sätze nicht die einigen sind, die sie ohne Beweis lassen, sondern auch solche Sätze, die aus den vorhergehenden unmittelbar folgen, in eben diese Klasse gehören, so wird wiederum einem solchen Satze, zum Unterschiede der andern, der Name eines Corollarii, Consectarii, Zusatzes, Zugabe etc. gegeben, um den Leser zu er- innern, daß er auf den vorhergehenden Satz zu sehen habe, um die Richtigkeit und Nothwendigkeit der Folge zu prüfen. Denn auch hier macht die Ueber- schrift die Sache nicht zu dem, was sie seyn soll, oder wofür man sie ausgiebt. Solche unmittelbare Fol- gen gründen sich auf die Gesetze des Denkens, und daher auf gewisse allgemeine Arten zu schließen, die wir in Folgendem untersuchen werden.
§. 151.
Ferner geschieht es, daß über den gemachten Vor- trag eins und anders zu erinnern ist. Alles dieses fürgen die Mathematiker unter dem Titel von An- merkungen, Scholien etc. bey. Es begreifen demnach die Anmerkungen alles, was nicht einen Theil von dem Vortrage und seinem Zusammenhange ist.
§. 152.
Endlich werden in der Mathematik solche Sätze, die nicht an sich nothwendig sind, aber der Wahrheit ohne Nachtheil und zum Behufe und Erleichterung des Vortrages angenommen werden können, willkühr- liche Sätze oder Hypothesen genennet. Solche sind in der Rechenkunst die Zeichen der Zahlen, in der Algebra alle Zeichen, in der Meßkunst die Ein- theilung des Zirkels in 360 Grade etc. Diese Hypo- thesen sind von zwo andern Arten wohl zu unterschei- den, wovon die eine darinn besteht, daß man das bey nahe Genaue statt des völlig Genauen annimmt, z. E. das Verhältniß des Diameters zum Umkraise, wie 7
zu
III. Hauptſtuͤck,
ſaͤtze nicht die einigen ſind, die ſie ohne Beweis laſſen, ſondern auch ſolche Saͤtze, die aus den vorhergehenden unmittelbar folgen, in eben dieſe Klaſſe gehoͤren, ſo wird wiederum einem ſolchen Satze, zum Unterſchiede der andern, der Name eines Corollarii, Conſectarii, Zuſatzes, Zugabe ꝛc. gegeben, um den Leſer zu er- innern, daß er auf den vorhergehenden Satz zu ſehen habe, um die Richtigkeit und Nothwendigkeit der Folge zu pruͤfen. Denn auch hier macht die Ueber- ſchrift die Sache nicht zu dem, was ſie ſeyn ſoll, oder wofuͤr man ſie ausgiebt. Solche unmittelbare Fol- gen gruͤnden ſich auf die Geſetze des Denkens, und daher auf gewiſſe allgemeine Arten zu ſchließen, die wir in Folgendem unterſuchen werden.
§. 151.
Ferner geſchieht es, daß uͤber den gemachten Vor- trag eins und anders zu erinnern iſt. Alles dieſes fuͤrgen die Mathematiker unter dem Titel von An- merkungen, Scholien ꝛc. bey. Es begreifen demnach die Anmerkungen alles, was nicht einen Theil von dem Vortrage und ſeinem Zuſammenhange iſt.
§. 152.
Endlich werden in der Mathematik ſolche Saͤtze, die nicht an ſich nothwendig ſind, aber der Wahrheit ohne Nachtheil und zum Behufe und Erleichterung des Vortrages angenommen werden koͤnnen, willkuͤhr- liche Saͤtze oder Hypotheſen genennet. Solche ſind in der Rechenkunſt die Zeichen der Zahlen, in der Algebra alle Zeichen, in der Meßkunſt die Ein- theilung des Zirkels in 360 Grade ꝛc. Dieſe Hypo- theſen ſind von zwo andern Arten wohl zu unterſchei- den, wovon die eine darinn beſteht, daß man das bey nahe Genaue ſtatt des voͤllig Genauen annimmt, z. E. das Verhaͤltniß des Diameters zum Umkraiſe, wie 7
zu
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III. Hauptſtuͤck,
ſaͤtze nicht die einigen ſind, die ſie ohne Beweis laſſen,
ſondern auch ſolche Saͤtze, die aus den vorhergehenden
unmittelbar folgen, in eben dieſe Klaſſe gehoͤren, ſo
wird wiederum einem ſolchen Satze, zum Unterſchiede
der andern, der Name eines Corollarii, Conſectarii,
Zuſatzes, Zugabe ꝛc. gegeben, um den Leſer zu er-
innern, daß er auf den vorhergehenden Satz zu ſehen
habe, um die Richtigkeit und Nothwendigkeit der
Folge zu pruͤfen. Denn auch hier macht die Ueber-
ſchrift die Sache nicht zu dem, was ſie ſeyn ſoll, oder
wofuͤr man ſie ausgiebt. Solche unmittelbare Fol-
gen gruͤnden ſich auf die Geſetze des Denkens, und
daher auf gewiſſe allgemeine Arten zu ſchließen, die wir
in Folgendem unterſuchen werden.
§. 151.
Ferner geſchieht es, daß uͤber den gemachten Vor-
trag eins und anders zu erinnern iſt. Alles dieſes
fuͤrgen die Mathematiker unter dem Titel von An-
merkungen, Scholien ꝛc. bey. Es begreifen
demnach die Anmerkungen alles, was nicht einen Theil
von dem Vortrage und ſeinem Zuſammenhange iſt.
§. 152.
Endlich werden in der Mathematik ſolche Saͤtze,
die nicht an ſich nothwendig ſind, aber der Wahrheit
ohne Nachtheil und zum Behufe und Erleichterung
des Vortrages angenommen werden koͤnnen, willkuͤhr-
liche Saͤtze oder Hypotheſen genennet. Solche
ſind in der Rechenkunſt die Zeichen der Zahlen, in
der Algebra alle Zeichen, in der Meßkunſt die Ein-
theilung des Zirkels in 360 Grade ꝛc. Dieſe Hypo-
theſen ſind von zwo andern Arten wohl zu unterſchei-
den, wovon die eine darinn beſteht, daß man das bey
nahe Genaue ſtatt des voͤllig Genauen annimmt, z. E.
das Verhaͤltniß des Diameters zum Umkraiſe, wie 7
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/120>, abgerufen am 16.02.2025.
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