Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
gleich auch werden die Fälle auf eine nähere
Art kenntlich gemacht, wo man mehr oder min-
der wissenschaftliche Zeichen anbringen kann.
Die übrigen Hauptstücke gehen sämmtlich auf
die Sprache, und zwar auf mögliche und wirk-
liche Sprachen bald ohne Unterschied. Es
wird dabey untersucht, was in den Sprachen
willkührliches, natürliches, nothwendiges
und zum theil auch wissenschaftliches vor-
kömmt, und wie sich das metaphysische in den
Sprachen von dem characteristischen und bloß
grammatischen unterscheide. Und dieses
wird, je nachdem es die Sache mit sich bringt,
ohne Unterschied auf die Philologie, Critic,
Sprachlehre
und Philosophie bezogen. Be-
sonders aber wird aller Orten angemerkt, wie-
ferne die Sprachen mehr metaphysisches und
characteristisches hätten haben können, wenn
sie minder gelegentlich entstanden wären. Die
Anmerkung, daß nicht alle Wörter gleich will-
kührlich sind, wird von Wichtigkeit, wenn die
Sprachen wissenschaftlicher sollen gemacht, oder
auch nur das wissenschaftliche darinn aufge-
sucht werden. Nimmt man die Wurzelwör-
ter willkührlich an, so sind die abgeleiteten und
zusammengesetzten Wörter bereits schon auf eine
characteristische Art wissenschaftlich, und je-
de metaphorische Bedeutungen sind es auf eine
metaphysische Art. Bey einer durchaus
wissenschaftlichen Sprache aber würde selbst
auch das willkührliche der Wurzelwörter, so-

wohl

Vorrede.
gleich auch werden die Faͤlle auf eine naͤhere
Art kenntlich gemacht, wo man mehr oder min-
der wiſſenſchaftliche Zeichen anbringen kann.
Die uͤbrigen Hauptſtuͤcke gehen ſaͤmmtlich auf
die Sprache, und zwar auf moͤgliche und wirk-
liche Sprachen bald ohne Unterſchied. Es
wird dabey unterſucht, was in den Sprachen
willkuͤhrliches, natuͤrliches, nothwendiges
und zum theil auch wiſſenſchaftliches vor-
koͤmmt, und wie ſich das metaphyſiſche in den
Sprachen von dem characteriſtiſchen und bloß
grammatiſchen unterſcheide. Und dieſes
wird, je nachdem es die Sache mit ſich bringt,
ohne Unterſchied auf die Philologie, Critic,
Sprachlehre
und Philoſophie bezogen. Be-
ſonders aber wird aller Orten angemerkt, wie-
ferne die Sprachen mehr metaphyſiſches und
characteriſtiſches haͤtten haben koͤnnen, wenn
ſie minder gelegentlich entſtanden waͤren. Die
Anmerkung, daß nicht alle Woͤrter gleich will-
kuͤhrlich ſind, wird von Wichtigkeit, wenn die
Sprachen wiſſenſchaftlicher ſollen gemacht, oder
auch nur das wiſſenſchaftliche darinn aufge-
ſucht werden. Nimmt man die Wurzelwoͤr-
ter willkuͤhrlich an, ſo ſind die abgeleiteten und
zuſammengeſetzten Woͤrter bereits ſchon auf eine
characteriſtiſche Art wiſſenſchaftlich, und je-
de metaphoriſche Bedeutungen ſind es auf eine
metaphyſiſche Art. Bey einer durchaus
wiſſenſchaftlichen Sprache aber wuͤrde ſelbſt
auch das willkuͤhrliche der Wurzelwoͤrter, ſo-

wohl
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0015"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Vorrede</hi>.</hi></fw><lb/>
gleich auch werden die Fa&#x0364;lle auf eine na&#x0364;here<lb/>
Art kenntlich gemacht, wo man mehr oder min-<lb/>
der wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftliche Zeichen anbringen kann.<lb/>
Die u&#x0364;brigen Haupt&#x017F;tu&#x0364;cke gehen &#x017F;a&#x0364;mmtlich auf<lb/>
die Sprache, und zwar auf mo&#x0364;gliche und wirk-<lb/>
liche Sprachen bald ohne Unter&#x017F;chied. Es<lb/>
wird dabey unter&#x017F;ucht, was in den Sprachen<lb/><hi rendition="#fr">willku&#x0364;hrliches, natu&#x0364;rliches, nothwendiges</hi><lb/>
und zum theil auch <hi rendition="#fr">wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftliches</hi> vor-<lb/>
ko&#x0364;mmt, und wie &#x017F;ich das <hi rendition="#fr">metaphy&#x017F;i&#x017F;che</hi> in den<lb/>
Sprachen von dem <hi rendition="#fr">characteri&#x017F;ti&#x017F;chen</hi> und bloß<lb/><hi rendition="#fr">grammati&#x017F;chen</hi> unter&#x017F;cheide. Und die&#x017F;es<lb/>
wird, je nachdem es die Sache mit &#x017F;ich bringt,<lb/>
ohne Unter&#x017F;chied auf die <hi rendition="#fr">Philologie, Critic,<lb/>
Sprachlehre</hi> und <hi rendition="#fr">Philo&#x017F;ophie</hi> bezogen. Be-<lb/>
&#x017F;onders aber wird aller Orten angemerkt, wie-<lb/>
ferne die Sprachen mehr metaphy&#x017F;i&#x017F;ches und<lb/>
characteri&#x017F;ti&#x017F;ches ha&#x0364;tten haben ko&#x0364;nnen, wenn<lb/>
&#x017F;ie minder gelegentlich ent&#x017F;tanden wa&#x0364;ren. Die<lb/>
Anmerkung, daß nicht alle Wo&#x0364;rter gleich will-<lb/>
ku&#x0364;hrlich &#x017F;ind, wird von Wichtigkeit, wenn die<lb/>
Sprachen wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlicher &#x017F;ollen gemacht, oder<lb/>
auch nur das wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftliche darinn aufge-<lb/>
&#x017F;ucht werden. Nimmt man die Wurzelwo&#x0364;r-<lb/>
ter willku&#x0364;hrlich an, &#x017F;o &#x017F;ind die abgeleiteten und<lb/>
zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten Wo&#x0364;rter bereits &#x017F;chon auf eine<lb/><hi rendition="#fr">characteri&#x017F;ti&#x017F;che</hi> Art wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlich, und je-<lb/>
de metaphori&#x017F;che Bedeutungen &#x017F;ind es auf eine<lb/><hi rendition="#fr">metaphy&#x017F;i&#x017F;che</hi> Art. Bey einer durchaus<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlichen Sprache aber wu&#x0364;rde &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
auch das willku&#x0364;hrliche der Wurzelwo&#x0364;rter, &#x017F;o-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wohl</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0015] Vorrede. gleich auch werden die Faͤlle auf eine naͤhere Art kenntlich gemacht, wo man mehr oder min- der wiſſenſchaftliche Zeichen anbringen kann. Die uͤbrigen Hauptſtuͤcke gehen ſaͤmmtlich auf die Sprache, und zwar auf moͤgliche und wirk- liche Sprachen bald ohne Unterſchied. Es wird dabey unterſucht, was in den Sprachen willkuͤhrliches, natuͤrliches, nothwendiges und zum theil auch wiſſenſchaftliches vor- koͤmmt, und wie ſich das metaphyſiſche in den Sprachen von dem characteriſtiſchen und bloß grammatiſchen unterſcheide. Und dieſes wird, je nachdem es die Sache mit ſich bringt, ohne Unterſchied auf die Philologie, Critic, Sprachlehre und Philoſophie bezogen. Be- ſonders aber wird aller Orten angemerkt, wie- ferne die Sprachen mehr metaphyſiſches und characteriſtiſches haͤtten haben koͤnnen, wenn ſie minder gelegentlich entſtanden waͤren. Die Anmerkung, daß nicht alle Woͤrter gleich will- kuͤhrlich ſind, wird von Wichtigkeit, wenn die Sprachen wiſſenſchaftlicher ſollen gemacht, oder auch nur das wiſſenſchaftliche darinn aufge- ſucht werden. Nimmt man die Wurzelwoͤr- ter willkuͤhrlich an, ſo ſind die abgeleiteten und zuſammengeſetzten Woͤrter bereits ſchon auf eine characteriſtiſche Art wiſſenſchaftlich, und je- de metaphoriſche Bedeutungen ſind es auf eine metaphyſiſche Art. Bey einer durchaus wiſſenſchaftlichen Sprache aber wuͤrde ſelbſt auch das willkuͤhrliche der Wurzelwoͤrter, ſo- wohl

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/15
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/15>, abgerufen am 21.11.2024.