Grösse zu geben, und besonders hierinn scheint eine ziemliche Dreistigkeit den Mangel schärferer Beweise zu ersetzen. Ich kann es dem Leser ganz anheim stel- len, wie viel er davon zugeben will, zumal, wenn sich nicht jemand die Mühe nimmt, die vorgeschlage- nen Observationen und Berechnungen vorzunehmen, oder wenn diese Bemühung fruchtlos seyn sollte. Biß dahin finde ich dennoch keinen Grund, diese gewagte Gedanken ganz zu verwerfen, so sehr sie noch eine blose Glaubenssache seyn mögen, und thei- le die uns sichtbaren Fixsterne ohne Bedenken in be- sondere System ein, die zusammen genommen, die Milchstrasse ausmachen. Diese stellt mir ein ganzes System vor, welches vermuthlich noch zu mehrern andern gehört. Da ich indessen die Sache nur als wahrscheinlich angeben kann, und überdiß die zweifel- haftere Stücke unbestimmt lasse, so bleibt allerdings noch ein weiteres Feld zu neuen Muthmassungen, die jeder Leser, der sie der Untersuchung nicht unwürdig achtet, nach Belieben weiter treiben kann.
Hiezu gebe ich in den letzten Briefen solche Anläs- se, die ich Anfangs selbsten nicht vermuthet hatte, weil ich bey dem 14ten Briefe stehen zu bleiben ge- dachte, und die bis dahin vollendete Arbeit einige Zeit hatte liegen lassen. Von der wirklich beobachteten
Ver-
Vorrede.
Groͤſſe zu geben, und beſonders hierinn ſcheint eine ziemliche Dreiſtigkeit den Mangel ſchaͤrferer Beweiſe zu erſetzen. Ich kann es dem Leſer ganz anheim ſtel- len, wie viel er davon zugeben will, zumal, wenn ſich nicht jemand die Muͤhe nimmt, die vorgeſchlage- nen Obſervationen und Berechnungen vorzunehmen, oder wenn dieſe Bemuͤhung fruchtlos ſeyn ſollte. Biß dahin finde ich dennoch keinen Grund, dieſe gewagte Gedanken ganz zu verwerfen, ſo ſehr ſie noch eine bloſe Glaubensſache ſeyn moͤgen, und thei- le die uns ſichtbaren Fixſterne ohne Bedenken in be- ſondere Syſtem ein, die zuſammen genommen, die Milchſtraſſe ausmachen. Dieſe ſtellt mir ein ganzes Syſtem vor, welches vermuthlich noch zu mehrern andern gehoͤrt. Da ich indeſſen die Sache nur als wahrſcheinlich angeben kann, und uͤberdiß die zweifel- haftere Stuͤcke unbeſtimmt laſſe, ſo bleibt allerdings noch ein weiteres Feld zu neuen Muthmaſſungen, die jeder Leſer, der ſie der Unterſuchung nicht unwuͤrdig achtet, nach Belieben weiter treiben kann.
Hiezu gebe ich in den letzten Briefen ſolche Anlaͤſ- ſe, die ich Anfangs ſelbſten nicht vermuthet hatte, weil ich bey dem 14ten Briefe ſtehen zu bleiben ge- dachte, und die bis dahin vollendete Arbeit einige Zeit hatte liegen laſſen. Von der wirklich beobachteten
Ver-
<TEI><text><front><divtype="preface"n="1"><pbfacs="#f0021"n="XVI"/><lb/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/><p>Groͤſſe zu geben, und beſonders hierinn ſcheint eine<lb/>
ziemliche Dreiſtigkeit den Mangel ſchaͤrferer Beweiſe<lb/>
zu erſetzen. Ich kann es dem Leſer ganz anheim ſtel-<lb/>
len, wie viel er davon zugeben will, zumal, wenn<lb/>ſich nicht jemand die Muͤhe nimmt, die vorgeſchlage-<lb/>
nen <hirendition="#aq">Obſervation</hi>en und Berechnungen vorzunehmen,<lb/>
oder wenn dieſe Bemuͤhung fruchtlos ſeyn ſollte.<lb/>
Biß dahin finde ich dennoch keinen Grund, dieſe<lb/>
gewagte Gedanken ganz zu verwerfen, ſo ſehr ſie<lb/>
noch eine bloſe Glaubensſache ſeyn moͤgen, und thei-<lb/>
le die uns ſichtbaren Fixſterne ohne Bedenken in be-<lb/>ſondere Syſtem ein, die zuſammen genommen, die<lb/>
Milchſtraſſe ausmachen. Dieſe ſtellt mir ein ganzes<lb/>
Syſtem vor, welches vermuthlich noch zu mehrern<lb/>
andern gehoͤrt. Da ich indeſſen die Sache nur als<lb/>
wahrſcheinlich angeben kann, und uͤberdiß die zweifel-<lb/>
haftere Stuͤcke unbeſtimmt laſſe, ſo bleibt allerdings<lb/>
noch ein weiteres Feld zu neuen Muthmaſſungen, die<lb/>
jeder Leſer, der ſie der Unterſuchung nicht unwuͤrdig<lb/>
achtet, nach Belieben weiter treiben kann.</p><lb/><p>Hiezu gebe ich in den letzten Briefen ſolche Anlaͤſ-<lb/>ſe, die ich Anfangs ſelbſten nicht vermuthet hatte,<lb/>
weil ich bey dem 14ten Briefe ſtehen zu bleiben ge-<lb/>
dachte, und die bis dahin vollendete Arbeit einige Zeit<lb/>
hatte liegen laſſen. Von der wirklich beobachteten<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Ver-</fw><lb/></p></div></front></text></TEI>
[XVI/0021]
Vorrede.
Groͤſſe zu geben, und beſonders hierinn ſcheint eine
ziemliche Dreiſtigkeit den Mangel ſchaͤrferer Beweiſe
zu erſetzen. Ich kann es dem Leſer ganz anheim ſtel-
len, wie viel er davon zugeben will, zumal, wenn
ſich nicht jemand die Muͤhe nimmt, die vorgeſchlage-
nen Obſervationen und Berechnungen vorzunehmen,
oder wenn dieſe Bemuͤhung fruchtlos ſeyn ſollte.
Biß dahin finde ich dennoch keinen Grund, dieſe
gewagte Gedanken ganz zu verwerfen, ſo ſehr ſie
noch eine bloſe Glaubensſache ſeyn moͤgen, und thei-
le die uns ſichtbaren Fixſterne ohne Bedenken in be-
ſondere Syſtem ein, die zuſammen genommen, die
Milchſtraſſe ausmachen. Dieſe ſtellt mir ein ganzes
Syſtem vor, welches vermuthlich noch zu mehrern
andern gehoͤrt. Da ich indeſſen die Sache nur als
wahrſcheinlich angeben kann, und uͤberdiß die zweifel-
haftere Stuͤcke unbeſtimmt laſſe, ſo bleibt allerdings
noch ein weiteres Feld zu neuen Muthmaſſungen, die
jeder Leſer, der ſie der Unterſuchung nicht unwuͤrdig
achtet, nach Belieben weiter treiben kann.
Hiezu gebe ich in den letzten Briefen ſolche Anlaͤſ-
ſe, die ich Anfangs ſelbſten nicht vermuthet hatte,
weil ich bey dem 14ten Briefe ſtehen zu bleiben ge-
dachte, und die bis dahin vollendete Arbeit einige Zeit
hatte liegen laſſen. Von der wirklich beobachteten
Ver-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. XVI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/21>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.