chung der Fragen, die Sie mir vorgelegt haben, und werde bey derjenigen anfangen, die Sie über die Kennbarkeit der Sterne in der Milchstrasse machen, wenn wir sie durch Fernröhren ansehen. Ich gestehe Ihnen gerne, daß diese Untersuchung sehr schwer ist, und daß sie auf Gründen beruht, die man in der Optic noch nicht genug entwickelt hat. Indessen werde ich doch einen Versuch thun, um zu sehen, wie weit es mir darinn gelingen wird. Es kömmt dabey auf folgende Sätze an, welchen ich den Beweis nicht vollständig beyfügen werde, um Sie nicht ohne Noth damit aufzuhalten.
So lange wir mit bloßem Auge einen Gegen- stand deutlich sehen, scheint er uns ohne Rücksicht auf seine Lage und Entfernung ungefehr gleich helle. Ich sage ungefehr. Denn die Veränderung in der Oef- nung des Augensterns mag hiebey etwas verändern. Da man aber dieses allezeit in die Rechnung einbrin- gen kann, so werde ich diese Oefnung als beständig an- nehmen, und da schliesse ich, daß wir jedes Obje[c]t in seiner wirklichen Klarheit sehen, so lange sein Bild im Auge deutlich ist. Auf diese Art würde uns die Sonne zwar kleiner, aber dennoch gleich helle scheinen, wenn wir auf dem Saturn oder in einer noch grössern Entfernung dieselbe anschaueten.
Ist aber ein Gegenstand so weit entfernt, daß wir auf seiner Fläche nichts deutlich sehen können, so kommen hiebey zween Fälle vor. Einmal wenn das
schein-
Coſmologiſche Briefe
chung der Fragen, die Sie mir vorgelegt haben, und werde bey derjenigen anfangen, die Sie uͤber die Kennbarkeit der Sterne in der Milchſtraſſe machen, wenn wir ſie durch Fernroͤhren anſehen. Ich geſtehe Ihnen gerne, daß dieſe Unterſuchung ſehr ſchwer iſt, und daß ſie auf Gruͤnden beruht, die man in der Optic noch nicht genug entwickelt hat. Indeſſen werde ich doch einen Verſuch thun, um zu ſehen, wie weit es mir darinn gelingen wird. Es koͤmmt dabey auf folgende Saͤtze an, welchen ich den Beweis nicht vollſtaͤndig beyfuͤgen werde, um Sie nicht ohne Noth damit aufzuhalten.
So lange wir mit bloßem Auge einen Gegen- ſtand deutlich ſehen, ſcheint er uns ohne Ruͤckſicht auf ſeine Lage und Entfernung ungefehr gleich helle. Ich ſage ungefehr. Denn die Veraͤnderung in der Oef- nung des Augenſterns mag hiebey etwas veraͤndern. Da man aber dieſes allezeit in die Rechnung einbrin- gen kann, ſo werde ich dieſe Oefnung als beſtaͤndig an- nehmen, und da ſchlieſſe ich, daß wir jedes Obje[c]t in ſeiner wirklichen Klarheit ſehen, ſo lange ſein Bild im Auge deutlich iſt. Auf dieſe Art wuͤrde uns die Sonne zwar kleiner, aber dennoch gleich helle ſcheinen, wenn wir auf dem Saturn oder in einer noch groͤſſern Entfernung dieſelbe anſchaueten.
Iſt aber ein Gegenſtand ſo weit entfernt, daß wir auf ſeiner Flaͤche nichts deutlich ſehen koͤnnen, ſo kommen hiebey zween Faͤlle vor. Einmal wenn das
ſchein-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0211"n="178"/><lb/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Coſmologiſche Briefe</hi></fw><lb/><p>chung der Fragen, die Sie mir vorgelegt haben, und<lb/>
werde bey derjenigen anfangen, die Sie uͤber die<lb/>
Kennbarkeit der Sterne in der Milchſtraſſe machen,<lb/>
wenn wir ſie durch Fernroͤhren anſehen. Ich geſtehe<lb/>
Ihnen gerne, daß dieſe Unterſuchung ſehr ſchwer iſt,<lb/>
und daß ſie auf Gruͤnden beruht, die man in der<lb/><hirendition="#aq">Optic</hi> noch nicht genug entwickelt hat. Indeſſen<lb/>
werde ich doch einen Verſuch thun, um zu ſehen, wie<lb/>
weit es mir darinn gelingen wird. Es koͤmmt dabey<lb/>
auf folgende Saͤtze an, welchen ich den Beweis nicht<lb/>
vollſtaͤndig beyfuͤgen werde, um Sie nicht ohne Noth<lb/>
damit aufzuhalten.</p><lb/><p>So lange wir mit bloßem Auge einen Gegen-<lb/>ſtand deutlich ſehen, ſcheint er uns ohne Ruͤckſicht auf<lb/>ſeine Lage und Entfernung ungefehr gleich helle. Ich<lb/>ſage <hirendition="#b">ungefehr</hi>. Denn die Veraͤnderung in der Oef-<lb/>
nung des Augenſterns mag hiebey etwas veraͤndern.<lb/>
Da man aber dieſes allezeit in die Rechnung einbrin-<lb/>
gen kann, ſo werde ich dieſe Oefnung als beſtaͤndig an-<lb/>
nehmen, und da ſchlieſſe ich, daß wir jedes <hirendition="#aq">Obje<supplied>c</supplied>t</hi> in<lb/>ſeiner wirklichen Klarheit ſehen, ſo lange ſein Bild<lb/>
im Auge deutlich iſt. Auf dieſe Art wuͤrde uns die<lb/>
Sonne zwar kleiner, aber dennoch gleich helle ſcheinen,<lb/>
wenn wir auf dem Saturn oder in einer noch groͤſſern<lb/>
Entfernung dieſelbe anſchaueten.</p><lb/><p>Iſt aber ein Gegenſtand ſo weit entfernt, daß<lb/>
wir auf ſeiner Flaͤche nichts deutlich ſehen koͤnnen, ſo<lb/>
kommen hiebey zween Faͤlle vor. Einmal wenn das<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſchein-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[178/0211]
Coſmologiſche Briefe
chung der Fragen, die Sie mir vorgelegt haben, und
werde bey derjenigen anfangen, die Sie uͤber die
Kennbarkeit der Sterne in der Milchſtraſſe machen,
wenn wir ſie durch Fernroͤhren anſehen. Ich geſtehe
Ihnen gerne, daß dieſe Unterſuchung ſehr ſchwer iſt,
und daß ſie auf Gruͤnden beruht, die man in der
Optic noch nicht genug entwickelt hat. Indeſſen
werde ich doch einen Verſuch thun, um zu ſehen, wie
weit es mir darinn gelingen wird. Es koͤmmt dabey
auf folgende Saͤtze an, welchen ich den Beweis nicht
vollſtaͤndig beyfuͤgen werde, um Sie nicht ohne Noth
damit aufzuhalten.
So lange wir mit bloßem Auge einen Gegen-
ſtand deutlich ſehen, ſcheint er uns ohne Ruͤckſicht auf
ſeine Lage und Entfernung ungefehr gleich helle. Ich
ſage ungefehr. Denn die Veraͤnderung in der Oef-
nung des Augenſterns mag hiebey etwas veraͤndern.
Da man aber dieſes allezeit in die Rechnung einbrin-
gen kann, ſo werde ich dieſe Oefnung als beſtaͤndig an-
nehmen, und da ſchlieſſe ich, daß wir jedes Object in
ſeiner wirklichen Klarheit ſehen, ſo lange ſein Bild
im Auge deutlich iſt. Auf dieſe Art wuͤrde uns die
Sonne zwar kleiner, aber dennoch gleich helle ſcheinen,
wenn wir auf dem Saturn oder in einer noch groͤſſern
Entfernung dieſelbe anſchaueten.
Iſt aber ein Gegenſtand ſo weit entfernt, daß
wir auf ſeiner Flaͤche nichts deutlich ſehen koͤnnen, ſo
kommen hiebey zween Faͤlle vor. Einmal wenn das
ſchein-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/211>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.