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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

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Die Dimension.
gestalt vorkommen, daß man x = y setzen muß, wie
z. E. bey dem Falle der Körper, wo die Geschwindig-
keit zugleich mit der Zeit anwächst, oder wie bey dem
Stoße flüßiger Materien auf schiefe Flächen, wo we-
gen der Menge und Stärke, der Sinus des Einfalls-
winkels doppelt vorkömmt, und die Kraft sich nach dem
Quadrate desselben richtet. Hingegen kömmt vor,
wo eine Größe auf eine andere muß vertheilet werden,
weil sie dadurch in jedem Theile geringer wird. Auf
diese Art z. E. verhält sich die Dichtigkeit umgekehret,
wie der Raum, und die Stärke einer Kraft in jeden
Theilen nimmt mit der Verbreitung derselben auf
mehrere Theile in umgekehrter Verhältniß ab. So
giebt auch die Sprache eine Menge von Wörtern an,
welche solche umgekehrte Verhältnisse in sich schließen.
Z. E. die Geschwindigkeit und Langsamkeit, die Dichtig-
keit und Dünnigkeit, die Schwere und die Leichtigkeit,
die Durchsichtigkeit und Undurchsichtigkeit etc. Das,
was diese Wörter vorstellen, muß eben nicht jedes be-
sonders ausgemessen werden, weil die Ausmessung des
einen, die Ausmessung des andern für sich angiebt.
Jndessen ist das, was sie vorstellen nicht immer in
umgekehrter Verhältniß, und besonders, wo sie auf
bestimmte Einheiten bezogen werden müssen, ist eines
nur der Zusatz des andern. So z. E. wenn die Wahr-
scheinlichkeit
= 3/4 ist, so ist die Unwahrscheinlich-
keit
= 1/4, wenn man durch diese die Wahrscheinlich-
keit des Gegentheils oder des Verneinens versteht.
Denn beydes drücket die Verhältniß zur völligen Ge-
wißheit aus. Hingegen kann man sagen, die Wahr-
scheinlichkeit verhalte sich zur Unwahrscheinlichkeit in
diesem Falle, wie 3 zu 1, jene sey demnach dreymal
größer als diese, oder diese nur 1/3 von jener. Mit der

Durch-
Z 4

Die Dimenſion.
geſtalt vorkommen, daß man x = y ſetzen muß, wie
z. E. bey dem Falle der Koͤrper, wo die Geſchwindig-
keit zugleich mit der Zeit anwaͤchſt, oder wie bey dem
Stoße fluͤßiger Materien auf ſchiefe Flaͤchen, wo we-
gen der Menge und Staͤrke, der Sinus des Einfalls-
winkels doppelt vorkoͤmmt, und die Kraft ſich nach dem
Quadrate deſſelben richtet. Hingegen koͤmmt vor,
wo eine Groͤße auf eine andere muß vertheilet werden,
weil ſie dadurch in jedem Theile geringer wird. Auf
dieſe Art z. E. verhaͤlt ſich die Dichtigkeit umgekehret,
wie der Raum, und die Staͤrke einer Kraft in jeden
Theilen nimmt mit der Verbreitung derſelben auf
mehrere Theile in umgekehrter Verhaͤltniß ab. So
giebt auch die Sprache eine Menge von Woͤrtern an,
welche ſolche umgekehrte Verhaͤltniſſe in ſich ſchließen.
Z. E. die Geſchwindigkeit und Langſamkeit, die Dichtig-
keit und Duͤnnigkeit, die Schwere und die Leichtigkeit,
die Durchſichtigkeit und Undurchſichtigkeit ꝛc. Das,
was dieſe Woͤrter vorſtellen, muß eben nicht jedes be-
ſonders ausgemeſſen werden, weil die Ausmeſſung des
einen, die Ausmeſſung des andern fuͤr ſich angiebt.
Jndeſſen iſt das, was ſie vorſtellen nicht immer in
umgekehrter Verhaͤltniß, und beſonders, wo ſie auf
beſtimmte Einheiten bezogen werden muͤſſen, iſt eines
nur der Zuſatz des andern. So z. E. wenn die Wahr-
ſcheinlichkeit
= ¾ iſt, ſo iſt die Unwahrſcheinlich-
keit
= ¼, wenn man durch dieſe die Wahrſcheinlich-
keit des Gegentheils oder des Verneinens verſteht.
Denn beydes druͤcket die Verhaͤltniß zur voͤlligen Ge-
wißheit aus. Hingegen kann man ſagen, die Wahr-
ſcheinlichkeit verhalte ſich zur Unwahrſcheinlichkeit in
dieſem Falle, wie 3 zu 1, jene ſey demnach dreymal
groͤßer als dieſe, oder dieſe nur ⅓ von jener. Mit der

Durch-
Z 4
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[359/0367] Die Dimenſion. geſtalt vorkommen, daß man x = y ſetzen muß, wie z. E. bey dem Falle der Koͤrper, wo die Geſchwindig- keit zugleich mit der Zeit anwaͤchſt, oder wie bey dem Stoße fluͤßiger Materien auf ſchiefe Flaͤchen, wo we- gen der Menge und Staͤrke, der Sinus des Einfalls- winkels doppelt vorkoͤmmt, und die Kraft ſich nach dem Quadrate deſſelben richtet. Hingegen koͤmmt [FORMEL] vor, wo eine Groͤße auf eine andere muß vertheilet werden, weil ſie dadurch in jedem Theile geringer wird. Auf dieſe Art z. E. verhaͤlt ſich die Dichtigkeit umgekehret, wie der Raum, und die Staͤrke einer Kraft in jeden Theilen nimmt mit der Verbreitung derſelben auf mehrere Theile in umgekehrter Verhaͤltniß ab. So giebt auch die Sprache eine Menge von Woͤrtern an, welche ſolche umgekehrte Verhaͤltniſſe in ſich ſchließen. Z. E. die Geſchwindigkeit und Langſamkeit, die Dichtig- keit und Duͤnnigkeit, die Schwere und die Leichtigkeit, die Durchſichtigkeit und Undurchſichtigkeit ꝛc. Das, was dieſe Woͤrter vorſtellen, muß eben nicht jedes be- ſonders ausgemeſſen werden, weil die Ausmeſſung des einen, die Ausmeſſung des andern fuͤr ſich angiebt. Jndeſſen iſt das, was ſie vorſtellen nicht immer in umgekehrter Verhaͤltniß, und beſonders, wo ſie auf beſtimmte Einheiten bezogen werden muͤſſen, iſt eines nur der Zuſatz des andern. So z. E. wenn die Wahr- ſcheinlichkeit = ¾ iſt, ſo iſt die Unwahrſcheinlich- keit = ¼, wenn man durch dieſe die Wahrſcheinlich- keit des Gegentheils oder des Verneinens verſteht. Denn beydes druͤcket die Verhaͤltniß zur voͤlligen Ge- wißheit aus. Hingegen kann man ſagen, die Wahr- ſcheinlichkeit verhalte ſich zur Unwahrſcheinlichkeit in dieſem Falle, wie 3 zu 1, jene ſey demnach dreymal groͤßer als dieſe, oder dieſe nur ⅓ von jener. Mit der Durch- Z 4

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/367>, abgerufen am 22.11.2024.