grosser Menge aufhalten. Der Comet, von der Erde betrachtet, hat keine Phases, wie die Venus und der Mercur. Seine von der Sonne weggekehr- te Fläche scheint nur so helle als die, auf welche das Sonnenlicht gerade fällt. Auf dieser haben die Be- wohner des Cometen einen wirklichen Tag, und auf jener eine Demmerung, die dem Tage an Klarheit nichts nachgibt. So haben wir den Tag des Mor- gens, wenn die Sonne einen halben Grad unter und über dem Horizonte ist. So, aber noch heller ha- ben ihn die Bewohner des Cometen in der Nähe der Sonne, und so sahen wir ihn an dem von 1744. Der Durchmesser seiner Athmosphaere war neun- bis zehenmal grösser als der von dem Körper. Sie konnte demnach das Licht der Sonne merklich schwä- chen, und mußte es über den ganzen Körper zer- streuen. Durch diese Zerstreuung allein wurde es viermal schwächer, wenn ich auch setze, daß alles auf die Oberfläche des Cometen wäre gebrochen wor- den, welches noch lange nicht ist. Die Zerstreuung des Lichts in der Athmosphaere mag höchstens nur dienen, um diese zu erwärmen, und noch mehr aus- zudehnen, aber die Wärme fleugt aufwärts, und sucht die kältern Gegenden. Sie muß demnach von dem Cometen und von der Sonne weg, und ver- muthlich reißt sie in ihrem starken Strome einen Theil der Athmosphaere mit sich fort, welche den Schweif des Cometen ausmacht. Dieser Strom ist unge- mein schnell, da sich die Länge des Schweifes merklich verändert, und der Comet dadurch bey
jeder
Coſmologiſche Briefe
groſſer Menge aufhalten. Der Comet, von der Erde betrachtet, hat keine Phaſes, wie die Venus und der Mercur. Seine von der Sonne weggekehr- te Flaͤche ſcheint nur ſo helle als die, auf welche das Sonnenlicht gerade faͤllt. Auf dieſer haben die Be- wohner des Cometen einen wirklichen Tag, und auf jener eine Demmerung, die dem Tage an Klarheit nichts nachgibt. So haben wir den Tag des Mor- gens, wenn die Sonne einen halben Grad unter und uͤber dem Horizonte iſt. So, aber noch heller ha- ben ihn die Bewohner des Cometen in der Naͤhe der Sonne, und ſo ſahen wir ihn an dem von 1744. Der Durchmeſſer ſeiner Athmoſphære war neun- bis zehenmal groͤſſer als der von dem Koͤrper. Sie konnte demnach das Licht der Sonne merklich ſchwaͤ- chen, und mußte es uͤber den ganzen Koͤrper zer- ſtreuen. Durch dieſe Zerſtreuung allein wurde es viermal ſchwaͤcher, wenn ich auch ſetze, daß alles auf die Oberflaͤche des Cometen waͤre gebrochen wor- den, welches noch lange nicht iſt. Die Zerſtreuung des Lichts in der Athmoſphære mag hoͤchſtens nur dienen, um dieſe zu erwaͤrmen, und noch mehr aus- zudehnen, aber die Waͤrme fleugt aufwaͤrts, und ſucht die kaͤltern Gegenden. Sie muß demnach von dem Cometen und von der Sonne weg, und ver- muthlich reißt ſie in ihrem ſtarken Strome einen Theil der Athmoſphære mit ſich fort, welche den Schweif des Cometen ausmacht. Dieſer Strom iſt unge- mein ſchnell, da ſich die Laͤnge des Schweifes merklich veraͤndert, und der Comet dadurch bey
jeder
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0121"n="88"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Coſmologiſche Briefe</hi></fw><lb/><p>groſſer Menge aufhalten. Der Comet, von der<lb/>
Erde betrachtet, hat keine <hirendition="#aq">Phaſes,</hi> wie die Venus<lb/>
und der Mercur. Seine von der Sonne weggekehr-<lb/>
te Flaͤche ſcheint nur ſo helle als die, auf welche das<lb/>
Sonnenlicht gerade faͤllt. Auf dieſer haben die Be-<lb/>
wohner des Cometen einen wirklichen Tag, und auf<lb/>
jener eine Demmerung, die dem Tage an Klarheit<lb/>
nichts nachgibt. So haben wir den Tag des Mor-<lb/>
gens, wenn die Sonne einen halben Grad unter und<lb/>
uͤber dem Horizonte iſt. So, aber noch heller ha-<lb/>
ben ihn die Bewohner des Cometen in der Naͤhe der<lb/>
Sonne, und ſo ſahen wir ihn an dem von 1744.<lb/>
Der Durchmeſſer ſeiner <hirendition="#aq">Athmoſphære</hi> war neun- bis<lb/>
zehenmal groͤſſer als der von dem Koͤrper. Sie<lb/>
konnte demnach das Licht der Sonne merklich ſchwaͤ-<lb/>
chen, und mußte es uͤber den ganzen Koͤrper zer-<lb/>ſtreuen. Durch dieſe Zerſtreuung allein wurde es<lb/>
viermal ſchwaͤcher, wenn ich auch ſetze, daß alles<lb/>
auf die Oberflaͤche des Cometen waͤre gebrochen wor-<lb/>
den, welches noch lange nicht iſt. Die Zerſtreuung<lb/>
des Lichts in der <hirendition="#aq">Athmoſphære</hi> mag hoͤchſtens nur<lb/>
dienen, um dieſe zu erwaͤrmen, und noch mehr aus-<lb/>
zudehnen, aber die Waͤrme fleugt aufwaͤrts, und<lb/>ſucht die kaͤltern Gegenden. Sie muß demnach von<lb/>
dem Cometen und von der Sonne weg, und ver-<lb/>
muthlich reißt ſie in ihrem ſtarken Strome einen Theil<lb/>
der <hirendition="#aq">Athmoſphære</hi> mit ſich fort, welche den Schweif<lb/>
des Cometen ausmacht. Dieſer Strom iſt unge-<lb/>
mein ſchnell, da ſich die Laͤnge des Schweifes<lb/>
merklich veraͤndert, und der Comet dadurch bey<lb/><fwplace="bottom"type="catch">jeder</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[88/0121]
Coſmologiſche Briefe
groſſer Menge aufhalten. Der Comet, von der
Erde betrachtet, hat keine Phaſes, wie die Venus
und der Mercur. Seine von der Sonne weggekehr-
te Flaͤche ſcheint nur ſo helle als die, auf welche das
Sonnenlicht gerade faͤllt. Auf dieſer haben die Be-
wohner des Cometen einen wirklichen Tag, und auf
jener eine Demmerung, die dem Tage an Klarheit
nichts nachgibt. So haben wir den Tag des Mor-
gens, wenn die Sonne einen halben Grad unter und
uͤber dem Horizonte iſt. So, aber noch heller ha-
ben ihn die Bewohner des Cometen in der Naͤhe der
Sonne, und ſo ſahen wir ihn an dem von 1744.
Der Durchmeſſer ſeiner Athmoſphære war neun- bis
zehenmal groͤſſer als der von dem Koͤrper. Sie
konnte demnach das Licht der Sonne merklich ſchwaͤ-
chen, und mußte es uͤber den ganzen Koͤrper zer-
ſtreuen. Durch dieſe Zerſtreuung allein wurde es
viermal ſchwaͤcher, wenn ich auch ſetze, daß alles
auf die Oberflaͤche des Cometen waͤre gebrochen wor-
den, welches noch lange nicht iſt. Die Zerſtreuung
des Lichts in der Athmoſphære mag hoͤchſtens nur
dienen, um dieſe zu erwaͤrmen, und noch mehr aus-
zudehnen, aber die Waͤrme fleugt aufwaͤrts, und
ſucht die kaͤltern Gegenden. Sie muß demnach von
dem Cometen und von der Sonne weg, und ver-
muthlich reißt ſie in ihrem ſtarken Strome einen Theil
der Athmoſphære mit ſich fort, welche den Schweif
des Cometen ausmacht. Dieſer Strom iſt unge-
mein ſchnell, da ſich die Laͤnge des Schweifes
merklich veraͤndert, und der Comet dadurch bey
jeder
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/121>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.