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Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761.

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Cosmologische Briefe
hen, oder das, was wir in Kleinem bewundern, in
dem Ganzen missen wollte.

Ich habe die Betrachtungen, die Sie, mein
Herr, über Halleys Tafel angestellt, mit vielem
Vergnügen durchgelesen, und sie mit der Tafel vergli-
chen. Sie können mit gutem Grunde fortfahren, den
Raum um die Sonne nach denen Regeln, die Sie sich
entworfen haben, mit Ellipsen auszufüllen, und die
Ursachen, die Sie angeben, warum die Cometen in
der Tafel seltener sind, die nicht so nahe zur Sonne
kommen, leuchten mir vollkommen ein. Es ist fast
nothwendig, daß die Cometen, die sich bis unter den
Mercurius herunter senken, entweder im Heranrücken
oder in ihrer Ruckkehr auf der Erde gesehen werden,
und der einige Fall, wo diß nicht wohl angeht, ist,
wenn der längere Theil der Ellipse sich abwärts neigt,
denn alsdann werden sie mehrentheils nur jenseits des
Aequators gesehen werden können, weil sie uns in ih-
ren besten Umständen unter dem Horizonte bleiben.
Eben so geht es mit denen, die zwischen der Sphaere
der Venus und des Mercurius durchgehen. Sie ge-
brauchen etliche Monate, um diesen Weg um die Son-
ne zu machen, und haben ein stärkeres Licht von der
Sonne, und grossen Theils auch einen ansehnlichen
Schweif, weil sich dieser bey ihrer Annäherung gegen
die Sonne verlängert, wie uns der Comet von A. 1744.
ein deutliches Beyspiel davon gegeben. Die Erde
mag zu solcher Zeit in Opposition oder in Conjun-
[c]tion
mit dem Cometen und der Sonne stehen, so sind

etliche

Coſmologiſche Briefe
hen, oder das, was wir in Kleinem bewundern, in
dem Ganzen miſſen wollte.

Ich habe die Betrachtungen, die Sie, mein
Herr, uͤber Halleys Tafel angeſtellt, mit vielem
Vergnuͤgen durchgeleſen, und ſie mit der Tafel vergli-
chen. Sie koͤnnen mit gutem Grunde fortfahren, den
Raum um die Sonne nach denen Regeln, die Sie ſich
entworfen haben, mit Ellipſen auszufuͤllen, und die
Urſachen, die Sie angeben, warum die Cometen in
der Tafel ſeltener ſind, die nicht ſo nahe zur Sonne
kommen, leuchten mir vollkommen ein. Es iſt faſt
nothwendig, daß die Cometen, die ſich bis unter den
Mercurius herunter ſenken, entweder im Heranruͤcken
oder in ihrer Ruckkehr auf der Erde geſehen werden,
und der einige Fall, wo diß nicht wohl angeht, iſt,
wenn der laͤngere Theil der Ellipſe ſich abwaͤrts neigt,
denn alsdann werden ſie mehrentheils nur jenſeits des
Aequators geſehen werden koͤnnen, weil ſie uns in ih-
ren beſten Umſtaͤnden unter dem Horizonte bleiben.
Eben ſo geht es mit denen, die zwiſchen der Sphære
der Venus und des Mercurius durchgehen. Sie ge-
brauchen etliche Monate, um dieſen Weg um die Son-
ne zu machen, und haben ein ſtaͤrkeres Licht von der
Sonne, und groſſen Theils auch einen anſehnlichen
Schweif, weil ſich dieſer bey ihrer Annaͤherung gegen
die Sonne verlaͤngert, wie uns der Comet von A. 1744.
ein deutliches Beyſpiel davon gegeben. Die Erde
mag zu ſolcher Zeit in Oppoſition oder in Conjun-
[c]tion
mit dem Cometen und der Sonne ſtehen, ſo ſind

etliche
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[36/0069] Coſmologiſche Briefe hen, oder das, was wir in Kleinem bewundern, in dem Ganzen miſſen wollte. Ich habe die Betrachtungen, die Sie, mein Herr, uͤber Halleys Tafel angeſtellt, mit vielem Vergnuͤgen durchgeleſen, und ſie mit der Tafel vergli- chen. Sie koͤnnen mit gutem Grunde fortfahren, den Raum um die Sonne nach denen Regeln, die Sie ſich entworfen haben, mit Ellipſen auszufuͤllen, und die Urſachen, die Sie angeben, warum die Cometen in der Tafel ſeltener ſind, die nicht ſo nahe zur Sonne kommen, leuchten mir vollkommen ein. Es iſt faſt nothwendig, daß die Cometen, die ſich bis unter den Mercurius herunter ſenken, entweder im Heranruͤcken oder in ihrer Ruckkehr auf der Erde geſehen werden, und der einige Fall, wo diß nicht wohl angeht, iſt, wenn der laͤngere Theil der Ellipſe ſich abwaͤrts neigt, denn alsdann werden ſie mehrentheils nur jenſeits des Aequators geſehen werden koͤnnen, weil ſie uns in ih- ren beſten Umſtaͤnden unter dem Horizonte bleiben. Eben ſo geht es mit denen, die zwiſchen der Sphære der Venus und des Mercurius durchgehen. Sie ge- brauchen etliche Monate, um dieſen Weg um die Son- ne zu machen, und haben ein ſtaͤrkeres Licht von der Sonne, und groſſen Theils auch einen anſehnlichen Schweif, weil ſich dieſer bey ihrer Annaͤherung gegen die Sonne verlaͤngert, wie uns der Comet von A. 1744. ein deutliches Beyſpiel davon gegeben. Die Erde mag zu ſolcher Zeit in Oppoſition oder in Conjun- ction mit dem Cometen und der Sonne ſtehen, ſo ſind etliche

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/69>, abgerufen am 25.11.2024.