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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

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I. Hauptstück. Erfordernisse
Sache, und weil man diese vor Augen sah, so konnte
man an der Möglichkeit des Begriffes nicht zweifeln.
Dazu kömmt noch, daß Euclid die unumschränkte
Freyheit hatte, in der Figur, welche eigentlich nur
ein besonderer oder einzelner Fall des allgemeinen
Satzes ist, dabey aber statt eines Beyspieles dienet,
alles wegzulassen, was nicht dazu gehöret, oder was
nicht in dem Begriffe vorkömmt. Die Figur stel-
lete demnach den Begriff ganz und rein vor. Hin-
gegen da sie die allgemeine Möglichkeit desselben
nicht angiebt, so hatte Euclid die Sorgfalt, diese
genau zu erörtern, und hiezu gebraucht er seine
Postulata, welche allgemeine, unbedingte und
für sich gedenkbare, oder einfache Möglichkei-
ten,
oder Thulichkeiten vorstellen, und die er in
Form von Aufgaben vorträgt. Bey der Zusam-
mensetzung solcher einfachen Möglichkeiten
kommen Einschränkungen vor,
und diese be-
stimmet Euclid mehrentheils, vermittelst seines
neunten und zwölften Grundsatzes.

§. 13.

Man wird hieraus leicht den Schluß machen kön-
nen, daß in der Metaphysic, die an sich ab-
stracten Begriffe und Sätze durch Vorlegung
eines einzeln Falles oder eines wohlgewählten
Beyspieles aufgekläret, ihre Allgemeinheit und
ihr Umfang aber durch
Postulata und Axiomata
bestimmet werden sollen, und daß besonders
die
Postulata wenigstens allgemeine und unbe-
dingte Möglichkeiten angeben sollen, Begriffe
zu bilden, und die Einschränkungen bey der
Möglichkeit zusammengesetzter Begriffe durch
Grundsätze bestimmet werden müssen.
Wie

dieses

I. Hauptſtuͤck. Erforderniſſe
Sache, und weil man dieſe vor Augen ſah, ſo konnte
man an der Moͤglichkeit des Begriffes nicht zweifeln.
Dazu koͤmmt noch, daß Euclid die unumſchraͤnkte
Freyheit hatte, in der Figur, welche eigentlich nur
ein beſonderer oder einzelner Fall des allgemeinen
Satzes iſt, dabey aber ſtatt eines Beyſpieles dienet,
alles wegzulaſſen, was nicht dazu gehoͤret, oder was
nicht in dem Begriffe vorkoͤmmt. Die Figur ſtel-
lete demnach den Begriff ganz und rein vor. Hin-
gegen da ſie die allgemeine Moͤglichkeit deſſelben
nicht angiebt, ſo hatte Euclid die Sorgfalt, dieſe
genau zu eroͤrtern, und hiezu gebraucht er ſeine
Poſtulata, welche allgemeine, unbedingte und
fuͤr ſich gedenkbare, oder einfache Moͤglichkei-
ten,
oder Thulichkeiten vorſtellen, und die er in
Form von Aufgaben vortraͤgt. Bey der Zuſam-
menſetzung ſolcher einfachen Moͤglichkeiten
kommen Einſchraͤnkungen vor,
und dieſe be-
ſtimmet Euclid mehrentheils, vermittelſt ſeines
neunten und zwoͤlften Grundſatzes.

§. 13.

Man wird hieraus leicht den Schluß machen koͤn-
nen, daß in der Metaphyſic, die an ſich ab-
ſtracten Begriffe und Saͤtze durch Vorlegung
eines einzeln Falles oder eines wohlgewaͤhlten
Beyſpieles aufgeklaͤret, ihre Allgemeinheit und
ihr Umfang aber durch
Poſtulata und Axiomata
beſtimmet werden ſollen, und daß beſonders
die
Poſtulata wenigſtens allgemeine und unbe-
dingte Moͤglichkeiten angeben ſollen, Begriffe
zu bilden, und die Einſchraͤnkungen bey der
Moͤglichkeit zuſammengeſetzter Begriffe durch
Grundſaͤtze beſtimmet werden muͤſſen.
Wie

dieſes
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[10/0046] I. Hauptſtuͤck. Erforderniſſe Sache, und weil man dieſe vor Augen ſah, ſo konnte man an der Moͤglichkeit des Begriffes nicht zweifeln. Dazu koͤmmt noch, daß Euclid die unumſchraͤnkte Freyheit hatte, in der Figur, welche eigentlich nur ein beſonderer oder einzelner Fall des allgemeinen Satzes iſt, dabey aber ſtatt eines Beyſpieles dienet, alles wegzulaſſen, was nicht dazu gehoͤret, oder was nicht in dem Begriffe vorkoͤmmt. Die Figur ſtel- lete demnach den Begriff ganz und rein vor. Hin- gegen da ſie die allgemeine Moͤglichkeit deſſelben nicht angiebt, ſo hatte Euclid die Sorgfalt, dieſe genau zu eroͤrtern, und hiezu gebraucht er ſeine Poſtulata, welche allgemeine, unbedingte und fuͤr ſich gedenkbare, oder einfache Moͤglichkei- ten, oder Thulichkeiten vorſtellen, und die er in Form von Aufgaben vortraͤgt. Bey der Zuſam- menſetzung ſolcher einfachen Moͤglichkeiten kommen Einſchraͤnkungen vor, und dieſe be- ſtimmet Euclid mehrentheils, vermittelſt ſeines neunten und zwoͤlften Grundſatzes. §. 13. Man wird hieraus leicht den Schluß machen koͤn- nen, daß in der Metaphyſic, die an ſich ab- ſtracten Begriffe und Saͤtze durch Vorlegung eines einzeln Falles oder eines wohlgewaͤhlten Beyſpieles aufgeklaͤret, ihre Allgemeinheit und ihr Umfang aber durch Poſtulata und Axiomata beſtimmet werden ſollen, und daß beſonders die Poſtulata wenigſtens allgemeine und unbe- dingte Moͤglichkeiten angeben ſollen, Begriffe zu bilden, und die Einſchraͤnkungen bey der Moͤglichkeit zuſammengeſetzter Begriffe durch Grundſaͤtze beſtimmet werden muͤſſen. Wie dieſes

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/46>, abgerufen am 23.11.2024.