Bey allem diesem bleiben die hier gebrauchten oder durch die Wörter Eigenschaften, Modificatio- nen, Bestimmungen, anhängen, anhängig, abhän- gen etc. angezeigten Begriffe schlechthin klar, und die Wörter selbst sind, der Art der Sprache gemäß, metaphorisch. Man muß dabey gleichsam als ein Postulatum voraus setzen, daß zum Beyspiel der Aus- druck: eine Eigenschaft, Modification etc. sey in der Substanz dem Substantialen anhängig, richtig verstanden werden könne, und daß man dieses anhängen (ankleben, inhaerere, inesse, etc.) nicht so verstehe, wie etwann ein Körper an dem andern hängt, an demselben anklebet, in demselben ist etc. Man müßte sagen: die Eigenschaft, so weit sie sich in der Substanz erstrecket, klebe durch und durch in derselben an, und dennoch würde auch dieses den an sich klaren und einfachen Begriff nicht genug aus- drücken, wie die Eigenschaft in der Substanz ist. Da aber dieser Begriff an sich klar, und zwar schlecht- hin klar ist, so kann der Satz: daß die Eigen- schaften, Modificationen etc. irgend einem Sub- stantialen ankleben, oder anhängig sind, unter die Grundsätze gerechnet werden.
§. 644.
Man sieht aus dem bisher gesagten, daß, wenn je die Eintheilung der Dinge in Substanzen und Ac- cidenzen von einiger Erheblichkeit ist, diese eben nicht darinn besteht, worinn man wegen unschicklicher De- finitionen geglaubet hat, daß sie bestehe. Man kann vielmehr fragen, wozu dieser Unterschied dienen soll, nachdem man ihn gefunden. Hiebey scheint es über-
haupt,
Lamb. Archit.II.B. S
Subſtanzen und Accidenzen.
§. 643.
Bey allem dieſem bleiben die hier gebrauchten oder durch die Woͤrter Eigenſchaften, Modificatio- nen, Beſtimmungen, anhaͤngen, anhaͤngig, abhaͤn- gen ꝛc. angezeigten Begriffe ſchlechthin klar, und die Woͤrter ſelbſt ſind, der Art der Sprache gemaͤß, metaphoriſch. Man muß dabey gleichſam als ein Poſtulatum voraus ſetzen, daß zum Beyſpiel der Aus- druck: eine Eigenſchaft, Modification ꝛc. ſey in der Subſtanz dem Subſtantialen anhaͤngig, richtig verſtanden werden koͤnne, und daß man dieſes anhaͤngen (ankleben, inhaerere, ineſſe, ꝛc.) nicht ſo verſtehe, wie etwann ein Koͤrper an dem andern haͤngt, an demſelben anklebet, in demſelben iſt ꝛc. Man muͤßte ſagen: die Eigenſchaft, ſo weit ſie ſich in der Subſtanz erſtrecket, klebe durch und durch in derſelben an, und dennoch wuͤrde auch dieſes den an ſich klaren und einfachen Begriff nicht genug aus- druͤcken, wie die Eigenſchaft in der Subſtanz iſt. Da aber dieſer Begriff an ſich klar, und zwar ſchlecht- hin klar iſt, ſo kann der Satz: daß die Eigen- ſchaften, Modificationen ꝛc. irgend einem Sub- ſtantialen ankleben, oder anhaͤngig ſind, unter die Grundſaͤtze gerechnet werden.
§. 644.
Man ſieht aus dem bisher geſagten, daß, wenn je die Eintheilung der Dinge in Subſtanzen und Ac- cidenzen von einiger Erheblichkeit iſt, dieſe eben nicht darinn beſteht, worinn man wegen unſchicklicher De- finitionen geglaubet hat, daß ſie beſtehe. Man kann vielmehr fragen, wozu dieſer Unterſchied dienen ſoll, nachdem man ihn gefunden. Hiebey ſcheint es uͤber-
haupt,
Lamb. Archit.II.B. S
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0281"n="273"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Subſtanzen und Accidenzen.</hi></fw><lb/><divn="3"><head>§. 643.</head><lb/><p>Bey allem dieſem bleiben die hier gebrauchten<lb/>
oder durch die Woͤrter Eigenſchaften, Modificatio-<lb/>
nen, Beſtimmungen, anhaͤngen, anhaͤngig, abhaͤn-<lb/>
gen ꝛc. angezeigten Begriffe ſchlechthin klar, und<lb/>
die Woͤrter ſelbſt ſind, der Art der Sprache gemaͤß,<lb/>
metaphoriſch. Man muß dabey gleichſam als ein<lb/><hirendition="#aq">Poſtulatum</hi> voraus ſetzen, daß zum Beyſpiel der Aus-<lb/>
druck: <hirendition="#fr">eine Eigenſchaft, Modification ꝛc. ſey in<lb/>
der Subſtanz dem Subſtantialen anhaͤngig,</hi><lb/>
richtig verſtanden werden koͤnne, und daß man dieſes<lb/><hirendition="#fr">anhaͤngen</hi> (ankleben, <hirendition="#aq">inhaerere, ineſſe,</hi>ꝛc.) nicht<lb/>ſo verſtehe, wie etwann ein Koͤrper an dem andern<lb/>
haͤngt, an demſelben anklebet, in demſelben iſt ꝛc.<lb/>
Man muͤßte ſagen: die Eigenſchaft, ſo weit ſie ſich<lb/>
in der Subſtanz erſtrecket, <hirendition="#fr">klebe durch und durch<lb/>
in derſelben an,</hi> und dennoch wuͤrde auch dieſes den<lb/>
an ſich klaren und einfachen Begriff nicht genug aus-<lb/>
druͤcken, <hirendition="#fr">wie</hi> die Eigenſchaft in der Subſtanz iſt.<lb/>
Da aber dieſer Begriff an ſich klar, und zwar ſchlecht-<lb/>
hin klar iſt, ſo kann der Satz: <hirendition="#fr">daß die Eigen-<lb/>ſchaften, Modificationen ꝛc. irgend einem Sub-<lb/>ſtantialen ankleben, oder anhaͤngig ſind,</hi> unter<lb/>
die Grundſaͤtze gerechnet werden.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 644.</head><lb/><p>Man ſieht aus dem bisher geſagten, daß, wenn<lb/>
je die Eintheilung der Dinge in Subſtanzen und Ac-<lb/>
cidenzen von einiger Erheblichkeit iſt, dieſe eben nicht<lb/>
darinn beſteht, worinn man wegen unſchicklicher De-<lb/>
finitionen geglaubet hat, daß ſie beſtehe. Man kann<lb/>
vielmehr fragen, wozu dieſer Unterſchied dienen ſoll,<lb/>
nachdem man ihn gefunden. Hiebey ſcheint es uͤber-<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr">Lamb. Archit.</hi><hirendition="#aq">II.</hi><hirendition="#fr">B.</hi> S</fw><fwplace="bottom"type="catch">haupt,</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[273/0281]
Subſtanzen und Accidenzen.
§. 643.
Bey allem dieſem bleiben die hier gebrauchten
oder durch die Woͤrter Eigenſchaften, Modificatio-
nen, Beſtimmungen, anhaͤngen, anhaͤngig, abhaͤn-
gen ꝛc. angezeigten Begriffe ſchlechthin klar, und
die Woͤrter ſelbſt ſind, der Art der Sprache gemaͤß,
metaphoriſch. Man muß dabey gleichſam als ein
Poſtulatum voraus ſetzen, daß zum Beyſpiel der Aus-
druck: eine Eigenſchaft, Modification ꝛc. ſey in
der Subſtanz dem Subſtantialen anhaͤngig,
richtig verſtanden werden koͤnne, und daß man dieſes
anhaͤngen (ankleben, inhaerere, ineſſe, ꝛc.) nicht
ſo verſtehe, wie etwann ein Koͤrper an dem andern
haͤngt, an demſelben anklebet, in demſelben iſt ꝛc.
Man muͤßte ſagen: die Eigenſchaft, ſo weit ſie ſich
in der Subſtanz erſtrecket, klebe durch und durch
in derſelben an, und dennoch wuͤrde auch dieſes den
an ſich klaren und einfachen Begriff nicht genug aus-
druͤcken, wie die Eigenſchaft in der Subſtanz iſt.
Da aber dieſer Begriff an ſich klar, und zwar ſchlecht-
hin klar iſt, ſo kann der Satz: daß die Eigen-
ſchaften, Modificationen ꝛc. irgend einem Sub-
ſtantialen ankleben, oder anhaͤngig ſind, unter
die Grundſaͤtze gerechnet werden.
§. 644.
Man ſieht aus dem bisher geſagten, daß, wenn
je die Eintheilung der Dinge in Subſtanzen und Ac-
cidenzen von einiger Erheblichkeit iſt, dieſe eben nicht
darinn beſteht, worinn man wegen unſchicklicher De-
finitionen geglaubet hat, daß ſie beſtehe. Man kann
vielmehr fragen, wozu dieſer Unterſchied dienen ſoll,
nachdem man ihn gefunden. Hiebey ſcheint es uͤber-
haupt,
Lamb. Archit. II. B. S
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/281>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.