Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
thode zu thun ist, komme ich Wolfen näher.
Hingegen in dem ersten Hauptstücke der Alethio-
logie, wo von den einfachen oder Grundbegrif-
fen unserer Erkenntnis die Rede ist, verfalle ich
auf die, so Locke als solche angegeben, und
zwar muß ich hier sagen, daß ich Lockens
Werke erst nachgesehen, nachdem ich bereits die
erste Helfte dieses Hauptstückes geschrieben,
und daß ich dadurch veranlasset wurde, es ab-
zukürzen. Jn dem zweyten Hauptstücke der
Alethiologie verbinde ich Lockens einfache Be-
griffe mit Wolfens Methode, und bringe da-
durch die Grundlage zu verschiedenen Wissen-
schaften heraus, die im strengsten Verstande
a priori sind. Jm vierten Hauptstücke aber
wird diese Methode auf die Theorie der Wahr-
heit selbst angewandt. Und dabey muß ich
hier anmerken, daß ich mich in dem §. 173. und
200. des in geometrischen Demonstrationen
üblichen Ausdruckes, per constructionem, be-
dient habe, um die Aehnlichkeit des Verfahrens
nachdrücklicher anzuzeigen.

Jn diesem Hauptstücke war es nicht wohl
möglich, vom Zusammenhange der Wahrheit
zu reden, ohne zugleich von Gründen zu re-
den, wenigstens so fern es Gründe des Wah-
ren
sind, und demnach zur Alethiologie gehö-
ren. Die in Deutschland über den zureichen-
den Grund geführte Streitigkeiten sind bekannt.
Jch kann es beyden Partheyen zu beurtheilen

über-

Vorrede.
thode zu thun iſt, komme ich Wolfen naͤher.
Hingegen in dem erſten Hauptſtuͤcke der Alethio-
logie, wo von den einfachen oder Grundbegrif-
fen unſerer Erkenntnis die Rede iſt, verfalle ich
auf die, ſo Locke als ſolche angegeben, und
zwar muß ich hier ſagen, daß ich Lockens
Werke erſt nachgeſehen, nachdem ich bereits die
erſte Helfte dieſes Hauptſtuͤckes geſchrieben,
und daß ich dadurch veranlaſſet wurde, es ab-
zukuͤrzen. Jn dem zweyten Hauptſtuͤcke der
Alethiologie verbinde ich Lockens einfache Be-
griffe mit Wolfens Methode, und bringe da-
durch die Grundlage zu verſchiedenen Wiſſen-
ſchaften heraus, die im ſtrengſten Verſtande
a priori ſind. Jm vierten Hauptſtuͤcke aber
wird dieſe Methode auf die Theorie der Wahr-
heit ſelbſt angewandt. Und dabey muß ich
hier anmerken, daß ich mich in dem §. 173. und
200. des in geometriſchen Demonſtrationen
uͤblichen Ausdruckes, per conſtructionem, be-
dient habe, um die Aehnlichkeit des Verfahrens
nachdruͤcklicher anzuzeigen.

Jn dieſem Hauptſtuͤcke war es nicht wohl
moͤglich, vom Zuſammenhange der Wahrheit
zu reden, ohne zugleich von Gruͤnden zu re-
den, wenigſtens ſo fern es Gruͤnde des Wah-
ren
ſind, und demnach zur Alethiologie gehoͤ-
ren. Die in Deutſchland uͤber den zureichen-
den Grund gefuͤhrte Streitigkeiten ſind bekannt.
Jch kann es beyden Partheyen zu beurtheilen

uͤber-
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0012"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Vorrede</hi>.</hi></fw><lb/>
thode zu thun i&#x017F;t, komme ich <hi rendition="#fr">Wolfen</hi> na&#x0364;her.<lb/>
Hingegen in dem er&#x017F;ten Haupt&#x017F;tu&#x0364;cke der Alethio-<lb/>
logie, wo von den einfachen oder Grundbegrif-<lb/>
fen un&#x017F;erer Erkenntnis die Rede i&#x017F;t, verfalle ich<lb/>
auf die, &#x017F;o <hi rendition="#fr">Locke</hi> als &#x017F;olche angegeben, und<lb/>
zwar muß ich hier &#x017F;agen, daß ich <hi rendition="#fr">Lockens</hi><lb/>
Werke er&#x017F;t nachge&#x017F;ehen, nachdem ich bereits die<lb/>
er&#x017F;te Helfte die&#x017F;es Haupt&#x017F;tu&#x0364;ckes ge&#x017F;chrieben,<lb/>
und daß ich dadurch veranla&#x017F;&#x017F;et wurde, es ab-<lb/>
zuku&#x0364;rzen. Jn dem zweyten Haupt&#x017F;tu&#x0364;cke der<lb/>
Alethiologie verbinde ich <hi rendition="#fr">Lockens</hi> einfache Be-<lb/>
griffe mit <hi rendition="#fr">Wolfens</hi> Methode, und bringe da-<lb/>
durch die Grundlage zu ver&#x017F;chiedenen Wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chaften heraus, die im &#x017F;treng&#x017F;ten Ver&#x017F;tande<lb/><hi rendition="#aq">a priori</hi> &#x017F;ind. Jm vierten Haupt&#x017F;tu&#x0364;cke aber<lb/>
wird die&#x017F;e Methode auf die Theorie der Wahr-<lb/>
heit &#x017F;elb&#x017F;t angewandt. Und dabey muß ich<lb/>
hier anmerken, daß ich mich in dem §. 173. und<lb/>
200. des in geometri&#x017F;chen Demon&#x017F;trationen<lb/>
u&#x0364;blichen Ausdruckes, <hi rendition="#aq">per con&#x017F;tructionem,</hi> be-<lb/>
dient habe, um die Aehnlichkeit des Verfahrens<lb/>
nachdru&#x0364;cklicher anzuzeigen.</p><lb/>
        <p>Jn die&#x017F;em Haupt&#x017F;tu&#x0364;cke war es nicht wohl<lb/>
mo&#x0364;glich, vom Zu&#x017F;ammenhange der Wahrheit<lb/>
zu reden, ohne zugleich von <hi rendition="#fr">Gru&#x0364;nden</hi> zu re-<lb/>
den, wenig&#x017F;tens &#x017F;o fern es <hi rendition="#fr">Gru&#x0364;nde des Wah-<lb/>
ren</hi> &#x017F;ind, und demnach zur Alethiologie geho&#x0364;-<lb/>
ren. Die in Deut&#x017F;chland u&#x0364;ber den zureichen-<lb/>
den Grund gefu&#x0364;hrte Streitigkeiten &#x017F;ind bekannt.<lb/>
Jch kann es beyden Partheyen zu beurtheilen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">u&#x0364;ber-</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0012] Vorrede. thode zu thun iſt, komme ich Wolfen naͤher. Hingegen in dem erſten Hauptſtuͤcke der Alethio- logie, wo von den einfachen oder Grundbegrif- fen unſerer Erkenntnis die Rede iſt, verfalle ich auf die, ſo Locke als ſolche angegeben, und zwar muß ich hier ſagen, daß ich Lockens Werke erſt nachgeſehen, nachdem ich bereits die erſte Helfte dieſes Hauptſtuͤckes geſchrieben, und daß ich dadurch veranlaſſet wurde, es ab- zukuͤrzen. Jn dem zweyten Hauptſtuͤcke der Alethiologie verbinde ich Lockens einfache Be- griffe mit Wolfens Methode, und bringe da- durch die Grundlage zu verſchiedenen Wiſſen- ſchaften heraus, die im ſtrengſten Verſtande a priori ſind. Jm vierten Hauptſtuͤcke aber wird dieſe Methode auf die Theorie der Wahr- heit ſelbſt angewandt. Und dabey muß ich hier anmerken, daß ich mich in dem §. 173. und 200. des in geometriſchen Demonſtrationen uͤblichen Ausdruckes, per conſtructionem, be- dient habe, um die Aehnlichkeit des Verfahrens nachdruͤcklicher anzuzeigen. Jn dieſem Hauptſtuͤcke war es nicht wohl moͤglich, vom Zuſammenhange der Wahrheit zu reden, ohne zugleich von Gruͤnden zu re- den, wenigſtens ſo fern es Gruͤnde des Wah- ren ſind, und demnach zur Alethiologie gehoͤ- ren. Die in Deutſchland uͤber den zureichen- den Grund gefuͤhrte Streitigkeiten ſind bekannt. Jch kann es beyden Partheyen zu beurtheilen uͤber-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/12
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/12>, abgerufen am 24.11.2024.