24. Stunden wegfalle, und der Abstand jeder himm- lischen Körper wird ungleich. Eben so wenn Sie an- nehmen, daß hiebey Ordnung und allgemeine Gesetze seyn müssen, so werden bald Systemen entstehen, die Planeten in eine Classe gebracht, und die Fixsterne selbsten in Haufen abgetheilt werden.
Ich will eben nicht gutstehen, ob man diese Schlüsse für wahr halten würde, wenn sie nicht auch aus andern Gründen bewiesen wären, so geringe ist noch das Ansehen der cosmologischen Sätze! Die me- chanischen Beweise hat man bereits schon versucht. Die abgeplattete Figur der Erde solle eine unverwerf- liche Anzeige ihrer Bewegung um die Axe seyn, und ich sehe auch nicht, was man dawider einwenden kann. Die elliptischen Laufbahnen der Planeten und Come- ten um die Sonne, die man, wenn die Sonne in Ruhe gesetzt ist, mechanisch aus dem Gesetze der Schwere beweisen kann, gehören ebenfalls hieher. Nun aber kann ich nicht sagen, nach welcher Ord- nung dieser Beweis solle vorgetragen werden. Der Umlauf der Sonne ist gewiß genug, aber noch nicht a posteriori erwiesen, welches doch nothwendig zu seyn scheint. Die Ellipsen sind nur hypothetisch wahr, und es steht dahin, wie man sie ohne angenommene Sätze erweisen könne.
Es scheinet, wir seyen in der Astronomie glück- lich auf die wahre Spur gekommen, und haben den Schein, so bald wir ihn unter der ersten Gestalt er-
kannt
Coſmologiſche Briefe
24. Stunden wegfalle, und der Abſtand jeder himm- liſchen Koͤrper wird ungleich. Eben ſo wenn Sie an- nehmen, daß hiebey Ordnung und allgemeine Geſetze ſeyn muͤſſen, ſo werden bald Syſtemen entſtehen, die Planeten in eine Claſſe gebracht, und die Fixſterne ſelbſten in Haufen abgetheilt werden.
Ich will eben nicht gutſtehen, ob man dieſe Schluͤſſe fuͤr wahr halten wuͤrde, wenn ſie nicht auch aus andern Gruͤnden bewieſen waͤren, ſo geringe iſt noch das Anſehen der coſmologiſchen Saͤtze! Die me- chaniſchen Beweiſe hat man bereits ſchon verſucht. Die abgeplattete Figur der Erde ſolle eine unverwerf- liche Anzeige ihrer Bewegung um die Axe ſeyn, und ich ſehe auch nicht, was man dawider einwenden kann. Die elliptiſchen Laufbahnen der Planeten und Come- ten um die Sonne, die man, wenn die Sonne in Ruhe geſetzt iſt, mechaniſch aus dem Geſetze der Schwere beweiſen kann, gehoͤren ebenfalls hieher. Nun aber kann ich nicht ſagen, nach welcher Ord- nung dieſer Beweis ſolle vorgetragen werden. Der Umlauf der Sonne iſt gewiß genug, aber noch nicht a poſteriori erwieſen, welches doch nothwendig zu ſeyn ſcheint. Die Ellipſen ſind nur hypothetiſch wahr, und es ſteht dahin, wie man ſie ohne angenommene Saͤtze erweiſen koͤnne.
Es ſcheinet, wir ſeyen in der Aſtronomie gluͤck- lich auf die wahre Spur gekommen, und haben den Schein, ſo bald wir ihn unter der erſten Geſtalt er-
kannt
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0347"n="314"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Coſmologiſche Briefe</hi></fw><lb/>
24. Stunden wegfalle, und der Abſtand jeder himm-<lb/>
liſchen Koͤrper wird ungleich. Eben ſo wenn Sie an-<lb/>
nehmen, daß hiebey Ordnung und allgemeine Geſetze<lb/>ſeyn muͤſſen, ſo werden bald Syſtemen entſtehen, die<lb/>
Planeten in eine Claſſe gebracht, und die Fixſterne<lb/>ſelbſten in Haufen abgetheilt werden.</p><lb/><p>Ich will eben nicht gutſtehen, ob man dieſe<lb/>
Schluͤſſe fuͤr wahr halten wuͤrde, wenn ſie nicht auch<lb/>
aus andern Gruͤnden bewieſen waͤren, ſo geringe iſt<lb/>
noch das Anſehen der coſmologiſchen Saͤtze! Die me-<lb/>
chaniſchen Beweiſe hat man bereits ſchon verſucht.<lb/>
Die abgeplattete Figur der Erde ſolle eine unverwerf-<lb/>
liche Anzeige ihrer Bewegung um die Axe ſeyn, und<lb/>
ich ſehe auch nicht, was man dawider einwenden kann.<lb/>
Die elliptiſchen Laufbahnen der Planeten und Come-<lb/>
ten um die Sonne, die man, wenn die Sonne in<lb/>
Ruhe geſetzt iſt, mechaniſch aus dem Geſetze der<lb/>
Schwere beweiſen kann, gehoͤren ebenfalls hieher.<lb/>
Nun aber kann ich nicht ſagen, nach welcher Ord-<lb/>
nung dieſer Beweis ſolle vorgetragen werden. Der<lb/>
Umlauf der Sonne iſt gewiß genug, aber noch nicht<lb/><hirendition="#aq">a poſteriori</hi> erwieſen, welches doch nothwendig zu<lb/>ſeyn ſcheint. Die Ellipſen ſind nur hypothetiſch wahr,<lb/>
und es ſteht dahin, wie man ſie ohne angenommene<lb/>
Saͤtze erweiſen koͤnne.</p><lb/><p>Es ſcheinet, wir ſeyen in der Aſtronomie gluͤck-<lb/>
lich auf die wahre Spur gekommen, und haben den<lb/>
Schein, ſo bald wir ihn unter der erſten Geſtalt er-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">kannt</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[314/0347]
Coſmologiſche Briefe
24. Stunden wegfalle, und der Abſtand jeder himm-
liſchen Koͤrper wird ungleich. Eben ſo wenn Sie an-
nehmen, daß hiebey Ordnung und allgemeine Geſetze
ſeyn muͤſſen, ſo werden bald Syſtemen entſtehen, die
Planeten in eine Claſſe gebracht, und die Fixſterne
ſelbſten in Haufen abgetheilt werden.
Ich will eben nicht gutſtehen, ob man dieſe
Schluͤſſe fuͤr wahr halten wuͤrde, wenn ſie nicht auch
aus andern Gruͤnden bewieſen waͤren, ſo geringe iſt
noch das Anſehen der coſmologiſchen Saͤtze! Die me-
chaniſchen Beweiſe hat man bereits ſchon verſucht.
Die abgeplattete Figur der Erde ſolle eine unverwerf-
liche Anzeige ihrer Bewegung um die Axe ſeyn, und
ich ſehe auch nicht, was man dawider einwenden kann.
Die elliptiſchen Laufbahnen der Planeten und Come-
ten um die Sonne, die man, wenn die Sonne in
Ruhe geſetzt iſt, mechaniſch aus dem Geſetze der
Schwere beweiſen kann, gehoͤren ebenfalls hieher.
Nun aber kann ich nicht ſagen, nach welcher Ord-
nung dieſer Beweis ſolle vorgetragen werden. Der
Umlauf der Sonne iſt gewiß genug, aber noch nicht
a poſteriori erwieſen, welches doch nothwendig zu
ſeyn ſcheint. Die Ellipſen ſind nur hypothetiſch wahr,
und es ſteht dahin, wie man ſie ohne angenommene
Saͤtze erweiſen koͤnne.
Es ſcheinet, wir ſeyen in der Aſtronomie gluͤck-
lich auf die wahre Spur gekommen, und haben den
Schein, ſo bald wir ihn unter der erſten Geſtalt er-
kannt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/347>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.