (§. 364. 365.) nicht auf,
weil jeder derſelben, eben ſo wie alle Schlußarten in
beſondern Umſtaͤnden natuͤrlicher und ungezwungener
gebraucht werden kann. Der Unterſchied zwiſchen
beyden
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/259>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.