Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite
von den einfachen Schlüssen.
§. 240.

Man ist aus gleichen Gründen schon längst darauf
verfallen, solche Sätze, deren Subject ein Indiuiduum
ist, den allgemeinen Sätzen gleich zu achten, weil
man sie in Schlüssen eben so gut gebrauchen kann.
Solche Subjecte sind in der dritten Figur im eigent-
lichsten Verstande Beyspiele, weil sie ganz individual
sind. Und wenn man Indiuidua von einander unter-
scheiden solle, so gebraucht man die zweyte Figur, weil
in diesen beyden Fällen die erste Figur sehr unnatür-
lich und ungewöhnlich ist. (§. 230.) Die Jndivi-
dualsätze sind überdies noch ungleich bestimmter, als
allgemeine Sätze. Unsre Zeichnungsart fordert, daß
ein Indiuiduum durch einen Punkt vorgestellt werde.
(§. 176.) Daher fällt das Unbestimmte ganz weg,
welches wir bey der Zeichnung allgemeiner Sätze noch
lassen müssen. (§. 179 seqq.)

§. 241.

Es kann ferner, wenn in der dritten Figur beyde
Vordersätze individual sind, der Schlußsatz bestimm-
ter vorgetragen werden, und man muß es thun, wenn
man durch das Wort etliche mehr als einen versteht,
oder wenn dieses zweifelhaft bleibt. Z. E.

Die Erde ist bewohnt;
Die Erde ist ein Planet;
Folglich ist wenigstens ein Planet bewohnt.

Denn hier ist klar, daß der Schlußsatz: Etliche Pla-
neten sind bewohnt,
eine größere Ausdehnung
des Prädicats würde anzuzeigen geschienen haben, als
wirklich aus den beyden Prämissen folgt. Und der
Schlußsatz: Ein Planet ist bewohnt, würde von
den Sätzen: Ein einiger Planet ist bewohnt, oder
alle Planeten sind bewohnt, nicht genug unter-

schieden
K 2
von den einfachen Schluͤſſen.
§. 240.

Man iſt aus gleichen Gruͤnden ſchon laͤngſt darauf
verfallen, ſolche Saͤtze, deren Subject ein Indiuiduum
iſt, den allgemeinen Saͤtzen gleich zu achten, weil
man ſie in Schluͤſſen eben ſo gut gebrauchen kann.
Solche Subjecte ſind in der dritten Figur im eigent-
lichſten Verſtande Beyſpiele, weil ſie ganz individual
ſind. Und wenn man Indiuidua von einander unter-
ſcheiden ſolle, ſo gebraucht man die zweyte Figur, weil
in dieſen beyden Faͤllen die erſte Figur ſehr unnatuͤr-
lich und ungewoͤhnlich iſt. (§. 230.) Die Jndivi-
dualſaͤtze ſind uͤberdies noch ungleich beſtimmter, als
allgemeine Saͤtze. Unſre Zeichnungsart fordert, daß
ein Indiuiduum durch einen Punkt vorgeſtellt werde.
(§. 176.) Daher faͤllt das Unbeſtimmte ganz weg,
welches wir bey der Zeichnung allgemeiner Saͤtze noch
laſſen muͤſſen. (§. 179 ſeqq.)

§. 241.

Es kann ferner, wenn in der dritten Figur beyde
Vorderſaͤtze individual ſind, der Schlußſatz beſtimm-
ter vorgetragen werden, und man muß es thun, wenn
man durch das Wort etliche mehr als einen verſteht,
oder wenn dieſes zweifelhaft bleibt. Z. E.

Die Erde iſt bewohnt;
Die Erde iſt ein Planet;
Folglich iſt wenigſtens ein Planet bewohnt.

Denn hier iſt klar, daß der Schlußſatz: Etliche Pla-
neten ſind bewohnt,
eine groͤßere Ausdehnung
des Praͤdicats wuͤrde anzuzeigen geſchienen haben, als
wirklich aus den beyden Praͤmiſſen folgt. Und der
Schlußſatz: Ein Planet iſt bewohnt, wuͤrde von
den Saͤtzen: Ein einiger Planet iſt bewohnt, oder
alle Planeten ſind bewohnt, nicht genug unter-

ſchieden
K 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0169" n="147"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">von den einfachen Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 240.</head><lb/>
            <p>Man i&#x017F;t aus gleichen Gru&#x0364;nden &#x017F;chon la&#x0364;ng&#x017F;t darauf<lb/>
verfallen, &#x017F;olche Sa&#x0364;tze, deren Subject ein <hi rendition="#aq">Indiuiduum</hi><lb/>
i&#x017F;t, den allgemeinen Sa&#x0364;tzen gleich zu achten, weil<lb/>
man &#x017F;ie in Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en eben &#x017F;o gut gebrauchen kann.<lb/>
Solche Subjecte &#x017F;ind in der dritten Figur im eigent-<lb/>
lich&#x017F;ten Ver&#x017F;tande Bey&#x017F;piele, weil &#x017F;ie ganz individual<lb/>
&#x017F;ind. Und wenn man <hi rendition="#aq">Indiuidua</hi> von einander unter-<lb/>
&#x017F;cheiden &#x017F;olle, &#x017F;o gebraucht man die zweyte Figur, weil<lb/>
in die&#x017F;en beyden Fa&#x0364;llen die er&#x017F;te Figur &#x017F;ehr unnatu&#x0364;r-<lb/>
lich und ungewo&#x0364;hnlich i&#x017F;t. (§. 230.) Die Jndivi-<lb/>
dual&#x017F;a&#x0364;tze &#x017F;ind u&#x0364;berdies noch ungleich be&#x017F;timmter, als<lb/>
allgemeine Sa&#x0364;tze. Un&#x017F;re Zeichnungsart fordert, daß<lb/>
ein <hi rendition="#aq">Indiuiduum</hi> durch einen Punkt vorge&#x017F;tellt werde.<lb/>
(§. 176.) Daher fa&#x0364;llt das Unbe&#x017F;timmte ganz weg,<lb/>
welches wir bey der Zeichnung allgemeiner Sa&#x0364;tze noch<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. (§. 179 &#x017F;eqq.)</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 241.</head><lb/>
            <p>Es kann ferner, wenn in der dritten Figur beyde<lb/>
Vorder&#x017F;a&#x0364;tze individual &#x017F;ind, der Schluß&#x017F;atz be&#x017F;timm-<lb/>
ter vorgetragen werden, und man muß es thun, wenn<lb/>
man durch das Wort <hi rendition="#fr">etliche</hi> mehr als einen ver&#x017F;teht,<lb/>
oder wenn die&#x017F;es zweifelhaft bleibt. Z. E.</p><lb/>
            <list>
              <item>Die Erde i&#x017F;t bewohnt;</item><lb/>
              <item>Die Erde i&#x017F;t ein Planet;</item><lb/>
              <item>Folglich i&#x017F;t wenig&#x017F;tens ein Planet bewohnt.</item>
            </list><lb/>
            <p>Denn hier i&#x017F;t klar, daß der Schluß&#x017F;atz: <hi rendition="#fr">Etliche Pla-<lb/>
neten &#x017F;ind bewohnt,</hi> eine gro&#x0364;ßere Ausdehnung<lb/>
des Pra&#x0364;dicats wu&#x0364;rde anzuzeigen ge&#x017F;chienen haben, als<lb/>
wirklich aus den beyden Pra&#x0364;mi&#x017F;&#x017F;en folgt. Und der<lb/>
Schluß&#x017F;atz: <hi rendition="#fr">Ein Planet i&#x017F;t bewohnt,</hi> wu&#x0364;rde von<lb/>
den Sa&#x0364;tzen: <hi rendition="#fr">Ein einiger Planet i&#x017F;t bewohnt,</hi> oder<lb/><hi rendition="#fr">alle Planeten &#x017F;ind bewohnt,</hi> nicht genug unter-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 2</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chieden</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[147/0169] von den einfachen Schluͤſſen. §. 240. Man iſt aus gleichen Gruͤnden ſchon laͤngſt darauf verfallen, ſolche Saͤtze, deren Subject ein Indiuiduum iſt, den allgemeinen Saͤtzen gleich zu achten, weil man ſie in Schluͤſſen eben ſo gut gebrauchen kann. Solche Subjecte ſind in der dritten Figur im eigent- lichſten Verſtande Beyſpiele, weil ſie ganz individual ſind. Und wenn man Indiuidua von einander unter- ſcheiden ſolle, ſo gebraucht man die zweyte Figur, weil in dieſen beyden Faͤllen die erſte Figur ſehr unnatuͤr- lich und ungewoͤhnlich iſt. (§. 230.) Die Jndivi- dualſaͤtze ſind uͤberdies noch ungleich beſtimmter, als allgemeine Saͤtze. Unſre Zeichnungsart fordert, daß ein Indiuiduum durch einen Punkt vorgeſtellt werde. (§. 176.) Daher faͤllt das Unbeſtimmte ganz weg, welches wir bey der Zeichnung allgemeiner Saͤtze noch laſſen muͤſſen. (§. 179 ſeqq.) §. 241. Es kann ferner, wenn in der dritten Figur beyde Vorderſaͤtze individual ſind, der Schlußſatz beſtimm- ter vorgetragen werden, und man muß es thun, wenn man durch das Wort etliche mehr als einen verſteht, oder wenn dieſes zweifelhaft bleibt. Z. E. Die Erde iſt bewohnt; Die Erde iſt ein Planet; Folglich iſt wenigſtens ein Planet bewohnt. Denn hier iſt klar, daß der Schlußſatz: Etliche Pla- neten ſind bewohnt, eine groͤßere Ausdehnung des Praͤdicats wuͤrde anzuzeigen geſchienen haben, als wirklich aus den beyden Praͤmiſſen folgt. Und der Schlußſatz: Ein Planet iſt bewohnt, wuͤrde von den Saͤtzen: Ein einiger Planet iſt bewohnt, oder alle Planeten ſind bewohnt, nicht genug unter- ſchieden K 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/169
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/169>, abgerufen am 22.12.2024.