unbeweglich an, und auf diese reduciren sie die Lauf- bahnen der übrigen Planeten. Sie haben demnach ganz andere Knotenlinien als wir, und nur darinn stimmen wir mit ihnen überein, daß die Knotenlinien, die sie unserer Erdbahn geben, eben die Lage hat, die wir der ihrigen geben, weil es eine und eben dieselbe Durchschnittslinie beyder Bahnen ist. Allein die Verrückung dieser Linie ist umgekehrt, wenn sie auf die Bahn eines Planeten oder auf unsere Erdbahn be- zogen wird.
So aber muß sie nicht betrachtet werden, son- dern wenn man ihre wahre Verrückung finden will, muß man sie bis an die Fixsterne verlängern, und folg- lich von ihrer jährlichen Bewegung von dem Anfange des Widders die Praecession der Aequinoctien abzie- hen. Nehme ich die Bewegung der Knotenlinien, wie sie Kepler angegeben, und ziehe von jeder die Bewegung der Fixsterne ab, die sie um die Pole der Eccliptic zu haben scheinen, so werden die Knotenli- nien des Saturns und Mercurs unter den Fixsternen nach der Ordnung, bey den übrigen Planeten aber wider die Ordnung der Zeichen laufen.
Dieses wäre einem allgemeinen Gesetze noch mehr zuwider. Allein es ist zu bemerken, daß man hiebey nicht die Durchschnitte betrachten müsse, die die Planetenbahnen unter sich machen, sondern dieje- nigen, die sie sämtlich mit der Fläche machen, in wel- cher sich die Sonne um den Mittelpunct des Fixster-
nen-
uͤber die Einrichtung des Weltbaues.
unbeweglich an, und auf dieſe reduciren ſie die Lauf- bahnen der uͤbrigen Planeten. Sie haben demnach ganz andere Knotenlinien als wir, und nur darinn ſtimmen wir mit ihnen uͤberein, daß die Knotenlinien, die ſie unſerer Erdbahn geben, eben die Lage hat, die wir der ihrigen geben, weil es eine und eben dieſelbe Durchſchnittslinie beyder Bahnen iſt. Allein die Verruͤckung dieſer Linie iſt umgekehrt, wenn ſie auf die Bahn eines Planeten oder auf unſere Erdbahn be- zogen wird.
So aber muß ſie nicht betrachtet werden, ſon- dern wenn man ihre wahre Verruͤckung finden will, muß man ſie bis an die Fixſterne verlaͤngern, und folg- lich von ihrer jaͤhrlichen Bewegung von dem Anfange des Widders die Præceſſion der Aequinoctien abzie- hen. Nehme ich die Bewegung der Knotenlinien, wie ſie Kepler angegeben, und ziehe von jeder die Bewegung der Fixſterne ab, die ſie um die Pole der Eccliptic zu haben ſcheinen, ſo werden die Knotenli- nien des Saturns und Mercurs unter den Fixſternen nach der Ordnung, bey den uͤbrigen Planeten aber wider die Ordnung der Zeichen laufen.
Dieſes waͤre einem allgemeinen Geſetze noch mehr zuwider. Allein es iſt zu bemerken, daß man hiebey nicht die Durchſchnitte betrachten muͤſſe, die die Planetenbahnen unter ſich machen, ſondern dieje- nigen, die ſie ſaͤmtlich mit der Flaͤche machen, in wel- cher ſich die Sonne um den Mittelpunct des Fixſter-
nen-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0222"n="189"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">uͤber die Einrichtung des Weltbaues.</hi></fw><lb/>
unbeweglich an, und auf dieſe reduciren ſie die Lauf-<lb/>
bahnen der uͤbrigen Planeten. Sie haben demnach<lb/>
ganz andere Knotenlinien als wir, und nur darinn<lb/>ſtimmen wir mit ihnen uͤberein, daß die Knotenlinien,<lb/>
die ſie unſerer Erdbahn geben, eben die Lage hat, die<lb/>
wir der ihrigen geben, weil es eine und eben dieſelbe<lb/>
Durchſchnittslinie beyder Bahnen iſt. Allein die<lb/>
Verruͤckung dieſer Linie iſt umgekehrt, wenn ſie auf<lb/>
die Bahn eines Planeten oder auf unſere Erdbahn be-<lb/>
zogen wird.</p><lb/><p>So aber muß ſie nicht betrachtet werden, ſon-<lb/>
dern wenn man ihre wahre Verruͤckung finden will,<lb/>
muß man ſie bis an die Fixſterne verlaͤngern, und folg-<lb/>
lich von ihrer jaͤhrlichen Bewegung von dem Anfange<lb/>
des Widders die <hirendition="#aq">Præceſſion</hi> der Aequinoctien abzie-<lb/>
hen. Nehme ich die Bewegung der Knotenlinien,<lb/>
wie ſie <hirendition="#b">Kepler</hi> angegeben, und ziehe von jeder die<lb/>
Bewegung der Fixſterne ab, die ſie um die Pole der<lb/><hirendition="#aq">Eccliptic</hi> zu haben ſcheinen, ſo werden die Knotenli-<lb/>
nien des Saturns und Mercurs unter den Fixſternen<lb/>
nach der Ordnung, bey den uͤbrigen Planeten aber<lb/>
wider die Ordnung der Zeichen laufen.</p><lb/><p>Dieſes waͤre einem allgemeinen Geſetze noch<lb/>
mehr zuwider. Allein es iſt zu bemerken, daß man<lb/>
hiebey nicht die Durchſchnitte betrachten muͤſſe, die<lb/>
die Planetenbahnen unter ſich machen, ſondern dieje-<lb/>
nigen, die ſie ſaͤmtlich mit der Flaͤche machen, in wel-<lb/>
cher ſich die Sonne um den Mittelpunct des Fixſter-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">nen-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[189/0222]
uͤber die Einrichtung des Weltbaues.
unbeweglich an, und auf dieſe reduciren ſie die Lauf-
bahnen der uͤbrigen Planeten. Sie haben demnach
ganz andere Knotenlinien als wir, und nur darinn
ſtimmen wir mit ihnen uͤberein, daß die Knotenlinien,
die ſie unſerer Erdbahn geben, eben die Lage hat, die
wir der ihrigen geben, weil es eine und eben dieſelbe
Durchſchnittslinie beyder Bahnen iſt. Allein die
Verruͤckung dieſer Linie iſt umgekehrt, wenn ſie auf
die Bahn eines Planeten oder auf unſere Erdbahn be-
zogen wird.
So aber muß ſie nicht betrachtet werden, ſon-
dern wenn man ihre wahre Verruͤckung finden will,
muß man ſie bis an die Fixſterne verlaͤngern, und folg-
lich von ihrer jaͤhrlichen Bewegung von dem Anfange
des Widders die Præceſſion der Aequinoctien abzie-
hen. Nehme ich die Bewegung der Knotenlinien,
wie ſie Kepler angegeben, und ziehe von jeder die
Bewegung der Fixſterne ab, die ſie um die Pole der
Eccliptic zu haben ſcheinen, ſo werden die Knotenli-
nien des Saturns und Mercurs unter den Fixſternen
nach der Ordnung, bey den uͤbrigen Planeten aber
wider die Ordnung der Zeichen laufen.
Dieſes waͤre einem allgemeinen Geſetze noch
mehr zuwider. Allein es iſt zu bemerken, daß man
hiebey nicht die Durchſchnitte betrachten muͤſſe, die
die Planetenbahnen unter ſich machen, ſondern dieje-
nigen, die ſie ſaͤmtlich mit der Flaͤche machen, in wel-
cher ſich die Sonne um den Mittelpunct des Fixſter-
nen-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/222>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.