des Gleichgewichtes der Kräfte, wobey gleichsam alles in Ruhe bleibt, von der Ueberwucht unter- scheiden, welche eine Veränderung nach sich zieht. Man ist gewöhnt, mehrentheils nur da von Ursachen zu reden, wo die Wirkung in die Sinne fällt, und demnach vornehmlich nur, wo Veränderungen vor- gehen. Hingegen, wo ein bloßes Gleichgewicht statt hat, wo folglich die Sachen bleiben, wie sie waren, da bringt man den Begriff der dennoch dabey befind- lichen Kräfte und des Gleichgewichtes, das dabey statt hat, fast immer nur durch Schlüsse heraus, und spricht daher eher von Gründen als von wir- kenden Ursachen, ungeachtet diese allerdings mit dabey sind. Nach diesen vorläufigen Anmerkungen werden wir anfangen, die Ursachen der Verände- rungen zu betrachten.
§. 586.
Die Ursachen und Wirkungen setzen immer wenigstens zwo Substanzen voraus. Jn der einen soll eine Veränderung vorgehen. Sie kann daher auf zweyerley Arten betrachtet werden. 1°. Ehe die Veränderung vorgegangen. 2°. Nachdem sie vorge- gangen. Die Veränderung selbst macht, daß sie nicht mehr durchaus und in allen Absichten eben dieselbe Substanz ist, die sie vor der Veränderung war; und alle Verschiedenheit, die sich bey der Vergleichung des ersten und andern Zustandes befindet, rührt von der geschehenen Veränderung her; und wenn man den letztern Zustand mit dem erstern identificiren will, so muß man, was zu der Substanz bey der Verände- rung hinzugekommen, in Gedanken wegnehmen, und im Gegentheile wiederum hinzusetzen, was weg- gekommen war, es mag nun dieses durch die Zei-
chen
Urſachen und Wirkungen.
des Gleichgewichtes der Kraͤfte, wobey gleichſam alles in Ruhe bleibt, von der Ueberwucht unter- ſcheiden, welche eine Veraͤnderung nach ſich zieht. Man iſt gewoͤhnt, mehrentheils nur da von Urſachen zu reden, wo die Wirkung in die Sinne faͤllt, und demnach vornehmlich nur, wo Veraͤnderungen vor- gehen. Hingegen, wo ein bloßes Gleichgewicht ſtatt hat, wo folglich die Sachen bleiben, wie ſie waren, da bringt man den Begriff der dennoch dabey befind- lichen Kraͤfte und des Gleichgewichtes, das dabey ſtatt hat, faſt immer nur durch Schluͤſſe heraus, und ſpricht daher eher von Gruͤnden als von wir- kenden Urſachen, ungeachtet dieſe allerdings mit dabey ſind. Nach dieſen vorlaͤufigen Anmerkungen werden wir anfangen, die Urſachen der Veraͤnde- rungen zu betrachten.
§. 586.
Die Urſachen und Wirkungen ſetzen immer wenigſtens zwo Subſtanzen voraus. Jn der einen ſoll eine Veraͤnderung vorgehen. Sie kann daher auf zweyerley Arten betrachtet werden. 1°. Ehe die Veraͤnderung vorgegangen. 2°. Nachdem ſie vorge- gangen. Die Veraͤnderung ſelbſt macht, daß ſie nicht mehr durchaus und in allen Abſichten eben dieſelbe Subſtanz iſt, die ſie vor der Veraͤnderung war; und alle Verſchiedenheit, die ſich bey der Vergleichung des erſten und andern Zuſtandes befindet, ruͤhrt von der geſchehenen Veraͤnderung her; und wenn man den letztern Zuſtand mit dem erſtern identificiren will, ſo muß man, was zu der Subſtanz bey der Veraͤnde- rung hinzugekommen, in Gedanken wegnehmen, und im Gegentheile wiederum hinzuſetzen, was weg- gekommen war, es mag nun dieſes durch die Zei-
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Urſachen und Wirkungen.
des Gleichgewichtes der Kraͤfte, wobey gleichſam
alles in Ruhe bleibt, von der Ueberwucht unter-
ſcheiden, welche eine Veraͤnderung nach ſich zieht.
Man iſt gewoͤhnt, mehrentheils nur da von Urſachen
zu reden, wo die Wirkung in die Sinne faͤllt, und
demnach vornehmlich nur, wo Veraͤnderungen vor-
gehen. Hingegen, wo ein bloßes Gleichgewicht ſtatt
hat, wo folglich die Sachen bleiben, wie ſie waren,
da bringt man den Begriff der dennoch dabey befind-
lichen Kraͤfte und des Gleichgewichtes, das dabey
ſtatt hat, faſt immer nur durch Schluͤſſe heraus,
und ſpricht daher eher von Gruͤnden als von wir-
kenden Urſachen, ungeachtet dieſe allerdings mit
dabey ſind. Nach dieſen vorlaͤufigen Anmerkungen
werden wir anfangen, die Urſachen der Veraͤnde-
rungen zu betrachten.
§. 586.
Die Urſachen und Wirkungen ſetzen immer
wenigſtens zwo Subſtanzen voraus. Jn der einen
ſoll eine Veraͤnderung vorgehen. Sie kann daher
auf zweyerley Arten betrachtet werden. 1°. Ehe die
Veraͤnderung vorgegangen. 2°. Nachdem ſie vorge-
gangen. Die Veraͤnderung ſelbſt macht, daß ſie nicht
mehr durchaus und in allen Abſichten eben dieſelbe
Subſtanz iſt, die ſie vor der Veraͤnderung war; und
alle Verſchiedenheit, die ſich bey der Vergleichung
des erſten und andern Zuſtandes befindet, ruͤhrt von
der geſchehenen Veraͤnderung her; und wenn man den
letztern Zuſtand mit dem erſtern identificiren will, ſo
muß man, was zu der Subſtanz bey der Veraͤnde-
rung hinzugekommen, in Gedanken wegnehmen,
und im Gegentheile wiederum hinzuſetzen, was weg-
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/215>, abgerufen am 22.07.2024.
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