suchen, so muß man die menschlichen Begriffe sämmt- lich durch die Musterung gehen lassen.
§. 9.
Dieses ist nun der Weg, den Locke eingeschlagen. Er ahmete den Zergliederern des menschlichen Leibes, auch in der Zergliederung der Begriffe nach. Er nahm unsere Erkenntniß, so wie sie ist, vor sich, trennete darinn das Abstracte, und eben daher bloß symbolische von dem, was wirklich Begriff und klare Vorstellung heißt, und beobachtete, welchen Sinnen und Empfindungen wir jede Arten von Be- griffen zu danken haben, und welche aus vermischten Empfindungen entstehen? Die Einfachen sonderte er von den übrigen aus, und brachte sie in gewisse Clas- sen. Er bemerkete auch, daß in Benennung dessen, was sie vorstellen, selten oder nie Wortstreite entste- hen, und daß jeder, der die Sprache versteht, dar- inn mit jeden eins ist. Diese einfachen Begriffe setzete er dergestalt zur Grundlage jeder menschlichen Begriffe und Erkenntniß, daß, was nicht in die- selben aufgelöset werden kann, aus unserer Erkenntniß nothwendig wegbleibt, wenn es auch gleich zum Reiche der Wahrheiten gehörete. Man muß hiebey setzen, daß Locke unsere Erkennt- niß mit der klaren Vorstellung zu paaren gehen läßt. Denn vermittelst der Wörter und Zeichen ist es allerdings möglich, Wahrheiten heraus zu brin- gen, die wir uns nicht klar oder wenigstens nicht voll- ständig vorstellen können. Die eigentliche Klar- heit istindiuidual, und demnach ist unsere ganze all- gemeine Erkenntniß schlechthin symbolisch, ungeachtet die klaren Vorstellungen, und besonders die einfachen Begriffe die Grundlage dazu sind.
§. 10.
A 4
einer wiſſenſchaftlichen Grundlehre.
ſuchen, ſo muß man die menſchlichen Begriffe ſaͤmmt- lich durch die Muſterung gehen laſſen.
§. 9.
Dieſes iſt nun der Weg, den Locke eingeſchlagen. Er ahmete den Zergliederern des menſchlichen Leibes, auch in der Zergliederung der Begriffe nach. Er nahm unſere Erkenntniß, ſo wie ſie iſt, vor ſich, trennete darinn das Abſtracte, und eben daher bloß ſymboliſche von dem, was wirklich Begriff und klare Vorſtellung heißt, und beobachtete, welchen Sinnen und Empfindungen wir jede Arten von Be- griffen zu danken haben, und welche aus vermiſchten Empfindungen entſtehen? Die Einfachen ſonderte er von den uͤbrigen aus, und brachte ſie in gewiſſe Claſ- ſen. Er bemerkete auch, daß in Benennung deſſen, was ſie vorſtellen, ſelten oder nie Wortſtreite entſte- hen, und daß jeder, der die Sprache verſteht, dar- inn mit jeden eins iſt. Dieſe einfachen Begriffe ſetzete er dergeſtalt zur Grundlage jeder menſchlichen Begriffe und Erkenntniß, daß, was nicht in die- ſelben aufgeloͤſet werden kann, aus unſerer Erkenntniß nothwendig wegbleibt, wenn es auch gleich zum Reiche der Wahrheiten gehoͤrete. Man muß hiebey ſetzen, daß Locke unſere Erkennt- niß mit der klaren Vorſtellung zu paaren gehen laͤßt. Denn vermittelſt der Woͤrter und Zeichen iſt es allerdings moͤglich, Wahrheiten heraus zu brin- gen, die wir uns nicht klar oder wenigſtens nicht voll- ſtaͤndig vorſtellen koͤnnen. Die eigentliche Klar- heit iſtindiuidual, und demnach iſt unſere ganze all- gemeine Erkenntniß ſchlechthin ſymboliſch, ungeachtet die klaren Vorſtellungen, und beſonders die einfachen Begriffe die Grundlage dazu ſind.
§. 10.
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einer wiſſenſchaftlichen Grundlehre.
ſuchen, ſo muß man die menſchlichen Begriffe ſaͤmmt-
lich durch die Muſterung gehen laſſen.
§. 9.
Dieſes iſt nun der Weg, den Locke eingeſchlagen.
Er ahmete den Zergliederern des menſchlichen Leibes,
auch in der Zergliederung der Begriffe nach. Er
nahm unſere Erkenntniß, ſo wie ſie iſt, vor ſich,
trennete darinn das Abſtracte, und eben daher bloß
ſymboliſche von dem, was wirklich Begriff und
klare Vorſtellung heißt, und beobachtete, welchen
Sinnen und Empfindungen wir jede Arten von Be-
griffen zu danken haben, und welche aus vermiſchten
Empfindungen entſtehen? Die Einfachen ſonderte er
von den uͤbrigen aus, und brachte ſie in gewiſſe Claſ-
ſen. Er bemerkete auch, daß in Benennung deſſen,
was ſie vorſtellen, ſelten oder nie Wortſtreite entſte-
hen, und daß jeder, der die Sprache verſteht, dar-
inn mit jeden eins iſt. Dieſe einfachen Begriffe
ſetzete er dergeſtalt zur Grundlage jeder menſchlichen
Begriffe und Erkenntniß, daß, was nicht in die-
ſelben aufgeloͤſet werden kann, aus unſerer
Erkenntniß nothwendig wegbleibt, wenn es
auch gleich zum Reiche der Wahrheiten gehoͤrete.
Man muß hiebey ſetzen, daß Locke unſere Erkennt-
niß mit der klaren Vorſtellung zu paaren gehen
laͤßt. Denn vermittelſt der Woͤrter und Zeichen iſt
es allerdings moͤglich, Wahrheiten heraus zu brin-
gen, die wir uns nicht klar oder wenigſtens nicht voll-
ſtaͤndig vorſtellen koͤnnen. Die eigentliche Klar-
heit iſt indiuidual, und demnach iſt unſere ganze all-
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/43>, abgerufen am 23.11.2024.
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