Setze ich demnach, ein Fernrohr vergrössere 120mal, so wird diese 1/4. Tertie zu 30. Tertien oder 1/2. Secunde. Ich glaube nicht, daß das Aug einen Punct, der unter einem so kleinen Winkel erscheint, deutlich sehen könne. Dann das Licht, das von dem Fixstern auf einen so kleinen Punct des Augennetzes fällt, ist noch allemal so stark als das, so darauf fal- len würde, wenn wir die Sonne durch ein solches Fernrohr anschauen wollten. Da es also eine starke Bewegung auf dem Nervennetze des Auges verur- sacht, so theilt sich diese Bewegung den anliegenden Nerven mit, und dadurch wird das Bild des Sterns grösser.
Da indessen die Fernröhren dazu dienen, daß sie jeden Punct deutlicher machen, und sein Bild auf dem Augennetze näher zusammen bringen, so läßt sich daraus erklären, warum die Fixsterne desto kleiner, aber auch desto funkelnder scheinen, je besser das Fern- rohr ist. Nach der vorigen Betrachtung sollte das Bild 1/2. Secunde seyn. Ich will setzen, es breite sich wegen der mitgetheilten Bewegung durch 5. Secunden aus, so ist es doch vielfach kleiner, als wenn man den Stern mit bloßem Auge anschaut. Sein scheinbarer Diameter wird immer wenigstens 2. Minuten, und folglich 24mal grösser seyn, als durch das Fernrohr. Sein Licht muß also dem bloßen Auge bey 600mal schwächer scheinen. Und wenn ich bey der 1/2. Secun- de bleibe, so ist es 60000mal schwächer.
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uͤber die Einrichtung des Weltbaues.
Setze ich demnach, ein Fernrohr vergroͤſſere 120mal, ſo wird dieſe ¼. Tertie zu 30. Tertien oder ½. Secunde. Ich glaube nicht, daß das Aug einen Punct, der unter einem ſo kleinen Winkel erſcheint, deutlich ſehen koͤnne. Dann das Licht, das von dem Fixſtern auf einen ſo kleinen Punct des Augennetzes faͤllt, iſt noch allemal ſo ſtark als das, ſo darauf fal- len wuͤrde, wenn wir die Sonne durch ein ſolches Fernrohr anſchauen wollten. Da es alſo eine ſtarke Bewegung auf dem Nervennetze des Auges verur- ſacht, ſo theilt ſich dieſe Bewegung den anliegenden Nerven mit, und dadurch wird das Bild des Sterns groͤſſer.
Da indeſſen die Fernroͤhren dazu dienen, daß ſie jeden Punct deutlicher machen, und ſein Bild auf dem Augennetze naͤher zuſammen bringen, ſo laͤßt ſich daraus erklaͤren, warum die Fixſterne deſto kleiner, aber auch deſto funkelnder ſcheinen, je beſſer das Fern- rohr iſt. Nach der vorigen Betrachtung ſollte das Bild ½. Secunde ſeyn. Ich will ſetzen, es breite ſich wegen der mitgetheilten Bewegung durch 5. Secunden aus, ſo iſt es doch vielfach kleiner, als wenn man den Stern mit bloßem Auge anſchaut. Sein ſcheinbarer Diameter wird immer wenigſtens 2. Minuten, und folglich 24mal groͤſſer ſeyn, als durch das Fernrohr. Sein Licht muß alſo dem bloßen Auge bey 600mal ſchwaͤcher ſcheinen. Und wenn ich bey der ½. Secun- de bleibe, ſo iſt es 60000mal ſchwaͤcher.
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uͤber die Einrichtung des Weltbaues.
Setze ich demnach, ein Fernrohr vergroͤſſere
120mal, ſo wird dieſe ¼. Tertie zu 30. Tertien oder
½. Secunde. Ich glaube nicht, daß das Aug einen
Punct, der unter einem ſo kleinen Winkel erſcheint,
deutlich ſehen koͤnne. Dann das Licht, das von dem
Fixſtern auf einen ſo kleinen Punct des Augennetzes
faͤllt, iſt noch allemal ſo ſtark als das, ſo darauf fal-
len wuͤrde, wenn wir die Sonne durch ein ſolches
Fernrohr anſchauen wollten. Da es alſo eine ſtarke
Bewegung auf dem Nervennetze des Auges verur-
ſacht, ſo theilt ſich dieſe Bewegung den anliegenden
Nerven mit, und dadurch wird das Bild des Sterns
groͤſſer.
Da indeſſen die Fernroͤhren dazu dienen, daß ſie
jeden Punct deutlicher machen, und ſein Bild auf
dem Augennetze naͤher zuſammen bringen, ſo laͤßt ſich
daraus erklaͤren, warum die Fixſterne deſto kleiner,
aber auch deſto funkelnder ſcheinen, je beſſer das Fern-
rohr iſt. Nach der vorigen Betrachtung ſollte das
Bild ½. Secunde ſeyn. Ich will ſetzen, es breite ſich
wegen der mitgetheilten Bewegung durch 5. Secunden
aus, ſo iſt es doch vielfach kleiner, als wenn man den
Stern mit bloßem Auge anſchaut. Sein ſcheinbarer
Diameter wird immer wenigſtens 2. Minuten, und
folglich 24mal groͤſſer ſeyn, als durch das Fernrohr.
Sein Licht muß alſo dem bloßen Auge bey 600mal
ſchwaͤcher ſcheinen. Und wenn ich bey der ½. Secun-
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Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/214>, abgerufen am 22.11.2024.
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